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Am Donnerstag, dem 2. Februar 1978, 19.30 Uhr im Hotel „Stadt Bautzen“ Sonderkonzert der Dresdner Philharmonie Solist: Stanislav Apolin, Violoncello (CSSR) Dirigent: Johannes Winkler PROGRAMM: CLAUDE DEBUSSY (1862-1918) „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“ (Prelude ä l’apres — midi d’un fauna) JÜRGEN KNAUER (geb. 1947) 1. Sinfonie (Uraufführung) PAUSE ROBERT SCHUMANN (1810-1856) Violoncellokonzert, a-Moll, op. 129 Nicht zu schnell Langsam Sehr lebhaft BELA BARTÖK (1881-1945) „Der wunderbare Mandarin“, op. 19 Claude Debussy „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“ Achille-Claude Debussy, Meisterschüler des Pariser Konservatoriums und Rompreisträger, bietet in seiner Musik am reinsten das Pendant zur impressionistischen Malerei. Die bewußte Ausprägung seines Stils fand er in dem Kampf, den die Musikwelt Frankreichs gegen den übermächtigen, die eigenschöpferischen Kräfte lähmenden Ein fluß Wagners führte. Debussy wollte eine Kunst, die dem franzö sischen Wesen gemäß sein sollte. Gestützt auf die alten und gültigen nationalen französischen Überlieferungen (die mittelalterlichen Ton arten, die Musik Couperins und Rameaus), auf die Traditionen einer einfachen, klaren und durchdachten Kunst und mit einem Sinn für idas „Natürliche“, gewann er der Musik die Unmittelbarkeit der Aus sage zurück. Er wirkte damit über Frankreichs Grenzen hinaus be freiend auf die Entwicklung der Musik, und zwar sowohl hinsicht lich der Ausdrucksgestaltung als auch der Form. Debussys Musik entwickelte sich in einer Sphäre zarten, differen zierten Gefühlsreichtums. Diese sensible Kunst, die man wegen ihres Farbensinns (Debussy ist einer der größten Musiker des Klanges und seiner Differenzierung) und ihres Bestrebens, auch die flüchtigsten Eindrücke festzuhalten, oft mit der impressionistischen Malerei ver glichen hat, ist zweifellos einer der vollkommensten Erscheinungen der französischen Musik. ..Als Bewunderer von Stephane Mallarme, dessen symbolistische Ly rik Debussy stark beeinflußte, hatte er 1892 an eine Art dreisätzige Symphonie von sehr freier Form gedacht, die unter dem Titel Prelude, Interlude et Paraphrase zum Apres-midi d'un Faune einen musika lischen Kommentar des berühmt gewordenen Gedichtes von Mal larme gebildet hätte. Das Projekt schränkte sich bald auf das erste dieser drei Stücke ein; 1894 wurde das verkleinerte Werk als ein faches Prelude ä FApres-midi d’un Faune vollendet; es wurde sofort für eines der Orchesterkonzerte der Societe Nationale de Musique angenommen. Kein großer Eröffnungsakkord. Eine Flöte allein beginnt das Stück und säuselt ohne die geringste Begleitung eine nachlässig schlep pende Melodie, die sich in Halbtönen dahinzieht, fällt und steigt, steigt und wieder fällt. Man errät, daß es sich um die beschauliche Träumerei des Fauns handelt. Ein überraschender Beginn. Im vier ten Takt eine charakteristische Replik von unerhörtem Klangreiz; sie ist wie ein melodisches Echo des Endes der Eingangsphase, ge murmelt von den Hörnern zu den Harmonien der Klarinetten und Oboen oder der gedämpften Streicher, den Arpeggien oder Glissandi der Harfen. Das symphonische Spiel, das anhebt, läßt sich mit nichts ähnlichem vergleichen: melodische, harmonische Bewegung, Orche stermischung, alles ist neu; weniger als zehn "/s- oder “/»-Takte haben dem jungen Komponisten genügt, sein Werk auf die persönlichste, die unverkennbarste Weise zu signieren und ihm unaustilgbare Charakterzüge aufzuprägen. Sechsunddreißig Takte hindurch, etwa ein Drittel der Partitur, nimmt das Thema unaufhörlich die Aufmerksamkeit in Anspruch, immer sich selbst gleich und immer abgewandelt, denn der beschränkte,