Volltext Seite (XML)
N M W U W Anterhaltnngs-Veilage -er Sächsischen volkszeitrrng Nr. l? Sonntag den 27. April 1913 Frühling. erwandelt wie durch Zauber hat drauß' sich die Natur Anstatt der weißen Kleider ist grün jetzt Strauch und Flur, Das Bächlein, das vor kurzem noch festgefroren war, Ls rieselt jetzt und plätschert, am Waldesrand so klar. Auf frischer wiese nicket uns schon manch Blümchen zu, All überall ist Leben nach starrer winterruh. Das ist ein lustig Grünen I Die Amsel fingt im Wald Und frohe Wandrer jauchzen, daß laut es widerhallt, koch drob'n trillert die Lerche ein Auferstehungslied, Lin wonnesam Vergnügen die ganze Welt durchzieht. In alle Menschenhcrzen kehrt Freude jubelnd ein, wer soll bei soviel Schönheit allein wohl traurig sein? Selbst in die ärmsten Hütten die Früblingssonne lacht. Dort, wo sonst Gram und Kummer, fast immer dunkle Nacht, Die siech und krank gelegen durchdringet neue Kraft, wenn sie den Frühling spüren, der soviel Großes schafft. Drum ist er uns willkommen in jedem jungen Jahr, wir reichen ihm mit Freuden die Siegespalme dar, Denn wenn die Blumenglocken den Frühling läuten ein, So wird in unserm Kerzen auch Glück und Friede sein. H. Neumcisler, Dresden. Fünfter Sonntag nach Ostern. Evangelium: Das Bittgebet. Gebet um den guten Geist. Jesus hat im allgemeinen gesagt: „Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er euch geben. Bittet, so wer det ihr empfangen. Bittet, so wird euch gegeben werden. Jeder, der bittet, empfängt." (Joh. 16, 23—31, Luk. 11, 5—14.) Aber eines hat er speziell bezeichnet, was uns auf unser Bitten gewährt werden wird, nämlich der gute Geist, indem er sagt: „Wenn nun ihr, dis ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisset, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel den guten Geist denen geben, die ihn darum bitten." Der heilige Geist gießt zwar die Strahlen seines himmlischen Lichtes und den Regen seines segensreichen Beistandes über alle Gerechtfertigte herab, wie auch die .Sonne und die Wolken über alle lebenskräftigen Pflanzen ohne Unterschied ihren Segen herabströmcn. Wenn wir aber schneller und leichter in der Gnade wachsen wollen, müssen wir uns bemühen, daß er uns nicht nur eine all gemeine, sondern eine ganz besondere Sorgfalt angedeihen lasse. Denn wie die Pflanzen, wenn sie nicht nur vom Regen das Wasser empfangen, sondern auch dom Gärtner begossen werden und, in ein Treibhaus gestellt, die Wärme in reicherer Fülle erhalten, schneller und üppiger empor wachsen, so wird sich auch in unserer Seele die Gnade schöner Und reicher entfalten, wenn wir sie unter die ganz besondere Pflege des heiligen Geistes stellen. Wodurch anders können wir dies tun, als wenn wir durch ein demütiges Gebet den heiligen Geist einladen, die Stelle des Gärtners bei unserer Seele zu vertreten, indem wir ihn bitten und unaufhör lich bitten, immer größeres Licht und immer größere Kraft über sie auszugießen? Kein Gebet findet sicherer Erhörung üls dieses. Mit Freuden wird der heilige Geist dieses Ami bei uns übernehmen und uns eine desto zärtlichere Sorg falt angedeihen lassen, je inbrünstiger, je vertrauensvoller und standhafter unser Gebet ist. Von sich selbst trägt er schon das größte Verlangen, unsere Fortschritte zu fördern, und wartet nur aus unsere Gebete, damit wir uns dadurch seines besonderen Beistandes würdig machen. Ohne das Gebet sind wir für denselben kaum empfänglich, weil wir kein Verlangen bezeigen; wir sind wie die Pflanzen, wenn sie ihre Blütsnkelche geschlossen tragen. Erst im Gebete erschließen wir den Blütenkelch unserer Seele, um die himmlischen Strahlen aufzusaugen. Erst im Gebete öffne« wir unseren Mund, tun den Lebensodem des heiligen Gei- stes einzuatmen. Gin Löffel voll. Bon L. v. P. Nachdruck Verbote». Man könnte schwerlich einen besseren Typus eines m8 seinem Schicksale und seinen Mitmenschen vollkommen zu friedenen Menschen finden, als ihm Herr Wendelin Ein- dörfl bot. Ein stattlicher Junggeselle, dem man die Vierzig noch gar nicht ansah, mit einem Vermögen, welches ihm ge stattete, frei von Sorgen seinen Neigungen zu leben, hält? Herr Wendelin Eindörfl auch allen Grund gehabt, sich glück lich zu fühlen. Dennoch war dies seit einiger Zeit nicht der Fall. Die Liebe, welche sich an ihn beinahe nicht heranzuwagen schien, hatte plötzlich mit elementarer Gewalt von ihm Besitz er griffen. „Wer liebte je, wenn nicht beim ersten Blick!" sagt ein englischer Dichter. Es ist sehr zu bezweifeln, daß Eindörfl von diesem Zitat eine Ahnung hatte, die Richtigkeit des selben aber dokumentierte sich bei ihm mit grausam-süßem Realismus. Beim ersten Blick hatte er sich in Frau Elsa Binder, eine wirklich reizende Witwe im gefährlichsten Alter, verliebt. War es ihre rundliche und dabei doch graziöse Ge stalt, ihr hübsches rotes Mündchen oder ihre melodische Stimme, die, besonders wenn sie lachte, ihm wie ein Silber glöckchen klang — er wußte es nicht. Tatsache aber war es, daß er seit einem gewissen Abend melancholisch wurde, wie seine Freunde behaupteten und mitten in der besten Unter haltung oft in tiefes Sinnen versank. Auch sonst ging allerlei Auffälliges mit ihm vor. Ein dörfl, der seinem Stammtisch fast nie untreu gewesen, fing an, immer öfter auszubleibcn, und die Familie des Rech nungsrates Mönchsberger war wieder erstaunt, daß auf ein mal Herr Eindörfl zu einem so häufigen Abendgast wurde und zwar seit jenem Abend, an welchen: er Frau Binder bei ihnen kennen gelernt. Ehestiften tat die Frau Nechnungsrätin aber für ihr Leben gern, und tatsächlich brachte sie cs zuwege, daß Ein- dörfls Werbung angenommen wurde, jedoch mit dem Vor behalt, daß er m seinen Neigungen sich anzupassen verstünde. Vor allem andern müsse ec aber das lasterhafte Trinken lassen. .* * O