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Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. 7. Dienstag, den 17. Februar 1852. Politisches. Deutschland. Die vergangene Woche ist ziemlich arm an politischen Neuigkeiten. Aus Frankfurt am Main erfährt man, daß von einigen der Nordseestaaten nochmals Anerbietungen ge macht worden sind, um die bevorstehende Auflösung der deutschen Flotte zu hindern; besonders soll sich Hannover kür deren Erhaltung interessiren. Bis zum 10 Februar sollten die Negierungen ihre Willensmeinungen abgeben, und die Sache wird nun nochmals in der Bundesversammlung zur Beschlußfassung kommen. Preußeu. Die Regierung beschäftigt sich gegenwärtig eifrig mit der vorzunehmcndcn Umge staltung der ersten Kammer; wie cs scheint, wird man sich dafür entscheiden, daß sämmtlichc Mit glieder durch den König ernannt werden sollen. — Bei den Kammerverbandlungen verlangten die Gegner der Schwurgerichte eine vergleichende Ue- bersicht des Kostenaufwands, welcher durch das In quisitionsverfahren, und durch die öffentliche und mündliche Gerichtspflege verursacht werde. Der Justizminister gab hieraus die bemerkenswerthe Antwort, daß eine Beantwortung der Frage, ob das neue Verfahren lbeurcr sei als das alte, sich nicht so leicht geben lasse, soviel aber stehe fest, daß durch das öffentliche und mündliche Gerichts verfahren die Processe mindestens iu ebensoviel Monaten, als man sonst Jahre dazu gebraucht, erledigt würden. — In Würtemberg ist der große Becher'sche Prozeß, welcher wegen des Aufstandes aus dem Jahre 1849 zu Ludwigsburg verhandelt wurde, endlich zur Erledigung gekommen. Die Geschwo renen hatten 500 Fragen zu beantworten und waren fünf Tage etngeschloffen. Der Hauptan- geklagt, der ehemalige „Reichsregent" August Becher, nach welchem dieser Riesenprozeß den Namen führt, wurde freigesprochen, ebenso mehr als dreißig Mitangeklagte; nur eine geringe Zahl erhielt mäßige Gefängnißstrafen. Dagegen haben die Eontumacialerkenntniffe gegen die abwesenden Angeklagten ganz andere Resultate ergeben. Diese Erkenntnisse wurden nämlich vou rechtsgelehrten Richtern gefällt, und unter den 32 Angeklagten wurden 7 zu lebenslänglichem Zuchthaus, die übri gen aber zu 25- bis za 6jährigen Zuchthausstrafe herab verurtheilt. Oesterreich. Am 3. Febr. sind zu Wien auf dem Wasserglacis vor dem Karolinerthore 20 Mill. Gulden in Ranch ansgcgangen: dort wer den nämlich die casstrlen Banknoten öffentlich ver brannt. Der neue Finanzininister giebt sich alle Mühe, die Valutaverhättuiffe zu regeln, und cs werden in dieser Beziehung für die nächste Zu kunft durchgreifende Reformen angekündigt. Frankrci ch. In Bezug ans die December- gefaiigeucn, welche die Präfcctcu nach der letzten Verfügung der Negierung noch in den Gefängnis sen behalten haben, ast nuu angeordnet worden, daß besondere Cominiisiouen niedcrgesetzt werden sollen, welche das Urtel über die Schuldigen zu sprechen haben. Diese Kommissionen besitzen die uuuluschräukresie Gewalt; sie sind zusammengesetzt aus Offizieren, Polizcibeamten und Staatsbeam ten, in deren Händen das Schicksal von Tausen den liegt. Kein Gerichtshof, kein Strafrecht, kein Eriminalprozeß existirt mehr; der dictatorische Wille L. Napoleon's und seiner Minister ist allein maß gebend, und wenn man auf diese. Weise die Tri bunale der Justiz beseitigt sieht, dann erst begreift man den Paragraphen der Napoleon'scheu Ver fassung, welcher lautet: „Die Justiz wird im Ra des Präsidenten der Republik ausgcübt!" — Die Prinzen von Joinville und Nemours haben an die Männer, welche, vom König Ludwig Philipp als Testamentsvollstrecker bestellt, gegen die Eon- fiscationsdecrete des Präsidenten Protest einge legt, ein Dankschreiben erlassen, in welcher die Handlungsweise L. Napoleon's auf das Bitterste verurtheilt wird; die Prinzen gedenken nichts „ge- gen die schmählichen Deerete und ihre noch schmäh licheren Bestimmungsgründe" zu unternehmen; sie betrachten „das Schweigen der Verachtung als die beste Antwort einem Manne gegenüber, der zweimal Gelegenheit hatte, die Grotzmuth L. Phi lipps zu würdigen und dessen Familie vom Könige nur Wohlthaten empfangen hat." - - Der Prä- sident der Republik hat bereits eine Antwort hierauf gegeben: am 4. Febr. klebten an alle Straßenek- ken große Zettel, welche den Beginn des Verkaufs der Orleau'schex Güter für den 14. Febr. ankün digen. — Bekanntlich hatte L. Napoleon von dem