identifiziert.) Dies alles, seine har monischen und rhythmischen Inno vationen, schrieb er 1944 nieder in seinem, späterhin einflußreichen Hauptwerk „Technique de mon lan- gage musical" (Technik meiner mu sikalischen Sprache). Karlheinz Stockhausen, 1952/53 Student bei Messiaen in Paris, berichtete: „Vie les kannte ich schon vom Studium in Köln. Aber ich kannte das mei ste, ohne daß es mich etwas an ging; es war tot. Messiaen weckt Totes auf. Neumen der gregoriani schen Notation interpretierte er so, daß er ein Klavierstück 'Neumes rythmiques' daraus machen konnte .... Indische Rhythmen: Er verwan delte sie zu Elementen seiner eige nen Musik. Auf den Feuerinseln hatte er Rhythmen und einige melo dische Formeln aufgeschrieben; daraus machte er zwei Klavier stücke. Modi aller Zeiten und Völ ker, Vogelgesänge: Überallhin nimmt Messiaen sein kleines Notiz buch mit und notiert, was er hört. Dann geht er heim und ordnet, ver wandelt, komponiert seine 'Objek tive'. Messiaen ist ein glühender Schmelztiegel. Er nimmt klingende Formen in sich auf und spiegelt sie in der Form seines musikalischen Verstandes." Eine Konstante in Messiaens Werk bildet die Verarbeitung von Vogel stimmen. Davon sind fast alle Stücke durchzogen. Und bezeich nenderweise beruht seine einzige Oper „Saint Franpois d'Assise" (1983) auf Szenen aus dem Leben des Heiligen, der der Legende nach den Vögeln gepredigt hatte. Die aufgeschriebenen Vogelrufe hatte der Komponist in eine, ihm möglich erscheinende rhythmische Nota tionsform gebracht und seiner Mu sik damit ein unverwechselbares musikalisches Idiom gegeben. Aus all diesen (theoretischen) Über legungen und Versuchen mag her ausklingen, daß die musikalischen Äußerungen Messiaens kühl-rech nerisch ergründete, abstrakte Klangobjekte sind, die wenig mit Emotion, ja mit lebendiger Musik zu tun haben. Aber offensichtlich liegt darin das Geheimnis, das ei gentliche Phänomen dieses Men schen, eine Fähigkeit zu besitzen, die Rationalität und Emotionalität ganz eng umfängt und in direkter Weise verbindet. Messiaen war durch und durch emotional be wegt. Er benutzte die eigenen Ab straktionen im Dienst seiner beson deren Ausdrucksästhetik, die das Gefühl nicht nur ansprach, sondern vollständig einbezog, Musik in ih rer ganzen Körperhaftigkeit und Sinnenfreude. Diese Mixtur aus Mystizismus und Konstruktion, aus Vogelrufen und Gefühl, aus poly phonen Techniken und rhythmi schen Kopfgeburten haben Räume erschlossen, in denen neue Geset ze Geltung bekamen. Kaum ein anderer Komponist war in der Lage, jemals soviel Gegensätzliches zu koppeln, soviele konstruktive Ele mente zu einer nach innen gerichte ten Meditation aufblühen zu lassen und diese wiederum einer aufbre chenden Eruption, ja hemmungslo- Bild linke Seite: Messiaen zeichnete Vogelstimmen in normaler Notation auf