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Hchnstcm-ErMckr AMiM Tageblatt für Kohenstein-Grrchthal, OöertungwiH, Oersdorf, Kermsdorf, Wernsdorf, Wüstenbraud, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim re. —Weitverbreitetes Jnfertions-Orga« für amtliche und Privat-Anzeigen. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sann- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstallen. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonnement: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich I. M. 25 Pfg. Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Jusertionsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Veroreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. 30. Jahrgang. Sonntag, den 11. Januar 1903. Nr. 8. Amtlicher Teil. 2. öffentliche Stadtverordnetenfitzung Dienstag, den 13. Januar 1903, abends 8 Uhr. Hohenstein-Ernstihal, am 10. Januar 1903. E. Redslob, Stadtverordneten-Vorsteher. Geißler. Tagesordnung: l. Wahl der Ausschüsse. 2. „ „ Gemeindewaisenräte. 3. Aussprache über die Projekte für 1903. 4. Bauliche Herstellung der Antonstraße. 5. Schleußenregulierung in der Bahnstraße. 6 Einziehung des südlich des alten Friedhofes von der Limbacher- nach der Weberstraße hinsührenden Weges. Nach ßtz 22, 25 der Deutschen Wehrordnung vom 22. Juli 1901 beginnt die Militärpflicht mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet. Nach Beginn desselben haben die Wehrpflichtigen die Pflicht, sich zur Ausnahme in die Rekrutierungs- Stammrolle, und zwar in der Zeit vom 1S. Januar bis 1. Februar, anzumelden. Die Anmeldung erfolgt bei der Ortsbehörde desjenigen Ortes, an welchem der Militärpflichtige seinen dauernden Aufenthalt hat. - Hat er keinen dauernden Aufenthalt, so meldet er sich bei der Ortsbehörde seines Wohnsitzes, d. h. desjenigen Ortes, an welchem sein oder sofern er noch nicht selbständig ist, seiner Eltern oder seines gesetzlichen Vertreters ordentlicher Gerichtsstand sich befindet. Wer innerhalb des Reichsgebietes weder einen dauernden Aufenthaltsort noch einen Wohnsitz hat, meldet sich in seinem Geburtsort zur Stammrolle, und, wenn der Geburtsort im Auslande liegt, in demjenigen Orte, in welchem die Eltern oder Familienhäupter ihren letzten Wohnsitz hatten. Bei der Anmeldung zur Stammrolle ist das Geburtszeugnis vorzulegen, so fern die Anmeldung nicht am Geburtsorte selbst erfolgt. Sind Militärpflichtige von: Aufenthaltsorte zeitig abwesend: tauf der Reise begriffene Handlungs gehilfen, auf See befindliche Seeleute u. s. w.), so haben ihre Eltern, gesetzliche Vertreter, Lehr-, Brot- oder Fabrikherrn die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden. Die Anmeldung zur Stammrolle ist in der vorstehend vorgeschriebenen Weise seitens des Militärpflichtigen solange alljährlich zu wiederholen, bis eine endgültige Entscheidung über die Dienst pflicht durch die Ersatzbehörden erfolgt ist. Bei Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle ist der im ersten Militiir- jahre erhaltene Losungsschetn vorzulegen. Außerdem sind etwa eingetretene Veränderungen (in Betreff des Wohnsitzes, des Gewerbes und Standes u. s. w.) dabei anzuzeigen. Von der Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle sind nur diejenigen Militärpflichtigen befreit, welche für einen bestimmten Zeitraum von den Ersatzbehörden ausdrücklich hiervon entbunden oder über das laufende Jahr hinaus zurückgestellt werden. Militärpflichtige, welche «ach Anmeldung zur Stammrolle im Lause eines ihrer Militär, pflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem anderen Aushebungsbezirk verlegen, haben dieses behufs Berichtigung der Stammrolle, sowohl beim Abgänge der Behörde oder Person, welche sie in die Stammrolle ausgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Orte der jenigen, welche daselbst die Stammrolle führt, spätestens innerhalb 3 Tage« zu melden. Versäumung der Meldefristen entbindet nicht von der Meldepflicht. Wer die vorgefchriebenen Meldungen zur Stammrolle oder zur Berichtignna derselben unterläßt, wird mit Geldstrafe bis z« 30 Mark oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft. Es werden daher alle nach Hohenstein-Ernstthal gehörigen Militärpflichtigen, soweit sie im Jahre 1883 geboren bezw. in früheren Musterungen zurückgestrüt worden sind, im Falle der Abwesenheit aber deren Elter«, gesetzliche Vertreter, Lehr-, Brot- oder Fabritherr« hiermit zur Befolgung der vorersichtliche« Bestim mungen, insbesondere aber dazu aufgefordert, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar 1903 unter Vorlegung der Geburts- oder Losungsscheine die vorgeschriebene Anmeldung hierselbst im Rathaus, Meldeamt, Zimmer Nr. 511t bewirken Hohenstein-Ernstthal, am 7. Januar 1903. Der Stadtrat. vr. Polster. WormS. Die Wassersteuer auf die Monate Oktober bis mit Dezember 1902 ist längstens bis zum 24. Januar 1903 bei Vermeidung der zwangsweise« Beitreibung an unsere Stadtsteuer-Einnahme — Rathaus, Zimmer Nr. 2 — abzuführen. Hohenstein-Ernstthal, am 10. Januar 1903. Der Stadtrat. vr. Polster. Geißler. Zum Drama im sächsischen Königshause. Das Geistesleben am sächsische» Hof schildert i» der Hildburghausener „Dorfztg." ein evangelischer Geistlicher, der vor einem Vierteljahihundert während mehrerer Jahre als protestantischer Geist» licher im Sommeihoflager in Pillnitz geweilt und lieferen Einblick in die Verhältnisse genommen hat. Er schreibt: „Nie ist ein Familienleben so vor den Augen de? Publikums geführt worden, wie das des damaligen Prinzen und der Prinzessin Georg. Tas äußerst einfache, fast bürgerliche Sommeipalois liegt direkt an der Landstraße von Hosterwitz und Pillnitz. Der geräumige Balkon kann von jedem Passanten übersehen werden. Und was sahen wir? Bilder der Behaglichkeit und Gemütlichkeit. Der Prinz sang, las und spielte seiner Familie vor. Sellen haben wohl Ehegatten so für einander und für ihre Kinder gelebt. Der jetzige Bischof Fritzen in Straß burg war der Hauskoplan uud Erzieher, gewiß ein ultramonloner Mann, aber die Kinder hallen als Gegengewicht auch einen protestantischen Theologen und als Hofdame ist mir Fräulein von Zedlitz, eine überaus sympathische Dome von seltener Menschenfreundlichkeit und einwandfreier katholischer Gesinnung, in erfreulichster Erinnerung. Der Gcneraladjuloiit deS Prinzen war von der Planitz, ein überzeugter und ernster Protestant. An jedem Hof ist ein schützendes Cercmoniell. Daß cs am sächsischen Hof besonders steif gewesen sei, kann nur Voreingenommenheil behaupten. DiePrinzeßGevrg, die eine sich ousopfernde Mustei mutter war, nahm mit ihren Kindern an jedem Schulfest der Hoster- Witzer Gemeinde teil und veranlaßte ihre Hofdamen, der Kinderbewohraustalt deS streng protestantischen Fräulein von Traulvcller daL wärmste Interesse entgegenzubringen. Im Verein mit bürgerlichen Damen nähten und flickten sie für die armen Opfer der Großstadt, die hier ein so liebliches Asyl ge funden hallen. Als ich die Ehre Halle, an daS Kranken, und Sterbebett deS protestantischen VaterS Ihrer Majestät der Königin Carola berufen zu werden, waren nicht nur Prinz Georg und Gemählin dort versammelt, sondern der ehrwürdige Prinz, der eS wohl begreifen mochte, wie schwer die Auf gabe sei, die mir geworden, kam auf den Corridor uud redete mir freundlich zu, ohne Rücksicht auf die ausschließlich katholische Umgebung meines Amtes zu wallen. Die Königin Carola selbst ist eine Schülerin des 80jährigen evangelischen Veteranen Pastor Lumnitzer in Teplitz, und wenn sie auch übergetreten ist in einer Zeit,(wo sich Katholiken und Protestanten viel näher standen, als heute, so hat sie doch als Tochter eines erzprotestamischeu Vaters unserer Kirche stets ein warmes Interesse erhalten und versucht, auf dem Gebiet der Wohltätigkeit die feindlichen Brüder zu einen. Sie hatte gern, daß ihr jeder Krankheitsfall aus der Gemeinde gemeldet wurde und verwandelte die alte Hosgärtnerei in ein Hospital. Wie oft hat sie die evangelischen Geist lichen der Gemeinde zur Audienz befohlen! Man konnte ihr ungeniert das Herz ausschütlen und sand stets Rat und Hilse. Auch der hochselige König Albert, der Freund MoltkeS und der Erbe Johanns, der mit den evangelischen Theologen Leipzigs, mit Tischendorf, KahniS, Luthardt säst besreundet war, war nicht aus dem Stoff gemacht, woraus Fanatiker gebildet werden Albert lebte täglich mit Männern wie Könncritz-EidmannSdorf, von der Planitz, Vitz thum, die ein sesteS Rückgrat hatten und stets bereit waren, der Ehre ihrer evangelischen Kirche alles zu opsern- ES mag sein, daß mit dem Bischof Wahl und dem Hosprediger Polthof die Saiten strenger angezogen worden sind. E? giebt ja ernste Er scheinungen, die daraus hindeuten. Der Bischof Berndt aber und der alle VikariatSrat Slopanek waren irenische Persönlichkeiten, und der Hosprediger deS Königs Johann pflegte sogar bei dem genialen protestantischen Hosprediger Rüling seine Erbauung zu suchen. Die jetzigen tonangebenden katholischen Theologen sind allerdings weniger katholisch als römisch und leben wohl ganz ohne Beziehung zur evangelischen Kirche. Gleichwohl istdasprolestantische kirchliche Leben Dresdens so bedeutend, daß die Wellen auch ins Schloß hereinschlagen. Solche geistermächtige Persönlichkeiten, wieder selige Meier, Rüling, DibeliuS, die mit seltener Weichherzigkeit und in weitem Umfang wirkten, sind für den römischen UltramontanismuS unerreichbar, und wenn auch der bekannte Propagandallub: „IN, io rmum owu«8" seine Netze weil auSwarf, so ist doch auf jesuitischer Seite der Mangel an Geist, an Verständnis für die Ausgaben der Gegenwart und den Inhalt des Evangeliums so groß, daß an eine Propaganda, selbst bei Ausgebot der CaplanSpresse, nicht zu denken ist. Für die Kronprinzessin giebt es keine Entschuldigung. Jede Frau muß sich in die Familie des Mannes finden und nicht jeder ist eS so leicht geworden. Gott sei Dank, daß sür eine „fesche" Oesterreicherin in einem ernsten protestantischen Land noch kern Platz ist." Unter der Uebcrschrist: „Gegen den Klert- kalirmur in Sachsen" schreibt die „Deutsch-evangel. Korr.": „In Ken letzten Tagen mehren sich die Meldungen, die von einem Umschwung der öffent lichen Meinung im Cachsenvolke in der Angelegen heit der flüchligen Kronprinzessin Luise berichten. Man glaubt mehr oder weniger deutliche Anzeichen dafür wittern zu können, daß die Kronprinzessin Luise einer klerikalen Jnlrigue zum Opfer gefallen sei. Die Einzelheiten, die hierüber verlautbart werden, sind aber so willkürlich und haltlos, daß sie bester in Zukunft unterbleiben, zumal e» sestge- stelll ist, daß die Zusammensetzung der Hofgesell schaft und de» höfischen Personal» keineswegs ein seitig nach der Zugehörigkeit zur katholischen Kon fession geregelt war. Auch würden selbst die un wahrscheinlichsten Jntriguen, wenn sie sich dennoch bewahrheiten sollten, keinerlei Mildcrungsgrund sür die Beurteilung der Schritte der Kronprinzessin ab geben. Da« Verhallen der Kronprinzessin im ganzen und in seinen Einzelheiten ist derart, daß c» schlechterdings keinen Milderungsgrund mehr gibt, zumal aucb der Begründung, aus welche sich bisher ein Teil ihrer Parteigänger stützte, durch die Plaudereien der Kronprinzessin ihren verschiedenen Interviewern gegenüber selbst der Boden enlzogcn wird. Auf eine besonder« gefährliche und falsche Bahn scheint sich aber da« öffentliche Empfinden des sächsischen Volke« zu begeben, wenn c» sich be wahrheiten sollte, war soeben einige Blätter au« Dresden melden. Wenn in einer solchen Meldung auf die Spannung zwischen dem protestantischen Volke und dem katholischen Hofe au« solchem An laste hingewiesen wird, so ist da« ein durchau« zur Unzeit «»«gebrochener Groll über einen öfter« schon viel bitterer empfundenen, aber stet« mit säch sischer Gemütlichkeit ertragenen Mißstand. Die Drohung im Schlußsatz obiger Meldung: „Erhebt sich erst die religiöse Woge de« in seinen zartesten Gefühlen verletzten protestantischen Volke«, so wird sie aus ihrem Wege nicht mehr aufgehallen. Man hat den Bogen überspannt, nun sind die Sehnen zerrissen" — wäre bester unterblieben und entspricht jedenfalls nicht der Anschauung der leitenden evan gelischen Persönlichkeiten. Wenn einmal im König reich Sachsen die berechtigte Sehnsucht nach einer „Reformation" de« ursprünglich protestantischen Königshauses offen und kräftig heraultreten sollte, so wählt sie sich hoffentlich andere Zetten und an dere Beweggründe au«, al« da« falsche Mitleid mit einer törichten Fürstin." Ueber da« frivole Treiben einer gewissen Sorte Presse, die auch wir schon charakterisiert haben, schreibt die „D. Wacht": „Wogegen wir un» mit aller Schärse wenden, da« ist die Ausnutzung der Angelegenheit sür politische Zwecke, die Beschönigung der schamlo« geübten Skandalsucht, al« verfolge man mit Befriedigung derselben höhere Ziele. Juden tum und Liberalismus wittern Morgenluft: sie möchten an dem Skandalseuer die abgebrauchten „Kullurkamps"-Fetzen wieder anzünden, durch Ver hetzung der christlichen Konfessionen im Trüben fischen. Gruselige Schauergeschichten, die in einen Kolportage Roman passen, werden nicht bloß von Mund zu Mund getragen, sondern ganz ernsthaft in den Zeitungen erörtert und finden Gläubige. Wieder austaucht die Mär von der Gehetmklausel, nach welcher da« sächsische Königshaus unter ge- wissen Voraussetzungen nochmal« protestantisch wer den solle. Was da« Vdlk wünscht, glaubt e« gern. Aber geradezu niederträchtig find die Gerüchte, die mit Bezug aus den Zustand der Kronprinzessin daran geknüpft werden. Andere haben sich wei««achrn lasten, daß „Luise" zur Buße — eine Reise so lang wie nach Rom auf den Knien im Zimmer rutschen mußte. Dazu hätte sich wohl keine gebildete Frau, auch al« strenggläubige Katholikin, zwingen lassen. Wie viel weniger hätte die al« energisch gepriesene Kronprinzessin dieser Marter Folge geleistet. E« heißt den romanhaften Erfindungen allzuviel Ehre anlun, wollte man sie sämtlich aufzählen. Aber