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Perlen der Celloliteratur, da es dem Solisten alles gibt, was er sich wün schen kann: ausdrucksvolle Kantilenen, einen mitreißenden rhythmischen Elan und technische Brillanz. Unter der Leitung des Komponisten erklang das Werk zum ersten Mal am 19. März 1896 in London mit dem englischen Cellisten Leo Stern als Solist, der das Konzert auch einen Monat später in Prag bekanntmachte. Der erste Satz (Allegro) beginnt mit einer längeren, ausdrucksvollen Orchestereinleitung, die das thematische Material vorstellt, namentlich die beiden führenden Themen: das besonders gelungene erste mit seinem heroisch-kraftvollen Charakter und das lyrische zweite, zunächst vom Wald horn angestimmte. Beide Themen werden danach auch vom Soloinstrument aufgegriffen. Der Aufbau des ganzen Satzes ist locker, fast rhapsodisch. Der zweite Satz (Adagio) ist eine der schönsten lyrischen Eingebungen Dvoraks. Das gesangvolle Thema erklingt zuerst in den Klarinetten, bevor es vom Solocello aufgegriffen wird. Der spannungsgeladene Mittelteil geht in eine Reminiszenz an Dvoraks Liedschaffen über. Der wirkungsvollste Teil des Konzerts ist fraglos das Finale (Allegro moderato) mit seiner Fülle von pathetischen, melancholischen und rhythmisch-zündenden Gedanken. Das Hauptthema drückt die Freude des Komponisten über die bevorste hende Rückkehr in die Heimat aus, das Soloinstrument führt die lapidare Melodie nach kurzem Orchestervorspiel vor. Seitenthemen unterstützen diesen Ausdrucksgedanken (u. a. ein Zwiegesang zwischen Solocello und Solovioline). Dann erklingen Motive aus den vorangegangenen Sätzen (Hauptthema des ersten Satzes, das Adagiothema) in träumerischer Hal tung, bis mit dem Hauptthema des Finales der jubelnde Ausklang des Wer kes herbeigeführt wird. Erst im reifen Alter von 43 Jahren, 1876, vollendete Johannes Brahms seine 1. Sinfonie c-Moll, op. 68, und schuf bereits 9 Jahre später seine vierte und letzte Sinfonie. Sein sinfonisches Schaffen umspannt also zeitlich ge rade ein Jahrzehnt. Aber welch eine Fülle herrlichster Musik, welch eine einzigartige Weite und Wärme musikalischen Ausdrucks verbirgt sich hin ter dieser nüchternen Feststellung. Brahms fiel die Auseinandersetzung mit der großen zyklischen Form des 19. Jahrhunderts nicht leicht (allein sein schmerzvolles Ringen um die 1. Sinfonie bestätigt dies: lag der erste Satz bereits 1862 vor, so konnte doch das gesamte Werk erst 14 Jahre später vollendet werden). Mit seiner ,,Ersten" lieferte der Komponist ein hervor ragendes Beispiel schöpferischer Aneignung der sinfonischen Tradition eines Beethoven (dessen „Fünfte" sie an Tiefe des Ausdrucks und Größe der Problemstellung verwandt ist), Schubert und Schumann. Von dem be rühmten Dirigenten Hans von Bülow stammt das bekannte Bonmot, das Brahmsens „Erste" Beethovens „Zehnte" genannt werden könne. Damit ist die musikgeschichtliche Stellung dieser Sinfonie als bedeutendster sinfoni scher Beitrag des 19. Jahrhunderts seit Beethoven klar umrissen. Und nichts anderes stellte auch der gefürchtete Wiener Kritiker Eduard Hanslick fest, als er nach der ersten Wiener Aufführung schrieb: „Mit den Worten, daß kein Komponist dem Stil des späteren Beethoven so nahegekommen sei wie Brahms in dem Finale der 1. Sinfonie, glaube ich keine paradoxe Behaup tung, sondern eine einfache Tatsache zu bezeichnen." Die am 4. November 1876 in Karlsruhe unter Max Desoff uraufgeführte Sinfonie beginnt mit einer langsamen Einleitung (Un poco sostenuto) von 37 Takten, die den thematischen Kern in sich trägt, aus dem der erste Satz hervorwächst: ein chromatisch eindrucksvolles Motiv, zu dem in den Bäs sen ein unerbittlich hämmernder Orgelpunkt ertönt. Quälende Unruhe, Gefahr, schmerzliches Leid drückt die Einleitung aus. Das anschließende Allegro begehrt trotzig gegen diese Stimmung auf. Aber das chromatische Motiv, dem auch das zweite Thema (in der Oboe) unterliegt, löst ein leiden schaftliches Ringen aus, das in der Durchführung seine Höhepunkte erfährt. Mit dem Kopfmotiv der Einleitung kündigt sich die Coda an. Die verzwei felte Spannung löst sich trostvoll in C-Dur. Eine zwingende einheitliche thematische Gestaltung besitzt der zweite Satz (Andante sostenuto) mit seinem trostvoll innigen Hauptthema, das die Vio linen, von den Fagotten unterstützt, anstimmen. Mehr elegischen, klagenden Charakter hat das Nebenthema cis-Moll der Holzbläser. Im Mittelteil wech seln sich Oboe, Klarinette, Celli und Kontrabässe konzertant in der Führung ab. In der Reprise greift die Solovioline den zweiten Teil des Haupt themas auf. Die verhaltene Heiterkeit des dritten Satzes (Un poco AUegretto e grazioso) läßt Hoffnung schöpfen, daß die düsteren Kräfte und Gedanken überwunden werden können. Holzbläser führen die Motive dieses Satzes ein (die Klari netten das wiegende, herzliche Flauptthema). Humorvoll musizieren Bläser und Streicher im H-Dur-Trio gegeneinander. Mit Recht hat man das Finale dieser Sinfonie als den gewaltigsten Sinfonie satz seit Beethoven bezeichnet. Drei tempomäßig unterschiedliche Teile geben die äußere Gliederung. Der Satz beginnt mit einer Adagio-Einleitung, die der des ersten Satzes ähnlich ist. Zunächst erklingt ein chromatisch schmerzliches Motiv, das in eine drohende, unheilvolle Stimmung hinüber geführt wird (synkopische Pizzicato-Steigerungen, verzweifelte Bläserrufe, erregte Streicherfiguren). Da ertönt plötzlich — nach einem Paukenwirbel —• ein seelen- und friedvolles Hornthema (Piü Andante), das an Webers Freischütz-Ouvertüre und Schuberts große C-Dur-Sinfonie erinnert. Danach beginnt der dritte Teil des Finales (Allegro non troppo, ma con brio) mit seinem weitläufigen, jubelnden Marschthema in vollem Streicherklang, das teilweise an den Freudenhymnus von Beethovens 9. Sinfonie gemahnt. Nun erfolgt der Durchbruch zu optimistischer Haltung; die dunklen Kräfte wer den bezwungen. Neben dem innigen zweiten G-Dur-Thema und dem aktiv drängenden dritten Thema kehren auch die anderen thematischen Gestal tungen des Satzes wieder und beteiligen sich an der stürmischen Durch führung. Den hymnischen Ausklang dieser einzigartigen Sinfonie bringt das Piü Allegro. Dr. Dieter Härtwig Vorankündigung: Nächste Konzerte im Anrecht A 20., 21. und 22. März 1964, jeweils 19.30 Uhr Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr: Reinhard Schau Steinsaal Deutsches Hygiene-Museum Dienstag, 3. März 1964, 19.30 Uhr 3. Kammermusikabend der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Anrecht D und Freiverkauf B E ETHOVEN-AB E l\ I) III 9 14 EMZ 164 2 It-G 009/13/64