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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H YGI E N E-M U S E U M Dienstag, den 16. November 1965, 19.30 Uhr Mittwoch, den 17. November 1965, 19.30 Uhr 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Paul Hindemith 1895 - 1963 Dirigent: Horst Förster Solistin: Kiyoko Tanaka, Japan Konzertmusik für Streichorchester und Blechbläser (Bostoner Sinfonie) op. 50 Erster Teil: Mäßig schnell, mit Kraft Sehr breit, aber stets fließend ZweiterTeil: Lebhaft Langsam Im ersten Zeitmaß (lebhaft) Anläßlich des 70. Geburtstages des Komponisten am 16. November Zum ersten Male Wolfgang Amadeus Mozart 1756 - 1791 Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467 Allegro Andante Allegro vivace assai Ludwig van Beethoven 1770 - 1827 4. Konzert für Klavier und Orchester G-Dur op. 58 Allegro moderato Andante con moto Rondo (Vivace) KIYOKO TANAKA wurde in Tokio geboren und studierte Musik bei Prof. Leonid Kreutzer und Frau Kassuko Yasukawa. 1949 errang sic den „Grand Prix“ im Mainichi-Wettbewerb für Pianisten. Bei Prof. Lazare Levy setzte sie 1950 am Nationalkonscrvatorium Paris ihr Studium fort und wurde dort bereits 1951 mit dem Ersten Preis ausgezeichnet. Kiyoko Tanaka, die sich auch dem Kammermusikspiel intensiv widmet, wurde Preisträgerin auf dem Internationalen Musikwettbewerb in Genf 1952, auf dem Internationalen Klavierwettbewcrb „Marguerite Long/JaquesThibaud“ 1953 und auf dem Internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau 1955. Seitdem begann für Kiyoko Tanaka eine glänzende Karriere. Konzertreisen führten die erfolgreiche japanische Künstlerin, die teils in Wien, teils in Tokio lebt, bisher nach Nordafrika, Spanien, Ungarn, Italien, Polen, in die Schweiz, nach Jugoslawien, Südamerika, in den Libanon, in die DDR und nach Westdeutschland. In ihrer Heimat erhielt sic den Maini chi-Musikprcis. ZUR EINFÜHRUNG Die musikgeschichtlichc Position und Leistung Paul Hindemiths, dieses im Dezember des Jahres 1963 68jährig leider bereits verstorbenen großen deutschen Repräsentanten der neuen Musik, ist heute längst nicht mehr umstritten. Von jugendlich-unbekümmer tem, spontanen Experimentieren führte sein Weg zur reifen, traditionsbewußten Meister schaft eines Komponisten von Weltgeltung. Das Streben nach Vereinfachung der musikalischen Struktur, nach Verinnerlichung des Ausdrucks kennzeichnet schon die meisten aus den 30er Jahren stammenden Kompositionen Hindemiths. Die auch „Bostoner Sinfonie“ genannte Konzertmusik für Streichorchester und Blech bläser op. 50 entstand 1930 für das fünfzigjährige Jubiläum des lange Jahre von Serge Kussewitzky geleiteten Bostoner Sinfonieorchesters (USA), das zu den besten Klang körpern der Welt gehört (Strawinsky komponierte aus diesem Anlaß die Psalmen-Sin- fonie und Honegger seine 1. Sinfonie). Das Werk ist zugleich die letzte Komposition, der Hindemith noch eine Opusziffer beigegeben hat. Es ist eigenartig instrumentiert: Einem Streichkörper stehen vier Hörner, vier Trompeten, drei Posaunen und Tuba gegenüber. Die Holzbläser und die gesamte Schlagzeuggruppe fehlen. Trotzdem ist die Konzertmusik eine der glanzvollsten Arbeiten Hindemiths, die an die Ausführenden höchste Anforderungen stellt - im ausdrucksvollen Vortrag von Soli, in der Ausführung von Staccati und in der Intonierung komplizierter Akkorde beispielsweise. Der besondere Reiz der Komposition ergibt sich also aus der konzertanten Gegenüberstellung klanglich scharf kontrastierender Klanggruppen, aber auch die kraftvolle und markante Thematik des Werkes ist imponierend, das sich formal in zwei Teile gliedert. Der erste Satz beginnt mit einem rhapsodischen, großangelegten Unisono-Thema der Trompeten und Posaunen, das zunächst von den Streichern umspielt, dann von ihnen breit ausgesungen wird. Ein zweites, kraftstrotzendes und rhythmisch klar gegliedertes Thema bringen die Blechbläser ins Spiel. Nach der Vereinigung beider Klangkörper spielen die Streicher und Hörner zum Abschluß, vom Blech im Ostinato rhythmisch akzentuiert, das rhapsodische Anfangsthema. Im zweiten Satz bestimmen vor allem die Streicher, teils flirrend, teils hymnisch, die furiose und fugierte Entwicklung über einen versonnenen, lyrischen Mittelteil hinweg bis zum stürmischen Schluß, in dem die Bläser die Oberhand über die Streicher gewinnen. Einen Monat nach dem berühmten d-Moll-Klavierkonzert KV 466, am 9. März 1785, voll endete Wolf gang Amadeus Mozart das Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467, das er am 10. März in einer seiner Akademien im Wiener Nationaltheater erstmalig vor trug. Gegenüber dem schwermütigen, bereits in romantische Ausdrucksbezirke vorstoßen den d-Moll-Konzert zeigt dieses Werk wieder eine ganz andere Grundhaltung: Kraftvolle Heiterkeit, festlicher Glanz und farbige Klangpracht dominieren hier. Dennoch blieb Mozart in dem besonders durch seine unerhörte Einfallsfülle bestechenden C-Dur-Konzert bei einer schon im vorangegangenen Konzert manifestierten ausgesprochen sinfonischen Gestaltungsweise. Der brillante, virtuos-elegante Klavierpart wie der vor allem durch mannigfache interessante Bläserwirkungen fesselnde Part des reich besetzten Orchesters