Volltext Seite (XML)
DRESDNER PHILHARMONIE Mittwoch, den 28. Mai 1975 20.00 Uhr Donnerstag, den 29. Mai 1975, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastcs Dresden 9. KONZERT IM ANRECHT C UND 9. ZYKLUS-KONZERT BRUCKNER-ZYKLUS Dirigent: Kurt Rapf, Österreich Solist: Peter Rösel, Dresden, Klavier Robert Schumann Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 1810-1856 Allegro affettuoso Intermezzo (Andantino grazioso) Allegro vivace PAUSE Anton Bruckner Sinfonie Nr. 4 Es-Dur 1824-1896 Bewegt, nicht zu schnell Andante quasi Allegretto Scherzo (Bewegt) Finale (Bewegt, doch nicht zu schnell) PETER ROSEL wurde 1945 in Dresden geboren. Nach dem Abitur studierte er bei der Dozentin Inge Finke-Siegmund an der Musikhochschule seiner Heimatstadt. 1963 errang er den 2. Preis beim III. Internationalen Schumann-Wettbe werb in Zwickau. 1964 bis 1969 setzte er seine ^^dien am Moskauer Konservatorium fort. Lehrer waren die Professoren Dmitr 1 oaschkirow und Lew Oborin. Beim III. Inter ¬ nationalen Tschaikowski-Wettbewerb 1966 in Moskau gewann er einen 6. Preis für die DDR bei einer internationalen Konkurrenz von 60 Pianisten. Beim IV. Internationalen Musikwett bewerb in Montreal (Kanada) im Juni 1968 erhielt Peter Rösel die vielbeachtete Silberme daille. Der junge Künstler, der bereits zahl reiche Rundfunk-, Fernseh- und Schallplatten aufnahmen produzierte, konzertierte bisher erfolgreich u. a. in der Sowjetunion, in Ka lada, Polen, der CSSR, in Bulgarien, Japan, England, Spanien. Bei der Dresdner Philhar monie ist er seit 1968 ständiger Gast. KURT RAPF entstammt einer Wiener Musiker familie und erhielt auch seine musikalische Ausbildung an der Wiener Musikakademie, wo er seine Studien in den Fächern Dirigieren, Orgel, Cembalo. Klavier und Komposition ab schloß. Kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges gründete er das „Collegium Musicum Wien", das er bis 1956 leitete und mit dem er in Europa wie in Übersee erfolgreich tätig war. Am Züricher Opernhaus wirkte er eine Zeitlang als Assistent von Hans Knappertsbusch. Die Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst berief ihn zum Lehrer, prominente Sänger und Instrumentalisten verlangten ihn als Be gleiter. 1953 bis 1960 war er Musikdirektor der Stadt Innsbruck, danach widmete er sich ver stärkt der Rundfunk-, Fernseh- und Schallplat tentätigkeit. Gastspiele führten ihn in zahl reiche Länder. In dieser Zeit entstanden auch verschiedene Kompositionen für Orchester, Soloinstrumente und kammermusikalische Beset zungen. 1970 wurde er zum Musikreferenten der Stadt Wien sowie zum Professor ernannt, außerdem zum Präsidenten des österreichischen Komponistenbundes gewählt. ZUR EINFÜHRUNG Im Jahre 1839 schrieb Robert Schumann seiner Braut Clara Wieck über die geplante Komposition eines Klavierkonzertes, das er ihr zugedacht hatte: „Es wird ein Mittelding zwischen Sinfonie, Konzert und großer Sonate; ich kann kein Konzert für Virtuosen schreiben und muß auf etwas anderes sinnen." Schon sehr viel früher hatte sich Schumann mit dem Plan eines Klavierkonzertes be schäftigt, bereits von dem 17jährigen existieren Notizen über den Entwurf eines Konzertes in E-Dur, dem während seiner Studienzeit in Heidelberg die Arbeit an einem anderen in F-Dur folgte; von beiden Entwürfen ist jedoch nichts, mehr erhalten. Dos Klavierkonzert a-Moll op. 54 entstammt den Jahren 1841 bis 1345. Nachdem der Komponist 1841 den ersten Satz des Konzertes als selbständige „Konzerlphantasie für Klavier und Orchester" vollendet hatte, ent standen erst vier Jahre später die beiden anderen Sätze des Werkes. Die Urauf führung fand am 4. Dezember 1845 mit Clara Schumann als Solistin in Dresden statt, kurz danach wurde es auch im Leipziger Gewandhaus, hier unter der Lei tung Felix Mendelssohn Bartholdys, aufgeführt. Der große Erfolg, den das Werk von Anfang an hatte, ist ihm stets treu geblieben. Tatsächlich stellt das a-Moll- Klavierkonzert - Schumanns einziges Konzert für dieses Instrument — nicht nur eines der genialsten und auch der bekanntesten Werke des Meisters dar, son dern gehört zu den schönsten und bedeutendsten Schöpfungen dieser Gattung überhaupt. Zu einer Zeit geschrieben, als die von Mozart und Beethoven ge prägte klassische Form des Klavierkonzertes viele Komponisten dazu verführte, unselbständig diese großen Vorbilder nachzuahmen, brachte Schumann in sei nem Konzert in schöpferischer Weiterentwicklung, dem neuen Geist seiner Epoche entsprechend, formal wie inhaltlich Neues und Eigenes. Das Klavier steht bei ihm, dem Klavierkomponisten von stärkster Eigenart mit neuen, kühnen Klangkombina tionen und Wendungen zwar unbedingt im Mittelpunkt des Geschehens, ist dabei aber ganz in den Dienst der Kompositionsidee gestellt und verzichtet - trotz schwierigster Aufgaben für den Solisten — vollkommen auf jede äußerliche Virtuo sität und leere technische Brillanz. Gleichzeitig jedoch gelingt Schumann in seinem Klavierkonzert — im Gegensatz zu Chopin, dem einzigen Meister der Zeit, der ihm in der Gestaltung des Klavierparts seiner beiden Konzerte kongenial ist — auch eine großartige Verschmelzung von Klavier- und Orchesterklang, die Schaffung einer Einheit zwischen solistischem und sinfonischem Element. Soloinstrument und Orchester dienen in schönster gegenseitiger Durchdringung gemeinsam dem musi kalischen Ausdruck, der Darlegung einer unermeßlich reichen Fülle von Gedanken, Gefühlen und poetischen Stimmungen, in herrliche Melodien und edle Formen gefaßt. „Tenor des Werkes ist die Sehnsucht und das Glück zweier liebender Menschen, von Schumann selbst in seinem Kampf um Clara erlebt und nun, künstlerisch um gesetzt, allgemeingültig gestaltet. Das den ersten Satz bestimmende Hauptthema prägt in abgewandelter Form auch die Themen der übrigen Sätze. Es ist der Melo die der Florestan-Arie aus Beethovens .Fidelio' (Beginn des 2. Aktes) eng verwandt und verdeutlicht dadurch noch mehr, wie die diese Oper beherrschenden Themen der Gattentreue und des Freiheitskampfes - für Schumann der Kampf gegen alles Philisterhafte, wie er sich im Programm seiner Davidsbündler manifestierte - auch sein entschiedenes Anliegen waren". (R. Bormann). Drängende Leidenschaft und Sehnsucht bestimmen den Charakter des 1. Satzes (Allegro affettuoso). Nach einer kraftvoll-energischen Einleitung durch das Kla vier ertönt zuerst in den Bläsern, dann vom Solisten wiederholt, das schwärmeri sche Hauptthema, das in seinen Motiven als Leitgedanke des Werkes in allen Sätzen wiederkehrt. Darauf entwickeln sich in reizvollem Wechsel zwischen Or chester und Solisten nacheinander eine Reihe der verschiedenartigsten Bilder und