dem es gelang, Brücken zwischen dem Moskauer Kreis seines Freundes Tschaikowsky und der Petersburger Clique um Rimsky zu schlagen. Als »letzten Klassiker der russischen Musik«, als Klassizisten und Akademiker hat man Glasunow oft bezeichnet, der eher traditionsbewahrend als innovativ zu Werke ging und der den Experimenten der jüngeren Generation nicht allzuviel abgewinnen konn te. Dennoch erwarb er sich im Laufe der Jahre auch unter ihnen großes Ansehen: als Rektor des Petersburger Konservatoriums, dem er zwischen 1905 und 1928 vorstand - also in den Jahren vor, während und nach der Revolution. In dieser schwierigen Zeit und im Spannungsfeld zwischen den aufmüpfigen Studenten, den konservativen Kräften der Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft und den Sowjets, die sich ihrer seits mit seinem Renommee schmückten, sollten sich seine Vermittlerqualitäten aufs Neue bestätigen. Eine gewissermaßen »mittlere« Position nimmt auch Glasunows Musik ein: In seinen Kompositionen sind die national-russischen Elemente nicht dominant, sondern treten eher als Kolorit hinzu. Seine Fünfte Sinfonie umfasst die klassischen vier Sätze. Ein gewichtiges Thema steht am Beginn der Einleitung - Grundlage für die zentralen Themen dieses ersten Satzes, die aus dem eröffnenden Motto abgeleitet sind - ein gängiges Verfahren der europäischen Kunstmusik des späten 19. Jahrhunderts. Ein elfenhaft leichtes Scherzo steht an zweiter Stelle und spielt reizvolle Klangkom binationen mit Holzbläsern, Streicher-Pizzicati, Glockenspiel, Triangel und Harfe aus. Spezielle »russische« Farben wird man hier vergebens suchen. Für das Hauptthema des folgenden langsamen Satzes - eine elegische Klarinetten-Kantilene, die an die anderen Instrumente weitergereicht wird - könnte Tschaikowsky Pate gestanden haben. Den Abschluss bildet ein zum Pathos neigendes Rondo, in dem Glasunow nun ausdrücklich auf den Spuren Alexander Borodins ins nationale russische Idiom verfällt.