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Im übrigen meinte Rolland, gäbe es im „Heldenleben" „eine geißelnde Verach tung, ein böses Lachen, wie wir es fast nie bei Beethoven finden. Wenig Güte. Es ist das Werk des heroischen Ekels." Das Leben und Schaffen von Richard Strauss umfaßte zwei große Epochen der Musik: die spätromantische der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der er aufwuchs, in der er wurzelte und die er als großer Vollender abschloß, und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, die in stürmischer Entwicklung ganz neue mu sikalische Welten erschloß, auf Wegen, die Strauss mit „Salome" und „Elektra" zwar als einer der ersten betrat, aber dann nicht weiterging. Die ersten Jahr zehnte seines musikalischen Werde gangs standen völlig im Zeichen der damals unbestrittenen Vorherrschaft Ri chard Wagners. Strauss, der geniale Musiker, erkannte, worum es ging. „Wagner ist ein Berg, über den keiner hinwegkommt", und er fügt verschmitzt hinzu: „Deshalb bin ich um ihn herum gegangen." In seinen zahlreichen sinfonischen Dich tungen hat Strauss zuerst den eigenen Tonfall seiner Musik ausgehört, entwik- kelt und seinen Stil geprägt, um dann - es war 1903 - mit der „Salome" den erregend kühnen, den endgültigen Sprung in die Musik des 20. Jahrhun derts zu tun. Der Künstler hat über seine Anschauung von Musik unmißverständlich reflektiert: „Ausdruck ist unsere Kunst, und ein Musikwerk, das mir keinen wahrhaften poetischen Gehalt mitzuteilen hat, na türlich einen, der sich eben nur in Tö nen wahrhaft darstellen, in Worten al lenfalls andeuten, aber nur andeuten läßt, ist für mich eben alles andere als Musik. Will man nun ein in Stimmung und konsequentem Aufbau einheitliches Kunstwerk schaffen und soll dasselbe auf den Zuhörer plastisch einwirken, so muß das, was der Autor sagen wollte, auch plastisch vor seinem geistigen Auge ge schwebt haben. Dies ist nur möglich in folge der Befruchtung durch eine poeti sche Idee, mag dieselbe nun als Pro gramm dem Werke beigefügt werden oder nicht ... Auch Programm-Musik ist nur da mög lich und wird nur dann in die Sphäre des Künstlerischen gehoben, wenn ihr Schöp fer vor allem ein Musiker mit Einfalls- und Gestaltungsvermögen ist. Sonst ist er ein Scharlatan, denn selbst in der Programm- Musik ist die erste und wichtigste Frage immer die nach der Werthaftigkeit und Stärke des musikalischen Einfalls." Richard Strauss. Gemälde von Fritz Erler (1898)