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sich darüber geärgert, während das Konzert inzwischen längst zu den wenigen ganz großen Meisterwerken der konzertanten Violinliteratur zählt. Das Werk wird durch eine kraftvolle Männlichkeit im Ausdruck, durch eine straffe Rhythmik gekennzeichnet und ist betont musikantisch ohne Hintergründigkeit, Pathos oder Schwermut. Die Quellen, aus denen Tschaikowski hier u. a. schöpfte, sind das Volkslied und der Volkstanz seiner Heimat. Betont durchsichtig ist die Instrumen tation, die beispielsweise auf Posaunen verzichtet. Aus der Orchestereinleitung wächst das großartige, tänzerische Hauptthema des stimmungsmäßig einheitlichen ersten Satzes (Allegro moderato) heraus, das dem ersten Teil des Konzertes, teils im strahlenden Orchesterklang, teils in Um spielungen der Solovioline, seine faszinierende Wirkung verleiht, während das zweite, lyrische Thema demgegenüber etwas in den Hintergrund tritt. Auf dem Höhepunkt des Satzes steht eine virtuose Kadenz des Soloinstrumentes, dem das ganze Konzert überhaupt höchst dankbare Aufgaben bietet. Der zweite Satz (Andante) trägt die Überschrift: Canzonetta. Kein Wunder, daß das Hauptthema innigen Liedcharakter besitzt und die Stimmung dieses Satzes weitgehend trägt, ohne dem geschmeidigen Seitenthema größeren Raum zu geben. Unmittelbar daran schließt sich das Finale (Allegro vivacissimo) an, das vom So listen ein Höchstmaß an geigerischer Virtuosität in Kadenzen, Passagen, Flageo letts uw. verlangt. Das formale Schema des Satzes ist etwa mit ABABA zu um reißen. Beide Themen haben nationales russisches Profil. Das erste wächst aus der übermütigen Orchestereinleitung heraus, das zweite, tanzartige, wird von Baßquinten begleitet. Unaufhörlich stellt der Komponist die Themen vor, elegant und formgewandt variiert. Strahlend endet der temperamentgeladene Schlußsatz des Konzertes, das zweifellos eine der überragendsten Kompositionen Tschai kowskis ist. In der alten Zählweise der Sinfonien Antonin Dvoraks erschien die Sin- f o n i e N r. 6 D - D u r o p. 6 0 als erste, war sie doch die erste, die veröffent licht wurde und die der bescheidene Komponist als gültiges Werk vertrat. Er hatte lange Zeit gebraucht, hatte viele harte Entbehrungen auf sich nehmen müssen, ehe er mit seinen Kompositionen in der musikalischen Welt bekannt wurde. Die „Slawischen Tänze", die „Slawischen Rhapsodien" und die „Klänge aus Mähren", Werke, deren musikalische Struktur ganz aus den nationalen In tonationen der reichen böhmischen Volksmusik erwachsen waren, trugen den Ruhm des Komponisten dann jedoch in die Welt und vermittelten Dvorak die Be kanntschaft und verehrende Freundschaft einiger Großer der Musikweit wie Johannes Brahms, Joseph Joachim und Franz Liszt. In dieser freudvollen Zeit der wachsenden internationalen Anerkennung seines Schaffens entstand die D-Dur- Sinfonie, auch mittelbar durch die Erfolge des Komponisten im Ausland veranlaßt, hatte doch der bekannte Dirigent Hans Richter nach einer Aufführung eines „Sla wischen Tanzes“ den Wunsch geäußert, mit seinen Wiener Philharmonikern auch einmal eine Sinfonie des Meisters zu spielen. Von der Freude über die Anteil nahme, die man seinen Werken allerorts zollte, wesentlich bestimmt, entstand die Sinfonie in ungemein kurzer Zeit. Drei Wochen benötigte Dvorak für die Niederschrift der Skizze, drei weitere für die Ausarbeitung der Partitur. Am 25. März 1881 gelangte das Werk, das Hans Richter gewidmet war, durch das Or chester des Tschechischen Theaters in Prag zur Uraufführung. Die Sinfonie verleugnet in keinem Takt die nationale Herkunft des Komponisten, dennoch gehört sie bereits zu jenen Werken Dvoraks, in denen er, über die starke Anlehnung an die böhmische Folklore hinauswachsend, in immer stär kerem Maße die sinfonischen Formprobleme und die harmonische Entwicklung der westeuropäischen Romantik für sein Schaffen wirksam werden l;eß. Zwar läßt auch in dieser Sinfonie der Musikant Dvorak manchmal noch ein wenig die Zügel durchgehen, führt in nimmer ermüdender musikantischer Kraft eine thema tische Erfindung nach der anderen ins Treffen und gelangt noch nicht ganz zu der Bändigung der hervorquellenden Energien, wie das in seinen letzten Sin fonien der Fall ist, die Frische aber der Erfindung, die kraftstrotzende Gesund heit der Verarbeitung ist von so überzeugender Echtheit, daß man leichten Her zens kleine formale Unebenheiten in Kauf nimmt. Der tschechische Dvoräk- Forscher Otakar Sourek sagte über die Sinfonie: „Satz für Satz ist sie genial stilisierte Daseinsheiterkeit, Lebensmut, Freude und Frohsinn. Dabei ist das Werk seinem Geist und Ausdruck nach urtschechisch. Mit seinen Wurzeln haftet es im Grund und Boden der tschechischen Provinz, und die Liebe des Tondichters zu diesem Boden, der ihn hervorgebracht hat, seine Liebe zur heimatlichen Natur und zum tschechischen Volk durchwärmt und leitet jeden Gedanken des Werkes, jeden einzelnen Takt. In dieser Sinfonie leben Humor und Hochgefühl, Frohsinn und Leidenschaft des tschechischen Volkes, atmet der Duft und jauchzt der Ge sang der böhmischen Fluren und Wälder. Hier gibt es kein lastendes Gewölk, nicht einmal Wölkchen." Sind diese Worte auch für die ganze Sinfonie bestimmt, so treffen sie doch in besonderem Maße für den ersten Satz (Allegro non tanto) zu. Erst nach einem zweimaligen Auftakt kommt das frische Hauptthema zum Vorschein, von den Hörnern synkopisch begleitet. Ein Nebengedanke entwickelt sich rasch, dann kommt wieder das Grundthema im Grandioso daher. Alle weiteren Gedanken sind aus den einzelnen Motiven dieses Grundthemas abgeleitet, atmen die gleiche musikantische Frische wie dieses. Die Durchführung dient der weiteren Zusammenführung der einzelnen Gedanken, sie vermeidet große dramatische Spannungen. Die Reprise weicht nur geringfügig von der Exposition ab; eine ausgeweitete Coda führt den kraftvollen Grundcharakter des Satzes zu einem letzten Höhepunkt. Nach einem Zurückgehen in ein gehaltenes Pianissimo über rascht eine Fortissimo-Kadenz. Von slawischer Gefühlstiefe ist der zweite Satz (Adagio). Süß zieht der sehn suchtsvolle Gedanke dahin, der in Rondoform noch einige Male wiederkehren soll. Ein wenig rascher im Tempo erklingt ein tänzerisches Thema in den Oboen, um dann einem besonders zarten Motiv zu weichen, das erst in der Dur-, dann in der Mollterz erscheint. Dieser Jetzte Einfall wird im Verlauf des Satzes noch zu besonders sinnlichen Steigerungen geführt. Erstmalig in der sinfonischen Literatur dürfte es sein, daß ein richtiger Volkstanz, ein Furiant, Eingang in die sinfonische Satzfolge findet. Sourek gibt uns für den Charakter dieses Tanzes und für seine Entstehung folgende Erklärung: „Das Wort furiant bezeichnet im tschechischen Volksmund einen Bauernburschen oder Bauer, der in allen Lebenslagen selbstbewußt seinen Mann stellt . . . Ein im Milieu des begüterten tschechischen Bauerntums einstmals recht verbreiteter Menschentypus, in dem sich Dünkel, Prahlsucht, aber auch steifnackiger Mannesstolz zu einer unentwirrbaren Charaktereinheit vermengten. Von diesem bäuerlichen Lebens typus erhielt der Dorftanz Furiant seinen Namen, ein hurtig bewegter Tanz mit wechselnder Taktart und scharfen, höchst bezeichnenden Akzentverschiebungen, der eben diesen menschlichen Dorftypus musikalisch-tänzerisch versinnbildlicht." Bekannt ist ja beispielsweise der hinreißende Furiant aus Smetanas „Verkaufter Braut". Von ähnlichem tänzerisch animierendem Feuer ist auch der Furiant aus Dvoraks D-Dur-Sinfonie. Ganz deutlich sind die gegen den 3 / 4 -Takt geschriebe nen Zweiermetren erkennbar, denen dann die wirbelnde Dreiviertelfigur nach gestellt ist. Auch in der wiegenden zweiten Periode sind die metrischen Bin dungen verschoben. Freundlich und ein wenig pastoral gibt sich das Trio, das eine etwas dudelnde Beweglichkeit aufweist und deutlich zu dem dann wieder daherfegenden Furiant kontrastiert. Das wiederum in Sonatenhauptsatzform gearbeitete Finale (Allegro con spirito) beweist mit seiner Vielzahl an thematischen Erfindungen von immer mehr sich steigender Kraftfülle und Lebenslust all die Worte, die Dvoraks Biograph über die Schönheit und den Frohsinn, die überschäumende Lebensfreude dieses prächtigen Werkes gesagt hat. Dr. habil. Dieter Härtwig Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1977/78 - Chefdirigent: Prof. Herbert Kege! Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2.80 T. ItG 009-5-78 EVP 0,25 M (•hillnamnonio 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1 977/78