Volltext Seite (XML)
Reges Leben herrschte an diesem Tage tn Cettnje. Die Söhne der schwarzen Berge waren angesichts der drohenden politischen Lage vor das Arsenal bestellt, um Munition zu fassen. Die aktiven Soldaten, schöne junge Leute in den besten Jahren, hätten sicher das Entzücken jedes Militär schwärmers gebildet. Sie waren in Khakiuniformen geklei det, trugen kurze, bis an die Knie reichende Hosen und Blusen und hielten eine Uebung ab. Alles ging ohne Lärm und Gefluche vor sich. Zelte wurden aufgeschlagen, kurz, alles deutete auf eine kriegerische Aktion hin. Die Wehr pflicht umfaßt 45 Lebensjahre, vom 18. einschließlich bis zum 62. Mit Interesse beobachtete ich lange das geschäftige Treiben, das Ab- und Zuströmen der waffenfähigen Män ner. ES find höchst elastische Gestalten mit einem ganz eigentümlichen.Gange, wie wenn sie gewöhnt wären, auf spitzen Steinen zu gehen. Die Montenegriner sind vorherr schend mittelgroß, dabei breitschultrig und sehnig, ein starker Schnurrbart gibt ihnen ein militärisches Ansehen. Alle tragen eine einheitliche malerische und kleidsame National- tracht, die je nach dem Reichtum des Besitzers mit goldener oder schwarzer Stickerei besetzt ist. Die Brust bedeckt eine fuchsinrote Aermelweste mit Stickereien. Die faltige, blaue Tuchhose reicht bis zum Knie, die Waden schützen natur- wollene Strümpfe, die nach hinten mit vielen Hefteln zu sammengehalten werden. Der Fuß steckt in Opanken; bei einigen sogenannten Salonmontenegrinern sah ich auch schon Stiefeletten. Die Lenden umgürtet der lederne Waf- fengürtel, der mit einer bunten Schärpe bedeckt ist. lieber die Aermelweste wird zeitweilig ein hellgrauer Rock ge tragen, der nie zugeknöpft wird, sondern immer'offen steht und die Pistole frei läßt. Den Kopf bedeckt die schwarze Kappe mit rotem Deckel, in welchen der Namenszug des Königs, ein I" eingestickt ist. Wohlhabende sah ich Sonntags auch eine Act Plaid mit auffällig langen Fransen tragen. Der Montenegriner ist*) wie alle Südflaven sehr mäßig und täuscht sich mit Kaffee und Zigaretten über den Hunger hinweg. Nichts geht ihm über eine duftende Ziga rette. Die meisten Montenegriner nehmen des Tages nur einmal warme Nahrung zu sich, meist nur ärmliche Pflan- Mphost. Sie sind aber, trotz der kargen Nahrung, zu großen Marschleistungen fähig und erwerben sich dadurch eine große Gewandtheit bis ins späte Alter. Die Sittenreinheit ist ihm ein Kult der Manneswürde, die er hoch über alles hält. Wer gegen die Sitten fehlt, ist ein verachteter, erbärmlicher Wicht, den kein Gold der Erde mehr zu Ehren kommen läßt. Bedauert muß es werden, daß der Montenegriner nicht mehr Sinn für Häuslichkeit und für Handarbeit hat; eben so bedauerlich ist es, daß er nicht mehr Sinn für eine wür dige Stellung der Frau hat. Für das Handwerk zeigt er Nur Mißachtung und Geringschätzung; nur der Schneider steht bei ihm in Achtung, denn der sonst so genügsame Mon tenegriner gibt für seine hübschen bunten Kleider verhältnis mäßig viel Geld aus. Wie ich in Cetinje gehört habe, läßt der gebildete Mann seiner Frau oder Tochter die ihnen ge bührende Stellung zu Haizje wohl einnehmen. Oeffentlich ignoriert er aber die Frau, er läßt sich mit ihr nicht bei einem Spaziergange oder sonstwo in der Stadt sehen. Die Frauen, die so ungemein hart arbeiten müssen, sehen fast immer etwas verwahrlost aus. Ich sah aber anderseits mit unter recht hübsche Mädchen mit intelligenten Gcsichtszügcn. Die Frau ist dem Manne weder Gefährtin noch gar Geliebte. Er geht kühl und gemessen an ihr vorüber und läßt sich zu Hause von seiner Frau die Hand küssen; jeden Ausdruck der Zärtlichkeit hält er zurück. Die Männer sind die Herren. Man sieht nicht selten einen Mann reiten und die Frau, einen Korb tragend oder strickend, nebenher gehen. Es gibt *) Nach persönlichen Mitteilungen de? Kenners der Balkan- Völker, de? hochw. Herrn supr. Hamerl 8. ck. auch Montenegriner, die hart arbeiten, aber nur wenn fie müssen. Ihr Standpunkt ist immer, daß die Arbeit nur dem niedrig stehenden Weibe und den Zigeunern gezieme. Sitzt eine Frau am Wege, so erhebt sie sich, wenn ein Mann vorübergeht. Wir wollen aber die nationalen Fehler eines Volkes milde beurteilen, denn sie sind nur zu häufig das Produkt einer längst verflossenen Geschichtsperiode. (Schluß folgt.) Rätsel. Lcke. Hieroglyphe». ES aelten nur die Anfangsbuchstaben. Die Vokale sind zu ergänzen. Vexierbild. Auflösung des Bilderrätsels in Nr. 31: Hermelinmantel. Auflösung des Zahlenrätsels in Nr. 31r König Friedrich August, Orchideen, Ehre, Neckar, Isidor, Grenadier, Frankreich. Rastatt. Indien, Eskadron, Dresden, Radieschen, Isar, Eitrone, Hering, Arsenik, Uruguai, Gardereiter, Uranus, Tkutan, Tanne. König Friedrich August. Auflösung des Visitenkarten-RätselS in Nr. 21: Gutsinspektor. Auflösung des Rätsels tn Nr. 21: Beifall, Durchfall. Anfall, Vorfall, Zufall. Richtige Auflösungen sandten ein: Alfred FrankuS, Otto Blei, Dresden; Wilhelm Kaffka, Brand-Erbisdorf. Verantwortlich: Hauptredakteur Richard Laven. Rotationsdruck der Saxonia-BMtzruckeret. Verlag.deS^ Katholischen Preßoereins, Dresden-A. 1v, Holbeinstraße 4L-