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einem chromatischen Lauf setzt wirkungsvoll der Solopart ein, mit dem variierten Haupt thema in das Geschehen eingreifend. Nun entwickelt sich in dem großartigen Durch führungsteil ein an dramatischen Auseinandersetzungen, an kühnen Ideen, an immer neuen thematischen und stimmungsmäßigen Gestaltungen und an wunderbaren Schön heiten überreicher Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester. Da der Klavierpart das virtuose Element während des Satzablaufs im Dienste der Ausdruckssteigerung bereits in sehr bedeutendem Maße einbezieht, hat Beethoven in diesem Konzert auf die übliche große Solokadenz vor Schluß des ersten Satzes verzichtet. Dennoch wird dem Soloklavier in der abschließenden glanzvollen Coda in organischer Verbindung mit dem Orchesterpart noch einmal Gelegenheit zu virtuosem Brillieren gegeben. Der zarte zweite Satz (Adagio un poco mosso) bildet in seiner besinnlichen Innigkeit einen starken Kontrast zu dem vorangegangenen. Sein feierliches, ergreifendes Lied thema, zunächst in edler Harmonisierung von den Streichern musiziert, wird vom Solo instrument im Verlaufe des ziemlich kurzen Satzes in Figurationen aus perlenden Triolen- ketten, Terzen- und Sextenpassagen sanft umspielt. Aus dieser träumerischen Stimmung erfolgt unmittelbar der Übergang in das Finalrondo, wobei am Ende des Adagios durch das Soloklavier bereits ganz leise das Anfangsmotiv des Rondothemas vorausgenommen wird, mit dem dann im Allegrotempo der geistvolle, sprühende Schlußsatz beginnt. Eine äußerst feine thematische Arbeit voll der verschieden sten Ausdeutungen und Kombinationen kennzeichnet dieses schwungvolle Finale, dessen musikalische Substanz neben einigen Scitenthemen im wesentlichen das tänzerische, durch eigenartige Verschmelzung zwei- und dreigeteilter Rhythmen gleichsam widerspenstig wirkende Anfangsthema, ein daran anschließendes Motiv mit punktiertem Rhythmus so wie ein lyrisches, gcsangvolles Thema bilden. Nach einem Duo zwischen dem scheinbar immer mehr ermattenden und fast verlöschenden Klavier und der ständig leise das punktierte Motiv wiederholenden Pauke schließt das Konzert nach einem plötzlichen Aufschwung des Soloinstrumcntes endlich doch wieder in jubelndem Tutti. Die Werke des französischen Komponisten Cesar Franck - u. a. Oratorium „Les Beati- tudes“ (Die Seligpreisungen), Sinfonie d-Moll, Sinfonische Variationen für Klavier und Orchester, Sinfonische Dichtung „Psyche“, Klavierquintett f-Moll, Streichquartett D-Dur, Violinsonate A-Dur, Präludium, Choral und Fuge für Klavier, zahlreiche weitere Orgel- und Kammermusikwerke - errangen fast ausnahmslos erst nach dem Tode des Komponisten Anerkennung und Erfolg; zu seinen Lebzeiten waren ihm und seinem reich haltigen, vielseitigen Schaffen wenig Glück beschieden, seine Kompositionen vermochten sich nicht durchzusetzen. Franck, als Sohn eines wallonischen Vaters und einer deutschen Mutter 1822 in Lüttich geboren, kam früh nach Paris, wo er als Schüler des Konserva toriums zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen errang, die ihm später, als reifem Meister, versagt blieben. Jahrzehntelang lebte er als Musiklehrcr und Organist unter ärmlichen Verhältnissen in Paris, ehe er 1872 als Professor an das Konservatorium der Stadt berufen wurde und dort bis zu seinem Tode im Jahre 1890 tätig war. Einflüsse der Romantik und Spätromantik, insbesondere von Brahms, Liszt, Wagner und Berlioz, aber auch der französischen und deutschen Barockmusik (Rameau, Bach) wurden von seiner starken schöpferischen Persönlichkeit verarbeitet, verschmolzen im Werk des bedeutenden Komponisten in interessanter Verbindung zu einer cigengcprägten Tonsprache. Francks Sinfonie d-Moll, eines seiner wenigen Werke, die in Deutschland häufiger zu hören sind (obgleich seine Musik gerade durch die von Bach, Brahms und Wagner empfangenen Anregungen der deutschen keineswegs wesensfremd ist), wurde zwischen 1886 und 1888 komponiert und 1889 in Paris uraufgeführt. Die schöne und bedeutende, in ihrer Grundstimmung schwermütig-nachdenkliche Schöpfung, in einem typisch spät romantischen, farbig-weichen Ausdrucksstil gehalten, umschließt in ihrer weiten Gefühls spanne Empfindungen von zarter Innigkeit ebenso wie starke dramatische Ausbrüche. Deutlich wird der leidenschaftliche Kampf gegen Gefühle tragischer Einsamkeit und Zerrissenheit, das innere Streben nach Klarheit und Licht, nach Befreiung und Freude. Das dreisätzig angelegte Werk, dem ein langsamer Satz fehlt, gehört seinem formalen Aufbau und seiner thematischen Gliederung nach zur zyklischen Form; der Sinfonie wird durch die leitmotivartige Verwendung der Hauptthemen in allen drei Sätzen, das Auf greifen der einzelnen Themen in mannigfaltiger Beleuchtung, eine gedankliche und gcstaltungsmäßige Einheit verliehen. Von einem langsamen Abschnitt (Lento) wird der erste Satz eingeleitet, der durch einen häufigen Wechsel von Tonarten und Tempi charakterisiert wird und vorwiegend heftige, stürmische Gefühlsausbrüche, schmerzliche Spannungen zum Ausdruck bringt. Das melan cholische Hauptthema des Satzes, das bestimmend für dessen Verlauf wird, erklingt anfangs in Bratschen, Celli und Kontrabässen und wird im folgenden Allegro rhythmisch und in seinem Charakter verändert. Noch einmal schließt sich der Wechsel zwischen schwermütigem Lento und heftig-trotzigem Allegro an. Ein zweites, kantables Thema in Violinen und Holzbläsern bringt kaum Tröstung. Motive beider Themen werden in einem durchführungsartigen Teil verarbeitet. Obwohl cs am Ende des Satzes, an dem das Hauptthema noch einmal wuchtig im Orchestertutti ertönt, zu einem Dur-Ausklang kommt, wird die schmerzliche Ausgangsstimmung nicht überwunden. Nach einer kurzen Einführung durch Harfe und Streicher trägt das Englischhorn das melodische Hauptthema des zweiten Satzes (Allegro) vor. Klarinetten und Hörner, nach acht Takten durch die Flöte verstärkt, antworten ihm. Im Mittelteil des poetischen Satzes, der insgesamt heiterer und entspannter als der erste Satz angelegt ist, haben vor allem die Violinen eine führende Rolle inne. Hauptmotive der beiden anderen Sätze erscheinen wieder im Finalsatz (Allegro non troppo), der mit stürmischen Einleitungstakten einsetzt und den schließlichen Sieg über die - auch noch hier wieder wirksam wirkenden - tragischen Elemente des Werkes bringt. Neu treten zu den bereits bekannten, wieder auf gegriffenen Motiven noch das Kopfmotiv des Finales (Fagotte und Celli) sowie ein Seitenthema der Blechbläser. Hell und licht bietet sich endlich der überzeugend gestaltete, befreiende Ausklang der Sinfonie in feierlichen Klängen der Bläser, in prächtigen Klangfarben des vollen Orchesters dar. R VORANKÜNDIGUNG: 16. und 17. April 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 12. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Horst Förster Solist: Hans Richter-Haaser, Detmold (Klavier) Werke von Schönberg, Schumann und Brahms 30. April und 1. Mai 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 13. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kyrill Kondraschin, Sowjetunion Werke von Mendelssohn Bartholdy und Schostakowitsch Freier Kartenverkauf Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1965/66 - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster Redaktion: Dr. Dieter Hartwig Diuck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 39/34 III 9 5 1,5 466 It G 009/18/66 11. Außerordentliches Konzert 1965/66