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V ^^ N Feierabend O W AnterhaLtrrngs-Veilage -er Sächsischen VoLkszeitrrng Nr. öc Sonntag den Dezember W3 Dritter Adventssonntag Der Kommende, dem wir heute entgegengehen, will uns mit „Geist und Feuer" taufen. Also mit Geist, was heißt das? Geist kann genommen werden als tätige und schaf fende Kraft, im Gegensatz zu der bloß unterlassenden und abwehrenden, als Gehorsam und Wirken in Liebe, im Gegen- satze zu der bloßen Furcht — des Lebens und Meidens aus Furcht. Wohlan denn, ihm entgegen, der uns der knechtischen Furcht entreißen und den Geist der Liebe einhauchen will, jenen Geist willigen und freudigen Schaffens und Meidens aus Liebe, die Alles heiligt und verklärt! Der Erwartete, dem wir entgegenharren, will uns aber auch mit „Feuer" taufen. Feuer ist Gegensatz von Wasser und bedeutet überhaupt Kraft im Gegensatz von Schwäche und Erlahmen. Hier muß es aufgefaßt werden als das Sinn bild der geistigen sittlichen Stärke, im Gegensätze zum sitt- liehen Unvermögen, der Schwäche, die in der Sünde sich ausdrückt. Wie sehr empfinden wir es doch an uns selbst, daß eine solche Taufe uns not tut! Seufzen wir nicht alle, und zwar je geisteswilliger wir sind, desto schmerzlicher im Gefühle unserer Gebrechlichkeit mit dem Apostel: „Wer wird uns doch befreien von diesem unseligen Todeskörper?" Wohlan also, dem entgegen, welcher unsere angeborene Schwachheit von uns nehmen und uns mit Feuer und sittl- licher Kraft taufen will! Feuer ist etwas mächtig Aufloderndes, um sich Greifen des und Verzehrendes. Und mit Feuer taufen heißt hiernach der Seele nicht nur die Kraft zum Guten einflötzen, sondern ihr auch eine Freudigkeit und Begeisterung für dasselbe ein hauchen, die unermüdlich und opferbereit, Alles, was dem Streben nach sittlicher Vervollkommnung entgegcnstcht, weg schafft und gewissermaßen wie die Flamme verzehrt. Be dürfen nicht auch wir gar sehr der Taufe mit Feuer, welche dieses freudige Anflodern der Seele für das Gute bewirkt? Wie groß ist doch unsere Lauigkeit im Guten! Wie wenige sind, die da mit dem heil. Paulus in aller Wahrheit sagen können: „Die Liebe Jesu Christi drängt mich, ich kann nicht anders." Wie wenige ferner, die da aus vollem Herzen beten: „Herr, wie du willst, waS du willst und so lange du willst. Weder Hohes, noch Niederes, weder Macht noch Ge- Walt, weder Schmerz noch Tod vermag mich von dir zu scheiden." Das Feuer hat endlich eine läuternde Wirkung, es ist ein Reinigungsmittel und scheidet mit verzehrender Gewalt Unreines da aus, wo das Wasser versagt. Das Feuer, womit Christus zu taufen gekommen ist, ist sonach eine Flamme, die das Unlautere, das Entstellende, Fremdartige in der Menschenseele, die Gottes vollkommenes Ebenbild sein soll, gänzlich vernichten soll. Unlauter, entstellend, fremdartig im Streben nach der Vollkommenheit ist aber die Nebenabsicht, die viele bei der Ausübung des Guten haben — anderen zu gefallen, an eigenem Wert in den Augen der Menschen zuzunehmen. Es fehlt sogar in den Besseren unter den Christen noch so Man ches, was einem wahren Jünger des Herrn eigen sein muß, wie sehr bedürfen wir doch des Heiligmachers, der uns tauft mit seinem heiligen Geiste, der die Flamme der göttlichen Liebe in uns entzündet, der uns begeistert und vollkommen reinigt mit dem Feuer seiner alles durchdringenden, Herz und Leben umbildenden Gnade! Wirkung -es Unscheinbaren Was ist ein Hauch? Lin Hauch ist nichts! Und doch kommt die Gelegenheit, Wo er dir Dienste tut, gebricht's Den Händen an Geschicklichkeit, Zwei Blätter die in einem Buch Zusammenkleben, zu entzwei'n Machst du vergebens den versuch; Lin Hauch — und jedes ist allein! - I. Bergnlaim. O, komme wieder! Von S. Barinkay, München Nachdruck verboten Er ist Romanschriftsteller und hat vor kurzem seinen ersten Triumph als Dramatiker gefeiert. Angespornt von dem Erfolge, dem er errungen, gären Dutzende von Plänen in ihm, und der eine und andere drängt machtvoll zur Ge staltung. Ueber nacht ist eine Idee in ihm klar geworden. Un verzüglich setzt er sich am Morgen an den Schreibtisch, um das Schema zu entwerfen. Draußen lacht der Lenz, die Finken schmettern, der letzte Schnee schmilzt. Ottomar hört und sieht nichts davon; er ist tief ein- gesponncn von den stürmenden Gedanken. Auch das Klop fen an der Tür und das behutsame Oeffnen derselben ver nimmt er nicht. Erst als Kinderfüßchen über den Teppich trippeln, fährt er herum. Im Spitzenhemdchen kommt ein reizendes rosiges Amor- figürchen heraugewackelt. „Pa, ich habe dir noch nicht duten Morgen desagt!" Ueber Pa's versonnenes Gesicht zieht die Freude. „Ottchen, Bubi, Herzensbursche, guten Morgen!" Ohne viel Umstände klettert Ottchen auf seine Knie und greift nach dem Federstiel. Papa verwehrt ihn. Die dicken, runden Patschhändchen falten sich. Um was bittet der Besitzer dieser süßen, kecken Brom beeraugen Wohl vergebens?! In etlichen Sekunden hat er Federhalter, ein Blatt Papier und Tinte erbettelt, und der kleine Künstler beklext den Bogen mit Tropfen, die er ringsum mit Füßchen ver sieht und alsdann für Spinnen ausgibt. „Weißt du, wenn ich drotz bin, tu ich auch arbeiten. Ich ßreibe Geschichten wie du, von einer Prinzessin und einem Itter, und der bin ich!" „Ritter sagt man, Ottchen!" wirst Pa lächelnd ein. Hierauf will der Knabe radieren und tippt aus Un vorsichtigkeit mit dem Gummi ins Tintenfaß. Da setzt ihn Ottomar energisch auf den Boden. «Jetzt geh, Wicht, und laß dich ankleiden! Ich muß arbeiten!" Gehorsam tappelt der Kleine hinaus. Mit glückstrahlendem Gesicht nimmt Ottomar die Feder wieder zur Hand. Aber da merkt er, daß seine Gedanken zerflattert sind Ke eine Schar erschreckter Tauben. '