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ZUR EINFÜHRUNG Dmitri Schostakowitsch war neunzehn Jahre alt, als er zum Abschluß seiner Studien am Leningrader Konservatorium (1925) seine 1. Sinfonie f - Moll o p. 10 schrieb; sie wurde am 26. Mai 1926 in Leningrad uraufgeführt und als der „höchstmögliche Ausdruck des Talents" bezeichnet. Der erste Satz beginnt mit einer längeren Einleitung (Allegretto), deren Klangcharakter betont kammermusikalisch ist. Solistisch und im Dialog musizieren hier die Instrumente. Den Hauptteil (Allegro non troppo) eröffnet ein marschartiges Thema in der Solo-Klarinette, das im weiteren Verlaufe zunehmend seine in ihm steckende Kraft und Zuversicht offenbart. Es erscheint in den verschiedensten Orchester gruppen und ist ständig gegenwärtig. Den lyrischen Kontrast dazu blidet eine graziöse und munter emporschwingende Walzermelodie, zuerst von der Flöte angestimmt. In dem durchführungsartigen Mittelteil verdichtet sich das musikali sche Geschehen, wobei die einzelnen Themen- und Motivteile konflikthaft gegen übergestellt werden. Mit einem Rückgriff auf die Einleitung klingt der Satz heiter und gelöst aus. Ein sprühendes und wild dahinjagendes Scherzo folgt als zweiter Satz (Allegro), dessen Ausdruck durch sein Thema umrissen wird. Lockere melodische Diktion und virtuoses Passagenwerk herrschen vor. Von besonderem Reiz sind hierbei auch die „Einlagen" des Klaviers. Die eigenwillige liedhafte Gestaltung des Mittelteils hebt sich davon scharf ab, er führt in eine andere Klangwelt. In der Wiederholung des A-Teils tritt das Klavier noch bestimmter hervor. Der dritte Satz (Lento) beeindruckt durch seinen erhabenen und nachdenklichen Ausdruck. Kantables und expressives Melos in den Holzbläsern und Streichern, Trauermarschintonationen, aber auch Signalmotive in den Blechbläsern werden vom Komponisten eingesetzt, um diesem Satz sein besonderes inhaltliches Ge wicht zu geben. Ohne Unterbrechung folgt das beschwingte und sinfonisch weit ausholende Finale (Allegro molto), dem ebenfalls eine Einleitung, diesmal düster und geheim nisvoll, vorausgeht. Mitreißend dann das Hauptthema, an das ein expressiver Seitengedanke in der Solo-Violine anschließt. Mehrere energisch gesteigerte Episoden folgen, bis das turbulente Geschehen in eine Prestostretta mündet. Doch zuvor ruft noch einmal die Pauke mit einem rhythmisch scharf profilierten Motiv aus dem Lentosatz ernste Gedanken in Erinnerung. „Es ist offensichtlich", bemerkte Heinz Alfred Brockhaus über diese Sinfonie, „daß die verschiedenen Gehaltkomponenten des Werkes auf Erlebnisse des jungen Komponisten hin weisen. Dazu gehört sowohl die Widerspiegelung einer als heiter und sorgenfrei empfundenen Jugend wie der schmerzliche Wiederhall, den der Tod des Vaters im Jahre 1922 in seinem Empfinden nachwirken ließ, wie auch die erregenden Erlebnisse der Revolution im Jahre 1917. Das alles hat Schostakowitsch verallge meinert und künstlerisch überhöht dargestellt.“ Ludwig van Beethovens einziges Violinkonzert D- Durop. 61 aus dem Jahre 1806 entstand in unmittelbarer Nachbarschaft mit der 4. Sinfonie, dem 4. Klavierkonzert und den Rasumowski-Quartetten. Das Konzert, das wohl das bedeutendste dieser Gattung überhaupt ist, demzufolge zu den Standard werken der Violinliteratur gehört, hatte Beethoven für den Konzertmeister des Theaters an der Wien, Franz Clement, komponiert, der es auch am 23. Dezember 1806 uraufführte, ohne allerdings damit eine restlos befriedigende Resonanz bei der Kritik finden zu können. In einzigartiger Weise sind im Beethovenschen Violinkonzert die ganz eigenen Möglichkeiten des Instrumentes erfaßt. Das Werk ist lyrisch, gefühlsbetont und ist als erstes seiner Art zum Prüfstein geigerischer Kunst geworden, obwohl es eigentlich nur im Finale ausgesprochene Virtuosität fordert. Vollendung der Form, Tiefe und Schönheit der Gedanken, idealer Aus druck klassischen Humanismus — das sind Vorzüge des Werkes, das bei aller Universalität des zur Darstellung gelangenden Weltbildes jedoch mehr zu gelas sener Ausgewogenheit als zur Überwindung dialektischer Spannungen neigt. Vier leise Paukenschläge, die im ganzen Satzverlauf späterhin motivische Be deutung haben, eröffnen die Orchestereinleitung des ersten Satzes (Allegro ma non troppo), die das thematische Material mit sinfonischer Impulsivität an das Soloinstrument weitergibt. Zwei Themen werden entwickelt. In den Oboen, Klari netten und Fagotten erklingt zunächst das gesangvolle Hauptthema, dem nach einem energischen Zwischensatz ein zweites lyrisches D-Dur-Thema der Holz bläser von bezaubernder Schlichtheit folgt. Nach der Entwicklung dieses Themas, die zu einem kraftvollen Höhepunkt mit einer neuen, daraus hervorwachsenden Melodie führt, setzt die Sologeige, zurückhaltend von Bläsern und Pauken be gleitet, mit leichter Abwandlung des Hauptthemas in hoher Lage ein. Und nun beginnt ein herrlicher Zwiegesang mit dem Orchester. In kaum zu beschreibender Schönheit fließt der Klang der Sologeige über dem Orchester hin oder begleitet es mit beseelten Passagen. Auch nach einem zweiten kräftigen Orchestertutti setzt sich der verklärte, melodische Gesang des Soloinstrumentes fort. Nach der Durchführung kehren in der Reprise die musikalischen Haupt- und Nebenge danken wieder, vom Orchester wesentlich getragen. Figurenreich ist der Part der Violine, der schließlich in die Solokadenz mündet. Der Schlußteil — mit seiner besonderen Berücksichtigung des zweiten Themas — schließt mit einem schwung voll-energischen Aufstieg der Geige. Romanzencharakter besitzt das anschließende G-Dur-Larghetto, dessen erstes Thema, von gedämpften Streichern angestimmt, zu den Hörnern,' Klarinetten und Fagotten überwechselt und von Passagen und Trillern der Solovioline kommentiert wird. Ein zweites lyrisches Thema gesellt sich nach einem Höhepunkt hinzu, von der Geige vorgestellt. Mit einer Kadenz leitet das Soloinstrument zum Rondofinale (Allegro) über und übernimmt sogleich mit einem fröhlichen, dreiklangsbetonten Hauptthema die Führung, die es nunmehr durchgehend dem „Refrain“ des Orchesters gegen über beibehält. Der tänzerische Elan dieses Satzes, der formal zwischen Rondo und Sonatensatz steht, durch heitere und auch lyrische Episoden und Einfälle auf gelockert, ist von geradezu mitreißender Wirkung. Die virtuosen Lichter des be glückenden Finales erzeugen den Eindruck eines bunten Wirbels. Mit energischen Akkorden verklingt das Werk.