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ZUR EINFÜHRUNG Der in Dresden vor allem durch seine bei den Shakespeare-Opern „Romeo und Ju lia" und „Die Zauberinsel", die die Dresd ner Staatsoper 1940 bzw. 1942 urauf- führte, bekanntgewordene Schweizer Komponist Heinrich Sutermeister stu dierte zunächst Geschichte und Philologie. Ein Pariser Aufenthalt (1929/30), bei dem er unter lang nachwirkendem Ein fluß von Werken Debussys, Darius Milhauds und Arthur Honeggers geriet, wurde für seine künstlerische Entwicklung bedeutsam. Er studierte nun Komposition bei Walter Courvoisier, Fritz ßüchtger und Carl Orff an der Akademie der Tonkunst in München, 1963 übernahm er die Lei tung einer Kompositionsklasse an der Mu sikhochschule in Hannover. Sutermeister wurde als Autor zahlreicher Büh nenwerke und Funkopern bekannt, die vom späten Verdi, vom Puccini des „Goldenen Mädchens aus dem Vesten", aber auch von Strawinsky und Orff nicht unbeeinflußt sind mit ihrer diatonischen Melodik, ihren ostinaten Rhythmen und ihrer einfachen musikalischen Faktur. Eine neoklassizistische Grundhaltung nehmen auch seine Instrumentalkonzerte und anderen V&rke für Orchester, seine Kanta ten, Lieder, Chor-, Kammer-, Klavier- und Orgelmusik u.a. ein. Dem französischen Komponisten Albert Roussel, Lehrer u. a. von Eric Satie und Bohuslav Martinü und Anreger zahlrei cher namhafter Komponisten des 20. Jahrhunderts, ist eine Bedeutung zuzu messen, die der von Maurice Ravel gleichkommt; bedauerlicherweise ist sein substanzreiches Oeuvre bei uns viel zu wenig bekannt. A. Hoeree analysierte die künstlerische Persönlichkeit Roussels folgendermaßen: „Von der flandrischen Seite stammen Innigkeit und Neigung zur Träumerei, das ungezügelte Tempera ment, die Tanzrhythmen. Frankreich gab ihm die Klarheit, Mäßigung und jene ver schleierte Zärtlichkeit, die unter einer lä chelnden Oberfläche eine starke Sensi bilität verbirgt." Roussel war zunächst für die Laufbahn eines Marineoffiziers bestimmt, nahm je doch - nach Schiffsreisen auf dem At lantik, dem Indischen Ozean usw. - 1894 seinen Abschied und widmete sich ausschließlich der Musik, auch wei terhin seine Orientstudien (bei mehrmo natigem Aufenthalt in Indien und Kam bodscha z. B.) als Privatreisender fort setzend. Er studierte bei Eugene Gigout sowie bei Vincent d'lndy an der Pari ser „Schola cantorum", wo er selbst von 1902 bis 1914 als Professor für Kon trapunkt wirkte. Den Zyklus „Lieder eines fahren den Gesellen" schrieb Gustav Mahler - er war zu dieser Zeit Kapell meister in Kassel - in den Jahren 1883 bis 1 885 für Singstimme mit großer Or chesterbegleitung. Das Klavier genüg te seinem differenzierten Ausdrucks bedürfnis nicht mehr. Die Texte der vier Lieder, teils von Mahler selbst erfunden, teils nach Gedichten aus „Des Knaben Wunderhorn" verfaßt, sind im schlich ten „Volkston" gehalten und beklagen das Schicksal des Liebenden, der sei nen „Schatz" an einen anderen verlo ren hat. Der „fahrende Gesell" ist ein Nachfahre von Schuberts „Wanderer", doch endet er nicht wie dieser in bitte rer Resignation. Mahler schließt ver söhnlicher, führt Schmerz in Traum hin über. Sowohl die Melodie zum „Linden baum" als auch die von „Ging heut' morgen übers Feld" verwendete er als Themen in seiner 1. Sinfonie. Die in unserem Konzert erklingende kammer musikalische Fassung des Zyklus von Arnold Schönberg gesellt zur Sjngstim- me ein apartes Instrumentalensemble, bestehend aus Flöte, Klarinette, Klavier, Harmonium, Triangel/Glockenspiel und Streichquintett.