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DRESDNER PHILHARMONIE ZUR EINFÜHRUNG Mittwoch, den 17. Mörz 1971, 20.00 Uhr Donnerstag, den 18. März 1971, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 7. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Läszlo Mezö, VR Ungarn, Violoncello Kikimora - Volkssage für Orchester op. 63 Adagio — Presto Erstaufführung Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 2 op. 126 Erstaufführung PAUSE Largo Allegretto Allegretto Dmitri Schostakowitsch geb. 1906 Anatoli Ljadow 1855-1914 Nikolai Rimski-Korsakow Scheherazade — Sinfonische Suite 1844-1908 nach „1001 Nacht” op. 35 Largo e maestoso — Lento — Allegro non troppo Lento — Andantino — Allegro molto Andantino quasi allegretto Allegro molto Solovioline: Konzertmeister Walter Hartwich LÄSZLO MEZÖ wurde 1939 in Szeghalom (Ungarn) geboren. Seine ersten musikalischen Unterweisungen erhielt er als ICjähriger zunächst im Klavier- und Violinspiel. 1951 begann die systematische Ausbildung im Violoncellospiel. Von 1954 an studierte er an der Buda pester Bartok-Musikschule, und 1957 setzte er seine Studien als Schüler von Prof. Antal Friss an der Budapester Franz-Liszt- Hochschule im dritten Studien jahr fort. Im gleichen Jahr er rang er beim „Pablo-Casals- Diplom der Budapester Musikhoch schule. — Mit besonderer Liebe widmet sich Läszlo Mezö auch dem kammermusikalischen Spiel. Er gehört dem ehemaligen Komlos- und jetzigen Bartok-Quortett an, das beim Internationalen Haydn-Wettbewerb in Budapest 1959 den 2. Preis gewann. Beim Internationalen Violoncello- Wettbewerb „Pablo Casals" in Budapest 1963 erhielt der Künstler gemeinsam mit dem sowje tischen Cellisten Michail Chomitzer den 1. Preis und die Goldmedaille. Bereits 1960 belegte er beim Internationalen Dvoräk-Wettbewerb in Prag den 2. Platz und beim Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau 1962 den 4. Platz. In Helsinki errang er anläßlich der Weltfestspiele der Jugend 1962 die Goldmedaille. 1965/66 weilte er zu einem Studienaufenthalt in den USA. Als Solist der Ungarischen Notionalphilharmonie Budapest entfaltet der Künstler eine rege Konzerttätigkeit im In- und Ausland. Konzertreisen führten ihn u. a. in die Sowjet union, nach Rumänien, in die DDR, in die CSSR, nach Finnland, Österreich, Italien. An der Budapester Musikhochschule übt Läszlo Mezö neben seinen umfangreichen solistischen Auf gaben auch eine Lehrtätigkeit aus. Bei der Dresdner Philharmonie gastierte er erstmals im Jahre 1967. Anatoli Ljadow, Sohn eines Petersburger Komponisten und Dirigenten, stuaierte Musik unter Anleitung des Vaters sowie am Petersburger Konserva torium bei Rimski-Korsakow. Nach Beendigung seiner Ausbildung war er bis an sein Lebensende pädagogisch tätig. Zu seinen zahlreichen Schülern gehörten u. a. Assafjew, Mjaskowski und Prokofjew. Ljadow war der bedeutendste Vertreter der Schule Rimski-Korsakows. Die Ideen des „Mächtigen Häufleins" und die Berührung mit der russischen Folklore hatten entscheidenden Einfluß auf die schöpferische Entwicklung des Komponisten, dessen Begabung ihn als einen „großen Meister in kleinen Dingen" auswies. Bis 1900 komponierte er fast aus schließlich kleinere Werke für Klavier, um sich erst dann dem Orchesterschaffen zuzuwenden. Die sinfonischen Dichtungen „Baba-Jaga", „Der verzauberte See" und „Kikimora" steilen seine bekanntesten Arbeiten dar. Als Vorwurf für die sinfonische Miniatur „Kikimora" o p. 63, die 1910 ent stand, diente Ljadow eine russische Volkssage, die von Sacharow in den „Sagen des russischen Volkes" erzählt wird: „Es lebt, es wächst Kikimora bei einem Zauberer in den steinernen Bergen. Vom Morgen bis zum Abend vertreibt der Schlummerkater der Kikimora die Zeit und erzählt ihr Märchen von jenseits des Meeres. Vom Abend bis zum Morgengrauen wiegt er sie in einer kristallenen Wiege. Genau sieben Jahre lang wächst Kikimora. Sehr dünn, sehr schwarz ist sie, ihr Kopf ist ganz, ganz klein, wie ein Fingerhut, und ihr Rumpf ist von einem Strohhalm nicht zu unterscheiden. Es klopft, es klappert Kikimora vom Morgen bis zum Abend; es pfeift, es faucht Kikimora vom Abend bis zur Mitternacht; von Mitternacht bis zum Morgengrauen spinnt sie die hänfene Hede, windet das hänfene Garn, knüpft den seidenen Faden. Böses hat Kikimora mit der ganzen redlichen Welt im Sinn.“ Die zweiteilige Komposition Ljadows, ein Meisterwerk bildhafter, realistischer Programmusik aus dem stilistischen Umkreis des „Mächtigen Häufleins", beginnt mit einer langsamen Einleitung, die auf die schlafende Kikimora deutet (das Thema der „kristallenen Wiege“ spielt die Celesta). Nach einer Fermate folgt der Presto-Teil, in dem die schon erwachsene Kikimora dargestellt wird, „klopfend und klappernd vom Morgen bis zum Abend". Das den Kobold charak terisierende Thema ist vor allem durch den geheimnisvollen Klang zweier Oboen und eines Englischhorn sowie eine dynamisch anwachsende, unruhige Bewegung in den Violinen und Bratschen gekennzeichnet. Es trägt die gesamte musikalische Entwicklung des Stückes, das überaus farbig instrumentiert ist. Besonders die Blasinstrumente tragen wesentlich zur plastischen Darstellung der fantastischen Atmosphäre des Stückes bei. Dmitri S c h o s t a k o w i t s c h s 1. Cellokonzert op. 107 entstand 1959 und wurde von dem sowjetischen Meistercellisten Mstislaw Rostropowitsch urauf geführt, dem der Komponist auch das 1965 66 geschaffene 2. Cellokonzert o p. 126 zueignete, das heute seine Dresdner Erstaufführung erlebt. Dieses Werk gehört zu den schönsten und reifsten Schöpfungen des großen sowjetischen Komponisten. Noch durchsichtiger, noch kammermusikalischer als im 1. Cello konzert ist das Orchester behandelt, keine überflüssige Note stört das Gesamt bild, alles steht wohlüberlegt und -ausgewogen an seinem Platz; das virtuose und das emotionale Element durchdringen einander. Zu Beginn des ersten Satzes trägt das Solocello das Hauptthema vor, in dem besonders der viermal wiederkehrende Halbtonschritt as-g von Bedeutung ist: wie ein Leitmotiv zieht sich diese Halbtonfloskel durch das ganze Werk hin, und um den Tonalitätspol as-g kreist das ganze Stück. Dieser erste Satz ist ein großer Gesang des Cellos, unterbrochen von einem stark figurierten Mittelteil, in dem die Figuren des Soloinstrumentes hauptsächlich mit den Holzbläsern