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5. KAMMERKONZERT im Blockhaus Sonnabend, den 23. Januar 1983, 19.00 Uhr dresdner Ausführende: Robert-Schumann-Quintett der Dresdner Philharmonie: Serena Mitzscherling, Klavier Gerhard-Peter Thielemann, 1. Violine Heide Schwarzbach, 2. Violine Erik Kornek, Viola Thomas Bäz, Violoncello Rainer Kunad Konzertantes Klaviertrio conatum 14 (1958) geb. 1936 Robert Schumann 1810-1856 Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello c-Moll (1828/29) Allegro molto affettuoso Minuetto. Presto Andante Allegro giusto. Presto PAUSE Bela Bartök 1881—1945 Quintett für Klavier, 2 Violinen, Viola und Violoncello (1903/04) Andante — Allegro Vivace (Scherzando) Adagio Poco a poco piü vivace — vivace molto DDR-Erstaufführung Unser heutiges Konzert stellt Jugendwerke dreier Komponisten vor, die sie im Alter von 19 bzw. 22 Jahren geschaffen haben und die fraglos noch nicht Ausdruck einer gefestigten künstlerischen Position und Meisterschaft sein können, die jedoch — über den bloßen Aus druck von Talent hinaus — etwas aussagen über die geistig-ästhetische Herkunft ihrer Schöpfer, zumindest über eine bestimmte Ent wicklungsphase ihres Künstlertums. Rainer Kunad, heute einer der promi nentesten Komponisten unseres Landes, inter national erfolgreich hervorgetreten vor allem mit zahlreichen Bühnenwerken („Bill Brook“, „Maitre Pathelin“, „Litauische Claviere", „Vin- ^tet"), jedoch auch mit bedeutsamen orato- ^Bzhen Schöpfungen wie mit gehaltvoller Kammer- und Orchestermusik, erhielt seine erste Ausbildung bei Werner Hübschmann und Paul Kurzbach in seiner Heimatstadt Chemnitz. Er studierte sodann am Konserva torium in Dresden und — 1956/59 — an der Leipziger Musikhochschule bei Fidelio F. Finke und Ottmar Gerster. Heute ist er selbst Pro fessor für Komposition an der Dresdner Mu sikhochschule. Zu seinem 1958 geschriebenen Konzertanten Klaviertrio cona tum (Versuch) 14. bemerkte er: „Das Klaviertrio entstand noch während mei ner Studienzeit in Leipzig und ist damit eine der ganz frühen Arbeiten. Der ursprüngliche Titel lautete .Concerto ekstatico' — das weist ganz sinnvoll auf die Grundzüge dieser Mu sik hin: Das konzertierende Element und den ekstatischen Ausdruck. Damals wirbelte die Uraufführung in der Leipziger Musikhoch schule einigen Staub auf. So fragte z. B. ein Plakat in der Hochschule: Für wen hat R. Kunad dieses Stück geschrieben? . . . über diese Aufregung kann man heute nur lächeln. — Das Stück ist einsätzig/mehrteilig — das «die von meinem Lehrer Fidelio F. Finke eilte Aufgabe. Man hört vielleicht noch Bemühen, aus damaligen Konventionen auszubrechen, aber ich selbst bin mir auch der Unvollkommenheiten bewußt.“ In einer autobiographischen Skizze Robert Schumanns um 1840 lesen wir: „. . . Un ter immerwährendem Produzieren (musikali schen wie schriftstellerischen) wurde ich 18 Jahr, wo ich nach Leipzig ging . . . Neues Leben von da an. Fleißiges Studium des Kla viers. Hören guter Musik. Franz Schubert und Beethoven gingen mir auf; von Bach däm ¬ merte es. Von Kompositionen ein großes Quartett für Klavier, 8 vierhändige Polonai sen, eine Menge Lieder von Lord Byron. In Heidelberg, wo ich 1829 hinging, fortgesetztes Studium des Klaviers und fester Entschluß, Musiker zu werden.“ In Schumanns spätem Tagebuch VIII (1846/50) findet sich über das von November 1828 bis März 1829 kompo nierte Klavierquartett die wichtige Bemerkung: „Sehr gut erinnere ich mich einer Stelle in einer meiner Kompositionen (1828), von der ich mir sagte, sie sei romantisch, wo ein von der alten Musik abweichender Geist sich mir eröffnete, ein neues poetisches Leben sich mir zu erschließen schien (es war das Trio eines Scherzos eines Klavierquartetts)." Dieses neue, romantische Lebensgefühl hat Schumann selten so präzisiert wie hier. Ge meint war das Trio des Minuetto (nicht Scher zo), wo eine schwebende Akkordkette mit chromatischer Verschiebung der Binnentöne auffällt. Eine andere Tagebuchstelle des Komponisten beschreibt das Finale des Stük- kes folgendermaßen: fröhliche Wildheit drinnen, die in einer ganz anderen Welt noch einmal freundlich an die Vergangenheit denkt . . Am 7. Januar 1830 vermerkte Schumann zwar im Tagebuch: „Das Quartett wird zur Symphonie umgeschustert", ohne diese Ab sicht freilich zu realisieren. Doch die 1830/31 einsetzende Produktion von Klavierwerken zeigt eine Fülle von stilistischen Bezügen zu dem frühen Klavierquartett, mit dem sich der junge Komponist gewissermaßen die ent scheidende romantische Eingangsphase sei nes Stils erschlossen hat, insbesondere op. 1, op. 2 (Nr. 7, 10) und op. 4 (Nr. 2, 4, 5). Ne ben der Auseinandersetzung mit Schubert und Beethoven hat auch die damals erfol gende Beschäftigung Schumanns mit Kammer musik von Louis Ferdinand Prinz von Preu ßen, Mozart, Weber, Hummel, Kalkbrenner, Onslow, Ries und anderer hier seine Hand schrift geprägt. Das am 21. März 1829 in einer „Quartettunter haltung" des Schumannschen Freundeskreises zum ersten Mal dargebotene Werk konnte erst in den 30er Jahren des 20. Jh. von dem Schumann-Forscher Wolfgang Boetticher in Privatbesitz wieder aufgespürt und 1979 erst malig im Druck vorgelegt werden, nachdem das Autograph 1973 von der Universitätsbi bliothek Bonn erworben wurde. Das in „exal tiertestem Zustand" (Tagebuch) von Schumann vollendete umfangreiche Werk mit seinen Vorahnungen romantischer Klangbrechung wurde am 3. August 1978 zu den Sommer-