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8. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 6. April 1985, 20.00 Uhr Sonntag, den 7. April 1985, 20.00 Uhr olniHnsrnoonii^ Dirigent: Claus Peter Flor, Berlin Solist: Jacob Lateiner, USA, Klavier Manfred Weiss Signale für Orchester (1931) geb. 1935 Erstaufführung Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73 Allegro Adagio un poco mosso Rondo (Allegro) JACOB LATEINER wurde 1928 in Havanna als Sohn österreichisch-polnischer Eltern geboren. Seit seinem 4. Lebensjahr erhielt er Klavierunterricht, zunächst bei seiner Mutter, dann bei Jascha Fishermann. Bereits mit 7 Jahren gab er seinen ersten Soloabend. Acht jährig spielte er das g-Mol I-Konzert von Mendelssohn. Als Elfjähriger wurde er Schüler des Curtis Institut of Music in Philadelphia, wo er von Isabelle Vengerova seine weitere Ausbildung erhielt. Mit 22 Jahren nahm er Kompositionsunterricht bei Arnold Schönberg. Erste große künstlerische Erfolge waren sein Orchester-De büt mit Beethovens Es-Dur-Klavierkonzert unter Kous- sevitzky in Tanglewood und sein Auftreten in der Carnegie-Hall. Damit begann seine Karriere, die ihn an alle bedeutenden Orchester der Welt, mehrfach auch auf Konzertreisen durch Europa und nach Austra lien führte, sowie zu zahlreichen Schallplatteneinspie lungen verpflichtete. Er ist nicht nur einer der füh renden Pianisten seiner Generation, sondern auch ^^ezialist für die Interpretation der Beethovenschen ^^k/ierwerke. Seit 1966 lehrt er als Professor an der ^^Fiard-School in New York. PAUSE Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 Ludwig van Beethoven Poco sostenuto - Vivace Allegretto Presto Finale (Allegro cön brio) CLAUS PETER FLOR. 1953 in Leipzig geboren, studierte zunächst Violine und Klarinette am Robert-Schumann- Konservatorium in Zwickau, sodann 1968—1972 Violine an der Hochschule für Musik „Franz Liszt" in Weimar sowie 1972—1979 Violine und Dirigieren (bei den Pro fessoren Kurt Masur und Rolf Reuter) an der Leipziger Musikhochschule. 1979 erhielt er das Mendelssohn- Stipendium und errang in den folgenden Jahren Erste Preise bei internationalen Wettbewerben in der VR Polen und in Dänemark. Von 1981 bis 1984 war Claus Peter Flor Chefdirigent der Suhler Philharmonie. 1984 übernahm er die Position des Chefdirigenten beim Berliner Sinfonie-Orchester. Gastspiele führten ihn an führende Orchester der DDR sowie in die VR Polen, nach Bulgarien, Großbritannien, Dänemark, in die BRD und in die Schweiz. ZUR EINFÜHRUNG Manfred Weiss, 1935 in Niesky geboren, studierte nach dem Abitur 1952 bis 1957 an der Musikhochschule in Halle und Berlin Kom position bei Hans Stieber und Rudolf Wagner- Regeny, bei dem er außerdem bis 1959 einen Meisterkursus an der Akademie der Künste in Berlin absolvierte. Seitdem wirkt er als Do zent für Komposition an den Hochschule^ für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden, 1981 wurde er dort Abteilungsleiter für Komposition, 1983 erhielt er die Professur. Sein komposito risches Schaffen, das zunehmende Beachtung findet und 1977 mit der Verleihung des Mar- tin-Andersen-Nexö-Kunstpreises der Stadt Dresden, des Hanns-Eisler-Preises von Radio DDR sowie des Kompositionspreises Hans Stieber gewürdigt wurde, umfaßt vor allem Orchesterwerke und Kammermusik. Uraufge führt wurden in den letzten Jahren u. a. sein Violinkonzert und „Multiplo per Flauto solo" (Dresdner Philharmonie), die 3. Sinfonie (Staatskapelle Dresden) und Orchestervaria tionen über „Dat du min Leevsten büst" (Schweriner Philharmonie). Zu seiner Komposition Signale für Orchester teilt Manfred Weiss mit: „Die Signale für Orchester entstanden im Frühjahr 1981 im Auftrage des Landestheaters Eisenach. Die Komposition ist einsätzig und als konzer tantes Eröffnungsstück gedacht. Die Form ist. dem klassischen Sonatensatz-Schema verpflich tet und enthält demnach ein erstes und ein zweites Thema, eine Durchführung der The men und eine Reprise. Ein signalartiges Kopf motiv im Fortissimo des ganzen Orchesters er öffnet das Stück. Dieses Motiv wird sofort durch eine Art Echo der Streicher mit Liege tönen leise beantwortet. Dieser Vorgang wie derholt sich, danach werden zunächst die Echomotive allein weitergeführt. Nach einer Überleitung setzt das sehr gegensätzliche ge sangliche und innige zweite Thema der Solo- Oboe zusammen mit dem Fagott ein. Es wirkt gegenüber dem zwölftönigen dissonanten Si gnalmotiv ausgesprochen tonal (H-Dur) und freundlich. Im weiteren Verlauf der Komposition stehen sich diese beiden Welten ständig gegenüber. Beide Themen bringen eine deutlich erkenn bare Entwicklung ihrer Substanzen. Das Si gnalmotiv erhält während der Durchführung eine sehr bewegte Gestalt, die unmittelbar zum Kulminationspunkt führt. In der Reprise erscheint das zweite Thema in verbreiterter Form, ebenfalls in der ausführlichen Coda, die mittels der bewegten Gestalt des ersten The mas aus der Durchführung in immer neue Steigerungen gipfelt und mit einer Vergröße rung des Signalmotivs das Werk beschließt. Aufruf zur Aktion und stilles Innehalten, lyri sches Sich-Entspannen wie leidenschaftliches Vorwärtsdrängen sind gleichermaßen die In halte des Stückes, und damit Abbild des Le bens." Ludwig van Beethoven vollendete sein 5. Klavierkonzert Es-Dur op. 7 3 im Jahre 1809. Die erste Aufführung Werkes fand im November 1810 im Leipfl&g Gewandhaus durch den Pianisten Frieamn Schneider statt und errang großen Beifall. Beethoven selbst hat sein letztes Klavierkon zert, das ursprünglich wohl für eine eigene, dann aber nicht zustande gekommene Akade mie vorgesehen war, nicht mehr öffentlich ge spielt. Das Es-Dur-Konzert ist im Gegensatz zu dem vorhergehenden, mehr lyrischen Kla vierkonzert in G-Dur ein Werk von ausge prägt kraftvoll-heroischem Charakter, dessen streitbar-sieghafte Männlichkeit gewiß vom patriotischen Geiste der Zeit nicht unbeein flußt geblieben sein mag und wohl im Zusam menhang mit der Entstehung der 7. Sinfonie zu sehen ist. Mit Recht ist es häufig als „Kla vier-Sinfonie" oder als „Sinfonie mit Solokla vier" bezeichnet worden, ist doch das Orchester hier in ganz besonderem Maße an der wahr haft sinfonischen Anlage beteiligt, als gleich berechtigter Partner des Pianisten, an den gleichwohl in bezug auf virtuos-technisches Können und geistige Vertiefung hier auch außerordentlich hohe Anforderungen gestellt werden. über die Hälfte des gesamten Werkes nimmt der breit angelegte erste Satz der schon rein äußerlich in seiner gewalt^^ Ausdehnung (mit einer Länge von 582 Tak ten) und ebenso in seinem geistigen Gehalt □ Ile früheren Solistenkonzerte übertrifft. Mit einer gleichsam improvisierenden, rauschen den Einleitung beginnt das Soloklavier nach einem Fortissimoakkord des Orchesters den Satz. Danach erklingt im Tutti das stolze, prägnante Hauptthema, dem als zweites The ma eine Marschmelodie zur Seite gestellt wird, die zuerst leise, wie von ferne, mit punktier tem Rhythmus in den Bässen in Moll hinge tupft und darauf, hymnisch von den Hörnern vorgetragen, nach Dur abgewandelt wird. In einem chromatischen Lauf setzt wirkungsvoll