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DRESDNER PHILHARMONIE Dienstag, den 14. Oktober 1969, 20 Uhr Mittwoch, den 15. Oktober 1969, 20 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 1. PHILHARMONISCHES KONZERT® Dirigent: Kurt Masur Solistin: Michele Boegner, Frankreich, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester A-Dur KV 488 1756-1791 Allegro Adagio Allegro assai PAUSE Anton Bruckner Sinfonie Nr. 7 E-Dur 1824-1890 Allegro moderato Adagio Scherzo (Sehr schnell) Finale (Bewegt, doch nicht schnell) M I C H t L E BOEGNER studierte am Pariser Konservatorium bei Marguerite Lang, W. Perlemuter und Jacques Fevrier. Ihre hervorragenden Studienergebnisse wurden wiederholt durch erste Preise für Klavierspiel und Kammermusikinterpretation ausgezeichnet. 17jährig ge wann sie den 2. Preis im Internationalen George-Enescu-Wettbewerb in Bukarest. Konzerte in vielen Ländern Europas und Amerikas mit namhaften Orchestern unter bedeutendsten Dirigen ten festigten den Ruf der jungen Künstlerin im In- und Ausland. Rundfunk-, Fernseh- und Schallplattenaufnahmen wurden vielerorts von ihr produziert. ZUR EINFÜHRUNG Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert A-Dur KV 4 88 ist in der Reihe seiner meist für den eigenen Bedarf komponierten Konzerte für dieses Instrument eines der bekanntesten und beliebtesten. Das am 2. März 1786 beendete Werk gehört zusammen mit den Konzerten Es-Dur KV 482 und c-Moll KV 491 zu einer Gruppe von drei Klavierkonzerten, die in den Wintermonaten 1785/86 für die musikalischen „Akademien" der Fastenzeit geschrieben, von der geistigen Atmosphäre geprägt sind, die die gleichzeitige Arbeit an „Figaros Hochzeit" umgibt. Diese Zeit der Entstehung, eine Zeit glücklichen Schaffens, in der Mozart große künstlerische und sogar auch einige materielle Erfolge ver zeichnen konnte, scheint gerade in dem liebenswürdig-heiteren, anmutig ver spielten A-Dur-Konzert unmittelbare Widerspiegelung gefunden zu haben. Die hier vorherrschende lichte, liebliche Grundstimmung wird bereits durch eine entsprechende Instrumentation unterstützt: Trompeten und Pauken fehlen, statt der herberen Oboen werden die weicher klingenden Klarinetten eingesetzt. Aber trotzdem sind auch in diesem Werk, das durch seine Einfachheit und leichte E gängigkeit dem Publikum ganz besonders entgegenkommt, Töne zarter Wehmut und Melancholie nicht zu überhören. Ein festlich-heiteres, gelöstes Musizieren von größter Klarheit und Schönheit, bezaubernder Leichtigkeit und Eleganz — nur gelegentlich von Andeutungen einer ernsteren Stimmung ein wenig getrübt — bestimmt den Charakter des ersten Satzes (Allegro). Der kurze langsame Mittelsatz in fis-Moll mit seinem elegischen Siciliano-Thema bildet einen ausgesprochenen Kontrast zu den bei den Ecksätzen; schmerzliche Klage, ja Resignation spricht aus der ergreifenden, verinnerlichten Haltung dieses wunderbar innigen, tief empfundenen Musik stückes. Im Finalrondo (Allegro assai) dominieren dann wieder sonnigste Heiterkeit, liebenswürdige Ausgelassenheit — alle Bedrängnis der Seele wird gelöst und überwunden. Von zahllosen geistreich-witzigen Einfällen nur so funkelnd, beschließt der graziöse, helle Satz in virtuoser Brillanz das Konzert. Die Musikgeschichte nennt Anton Bruckner mit Recht einen Sinfoniker, „nicht, weil er im wesentlichen Sinfonien geschrieben hat oder weil er mit der Zahl neun in Beethovens Nachbarschaft steht, sondern weil er in dieser Form sein Gültiges so ausgesagt hat, daß wir es aus der Entwicklungsgeschichte der Sinfonie nicht mehr wegdenken können. Bruckner hatte unablässig gelernt, geübt und ausgeübt, das letztere nicht wie ein Instrumentalsolist oder Dirigent auf breiter Basis, sondern auf der Orgelbank. Er hatte musikalisches Kapital in kleiner Münze angehäuft, aber nicht, um es wie ein Geizhals zu horten, sondern um Zinsen daraus zu schlagen zu gegebener Zeit. Er war, als er die Reihe sei. ner Sinfonien begann, weder ein Mann der kühlen Berechnung, der sich etw^ gesagt hätte, dies oder jenes verlangt die Gegenwart, noch war er einer, der in blinder Vermessenheit nach den Sternen griff, sondern das Große, hier die Sin fonie, war ihm gerade groß genug, um es auf seine Art zu füllen, zu erfüllen" (M. Dehnert). Berechtigt weist Friedrich Blume darauf hin, daß Bruckners Welt anschauung von einer Reihe elementarer Gegensatzpaare bestimmt ist: „Gott und Teufel, Leben und Tod, Gut und Böse, Seligkeit und Verdammnis, Licht und Finsternis, Niederlage und Sieg sind die Welt, in der er lebt." „Das ist auch die Welt, die in Bruckners Musik dargestellt ist. Um seine Vorstellungswelt sinn fällig, bildhaft darzustellen, hat Bruckner eine Tonsprache von großer Eindring lichkeit entwickelt. Man hat in der Beschreibung der Brucknerschen Tonsprache ihre Abhängigkeit von Richard Wagner oft über Gebühr betont. Nur in seiner Harmonik zeigt Bruckner Wagnersche Einflüsse. Seine Melodik kommt weit eher aus der Tradition Beethovens und Schuberts. Aber auch der Einfluß Bachs ist in