ZUR EINFÜHRUNG Eine Geschichte, die immer wieder gern erzählt wird, soll auch hier nicht fehlen, ist sie doch symptoma tisch für die künstlerische Entwick lung von Krzysztof Penderecki und gleichzeitig Abbild seiner großen, frühzeitig erwachten musikalischen Potenz. Als der polnische Kompo nistenverband im Jahre 1959 ei nen nationalen Wettbewerb mit anonym einzureichenden Komposi tionen veranstaltete, wurden drei Werke ausgezeichnet: „Strophen" für Sopran, Sprechstimme und zehn Instrumente (1959), „Emana tionen" für zwei Streichorchester (1959) und „Aus den Psalmen Da vids" für Chor, Saiteninstrumente und Schlagzeug (1958). Nach Eröffnung der versiegelten Um schläge mit den Namen der Wett bewerbsteilnehmer stellten die ver blüfften Juroren fest, daß alle drei Preise an einen einzigen Komponi sten gingen, an den am 23. No vember 1933 in D^bica gebore nen Krzysztof Penderecki. Uber Nacht wurde der junge Mann, der allerdings bereits selbst eine Profes sur an der Krakauer Musikhoch schule innehatte und bei Insidern natürlich bekannt war, auf diese Weise berühmt und machte sich in der Folge rasch auch im Ausland einen Namen als außergewöhnli ches kompositorisches Talent. Be reits 1959 erhielt er einen Kompo sitionsauftrag vom Südwestfunk (Baden-Baden) für die Donau- eschinger Musiktage für zeitgenös sische Tonkunst. Das Stück „Ana- klasis" für 42 Streichinstrumente und Schlagzeuggruppen wurde dann auch 1960 in dieser Hoch burg für avantgardistische Musik uraufgeführt. Penderecki arbeitete in dieser Zeit mit breiten Klang flächen und hatte dafür einen Kata log von Spielformen entwickelt: Zeichen für Vierteltonvibrato, für unterschiedliche Arten des Tremo los, für das Spiel zwischen Steg und Saitenhalter, dazu Viertelton stufen und vieles mehr. Die Art der Tonerzeugung und die Breite der Cluster (mehrere gleichzeitig erklin gende, nebeneinanderliegende Tonstufen) standen völlig im Mittel punkt solcher Klanggeräuschexpe rimente. Der Komponist nannte die ses selbst einen „befreiten Klang, der außerhalb der traditionellen In strumentalfaktur liegt, ja geradezu außerhalb des Instruments, und der frei ist von den traditionellen Asso ziationen zeitlicher Organisation. Die einzelnen Instrumente wie auch die Ausführenden sind für mich le diglich 'eine totale Quelle des Klangs'". Ein Einschub sei mir vergönnt, um die Wirkung solcher Klänge - ver bal wenigstens - darzustellen: Als Musikstudent besuchte ich in der Zeit um 1963/64 in Leipzig u. a. eines, der damals sehr gewichti gen Rundfunksinfoniekonzerte mit Herbert Kegel und hörte - vorher gut durch die Partitur vorbereitet - das zu dieser Zeit noch recht neue Penderecki-Werk „Threnos, den Opfern von Hiroshima" (aus dem Jahre 1960). Diese „Totenklage" (Bedeutung von Threnos) - von