14 Bruckner | Sinfonie Nr. 2 schon allein die zahlreichen Pausen verraten. Sie sollten die formale Gliederung verdeutlichen und schroffe Kontraste überbrücken. Wesentlicher er scheint noch, dass in der Zweiten klassizistische Elemente weit stärker hervor treten als in der Ers ten. Von allen Orchesterwerken Bruckners ist wohl die Zweite dem hohen Vorbild BeethovenscherSin- fonik am meisten verpflichtet, während bezeich nenderweise gerade hier der Wagnersche Einfluss (und mit ihm auch die Chromatik) auf ein Minimum zurück gedrängt ist. Damit soll freilich keineswegs der Eindruck erweckt werden, als käme die typisch Brucknersche /Schreibweise! infolge der klassizis tischen Züge blasser zum Vorschein. Von den cha rakteristischen Steigerungswellen angefangen bis zum sogenannten Bruckner-Rhythmus begegnen sich in der Zweiten zumindest die hervorstechenden Kennzeichen des Brucknerschen Personalstils in scharfer Ausprägung. Darüber hinaus ist dem Werk für den Ausbau des Brucknerschen sinfonischen Typs geradezu fundamentale Bedeutung beizumes sen: Die Dimensionen sind hier bereits geweitet, die Themen schließen sich zu ganzen Komplexen zu sammen und nehmen die speziell Brucknersche Ge stalt an (so sind die jeweils zweiten Themen der Ecksätze und des Andante als >Doppelthemen< ge staltet), zum ersten Mal werden die Ecksätze durch gemeinsame Motive thematisch miteinander ver knüpft, erstmalig treten choralähnliche Elemente auf (so vor allem im Andante). Nicht dramatische Bewegtheit, sondern eher epische Breite mag als Grundzug der Zweiten angesprochen werden.« Wenn man demonstrieren wollte, dass auch Pausen Musik sind, nämlich Ruhepunkte, Tren nungsabstände oder einfach Momente des Atem holens, so würde Bruckners Zweite dazu besonders geeignet sein. Allein im ersten Satz gibt es sieben Generalpausen (hier schweigt einen oder zwei Tak te lang das gesamte Orchester). Die Musiker haben der Zweiten daher auch den Namen »Die Pausen sinfonie« gegeben.