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- Erscheinungsdatum
- 1899-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189902127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990212
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-12
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
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Freiberger Anzeiger nnd Tageblatt. Seite S. — IS Februar 1899. 8« zeigt sich daS klerikale Gemüth erfreut, daß in der OberpräsidialratHS Wallraf seit Dezember vorigen im Mor zeigten ' Ausbewc totaler 2 steckbries blatt, i und in — 2 w im verf Nacht- 7 wegei frieden! wegen - Treiber stellenn vocschri Jnemp^ Vertret Ausübi Verstos wesen, und de schlagu reizuni darmei beschäd Prostii bäude, die ge' aus t Düng« kanner der lii Aussic Schlai mit L entsta bissig« wesen Revis aus d Anzei Weit! zwar Person deS Oberpräsidialraths Wallraf seit Dezember vorigen Jahres endlich wenigstens ein Katholrk „sich in der näheren Um gebung des Herrn Oberpräsidenten Nasse befindet." Man sollte nun meinen, das wären zwei Erfolge der jünsten „Paritätsbe- strebungen" des CentrumS; doch weit gefehlt. „Können wir denn in unseren Paritätsbestrebungen gar keinen Schritt weiter kommen?" ruft ärgerlich die „Germania" aus — weil in Trier Herr zur Nedden das Regierungs-Präsidium übernimmt: und Herr zur Nedden ist Protestant. Werden also zwei Regierungs- Präsidien in einer Provinz besetzt und erhält daS eine ein Katholik, das zweite ein Protestant, so ist damit den „Paritäts- Auf welcher Stufe diese Klippschulbetrachtung steht, wenn man einmal das Lächerliche des heißen ParitätsbemühenS hervorheben will, zeigt sich in dem Nasenstüber, den die „Germania" dem „Reichsanzeigcr" versetzt, weil er eS „auffallenderweise" unter laßen hat, Herrn v. Hövel — den Titel Geh. Regierungsrath beizusetzen, txr ihm seit einer Reihe von Jahren verliehen sei. Auch darüber bestrebungen" noch lange nicht genug gethan. Eine Reichstagsnachwahl hat im 2. Berliner Wahlkreise stattzusinden, da der am 16. Juni 1898 gewählte Rentner Kreitling (freis. Volkspartei) nach der Ungiltigkeitserklärung seiner Wahl durch die Wahlprüfungs-Kommission des Reichstages das Mandat niedergelegt hat. Der früher stets freisinnig vertretene Wahlkreis ging 1893 an die Sozialdemokraten verloren. Am 16. Juni 1898 wurden gezählt für den Sozialdemokraten Schriftsetzer Fischer 26269, für Kreitling 16127, für den konservativen Oberpostassistenten Stockmann 11359, für den klerikalen Legationsrath a. D. von Kehler 755, für den polnischen Schriftsteller Wawrzyniak 91 Stimmen. JnderStich- vahl standen nach der amtlichen Feststellung 28562 Stimmen ür Kreitling, 28547 für Fischer gegenüber. Eine genauere Zählung hat nunmehr aber ergeben, daß Kreitling in der That vier Stimmen an der Mehrheit fehlten; so daß aufs Neue zur Wahl geschritten werden muß. Bei der Nürnberger „Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vormals Schuckert L Co." ist gestern Vormittag ein Arbeiterausstand auS- gebrochen. Ein widersetzlicher Former wurde entlaßen, worauf etwa 100 Former in den AuSstand traten. Der Betrieb erleidet keinerlei Einschränkung. Oesterreich. Die bekannten Auslastungen deS czechischen Abgeordneten vr. Kramarcz gegen den Dreibund, den er in einem französischen Blatte als ein altes, abgespieltes, für die Rumpelkammer reifes LuxuSklavier bezeichnete, werden in Berliner politischen Kreisen um so übler vermerkt, da man weiß, daß Kramarcz eine der Hauptstützen der Regierung des Grafen Thun ist. Dieser zieht ihn, wie die „Köln. Ztg." her vorhebt, bei jeder Konferenz mit den Führern der Rechten zu. Gras Thun wird sich nicht wundern dürfen, wenn von den drei bundfeindlichen Auslassungen dieses' Czechen auf seine eigene Gesinnung Rückschlüsse gemacht werden. Man kann eben nicht zwei Herren dienen; wer sich mit Deutschlands erbittertsten Feinden verbündet, kann nicht Deutschlands ehrlicher Freund sein. — Und was sagt Kaiser Franz Josef zu solchen Treibereien? Frankreich. Deputirtenkammer. DaS HauS und die Tribüyen sind überfüllt, es herrscht lebhafte Bewegung. Auf der Tagesordnung steht die Berathung der Vorlage, welche der Kriminalkammer die Revisionsverhandlungen nehmen will. Der Ministerpräsident Dupuy verlangt die Dringlichkeit der Berathung, welche ohne Widerspruch beschloßen wird. Der Berichterstatter Renoult-Morlisre erklärt, die Kommission habe den Gesetz entwurf abgelehnt, weil derselbe ein Gelegcnheitsgesetz sei. Wenn man Gelegenheitsgerichtshöfe schaffen könne, so gebe es für Niemand aats- und Gemeindebehörden. Der NamenS Foveau vermißt. Trotz der eifrigsten Nachforschungen seitens des Personals und der Polizei, die selbst den benachbatten Kanal durchsuchte, blieb der Knabe verschwunden. Gestern früh jedoch, als der HauSmann gerade das Sprechzimmer auskehren wollte, bemerkte er darin einen Sack. Er enthielt die Leiche des jungen Foveau, der erdrosselt und vergewaltigt war. Daneben befand sich eine leere Kiste, die bestimmt gewesen zu sein schien, den Sack mit der Leiche aufzunehmen, und nicht weit davon wurde ein Zettel aufgehoben, worauf die Worte standen: „Zeiht die Gemeinschaft nicht des Verbrechens. Nur einer ist der Schuldige." Nun begab sich die Staatsanwaltschaft sofort in die Schule in der Rue de la Monnaie und begann die Untersuchung. DaS gesammte Personal mußte eine Schrift probe ablegen. Nur einer der Brüder weigerte sich energisch zu schreiben. Dann wurden sämmtliche Mönche mit der Leiche konfrontirt. Bruder Flavinien, derselbe, der nicht hatte schreiben wollen, war der erste. Er legte eine große Unruhe an den Tag, die den Richtern sofort ausfiel, und äußerte dann aus freien Stücken dix Worte: „Pardon für die Bruderschaft. Ich bin unschuldig und habe das Verbrechen nicht begangen." Trotz dem wurde der Mönch sofort verhaftet. Es scheint, daß die Leiche in der Nacht in das Sprechzimmer gebracht wurde, um hier in die Kiste verpackt und dann in den dem Kloster benach barten Kanal geworfen zu werden. Wahrscheinlich wurde der Verbrecher bei dieser Arbeit gestört. Als die That in Lille be kannt wurde, bemächtigte sich der Bevölkerung eine große Wuth gegen die Mönche. In der Rue de la Monnaie sammelten sich Abends über 3000 Personen vor der Klosterschule und schrien unaufhörlich: „An den Galgen mit ihnen! Deibler her!" rc. Sowohl hier, wie an anderen Klosterschulen der Stadt, wurden sämmtliche Fenster eingeworfen. Mönche und katholische Geist liche, die sich auf der Straße zeigten, waren der gröblichsten Jnsultirung seitens der Bevölkerung ausgesetzt, sodaß die Polizei alle Mühe hatte, weitere Gewaltthätigkeiten zu verhindern. Fünf undzwanzig Personen wurden verhaftet und in Haft behalten. Man befürchtet, daß sich die Kundgebungen heute und am Sonnabend, dem Tage der Beerdigung des ermordeten Schülers, wiederholen werden. Oertliches und Sächsisches. Freiberg, den 11. Februar. — Das König!. Oberhofmarschallamt giebt bekannt, daß am Königlichen Hofe Mittwoch, 22. Februar, und Mittwoch, 8. März, je ein kleines Hofkonzert und am Ostermontag, 3. April, ein großes Hofkonzert in Aussicht genommen sind. Beim großen Hoskouzert, am 3. April, zu dem die Hofgesellschaft durch Ansage eingeladen werden wird, können Vorstellungen-angemeldeter Damen und Herren stattfinden. — In einer ministeriellen Verordnung wird mit Rücksicht aus die Krankenversicherung eine Entscheidung über Vertheilnng der Kaffenmitglieder in die verschiedenen statutarischen Kassen gegeben, dann giebt das Ministerium des Innern eine Aus legung des Begriffes „Unterstützungsfall", die, wenn auch hierbei eine ganz bestimmte Kasse in Frage kommt, doch von allgemeinerem Interesse ist. „Unterstützungsfall" im Sinne von 8 21 des Kassenstatutes ist, wie das Ministerium darlcgt, nicht gleichbedeutend mit thatsächlicher Untcrstützungsleistung aus der Kasse, sondern bezeichnet den Fall, in dem der durch die Kasjcmmtgliedschaft un allgemeinen erworbene Unterstützungs- Zug bewegte sich durch die Bahnhofstraße, in der umflorte Glüh lampen brannten, zwischen einem Spalier der Vereine, Korporationen i und der Schuljugend durch deu Park nach Friedenstein zur ! Schloßkirche. Am Portal der schwarz ausgeschlagenen und mit Blattpflanzen geschmückten Schloßkirche, aus welcher alle Bänke < und Stände entfernt worden waren, erwarteten den Sarg die , Mutter und Schwestern, die nach dessen Niedersetzung vor dem j Altar in der Loge Platz nahmen, während der Herzog und die § übrigen Verwandten rechts und links vom Sarge Aufstellung nahmen. Nach Verlesung von Textworten auS der Bibel durch den Generalsuperintendenten Kretzschmar und den Hofprediger Scholz erfolgte die Einsegnung der Leiche, worauf die Herzogin mit den Töchtern aus der Loge herabkamen und bewegt Abschied nahmen. Unter Ehrensalven wurde sodann der Sarg in die Gruft durch eine inmitten des Schiffes am Fußboden hergestellte Oeffnung hinabgelaffen. Uebrr die Krankheit des Grasen Caprivi gehen dem „Pest. Ll." von fachmännischer Seite die folgenden Zeilen zu: Erlauben Sie mir, Ihrem Telegramm über den Tod des Grasen Caprivi einige Bemerkungen bcizusügen, denn meinen Erinnerungen nach kann ich schwer annehmen, daß in Berlin „Niemand wußte, daß der so rüstige und stattliche alte Herr krank sei". So viel ich weiß, ist Graf Caprivi schon über 12 Jahre krank gewesen; die ersten Anfänge seines Leidens — es war die Zuckerharuruhr — zeigten sich schon, als Caprivi das Marine- ministerium verließ, und noch im selben Jahre erschien Caprivi, als kommandirender General des X. Armeecorps in Hannover in der Kurliste gemeldet, an den heilbringenden Quellen Karlsbads. Als er dann zur Kur nach Karlsbad wiederkehrte, war er schon Reichskanzler; seine elegante Hove Gestalt war wohl die gleiche geblieben, sein Auftreten jedoch hatte an Elastizität der Beweg ungen und an Rüstigkeit schon eine kleine Einbuße erlitten. Er erholte sich aber sichtlich in Karlsbad, obwohl er trotz des Kur gebrauchs durch mehrere Stunden täglich Amts- und Geschästs- stücke erledigte, und verließ Karlsbad sichtlich gekräftigt. In den letzten vier Jahren war Graf Caprivi nicht mehr in Karlsbad zu sehen — und ich glaube nicht, daß die Ausstreuung seiner Feinde, als hätte er ein Gehirnleiden gehabt, richtig ist. Sein jäher Sturz vom Kanzlerposten dürste ihm seelisch sehr nahe gegangen sein, so daß er dann für seine Gesundheit nichts mehr unter nehmen wollte, und da das Gemüth bei der Zuckerkrankheit eine große Rolle spielt, so ist ja der Schluß viel gerechtfertigter, daß Graf Caprivi an den Folgen dieses Leidens und nicht an einem Gehirnleiden zu Grunde ging. Genehmigen Sic rc. Budapest, 7. Februar 1899. Sanitätsrath vr. Emerich Hertzka, Brunnen arzt in Karlsbad. Ein Bubenstreich wird aus Kroßen gemeldet: In der Nacht zum Freitag wurden vom Grabe des verstorbenen Grafen Caprivi die Quasten der von dem Kaiser und dem König von Sachsen gespendeten Kränze gestohlen. Man nimmt an, daß die Diebe von außerhalb sind, und nicht aus Skyren. Politische Umschau. Freiberg deu 11. Februar. Deutschland. In der Schloßkirche zu Friedenstein bei Gotha ist gestern Vormittag die Leiche deS in Meran verstorbenen Erb prinzen Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha beigesetzt worden. Bor dem Bahnhof hatte daS 1. Bataillon deS S5. Regiments Aufstellung genommen, das vor dem von zwölf Unteroffizieren getragenen Sarge präsentirte und sodann den Leichenkondukt eröffnete. Vor dem Sarge gingen die Geist lichkeit, der Oberhofmarschall, der Adjutant des Erbprinzen, Haupt mann Schmidt von Hirschfeld«, mit den Orden und dem Leibpferd. Zur Seite deS Leichenwagens gingen 24 Unteroffiziere und vier Kammerherren. Dem Leichenwagen folgten Herzog Alfred, die drei Schwäger deS Erbprinzen, als Vertreter des Kaisers der Gesandte Prinz von Ratibor, der Vertreter der englischen Königin Sir Condie Stephen, für den König von Sachsen der Gesandte von Reitzenstein, sowie Vertreter der Ernestinischen Höfe von Weimar, Meiningen und Altenburg. Die fremden Höfe waren gebeten worden, mit Rücksicht auf die tiefgebeugten Eltern von der Absendung von Vertretern absehen zu wollen. Es schloßen sich an die Hofstaaten, das Ministerium, der Landtag, das Offizier corps und Deputationen des hessischen Leibgarderegiments auS Darmstadt, des säckmicben Leibgrenadierregiments Nr. 100 auS Dresden, des ersten Gars^aimcnts zu Fuß aus Potsdam, end- auspruch sä! der Berecht verwirklicht solchen Fall hierauf zuni sichen Mind für die von Erweiterunx — Alt1 DaS sächs. j geben, daß lährige Diei — Gest auSschuss« statt. Ders Freiberg be May in F Freiberger Martin L Kehrbezirkei berichtet, dc von denen nur daS er Abtrennnn, Bearbeitun Srterungen Kehrbezirke Kehrbezirke Bahnmeist! die seitens Gesuches v abschlägig nicht reklai nicht nachg — De für Level Ausgabe Folgende statt ersoff Monaten acbtungen 'hat sich m 'Einweihui unentgeltl statt erfolg entwickelt, für das g so stellt ß suchungcn 10. Dezei Juni 18! tober bis ginge. ! Industrie Industrie Lmter de angehörn auf: Tei reich-Unx Norwege senvunge entfielen berg 45, Bundessl Bekleiden Württem 918 Ein die Mit, 249, di JahreSbt gewißen bezogen Gebrauck in 175, -Diverses Gebieten Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Aus die neue 3proz. Reichs-und Staatsanleihe (75 Millionen Reichs- und 125 Millionen preußischer Konsols) wurden gestern rund 4 Milliarden gezeichnet. Ein erheblicher Theil davon ist offenbar zu dauernden Anlagen bestimmt. An den Zeichnungen betheiligten sich sowohl alle Theile de-Reichs, wie auch in starkem Maße das Ausland. Das Ergebniß ist ein natürliches Zeugmß des Vertrauens in die Finanzlage Preußens und des Reiches und zugleich ein Ausdruck der Zuversicht in die Friedenspolitik Deutschlands. In der Justiznovelle, die an Stelle des Voreides den Nacheid einführt, wird auch für einen erweiterten Schutz des Beicht geheimnisses gesorgt durch die aus der neuen Militärstraf- gerichtsordnung übernommenen Vorschriften, wonach Geistliche, die wegen dieses Beichtgeheimnisses das Zeugniß verweigern, von einer besonderen Glaubhaftmachung des Verweigerungsgrundes künftig befreit sein sollen und wonach im Uebrigen zur Glaubhaft machung des Rechts der Zeugnißverweigerung die Versicherung an Eidesstatt genügen soll. Die kürzlich angekündigte Vorlage des Reichskanzlers betr. die Zulassung der Frauen zum Studium der Medizin befindet sich schon seit einiger Zeit beim Bundesrath. Sie be ruft sich darauf, daß die Bewegung zu Gunsten der Zulassung immer mehr an Stärke und Umfang zunehme, und daß diese Forderung in den thatsächlichen Verhältnissen und Bedürfnissen begründet erscheine. Außer dem medizinischen soll auch das zahn ärztliche Studium sowie das Apothekergewerbe den Frauen frei gegeben werden. Den jetzt bereits ohne Immatrikulation als „Hospitantinnen" die Vorlesungen besuchenden Frauen sollen ihre Semester angerechnet werden. Ihre Helle Freude äußert die klerikale Preße darüber, daß der bisherige Landrath Frhr. v. Hövel zum Regierungspräsi denten in Koblenz ernannt worden ist, weil Herr v. Hövel neben seiner sachlichen Befähigung zur Führung dieses Amtes doch im Grunde das viel größere Verdienst hat, nunmehr „der vierte katholische Regierungspräsident" in Preußen zu sein. Spanien. Im Ministerrath wurde festgestellt, daß die Jntereßen Spaniens es erforderten, d>e Karolinen nicht zu veräußern, trotz der Anerbietungen verschiedener Mächte. JnVien. Die in Poona durch die Ermordung der Brüder Dravid hervorgerufene Aufregung ist durch einen Vorfall, der sich vorgestern Abend auf dem Polizeibureau zugetragen, noch gewachsen. Mehrere Mitglieder der Bande, welche von Damodar und Chapekar, den später Hingerichteten Mördern der britische»" Offiziere Rand und Ayerst gebildet worden ist, sollten gerade vernommen werden, da feuerte der jüngste Bruder Chapekars auf einen eingeborenen Polizeichef einen Revolverschuß ab, der fehl- ging. Chapekar rühmte sich, die Brüder Dravid getödtet zu haben und erwähnte gleichzeitig einen gewißen Ranade, der als sein Komplize verhaftet wurde. Die Ungiltigkeitserklärung der Wahl Mataasas zum König von Samoa durch den Oberrichter Chambers wird jetzt von englischer Seite durch Bezugnahme auf die Protokolle des Ber liner Samoa-Vertrages zu rechtfertigen gesucht. Aus diesen gehe hervor, daß der damalige deutsche Staatssekretär des Aeußern Graf Bismarck das Prinzip des Wahlkönigthums nur unter der Bedingung annahm, daß Mataasa ausgeschlossen bleibe wegen der Schandthaten, die unter seiner Herrschaft gegen die tobten und verwundeten Deutschen auf dem Schlachtfelde begangen waren. — Wenn dem so wäre, dann würde die deutsche Regierung jetzt sicherlich nicht die Wahl Mataasas unterstützt und acceptirt haben. Wie gehässig und daher verdächtig die englischen Dar stellungen über die letzten Vorgänge auf Samoa sind, ergiebt sich aus dem Inhalt des nachstehenden Telegramms, der gleichzeitig erkennen läßt, daß das Verhältniß zwischen Engländern und Deutschen auf Samoa in hohem Grade gespannt ist: London, 10. Februar. Lange Postberichte schieben den Deutschen alle Schuld an den samoanischen Unruhen zu. Ein früherer deutscher Offizier von Bülow soll Mataasas Armee in der L-chlacht ge führt haben. Der Kommandeur des englischen Kreuzers „Porpoise" und der britische Konsul trafen die ersten Schritte, Malietoa von den Rebellen zu befreien, welche auf sie feuerten. Der deutsche Konsul versuchte Mataasas Anhänger zum Widerstand gegen die Landung von britischen Matrosen zu bewegen. Die Postberichte bestätigen, daß der Konsul Mataafa anerkannte. Die Passagiere des australischen Dampfers „Moana", welcher Post meldungen von Samoa nach San Francisco brachte, erzählen, der Kommandeur des „Porpoise" habe eine Proklamation er lassen, falls die konstituirte Autorität durch Deutsche oder Ein-' geborene verletzt werde, würde er aus die Stadt und deu deutschen Krenzer „Falke" schießen. Der „Porpoise" machte klar zum Gefecht, und der Kommandeur des „Falke" schickte einen Offizier an Bord, um Aufklärung zu verlangen. Der Kommandeur des „Porpoise" erwiderte: „Sagen Sie Ihrem Kapitän, er solle mit seinem Schiff zum Hades gehen. Der Engländer sagt nie, was er nicht meint." Die Botschaft hatte angeblich den Erfolg, die Autorität Chamber's zu bewahren und die Ermordung Malietoas zu verhindern. — Nach Meldungen aus San Fran cisco ist vr. Raffel unter dem Namen vr. Kramer dort ange kommen und begiebt sich mit wichtigen Dokumenten nach Berlin." — Die „World", der diese Meldung entnommen ist, gilt im Allgemeinen nicht als besonders zuverlässig. Unzutreffend ist zweifellos die Rolle, die in vorstehendem Bericht dem Kom mandanten des deutschen Kreuzers „Falke" zugewiesen wird. Ein deutscher Marineoffizier läßt sich nicht durch unver schämte Worte eines Engländers einschüchtern. Damit schließt die Berathung. Nach einer längeren Reihe persönlicher Bemerkungen geht die Vorlage an eine besondere Kommission von 28 Mitgliedern. Sonnabend Interpellation Kanitz, betr. die deutsch-amerikanischen Vertragsverhandlungen; Novelle zum Civil- uud Strafprozeß und Wahlprüfungeu. mehr eine Sicherheit. Derartige Anträge hätten immer Entrüstung hervorgerufen. Der Redner wünscht zu wißen, welche Gründe für die Einbringung deS Gesetzentwurfes vorlägen, da sich doch die Anschuldigungen Quesnay de Beaurepaires als unbegründet erwiesen hätten. (Beifall und Widerspruch.) Die Vorlage setzte die Deputirtenkammer an die Stelle des höchsten Gerichtshofes in einer Angelegenheit, die eine rein juristische sei, und sie verletze den Grundsatz der Trennung der Gewalten. Die Untersuchung Mazeaus habe ergeben, daß die Räthe der Kriminalkammer voll kommen rechtschaffen gehandelt haben, die Regierung selbst habe dies anerkannt, es sei also unmöglich, ihnen die Aufgabe zu nehmen, deren sie sich würd'g gezeigt hätten. (Beifall nnd Zwischenrufe.) Die Vorlage würde nicht zu einer Be ruhigung führen, sie würde mir lange Verzögerungen mit sich bringen: sie sei ein Akt der Schwäche, unnütz und gefähr lich. Renault schließt, er sei weder für, noch gegen Drey fus, aber er werde ihn nicht für unschuldig halten, solange der Wahrspruch, welcher ihn verurtheilt hat, bestehen wird; er sei aber nicht der Ansicht, daß, um die Armee zu ehren, es noth wendig sei, den Richterstand zu entehren. (Beifall.) Rose be fürwortet die Vorlage, denn selbst wenn sie ein Gclegenheitsgesetz sei, müsse man sie annehmen, da es sich um das Wohl des Landes handele und weil sie den Agitationen ein Ende machen werde. (Beifall im Centrum.) Der Justizminister Lebrct, der nunmehr das Wort nimmt, bestreitet, daß es sich nm ein Gelegen- heitsgesctz handele, denn cs designire nicht Personen zu Richtern, die außerhalb des Richterstandes stehen. Die Vorlage sei bestimmt, der Agitation ein Ende zu machen, welche das Land beunruhige, sie entspreche den Wünschen der Bevölkerung. (Beifall und Widerspruch.) Die Regierung sei überzeugt, daß das höchste Interesse des Landes die Einbringung des Gesetzes erforderlich machte, ebenso wie das höchste Jnlereße der Wahrheit und Gerechtigkeit. Die Vorlage entspreche der Ansicht des ersten Präsidenten des Kassationshoses. (Neuer Lärm und Beifall.) Millerand führt aus, Mazeau sei garnicht der Mann, der Kammer Vorschriften über ihre Haltung zu machen und ihr eine politische Richtschnur zu geben. Die Vorlage werde die neuen Richter keineswegs der Fluth von Beleidigungen entziehen, deren Gegen stand die Räthe der Kriminalkammer sind. Man habe bereits begonnen, gewisse Richter der übrigen Kammern des Kassations- Hofes anzugreßen; die Vorlage sei eine Prämie aus Verleumdungen, sie werde die Agitation ins Unendliche verlängern; es genüge, auf die zu sehen, welche sie vertheidigen, damit die Republikaner ihre Pflicht begreifen. (Heftiger Tumult.) Ministerpräsident Dupuy besteigt die Tribüne. Quesnay verlangt nach den drei Untersuchungen Mazeaus jetzt eine vierte, denn er habe einen Brief erhalten, wo Folgendes erzählt werde: Ein Geniehauptmann des Generalstabs versichert, der Nachrichtendienst habe erkundet, daß Richter Bard vier Tage vor der öffentlichen Verhandlung seinen Bericht einer Versamm lung vorgelesen habe, wo auch Clömenceau, Labori und Reinach anwesend waren. Der Offizier, der dies mittheilt, ist bereit, als Zeuge darüber auszusagen. Ueber den Lustmord in Lille, den wir bereits meldeten, liegen heute folgende Einzelheiten vor: Ort der That ist eine Kloster schule. Seit Sonntag wurde daselbst der 11jährige Schüler lich Vertreter der Rc.
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