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der Themenbildung, aber auch der rhythmischen und harmonischen Struk tur nachgewiesen wurde, in besonderem Maße speziell der kroatischen Bauernmusik. Der „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande" über schriebene lyrische erste Satz ist ganz von glückhafter, dankbarer Freudig keit über die zahllosen Schönheiten der Natur erfüllt, die uns in vielen an mutigen, von Spannungen und Kontrasten ungetrübten Bildern vor Augen gestellt werden. Weiche Klangfarben, froh schwärmende Themen, in viele kurze, häufig wiederholte und gleichsam der Natur abgelauschte Motive aufgegliedert (diese Art der Themenbildung ist übrigens für die gesamte Sinfonie kennzeichnend), bestimmen den Satz. Tiefster, träumerischer Waldfrieden wird uns im zweiten Satz, der „Szene am Bach", geschildert. Zwei kantable Themen bilden die Grudlage dieses reizenden Musikstückes, in dessen Verlauf bei melodischem Wellengemur mel, Vogelgezwitscher und Insektensummen ein überaus zartes und poeti sches Stimmungsbild entsteht. In der Code hören wir schließlich ein scherz haft nachahmendes Terzett zwischen Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klarinette). Eine Art Scherzo stellt der dritte Satz, „Lustiges Zusammensein der Land leute" genannt, dar. Ausgelassenes Treiben des Volkes, ländliche Tänze, über mütig parodiertes Spiel der Dorfmusikanten stehen hier im Mittelpunkt. Doch durch ein aufziehendes Gewitter mit Sturm, zuckenden Blitzen, Don nergrollen und Regenschauern, von Beethoven mit einfachsten, immer ge schmackvoll bleibenden Mitteln wiedergegeben, wird im unmittelbar fol genden vierten Satz das lustige Geschehen jäh unterbrochen. Ebenso plötzlich beruhigt sich die aufgeregte Natur aber auch wieder, und wir empfinden nun im anschließenden fünften Satz („Hirtengesang") „frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm". Der im 6/8-Takt stehende, breit strömende letzte Satz beginnt mit einer schlichten, volkstümlichen Schal meienmelodie und bringt in vielen Abwandlungen dieses Themas, Anklän gen an die ersten Sätze und neuen Motiven noch einmal einen strahlenden, sich immer mehr steigernden und endlich leise verklingenden Hymnus auf die Herrlichkeiten der Natur. Beethovens einziges VIOLINKONZERT D-Dur op. 61 aus dem Jahre 1806 entstand in unmittelbarer Nachbarschaft mit der 4. Sinfonie, dem 4. Klavierkonzert und den Rasumowski-Quartetten. Das Konzert, das wohl das bedeutendste dieser Gattung überhaupt ist, demzufolge zu den Stan dardwerken der Violinliteratur gehört, hatte Beethoven für den Konzert meister des Theaters an der Wien, Franz Clement, komponiert, der es auch am 23. Dezember 1806 uraufführte, ohne allerdings damiteine restlos befrie digende Resonanz bei der Kritik finden zu können. In einzigartiger Weise sind im Beethovenschen Violinkonzert die ganz eigenen Möglichkeiten des Instrumentes erfaßt. Das Werk ist lyrisch, gefühlsbetont und ist als erstes seiner Art zum Prüfstein geigerischer Kunst geworden, obwohl es eigent lich nur im Finale ausgesprochene Virtuosität fordert. Vollendung der Form, Tiefe und Schönheit der Gedanken, idealer Ausdruck klassischen Huma nismus - das sind Vorzüge des Werkes, das bei aller Universalität des zur Darstellung gelangenden Weltbildes jedoch mehr zu gelassener Ausgewo genheit als zur Überwindung dialektischer Spannungen neigt. Vier leise Paukenschläge, die im ganzen Satzverlauf späterhin motivische Bedeutung haben, eröffnen die Orchestereinleitung des ersten Satzes (Alle gro ma non troppo), die das thematische Material mit sinfonischer Impul sivität an das Soloinstrument weitergibt. Zwei Themen werden entwickelt. In den Oboen, Klarinetten und Fagotten erklingt zunächst das gesangvolle Hauptthema, dem nach einem energischen Zwischensatz ein zweites lyrisches D-Dur-Thema der Holzbläser von bezaubernder Schlichtheit folgt. Nach der Entwicklung dieses Themas, die zu einem kraftvollen Höhepunkt mit einer neuen, daraus hervorwachsenden Melodie führt, setzt die Sologeige, zurück haltend von Bläsern und Pauken begleitet, mit leichter Abwandlung des Hauptthemas in hoher Lage ein. Und nun beginnt ein herrlicher Zwiegesang mit dem Orchester. In kaum zu beschreibender Schönheit fließt der Klang der Sologeige über dem Orchester hin oder begleitet es mit beseelten Passa gen. Auch nach einem zweiten kräftigen Orchestertutti setzt sich der ver klärte, melodische Gesang des Soloinstrumentes fort. Nach der Durchfüh rung kehren in der Reprise die musikalischen Haupt- und Nebengedanken wieder, vom Orchester wesentlich getragen. Figurenreich ist der Part der Violine, der schließlich in die Solokadenz mündet. Der Schlußteil - mit sei ner besonderen Berücksichtigung des zweiten Themas - schließt mit einem schwungvoll-energischen Aufstieg der Geige. Romanzencharakter besitzt das anschließende G-Dur-Larghetto, dessen erstes Thema, von gedämpften Streichern angestimmt, zu den Hörnern, Kia-