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- Erscheinungsdatum
- 1909-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-190909176
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19090917
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19090917
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-09
- Tag 1909-09-17
-
Monat
1909-09
-
Jahr
1909
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Leit fand, ein den rechten Flügel bedrohendes feindliche- Kavallerie- Regiment abzuweisen. Nur langsam kam die 88. Jns.-Brig., die bereit- seit dem srühen Morgen aus dem Marsche war — einige Abteilungen kamen auS Rochltd — in dem schwierigen Gelände Vorwärts. Schließlich gelang eS aber, den Feind zu Wersen und in den Klütsch-Wald einzudrinaeu. Von da auS hätte die Brigade in der wirksamsten Weise gegen die feindliche linke Flanke eingreisen können. Dazu kam rS aber nicht mehr, da da» Manöver etwa 2'° Uhr nachm. abge brochen wurde. Der Tag hatte «roße Anforderungen an die Truppen gestellt und der 89. Jnf.-Brw. stand noch ein langer Rückmarsch in die Quartiere bevor. ES ist daher nicht zu ver wundern. daß die Infanterie manchen Abgang an Marschkranken hatte Doch sind, soweit bekannt. Fälle ernsterer Erkrankung nicht vorgekommen, und der morgige Rasttag gibt erwünschte Gelegen heit, sich von den Anstrengungen der letzten drei Tage zu erholen. Die KorpS-Telegraphen-Abtetlung war heute völlig kriegs mäßig verwendet worden, um Verbindungen vom Divisionskom mandeur zu den Brigaden einerseits, zum Generalkommando (nörd lich drS Nonnenwaldes) andererseits herzustellen. Dabei war Ge legenheit, zu beobachten, wie rasch die Leitung hergestellt wurde. Nächsten Freitag findet wieder Manöver der beiden Brigaden gegeneinander statt. Dabei wird der Generalfeldmarschall, Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, und Seine Exzellenz der kommandierende General, General der Artillerie v. Kirchbach, »»gegen sein. Vee roriaKiemolnatkcbe Patteitag. db. Leipzig, 15. September. In der heutigen Sitzung des sozialdemokratischen Parteitages wurde die Debatte über die parlamentarische Tätigkeit der Reichs- tagSfraktion fortgesetzt, wobei wiederum die Haltung der Partei zur Erbschaftssteuer den Hauptgegenstand einer lebhaften, teilweise recht stürmischen Debatte bildete und es mehrfach zu erregten Szenen feilen- der Revisionisten kam. Obwohl noch ungefähr 46 Redner auf der Liste standen, wurde schließlich Schluß der Debatte angenommen. Eine nach Debatteschluß vom Abgeordneten Frank eingrbrachte ZustimmungSresolutton zur Haltung der Fraktion gegenüber der Erbschaftssteuer wurde als geschäftsordnungswidrig zurückgezogen. Bet dem nun folgenden Schlußwort Ledebours kam eS zu er regten Szenen. Redner bezeichnete es als eine der größten Tor- hnten, daß sich die Sozialdemokratie in der Erbschaftssteuerfrage auf die honigbestrichene Deichsel des Regierung-Wagens habe locken lasten. Man rief dem Redner zu, daß er doch selbst in dem parla mentarischen Bericht über die Haltung der Fraktion berichtet habe, ohne sie zu mißbilligen. „Die Streichungen sind ohne mein Wissen vom Vorstand gemacht worden!" ruft Ledebour zurück. Stürmischer Lärm erfüllte den ganzen Saal. Rufe wie: „Unver schämtheit!", „Unwahrheit!", „Unerhörte Manieren!" schwirrten durch den Raum. Robert Schmidt wirft Ledebour perfide Angriffe gegen die Revisionisten vor. Es folgt dann noch eine Reihe zum Test recht scharfer PersönlichkeitSbemerkunaen, wobei u. a. vom Parteivorstandsmitglied Müller gegenüber Ledebour erklärt wird, die Korrekturen seien auf Grund einer ausdrücklich von Ledebour erteilten Vollmacht vorgenommen worden. Unter stürmischem Beifall erklärte auch Bebel, er würde eS für unrichtig und bedenk lich gehalten haben, wenn die Fraktion in dritter Lesung gegen die Erbschaftssteuer gestimmt hätte. Bei Erledigung einiger kleinerer Anträge kommt auch die Hof- aängerei der „sieben Schwaben" zur Beratung. Die Angelegen heit wsid jedoch durch eine Erklärung der Beteiligten, wonach sie dem Ausflug serngeblieben wären, wenn sie hätten aunehmen können, daß dieser zu einer monarchistischen Demonstration aus- genutzt werden würde, für erledigt erachtet. Nachdem dann noch debatteloS eine scharfe Resolution gegen das russische Spitzeltum angenommen worden war, trat die Mittagspause ein. In der Sitzung am Nachmittag beschä tigte man sich zuerst mit dem Organisations-Statut. Inzwischen ist von Katzen stein und Genosten (Berlin) folgende Re olution eingegangen: „Der Parteitag nimmt mit Empörung Kenntnis von den recht-« verletzenden Gewalttätigkeiten und Grausamkeiten, die die spanische Regierung den Teilnehmern an der Widerstandsbewegung gegen den Krieg in Afrika und allen Bekämpsern der kapitalistischen und pfäffischen Gewaltherrschaft gegenüber zur Anwendung bringt. Der Parteitag erhebt im Namen der Menschlichkeit gegen diese schmachvollen Grausamkeiten schärfsten Protest und fordert alle Genosten und alle Menschlichfühlenden auf, sich der Protest bewegung der zivilisierten Welt gegen diese Handlungen und gegen da- ganze System, au» dem diese htrdorgehen, anruschließen. Der Parteitag sendet brüderliche Grüße den spanischen Genoffen, die mit todesverachtender Kühnheit den Kampf gegen da» System der pfäffischen Verdummung und skrupelloser Ausbeutung führen." Die Resolution gelangte einstimmig zur Annahme. Im weiteren Verkauf der Debatte empfiehlt Parteisekretär Ebert-Berlin eine Reihe Aenderungen de- OrgantsationSstatutS. ES entsteht darüber eine längere Erörterung. Psus-Dessau empfiehlt mit Rücksicht auf die verschiedenen Vermögenslagen der einzelnen Genossen die Einführung von Staffelbeiträgen. Sinder mann-Dresden erklärt, er habe gegen den Vorschlag von Wus große Bedenken. ES müßte alSdann eine VermögenSeinschätzung der Genossen vorgenommen werden, die zweifellos große Unzu träglichkeiten im Gefolge haben wurde und auch schließlich zu Steuerhinterziehung-Prozessen führen würde. (Große Heiterkeit.) Fräul. Ottilie Baader-Berlin wendet sich gegen de» Vorschlag einer Aenderung bezüglich der Frauenorganisatkon. Die Sitzung wurde um 7 Uhr abends auf Donnerstag vertagt. venlicder »ä Zilcdrircber Frankenberg, 16. September 190S. f* Zum Kaiserbesuch. Ueber die Anwesenheit Sr. Maj. des Kaisers in unserer Gegend wird von Hainichen auS fol gendes mitgeteilt: Kaiser Wilhelm verbleibt in der Nacht zum Montag im Salonwagen seines SonderzugS auf dem Bahnhof Frankenberg. Montag früh nach 6 Uhr setzt er die Reise fort und trifft ^,7 Uhr in Hainichen ein, wo ihn am Bahnhof König Friedrich August mit den älteren Prinzen erwartet. Der König trifft nach den bisherigen Bestimmungen mit seinen Söhnen 6.20 Uhr über Roßwein in Hainichen ein. Am dortigen Bahnhof werden die allerhöchsten Herrschaften militärisch empfangen, worauf sich diese im Automobil sofort ins Manövergelände begeben. -f* Der Wtuterfahrpla« der K. S. Staatseisenbahncn tritt, wie üblich, am 1. Oktober in Kraft. Auf der Linie Chemnitz — Frankenberg — Hainichen—Roßwein fallen während der Geltungsdauer des Winterfahrplans die Sonntags-Sonderzüge weg. Sonst ändert sich an dem Fahrplan nichts, die Abfahrts- und Ankunftszeiten für unsere Linie bleiben die gleichen wie bisher. sx Zvm HaudelSschul-Jubilävm. Die im Festaktus vom 30. August von Herrn Professor A. Schulze gehaltene überaus fesselnde Festrede ist auf vielfachen Wunsch aus den Kreisen der einstigen wie jetzigen Schüler, wie auch der Prin- zipalität und vieler Freunde der Anstalt in Druck gegeben worden und soeben erschienen. Das Heftchen wird zum Preise von 20 Pf. fürs Exemplar (im Franko-Versand nach aus wärts 25 Pf.) abgegeben in der Buchhandlung von C. G. Roßberg. — Bei dieser Gelegenheit sei mitgeteilt, daß von der Frstpostkarte zum erwähnten Jubiläum (mit Porträt des langjährigen Leiters der Anstalt, des Herrn Prof. Schulze, und mit Abbildung der bisherigen vier Unterrichtsgebäude) ein nur noch kleiner Bestand auf Lager ist. Diese schön ausgesührte Karte ist in der Papierhandlung von Arno Roß berg zum Preise von 5 Pf. zu haben. s Personaluachrichteu. Der König hat vom 1. Oktober an die Versetzung des Amtsgerichtsrats Franz Max Göllnitz in Großenhain an das Amtsgericht Radeburg und des Amts richters Hermann Johannes Kluge in Stollberg an das Amts gericht Großenhain genehmigt, sowie den Gerichtsassessor Max Alwin Heroldt in Sebnitz zum Amtsrichter bei dem Amtsge richt Jöhstadt und den Gerichtsassessor Dr. Wilhelm Richard Schneider in Kirchberg zum Amtsrichter bei dem Amtsgerichte Stollberg ernannt. s Las Ne«jahr-fest her J-raelite« fällt dieses Jahr auf den 16. September. Die Israeliten treten damit in da» Jahr 5670 ihrer Zeitrechnung ein. Dem Neujahrsfest folgt am 17. September das zweite Fest, am 25. September das Verföhnungsfest und am 30. September daS Laubhüttenfest. DaS israelitische Neujahr fällt nicht auf ein festes Datum. Im vergangenen Jahre fiel eS aus den 26. September und 1907 auf den 9. September. f NieSerltchteaau. Das diesjährige Erntedankfest der hiesigen Parochie findet am Sonntag, den 19. September, statt. s- Alteuhai». Am Sonntag veranstaltete der hiesige Turnverein unter lebhafter Teilnahme sein Schauturnen. Die den Turnern und Turnerinnen zur Aufgabe gestellten Uebungen wurden gut ausgefüHrt. * — Mittweida. Der hier amtierende Hilf-geistliche Pastor Zitzmann ist als Pfarrer nach Bärenstein (Amtshauptmann- fchaft Dippoldiswalde) gewählt worden. — Lhewvitz. Zwei Lehrer der Staatslehranstalten in Chemnitz treten mit Ende des Sommerhalbjahrs in den Ruhe stand, Baurat Prof. Emil Gottschaldt, der seit 1858, und Prof. Woldemar Heinsius, der seit 1874 an der genannten Anstalt wirkt. Am Freitag werden die Akademiker u. Schüler der staatstrchnischen Lehranstalten den scheidenden Lehrern zu Ehren einen Fackelzug und einen Festkommers veranstalten. — Freiberg. Bei dem Manöver der 23. Division hielt ein mit Freiberger Herrschaften besetztes Geschirr in einem Hohlwege am Waldrande bei Spechtshausen. Ueber diesen Hohlweg hinweg schoß eine Abteilung Grenadiere auf feind liche Kavallerie. Dadurch wurden die Pferde de- Kutschge schirrs scheu und stürmten davon. Dabei wurde der Kutscher, der vor den Pferden stand, umgerissen, und Pferde und Wagen gingen über ihn hinweg, wodurch er schwere innere Ver letzungen erlitt. Die Pferde konnten später von Garde reitern zum Stehen gebracht werden. Die fünf Insassen deS Geschirrs blieben unverletzt. — Auf einer Wiese bei Grumbach trat ein Ulanenpferd bei einer Attacke mit den Vorder beinen in ein Loch, stürzte und brach beide Vorderbeine. ES mußte sofort erschossen werden. Der Reiter, über den noch viele Pferde hinweggaloppierten, erlitt wunderbarerweise keinen Schaden. — Dresden. Der Gesamtrat hat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, nicht nur verjährte Steuerreste als das Landtagswahlrecht nicht ausschließend anzusehen, sondern auch auf Gemeindesteuerreste die Verjährungsbestimmung des 8 80 des Einkommensteuergesetzes Anwendung zu finden hat. In folge dieser Entschließung werden alle sonst wahlberechtigten Personen, welche mit vor 1906 fälligen Staats- und Gemeinde steuern im Rückstand geblieben sind, in der Wählerliste nach getragen werden. — Taubenheim. Anläßlich einer HochzeitSfrier gaben Freunde des Brautpaares ihre Freude durch Böller schüsse kund. Als ein Schuß versagte, wollte der 36 Jahre alte Steinmetz Ernst Weiß die Ursache des Versagens fest stellen. Plötzlich ging der Schuß los, riß dem Manne die linke Hand vollständig ab und brachte demselben auch noch schwere Verletzungen im Gesicht bei. Der Verstümmelte ist verheiratet und Vater von 5 Kindern. — Döbel«. Bei den Manöverübungen zwischen Crossen und Erlau verunglückte am Sonnabend der Kanonier Germer vom 68. Feldartillerie-Regiment dadurch schwer, daß ein Ge schütz abgeschossen wurde, als er vor der Mündung des Rohre stand. Die erlittenen Brandwunden sind aber nicht so schwer gewesen, daß der Verunglückte, wie fälschlich schon gemeldet Vie leisten karrs. Koman von Albert Graf von Schlippenbach. M. S»rts«ta«i.l > (NachdruS «root«o „Gewiß wäre es nicht übel, wenn wir Gewißheit hatten, daß es sich tatsächlich um diese Summe handelt," beeilte sich Frau von Apen, die gehobene Stimmung der Ihrigen zu dämpfen. „War es dir denn gar nicht möglich, dem Iustizrat eine bestimmte Angabe zu entlocken?" „Nein, aber er ließ doch unzweifelhaft durchblicken, daß ich die Agnes richtig einschätzte." „Der alte Geheimniskrämer!" grollte Frau Elvira. „Esel!" murrte Bernhard. „Lieber Sohn, ich bin bei solchen vagen Vermögens- angaben recht mißtrauisch geworden. Du weißt ja am besten, warum!" Frau von Apen sprach mit scharfer Be tonung und sah den Gatten ihrer Tochter giftig an. Heu berg quittierte durch einen bösen Blick. „Alter Drachel" schimpfte er innerlich, aber laut erwiderte er nichts. Erstens genierte ihn die Anwesenheit der Söhne, und dann wußte er zu genau, daß im Kreise Tempelbach-Wonne burg noch nie ein Mensch der Zunge seiner Schwiegermutter gegenüber Sieger blieb. Doch das Maß war zum Ueber- laufen voll. Seit siebenundzwanzig Jahren bekam er täglich wenigstens einmal eine solche Anspielung zu hören. Als er einst um feine Gattin warb, erkundigte sich Frau von Apen, damals schon Witwe, eingehend bei seinem Vater über seine Vermögensverhältnisse und die Einkünfte von Oberrankin. Und der alte Heuberg log sie mit der ehr lichsten Miene um das Doppelte an. Nun konnte die alte Dame nicht vergessen, daß ein noch Schlauerer sie be trog. Um die Schwiegermutter, das heißt ihr Vermögen, sicher einzuschlachten, wie Heuberg es nannte, forderte er sie damals als junger Ehemann auf, nach Oberrankin zu ziehen. Jetzt allerdings bereute er täglich diese Idee. Bald nach der Hochzeit starb dann der alte Heuberg. An seiner Stelle bekam nun der Sohn den Frevel immer und immer wieder zu hören, trotzdem Frau Elvira mit ihm in glück lichster Ehe lebte und ihre Mutter allen Grund hatte, zu frieden zu sein. Beide Gatten besaßen so viel unangenehme Eigenschaften, daß jeder wohl kaum mit einem andern Gemahl ausgekommen wäre. Herr Max und Frau Elvira ergänzten sich aber auf das beste, und so unausstehlich sie auch für Dritte waren, ihrer Ehe konnte niemand etwas nachsagen. „Meiner Ansicht nach wird es am beste» sein, wenn Elvira heut nachmittag allein nach Schivarzhof fährt. Es ist doch immerhinmöglich, daß das junge Mädchen, seit Jahren jedem Umgang mit Standcsgenossen entfremdet, sich in Gegenwart der Herren geniert fühlt. Vielleicht fürchtete sie auch, sich in ihrer Ungewandtheit eine gesellschaftliche Blöße zu geben, und nahm euch deshalb neulich nicht an. Dir allein" — Frau von Apen wendete sich an ihre Tochter — „wird es nicht schwer werden, ihr Vertrauen zu gewinnen. besonders wenn du einen recht mütterlichen Ton änschlägst. Sollte nun Agnes wider Erwarten sich nochmals durch Krankheit entschuldigen, dann laß ihr ein Briefchen zurück, in dem du sie recht herzlich zu einem bestimmten Tag ein- ladest. Wir wollen es nachher zusammen schreiben. Darauf muß sie dann antworten. Selbst wenn sie die Einladung ablehnt, ist durch die Korrespondenz, für deren Fortsetzung wir schon Gründe finden werden, die Verbindung mit Schwarzhof Wieder angeknüpft. Wenn sie nur etwas Lebensart besitzt, muß sie uns ja schließlich einen Gegen besuch machen. Der wettere Berkehr findet sich schon von selbst. Wir dürfen uns nur durch ihr ablehnendes Ver halten nicht abschrecken lassen." „Ich glaube auch, Mama hat recht," stimmte Frau von Heuberg zu, ,,Da übrigens Agnes trotz der geheuchelten Krankheit täglich die Felder abreitet, wäre es gut, wenn mein Mann und die Söhne sich häufiger an der Grenze von Schwarzhof sehen ließen." „Sind sie sich dann einige Male begegnet, so kanp Agnes doch unmöglich auf die Dauer unsere Besuche aus jenem nichtigen Grund ablehnen. Vielleicht gelingt es ihnen auch, sie anzusprechen. Dadurch würde viel ge wonnen." „Ich kann doch nicht den ganzen Tag an der Grenze auf- und ablaufen," meinte Bernhard verstimmt und gähnte. „Nein, aber reiten, mein Sohn, das sieht immer vor teilhaft aus," versuchte ihn die Mutter zu trösten. „Reiten?!" „Allerdings!" herrschte der Vater ihn an. „Deine Mutter hat wie immer das Rechte getroffen. Bei deiner unglaublichen Trägheit wäre es dir wohl am liebsten, wenn Agnes Barr sich dir selbst anbieten würde! Gleich morgen früh wirst du auf der irischen Stute herausreiten. Ueber- haupt, das wollte ich dir nur gesagt haben, weder ich, noch später dein Bruder haben die Absicht, dich dein Leben lang hier durchzufüttern. Wenn es dir nicht gelingt, dich mit Agnes Barr zu verloben, dann gebe ich dich zum Amtmann Besser in die Lehre, damit du wenigstens etwas lernst. Das ist meine Pflicht als Vater. Später kannst du dann sehen, wo du mit den paar Groschen Zinsen bleibst, die du einmal zu erwarten hast. Das merke dir! Du hast also allen Grund, dich um Agnes zu bemühen. Ver standen?!" Amimann Besser I Bernhard bekam einen Totenschreck. In der ganzen Gegend gab es keinen tätigeren und gleich zeitig gröberen Menschen, wie den Genannten. Bei dem hieß es um vier Uhr morgens aufstehen, den Tag über bei Wind und Wetter auf dem Felde sein und abends die Bücher führen. Wenn's gut ging, kgm man um zehn Uhr ins Bett. Der dicke Bengel warf der Mutter einen verzweifelten Blick zu. Aber Frau Elvira schien diesmal den stummen Notschrei gar nicht zu beachten. Das Herz tat ihr freilich weh, doch sie machte eine äußerst ernste Miene und nickte dem Gatten zubilligend zu. Die strengen Worte sollten ja nur zum Heil ihres Herzblattes dienen. damit er sich aufrafste, die Braut und mit ihr eine standes gemäße Versorgung zu erringen. War er erst glücklich verheiratet, dann wollte sie seine Frau schon so erziehen, daß er zufrieden sein konnte. Dessen war sie sicher! „Ja, es dürste allerdings allmählich Zeit werden, daß Bernhard sich zusammennimmt," bestätigte auch die Groh- Mutter mit ihrer scharfen Stimme. „Seine Altersgenossen sind längst Offiziere, Referendare oder tüchtige Landwirte geworden, und er liegt nach wse vor hier auf der Bären haut. Es ist eine Schande!" „Vergiß nicht, Mama," versuchte nun die Mutter ihn zu verteidigen, „daß Bernhard ein zartes Kind war und nicht überanstrengt werden durste." „Zart?! Ja, wie ein Elefantenküken," höhnte Frau von Apen. „Wenn eins deiner Kinder zart war, so war es Donatus, und doch ist er ein eifriger Landwirt geworden. Bernhard ist einfach faul." Die alte Dame nickte ihrem ältesten Enkel, der sich ihrer ganz besonderes Gunst er- freute, freundlich zu. „Nun, durch das „Einjährige? ist er doch auch nur mit Ach und Krach gekommen," begehrte Bernhard ärger lich auf. „Aber nicht zweimal durchgefallen, wie gewisse Leute,? spottete Donatus. „Als Majorats-rbe brauchte dein Bruder sich nicht unnötig mit d?« Wissenschaften abzuquälen," verwies die Großmutter Bernhard. „Dafür ist ex hier vpfl morgens bis abends spät auf dem Posten —' „Während du die Zeit mit Schlafen, Essen und Trinken totschlägst," ergänzt» der Vater die Strafpredigt. „Nein, da muh ich denn doch Bernhard in Schutz nehmen," warf Frau Elvira erregt ein. „Er kümmert sich wirklich iingehend um den Kuhstall und die Milchwirt schaft. Heut war er wenigstens eine Stunde dort —" Und lag auf dem Heuboden und schlief," vollendete Donatus die Lobsprüche der Mutter mit boshaftem Lächeln. Bernhard stand wütend puf. „Ich ziehe es vor, aus mein Zjmmer zu behen,'" meinte er mit zornbebender Stimme. „Dort höre ich wenigsteys nichf alle Liebens würdigkeiten, die über mich gesagt werden.« Mit dröhnendem Schritt ging er zur Tür. Doch pr konnte das Zimmer nicht verlassen, ohne seinen Aerger noch an einem auszulassen. An die Großmutter und den Vater wagte er sich nicht heran, die Mutter durfte er nicht er zürnen, sie war ja die einzige, die stet» seine Stang» hielt, so blieb denn sein giftiger Blick am Bruder hafte«. „Nun, hoffentlich kommt bald die Zeit, q»o ich dir all» die heimtückischen Angebereien und Verleumdungen heim zahlen kann, alter Heuchler I" rief er ihm zu und bEe die Hände. „Kehre nur lieber vor deiner eigene« Tür, da liegt Schmutz genug! Oder meinst du, ich wüßte nicht, vpn deinen heimlichen, nächtlichen Wanderungen?" „Schweig I" schrie der Nater ihn an, „und wage nicht, in Gegenwart deiner Mutter und Großmutter Unflätigkeiten pprzubringen, sonst — !? Heuberg hob drohend die Rechte.
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