Die Komponisten und ihre Werke “ Die zweite Sinfonie von Johannes Brahms „liebliches Ungeheuer“ Brahms belegte seine Zweite mit humorigen Kosenamen „Übrigens schlägt der Componist hier einen helleren, freundlicheren und weicheren Ton an, als wir sonst von Brahms zu hören gewohnt sind. Nur das Adagio hatte für uns etwas Schwerergründbares; dage gen war der 3. Satz mit dem durch seine poetische, herzliche Simpli- cität sofort für sich einnehmenden Thema von bestrickender Anmuth, und riss der Schluss-Satz durch den frischen Zug des musikalischen Ergusses unmittelbar mit sich fort.“ Überwältigend ist die Wirkung die ser Brahmssinfonie auf Ersthörer, in diesem Falle auf einen deutschen Kritiker nach einer von Johannes Brahms geleiteten Erstaufführung. Und doch war dies nur ein leiser Nachhall im Vergleich zur Wiener Uraufführung. Am 30. Dezember 1877 dirigierte Hans Richter die Wiener Philharmoniker in der Sin fonie in D-Dur, und es herrschte Hochstimmung. Der 3. Satz musste gar wiederholt werden. Endlich war der Sinfoniker Brahms aus dem Schatten des übergroßen Beethoven getreten, hatte seine Selbstzweifel überwunden und seinen bisher nicht einzulösenden Qualitätsan sprüchen genügen können. Ein neues Zeitalter für die große Form der Sinfonie war ausgerufen. Schon Anfang Oktober durfte die Vertraute und hochgeschätzte Clara Schumann in Lichtenthal bei Ba den-Baden einen akustischen Ein druck gewinnen: „Johannes kam heute Abend und spielte mir den ersten Satz seiner zweiten Sinfonie D-Dur vor, der mich hoch entzück te. Auch vom letzten hörte ich einen Theil und bin ganz voller Freude darüber. Mit dieser Sinfonie wird er auch beim Publikum durchschla genderen Erfolg haben als mit der ersten, so sehr diese auch die Musi ker hinreißt durch ihre Genialität und wunderbare Arbeit.“ Brahms begann mit der Zweiten selig inspiriert von der traumhaften Landschaft am Wörthersee. In Pörtschach im Kärtnerland arbeite te er im Sommer die Ideen zur Sin fonie aus. „Der Wörther See ist ein jungfräulicher Boden, da fliegen die Melodien, dass man sich hüten muss, keine zu treten“, schwärmte der Komponist. Dann eilte er zu Clara nach Lichtenthal, wo die be rühmte Pianistin ein Haus besaß. Brahms wohnte allerdings in einem Gasthaus. Clara berichtet: „Brahms ist in guter Stimmung, sehr ent zückt vom Sommeraufenthalt, und hat, im Kopfe wenigstens, eine neue Sinfonie in D-Dur fertig.“