Volltext Seite (XML)
I I ! ! HolMstcmMnWlcr AW M Tagevlatt für Kohenstein-Grnktkat, Overlungwiß, Oersdorf, Kermsdorf, Wernsdorf, Wiste,.brand, Urspnmg, Mittelbach, Langenberg, Fallen, Meinsdorf, Gmmbach, Tirschheim Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche und Privat-Anzeigen Bei Abholung monatlich die einzelne Nummer 5 Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Mittwoch, den 14. Januar 1903. Nr. 10 Amtlicher Teil Geißler. Die Wassersteuer auf die Monate Oktober bis mit Dezember 1902 ist längstens bis zum 24. Januar 1903 bei Vermeidung der zwangsweisen Beitreibung an unsere Stadtstener-Einnahme — Rathaus, Zimmer Nr. 2 — abzuführen. Hohenstein-Ernstthal, am 10. Januar 1903. Der Stadtrat. vr. Polster. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postänstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonnement: - . Frei ins Haus 35 Pfg- monatlich 42 Pfg- vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. Jnsertionsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Veroreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 1V Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. 30. Jahrgang." Amtliche Bekanntmachungen. Zwangsversteigerung. Da- im Grundbuch für Langenberg Blatt 210 auf den Nomen der Emma Marie verchel. Heckel geb. Ploß in Schönbach b. Neumark ein getragene Grundstück soll am 5. März 1903, vormittags 10 Uhr an der Gerichtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. DaS Grundstück ist noch dem Flurbuche 6 Hektar 40,1 Ar groß, mit 182,50 Steuereinheiten belegt und auf 16 202 Mk. — Pfg. geschätzt, wo von 2 Mk. auf das Zubehör entfallen. Es be steht auS Wohnhaus, Stallgebäuden, Scheune, Feldern, Wiesen und Kiefernhoch- und Erlenniederwald, trägt die Vrandkatasternummer 57 und hat die Nr. 391, 392 und 421 des Flurbuchs für Langenberg. Die Einsicht der Mitteilungen deS Grundbuch- omtS sowie der übrigen das Grundstück betreffenden Nachweisungen, insbesondere der Schätzungen, ist Jedem gestattet. Rechte auf Befriedigung auS dem Grundstücke sind, soweit sie zur Zeit der Eintragung des am 24. November 1902 verlautbarten BersteigerungSver- merkeS aus dem Grundbuchs nicht ersichtlich waren, spätestens im VersteigerungStermine vor der Aus forderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Fest, stellung deS geringsten Gebotes nicht berücksichtigt und bei der Verteilung deS VersteigerungSerlöseS dem Ansprüche deS Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Diejenigen, die ein der Versteigerung entgegen- stehendes Recht haben, werden aufgesorderl, vor der Erteilung des Zuschlags die Aushebung oder die einstweilige Einstellung deS Verfahrens herbeizu- führcn, widrigenfalls für doS Recht der Versteiger- ungSerlöS an die Stelle des versteigerten Gegen- standeS treten würde. Hohenstein-Ernstthal, den 7. Januar 1903 Königliches Amtsgericht. Dev Islam. Die Türkei legt größere Widerstandsfähigkeit an den Tag, als man ihr zugetraut hat; schon seit 50 und mehr Jahren wird der Tod des „kranken Mannes" am Goldenen Horn als un mittelbar bevorstehend angekündigt, und siehe da, er lebt und bewegt sich noch bis auf den heutigen Tag, und bei der Zähigkeit seiner Konstitution er- freut er sich möglicherweise noch eines recht langen Daseins. Freilich, abgebröckelt ist von dem osmani schen Reich im Laufe der Jahrzehnte Stück um Stück, und was heute noch als europäische Türkei bezeichnet wird, ist nur noch ein recht kärglicher Rest der ehemaligen territorialen Ausdehnung des Reiches, dessen Namen einst ein besonderer Glanz umstrahlte. Aber ein Rest ist noch da und wird auch nicht so bald von der Bildfläche verschwinden. Diese Anwartschaft dankt die Türkei zum weitaus größten Teile ihren guten Freunden, die alle Appetit auf den schmackhaften Bissen am Mittelmeer haben, einander jedoch eifersüchtig bewachen, daß ja nur nicht der eine dem andern zuvorkomme. Die beiden großen Nebenbuhler sind hier wie in den asiatischen Fragen bekanntlich England und Ruß land. Lange Jahre führte England das entscheidens Wort im europäischen Osten, das hat sich allmählich recht gründlich geändert und heute ist es ein offenes Geheimnis, daß Rußland die Türkei nicht nur als ein sicheres Erbteil betrachtet, sondern daß sie ihm als solches früher oder später auch einmal zufallen wird. Der Weg bis zur Vollendung dieser Tat sache ist ein beschwerlicher und umständlicher, die russische Beharrlichkeit wird ihn zurücklegen und ihr Ziel erreichen. Heute schon ist der Padischah nichts anderes mehr als ein Herrscher von Rußlands Gnaden, als ein Vasall des Zaren. Die russischen Wünsche gelten im Mdiz-Kiosk als Befehle. Wenn irgend etwas, so hat die Behandlung der Dardanellen frage diesen Zustand aufs deutlichste erwiesen. Ueber dieses Wachstum des russischen Einflusses, den es nicht hemmen kann, ist England außer sich, und es ist empört über die neutrale und ruhige Haltung Deutschlands in dieser Angelegenheit. Ihre freundschaftlichen Beziehungen zum Sultan müßten die deutsche Regierung allein schon veran lassen, an der Abwehr der russischen Gefahr teil zunehmen. Aber Deutschlands Gerechtigkeit sei zu den Wölfen geflohen, Deutschland beanspruche vor allen andern Völkern als Vertreter der Gerechtig keit angesprochen zu werden, begünstige aber die Vergewaltigung. In diesen lieblichen Tönen geht es weiter, wobei völlig verschwiegen wird, daß sich Deutschland einerseits noch nie zum Anwalt der türkischen Selbständigkeit aufgeworfen und daß es zum andern keinerlei Veranlassung Hal, für seinen lieben englischen Vetter die Kastanien aus dem Feuer zu holen. An den Säulen, die das osmanische Reich trugen, wird auch das neue Jahr voraussichtlich wieder heftig rütteln und schütteln. Die macedonische Angelegenleit will nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden. Saumseligkeit und Lüderlichkeit türkischer Verwaltung haben in diesem Gebiete, dem ein Plnlipp und ein Alexander entsproß, in unerhörter Weise gesündigt. Die Religions- und Racengegensätze, die auf diesem kleinen Fleck Erde so hart und zahlreich zusammenstoßen, wie nirgends wieder, haben das ihrige dazu beigetragen, die Folgen der osmanischen Mißwirtschaft als geradezu furchtbare in die Erscheinung treten zu lasten. Von der Pforte sind wirksame Reformen nicht zu erwarten; mag mit papiernen Versprechungen und Befehlen infolge des russischen Druckes auch noch so wenig gespart werden, zu Talen wird es nicht kommen, eine dauernde Besserung der Zustände ist mit den der Pforte zur Versügung stehenden Maß nahmen auch garnicht denkbar. So gewähren denn gerade die gegenwärtigen Verhältnisse einen tiefen und lehrreichen Einblick in die Ohnmacht des Islam, die Kultur und die Wohlfahrt der Völker zu fördern und zu festigen. Der Muhamedanismus entbehrt der Entwicklungsfähig- keit, er ist unfruchtbar und daher dem Tode geweiht. Die marokkanischen Wirren haben uns dieser Tage gleichfalls wieder nachdrücklich vor Augen geführt, wie unter dem Islam das Gesetz der Beharrung herrscht, wie Fortschritt und Gesittung unter ihm verdorren. Was für ein reiches Land ist dieses Marokko! Ackerbau und Viehzucht, die dort in folge der Fruchtbarkeit des Landes gedeihen könnten, wie kaum irgendwo anders, liegen tief darnieder. Die Ackergeräte sind noch ebenso primitiver Art wie sie vor einer ganzen Reihe von Jahrhunderten waren. Da das Suchen nach Mineralien verboten ist, so wird der Bergbau nur in dürftigster Weise betrieben, die Industrie steht gleichfalls in allen Zweigen aus der nämlichen Stufe, die sie vor Jahrhunderten einmal erreicht hatte. Es ist keine Spur von Fortschritt und Entwickelung zu konsta tieren. Entwickelunqsfähig sind nur die Völker des Christentums, die des Islams erstarren und versteinern, werden da, wo sie mit christlichen Völ kern in Berührung kommen, zu einem Hemmschuh der Entwickelung und verwirken damit jedes Da seinsrecht. Es kann daher keine Frage sein, daß für den Islam in Europa bereits in absehbarer Zeit kein Platz mehr vorhanden sein wird. In der mit An spannung aller Kräfte geübten Wettfahrt der Kultur völker Europas bilden die Anhänger der musel manischen Religion nicht nur den Nachtrab, son dern können überhaupt nicht zu Konkurrenten ge rechnet werden. Rasten aber heißt rosten. Und das ist denn auch das charakteristische Merkmal der Türkei, daß sie an allen Ecken und Enden vom Roste benagt ist, daß sich kaum noch ein gesundes Glied in der Kette ihrer politischen und wirtschaft lichen Einrichtungen befindet. Man erschöpft das Wesen des Osmanentums keineswegs, wenn man nur von den finanziellen Kalamitäten spricht, unter denen in Europa die Türkei leidet. Zerfall und Marasmus grassieren vielmehr auf allen Gebieten des türkischen Staatswesens. Die Türkei geht gleich allen Ländern des Islams den Krebsgang, da sie nicht vorwärts schreitet, geht sie zurück und erscheint mit jedem neuen Jahrzehnt mehr als ein Trümmerhaufen, der verschwinvet und Neuem Platz machen muß. Die kulturelle Bedeutung des Christen tums aber wird jedem klar, der den Rückgang und Niedergang der Völker des Islams mit offenen Augen betrachtet. Die Kronprinzessin von Sachsen wird sich also, wenn die von verschiedenen Seilen übereinstimmend gemeldeten Nachrichten zulreffen, endgültig von tbrem Giron trennen, in einem der österreichischen Schlösser ihre Einbindung abwarten nid dann, nach erfolgter Aussöhnung mit ihren Ettern, nicht mit dem Dresdener Hofe, einen ihrer Neigung enisprcchenden Aufenthaltsort wählen und dort in stiller Zurückgezogenheit ihr Leben zubringen. Viel zu dem Entschluß der Rückkehr hat jedenfalls die Aussicht aus ihre Zukunft beigelragen. Die Töchler de« Erzherzog« von Toskana erhielten bei ihrer Vermählung gleich die volle Mitgift und haben weitere Zuwendungen vom elterlichen Hause daher nicht niehr zu erwarten. Der Erlös au« ihren Diamanten müßte aber nicht bloß ihre eigenen und Giro»« Lebensbedürfnisse, sondern auch die ihres Bruders, des Erzherzogs Leopold Ferdinand nebst Fräulein Adamowitsch zu decken im Stande sein. Und so weit dürste er nicht reichen. Der Erzherzog, jetzige Leopold Wö fling, bekommt näm lich von Hause garnichl«. Die Nachricht, daß ihm sein Erbleil im Betrage von 3 Millionen Gulden zugewiesen worden sei, war völlig au« der Lust gegriffen. Der alte Erzherzog von Toskana ver fügt un ganzen nur über etwa 4 Millionen Gulden. Sein Sohn, Erzherzog Le pold Ferdinand, ha! den auf ihn enlsillenoen Anteil der Erbe« beinahe im vollen Umfange bereits durch die seitens der Valers wiederholt ersolgle Tilgung seiner Schulden erhalten. Lollie wirklich noch ein kleiner R.st zurückgeblieben sein, so würde dieser erst später und zwar in einer Form ausgezahlt werden, die ihn dem Zugriff der Gläubiger entzieht. Augenblicklich herrscht in der Kaffe des Herrn Wö fling vollkommene Ebbe, er Halle mil seiner Dame bisher in Sau« und Braus gelebt und sieht sich jetzt vm-ä-vis L rioir. Die Kronprinzessin muß aurhelsen. — Nach einem Pariser Telegramm au» Gens ist die Kronprinzessin Luise erkrankt. In Dresden und Leipzig wurde der Verkauf von Ansichts-Postkarten mil dem Doppelbildui« der Kronprinzessin und Giron« polizeilich verboten. Die Stimmung der Schweizer gegen Giron ist eine recht erbitterte geworben; es ist ihm nament- lich verübelt worden, daß er wiederholt öffentlich von „Madame Giron" sprach und dabet stet« in unfeiner Weise andeutele, daß er selbst die Mittel zum Unterhalte der Kronprinzessin bestreite. Kronprinzessin Luise von Sachsen ist Kompo nistin und hatte sich dadurch, wie au« Dresden be richtet wird, die besonder« herzliche Zuneigung de« verstorbenen König« Albert gewonnen, der vor der Erstaufführung mancher Oper die Partituren für sich am Klavier studierte. In ungeahnter Weise hat der vom Dichter Stieler herrührende T-xt eine« der besten Musikstücke der Prinzessin augenblicklich eine eigenartige Bedeutung erlangt. Da« Gedicht heißt — „Flucht" und lautet: „Er zieht da« Schiff auf hohen Wogen, — Um« Segel ziehn die Möven her, — Vater und Muller sind betrogen, — Wie schaurig ist da« kühle Meer. — Wir sind aus« Meer htnausgezogen, — Weil uns daheim kein Trost mehr blieb. — Vater und Mutter sind be trogen, — Wir baden nicht« al« unsre Lieb —!" Dar „Berner Tagebl." sagt, daß da« Schweizer volk anfänglich geneigt gewesen sei, der Kronprinzessin, al« einer Verfolgten, fein herzlichste« Mitleid zu schenken, daß aber die Stimmung, wenigsten« in der deutschen Schweiz, rasch umaeschlagen habe. Je früher die Kronprinzessin mit Giron au« Gens verschwinde, desto besser sei es sür die Schweiz. Lachenal erwiderte in Gens einem Wiener Journa listen auf die Frage, warum Giron denn so oft sein Asyl in Lausanne verlaffe und nach Genf komme, folgende«: „Ja, so ruhig abwarten kann er eben nicht, junge« Blut, wissen Sie! Ich habe ihn ernstlich ersucht, vorsichlig zu sein, er will aber von der Kronprinzessin nicht lassen!" Die zwischen Justizrat Koerner und dem Rechtr- anwalt der Kronprinzessin in Gens geführten Ver handlungen haben am Sonnabend zu der beider seitig bindenden Einigung geführt, daß sich die Kronprinzessin bezüglich de« zu erwartenden Kinde« allen Dresdner Wünsche» und Anordnungen fügt, während der Kronprinz der Ehescheidung zustimmt, und nicht Einbruch, sondern nur Verlassen de« ge meinsamen Haushalte« gellend gemacht wird. Dresden, 13. Januar. Ein hiesiger bedeuten- der Frauenarzt äußerte sich über die Kronprinzessin von Sachsen dahin, daß eine Suggestion Giron's aus die Kronprinzessin durchaus nicht ausgeschloffen sei. Im Hinblick aus ihre vielen Schwangerschaften und ihren jetziaen Gesundheitszustand könne man da« normale Verhalten der Kronprinzessin als ge stört ansehen. Wien, 13. Januar. Der „N. Fr. Pr." wird bestängt, daß in der Angelegenheit der sächsischen Kronprinzessin eine prinzipielle Verständigung erzielt werden dürfte. Die Kronprinzessin wird tatsächlich in der Nähe der sächsischen Grenze auf einem Schloß in Böhmen Aufenthalt nehmen und dort Gelegen- beil haben, ihre Kinder bisweilen bei sich zu haben. Ohne Zustimmung de« sächsischen Hose« darf sich jedoch die Kronprinzessin aus diesem Ort niät ent fernen. — Nach einer Meldung aus Meran soll in der dortigen Villa „Avaria" für die Kinder de« sächsischen Kronprinzen Paares Wohnung genommen morsen jein. Tagesgeschichte. Deutsche« Reich. Berlin, 13. Januar. Kronprinz Wilhelm trifft nach neuester Bestimmung beriit« am Freitag in Petersburg ein. Der Aufenthalt wird ungefähr eine Woche dauern, und es ist wahrscheinlich, daß der Prinz einen Abstecher nach Moskau macht. — Eine angebliche Aeußerung des Kaisers will ein Bielefelder Blatt au« sicherer Quelle erfahren haben: „Als vor einigen Tagen der neue Polizei. Präsident von Berlin, Herr v. Borries, v m Kaiser empfangen wurde, äußerte derselbe im Lause de« Gespräch«, er lege großen Werl darauf, daß sich der Polizeipräsident mit der Stadt Berlin gut stelle, er (der Kaiser) habe bei früheren Kon- flckten viel Aerger gehabt." Verbürgt ist diese« Kafferwort ja keinerweg«, eine solche Mahnung de« Kaiser« an den neuen Polizeipräsidenten wäre aber mit Genugtuung zu begrüßen.