liegen die Schönheiten und Kostbarkeiten des Doppelkonzerts hinter den herben Konturen der Stimmen. Und so lesen wir in Johannes Forners lesenswertem Buch „Brahms - ein Sommerkom ponist“ (Frankfurt und Leipzig 1997, S. 228 bis 230): „Sie erschließen sich nur schwer, verweigern sich einem nur genießerischen Hören. Gleich die Eröffnung - ein markantes Initial, gebieterisch, lapidar. Edvard Grieg hatte sein a-Moll-Klavier- konzert mit einem ähnlich abwärts geführten Dreitonmotiv begonnen. Bei Brahms erscheint es in der Diktion verknappt. Fast unwirsch wird der Vorhang vor einem sensiblen Geschehen aufge rissen. Aus der Tiefe steigt die Cellomelodie her auf, sprechend, fragend, bittend (,in modo d’un recitativo'). Der Freund versteht es und antwortet mit einem Violinsolo, neigt sich aber herab, kommt entgegen. Das Cello fängt die Antwort auf. Beide finden ihre Vertraulichkeiten in moti vischen Imitationen, bis ab- und aufwallende Figuren völliges Einssein demonstrieren. Wird das gut gespielt, merkt man nicht das Überwechseln von dem einen zum anderen Instrument. Ein mu sikalisch vollzogener Händedruck über fast fünf Oktaven hinweg! Max Kahlbeck (Brahms-Bio graph) hat nicht zu Unrecht von einer,achtsaiti gen Riesengeige' geschrieben. Nun, nachdem die notwendige Verständigung, die Annäherung der Standpunkte sozusagen, als Vorgeschichte erzählt ist, steht der erste Satz auf festen Füßen. Die Themen werden aufgestellt, ihre Kräfte ausge breitet, das Flechtwerk der Gedanken entworfen. Alles verläuft in gewohnten Bahnen, erfüllt noch einmal den Anspruch des klassischen Sonaten hauptsatzes mit den Teilen Exposition, Durch führung, Reprise. Vielleicht gerät jetzt alles ein wenig zu streng, zu herb ... Aber seit Jahren hat es in Brahms nicht so starke seelische Erschüt terungen gegeben. Immerhin stehen zwei unver gleichliche Lebensbindungen in Frage: die Be ziehung zu der Frau seines Lebens, zu Clara Schumann, seiner Domina, und die Männer-