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8. ZYKLUS- KONZERT KONTRASTE Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 19. April 1980, 20.00 Uhr Sonntag, den 20. April 1980, 20.00 Uhr obiilhQmnioniio Dirigent: Zdenek Kosler, CSSR Solist: Miklos Szenthelyi, Ungarische VR, Violine Josef Myslivecek 1737-1781 Antonio Vivaldi 1678-1741 Bela Bartok 1881-1945 Richard Strauss 1864-1949 Sinfonia Es-Dur Allegro assai Andante Presto Erstaufführung Concerto für Violine, Streichorchester und Continuo a-Moll op. 3 Nr. 6 Allegro Largo Presto Rhapsodie für Violine und Orchester Nr. 1 Langsam (Moderato) — Frisch (Allegretto Erstaufführung moderato) PAUSE Ä Also sprach Zarathustra — Tondichtung xlr (frei nach Friedrich Nietzsche) für großes Orchester op. 30 Introduktion Von den Hinterweltlern Von der großen Sehnsucht Von den Freuden und Leidenschaften Grablied Von den Wissenschaften Der Genesende Das Tanzlied Nachtwandlerlied Solovioline: Konzertmeister Gantscho Ganev Orgel: Hans-Jürgen Scholze ZDENEK KOSLER wurde 1928 in Prag geboren. Er studierte am Konservatorium und an der Akademie der musischen Künste in Prag u. a. bei A. Grünfeldovä (Klavier), O. Jeremias (Dirigieren) und J. Ridky (Kom position). 1948 ging ei als Korrepetitor an das Prager Nationaltheater, an dem er 1951 als Dirigent debü tierte. 1958 wurde er Opernchef in Olomouc, 1962 in Ostrava, 1967 Chefdirigent der Komischen Oper Ber lin und 1971 der Oper des Slowakischen Nationalthea ters in Bratislava. Danach wirkte er neben V. Neumann als ständiger Dirigent der Tschechischen Philharmonie und ist seit Anfang dieses Jahres Chefdirigent des Prager Nationaltheaters. Seine Zusammenarbeit mit den führenden Orchestern seines Landes sowie Gast dirigate bei namhaften internationalen Klangkörpern Ä^chten seinen Namen zu einem Begriff in europäi- und amerikanischen Konzertsälen. 1956 gewann den 1. Preis des Internationalen Dirigenten-Wett- bewerbes in Besaucon, 1959 gehörte er zu den Preis trägern des Mitropoulos-Wettbewerbes in den USA und erhielt 1963 als 1. Preis des New Yorker Dirigen- ten-Wettbewerbes ein Jahresengagement an die Me tropolitan Opera als Assistent L. Bernsteins. Der 1974 mit dem Titel „Verdienter Künstler" geehrte promi nente Dirigent gastierte erstmalig 1965 bei der Dresd ner Philharmonie. MIKLÖS SZENTHELYI, 1951 in Budapest geboren, be gann im Alter von vier Jahren mit dem Klavierspiel, wandte sich aber seit seinem 9. Lebensjahr dem Gei genspiel zu, 1974 absolvierte er in der Klasse von De- nes Kovacs die Budapester Franz-Liszt-Musikakademie, an der er seither als Assistent tätig ist. In den Kon zertsälen seines Heimatlandes, aber auch im ungari schen Rundfunk und Fernsehen sowie bei Auslands gastspielen in der UdSSR, in Jugoslawien, Österreich, Bulgarien, Frankreich, in den Niederlanden, in Japan, Australien, in der CSSR, in den USA trat er als viel versprechendes Geigertalent hervor. Die ungarische Schallplattenfirma „Hungaroton" verpflichtete ihn be reits zu zahlreichen Aufnahmen. 1970 gewann er ge meinsam mit seiner Schwester, der Pianistin Judit Szenthelyi, den 2. Preis des Internationalen Leo-Wei ner-Wettbewerbes. Im gleichen Jahr erhielt der junge Künstler ein Diplom des Internationalen Enescu-Wett- bewerbes in Bukarest. ZUR EINFÜHRUNG Der tschechische Komponist Josef Mysli vecek, Sohn eines Müllers, studierte in Prag zunächst Philosophie ui,d Literatur, spä ter dann Musik, verdiente sich anfangs seinen Lebensunterhalt als Geiger und errang 1760 ersten Erfolg als Komponist mit seinem Opus 1, einer Sammlung von sechs Sinfonien. 1763 wandte er sich nach Italien, widmete sich dem Studium der italienischen Gesangs- und Opernkunst und brachte 1764 in Parma seine erste Oper „Medea“ heraus. In den folgen den Jahren schrieb er noch rund 20 Opern, die über die führenden Bühnen Italiens einen wahren Siegeszug antraten. Man nannte ihn bewundernd „II divino Boemo", den göttli chen Böhmen. 1770 traf er in Bologna erst malig mit Mozart zusammen, der ihn brieflich als Ehrenmann, bezeichnete, mit dem er bald gut Freund geworden sei. 1771 wurde Mysli vecek „accademico filarmonico" von Bologna und erntete 1779 mit seiner Oper „Ezio" und dem Oratorium „Abramo ed Isacco" in Mün chen außerordentlichen Erfolg. 1781 verstarb er, knapp 44jährig, in Rom, wie es heißt, durch verschwenderischen Lebenswandel krank, ver armt und vereinsamt. Als Opernkomponist war Myslivecek einer der glänzendsten Repräsentanten der Opera seria, dessen meisterliche Melodiebildung be sonders gerühmt wurde. Aber auch als Kom ponist von Instrumentalmusik genoß er großes Ansehen, wie vor allem der englische Musik historiker Charles Burney sowie Vater und Sohn Mozart bezeugt haben. Die Mozarts schätzten Mysliveceks sinfonisches Schaffen hoch ein, mit dem er sich nicht zuletzt als Weg bereiter des neuen, klassischen Stils erwies — mit natürlichen, einfachen, vokal erfundenen Melodien und Kontrastbildungen innerhalb eines Satzes, weniger mit einer ausgebildeten Durchführungstechnik. Der junge Mozart ist in seiner Themenerfindung außer von Johann Christian Bach auch wesentlich von Mysliveceks Stil beeinflußt worden, dessen Oratorium „Isacco" lange Zeit irrtümlich Mozart zuge schrieben worden ist. Mit der unser heutiges Konzert einleitenden Sinfonia Es-Dur, die in ihrer dreisät- zigen Anlage eine typische frühklassische Sin fonie ist, möchten wir an den bei uns fast un bekannten Komponisten erinnern, dessen er haltener Werkbestand noch nicht endgültig zu überschauen ist. Der erste Satz des reizvollen kleinen Werkes hat Sonatenfom. Der anmutige langsame Mittelsatz verzichtet auf den Oboen- und Hörnerklang der schnellen Ecksätze und ist nur den Streichern anvertraut. Das ab schließende Presto besitzt den Charakter eines unbeschwerten, tänzerischen Kehraus. Der in Venedig geborene und dort hauptsächl ich wirkende Antonio Vivaldi, dessen Geburtstag sich am 4. März 1978 zum 300. Mal jährte, war in der ersten Hälfte des 18. Jahr hunderts zweifellos eine Zentralfigur nicht nur der italienischen, sondern der europäischen Musik. 1703 wurde er zum Priester geweiht (als solcher erhielt er den Beinamen „II pret® rosso" = der rothaarige Priester). Vom Herbst 1703 bis 1740 war er Violinlehrer und Dirigent des Orchesters, später auch Hauskomponist am Ospedale della Pieta in Venedig, dessen Konzerte unter seiner Leitung und vorwiegend mit seinen Werken bald europäischen Ruf er langten. Diese Tätigkeit wurde durch zahlreiche Reisen u. a. nach Wien und Amsterdam und zur Aufführung seiner Opern in italienischen Städten unterbrochen. Vivaldi war einer der größten Violinvirtuosen seiner Zeit und hat als überaus fruchtbarer und vielseitiger Komponist das Schaffen fast aller Zeitgenossen beein flußt. Er hat der Instrumentalmusik neue We ge gewiesen und sich insbesondere um das Solokonzert verdient gemacht. Damit wirkte er auf Johann Sebastian Bach ein, der ihn außer ordentlich schätzte und mehrere seiner Kon zerte auf andere Besetzungen übertrug. Vival di entwickelte die spieltechnische Seite (insbe sondere der Violine) und trug Virtuosität in seine Musik. Dabei wandte er sich auch In strumenten zu, die sonst nur selten solistisch eingesetzt wurden, wie die Bläser oder gar die Mandoline. Bereits seine erste im Druck erschienen^ Sammlung von Konzerten der verschiedenster™ Besetzung, die 12 Concerti op. 3, die unter dem Titel „ L' Estro Armonico" (Die harmonische Eingebung) 1712 veröffentlicht wurden, übertraf seine Vorgänger hinsichtlich Formbehandlung, thematischem Einfall, virtuoser Figuration und künstlerischer Reife erheblich und hat die Zeit genossen offenbar tief beeindruckt (allein Bach bearbeitete sechs Werke dieses Zyklus für Cembalo und Orgel). Bei dem Concer to a-Moll op. 3 Nr. 6 handelt es sich um ein Violinkonzert, dessen Soloteile zu vol ler Entfaltung gelangt sind und gegenüber den Tuttiabschnitten schon formales Überge wicht besitzen. Es ist eines der reifsten Werke