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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM ZUR EINFÜHRUNG Freitag, 15. März 1963, 19.30 Uhr Sonnabend, 16. März 1963, 19.30 Uhr Sonntag, 17. März 1963, 19.30 Uhr 8. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Dieter-Gerhardt Worm Ö Solistin: Annerose Schmidt, Leipzig Robert Schumann Ouvertüre, Scherzo und Finale op, 52 1810-1856 Siegfried Kurz geb. 1930 1. Sinfonie Ruhig - Allegro Ruhig Lebhaft (Dirigent: Der Komponist) PAUSE Ludwig van Beethoven 1770-182? Konzert für Klavier und Orchester B-Dur op. 19 Allegro con brio Adagio Rondo (Allegro molto) Variationen über ein Thema von Haydn op. 56 a Johannes Brahms 1833-1897 A.nnerose Schmidt, Leipgig Zu Beginn des heutigen Konzertes erklingt Robert Schumanns Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52. Dieses Opus, manchmal auch als „Sinfonietta“ bezeichnet, stammt aus dem „Sinfoniejahr“ des Komponisten, in dem er auch die erste Sinfonie und die Erstfassung der späteren Vierten schrieb. Mit dieser gemeinsam kam es am 6. Dezember 1841 zur Uraufführung. Später arbeitete Schumann den letzten Satz noch um. Das Werk stellt eine Auseinandersetzung mit der Sinfonik dar, ohne allerdings den musikalischen Reichtum der Sinfonien zu erreichen. Thematisch ist die kleine Komposition recht harmlos und simpel gehalten, offenbart aber in den lyrischen Episoden echt Schumannsche Kantabilität. Gleich der Anfang der Ouvertüre gibt davon Zeugnis. Abwech selnd spannen Oboen und Violinen einen weiten Molodienbogen, ehe das Allegro daherkommt. In diesem manchmal fast heroischen Teil hat aber auch das kantable Anfangsthema seinen Platz, dem veränderten Tempo seinen Charakter anpassend. Das Scherzo ist auf einem durchgehenden punktierten Rhythmus aufgebaut, der dem in cis-Moll gehaltenen Satz ein straffes und markantes Gepräge gibt. Ein Des-Dur-Trio folgt, zart in seinem Charakter. Holzbläserchor und Streicher wechseln sich beim Vortrag der lichten Melodie ab. Nach der Wiederholung des Scherzos erklingt die Trioweise noch einmal, im Pianissimo versinkend, wobei sich der markante Rhythmus des Scherzos in den Schluß hineinmischt. Mit zwei fanfarenartigen Rufen wird das Finale (Allegro molto vivace) eröffnet. Dann setzt das kraftvolle Thema ein, das den Charakter des strahlenden, aufwärtsstrebenden Schlußsatzes bestimmt. Siegfried Kurz, 1930 geboren, zur jungen Komponistengeneration unserer Republik gehörend, als Kapellmeister an der Dresdner Staatsoper tätig, bis vor einigen Jahren Leiter der Schauspiel musik am Staatstheater Dresden, hat mit einer Reihe von Werken bedeutende Erfolge ernten können. Neben seinen Schauspielmusiken sind es vor allem die Konzertante Musik für Orchester, das Trompetenkonzert, das Violinkonzert und seine erste Sinfonie, die viel Beachtung fanden und als unverwechselbarer Beitrag des Komponisten zur zeitgenössischen Orchestermusik gelten können. Sind es auf der einen Seite der musikantische Schwung, das erregende Moment einer eigenwilligen Rhythmik und formale Klarheit seiner Werke, so fesseln andererseits die geistige Vertiefung, kontrapunktische Durchdringung und gedankliche Konzentration, die der Komponist seinen Werken in zunehmendem Maße zuteil werden läßt. Ein deutliches Beispiel dafür bildet die erste Sinfonie, die im Januar 1959 durch die Berliner Staatskapelle zur Uraufführung gelangte. In dem dreisätzigen Werk wendet Kurz in recht konsequenter Weise die Zwölftontechnik an und liefert mit seiner Komposition einen überzeugenden Beweis dafür, daß diese Technik bei musizier freudiger Grundhaltung des jeweiligen Komponisten durchaus keine Einengung der thematischen Entwicklung zur Folge haben muß. Im Gegenteil: Die Strenge des thematischen Vorwurfs reizt zur Farbigkeit der Veränderung, zur Vielfältigkeit der Modifikation, garantiert dabei aber große Konzentration und innere Geschlossenheit. Vorsichtig wird in der langsamen Einleitung des ersten Satzes - Ruhig - das Zwölftonthema von Celli und Kontrabässen eingeführt. Die Reihe entwickelt sich erst bis zum sechsten, dann bis zum zehnten Ton und erklingt erst dann vollständig. Zwischen den einzelnen Anläufen jeweils steht ein schwingender Gedanke, von den Holzbläsern einzeln vorgetragen. In allmählicher Beschleunigung treten die anderen Streicher fugiert in das Haupt thema ein, bis das Grundtempo des Satzes - Allegro - erreicht ist. In rhythmisch veränderter Gestalt bringen die Bratschen die Grundreihe in originaler und umgekehrter Richtung und leiten damit die Vielzahl der Veränderungen der Reihe ein, die von nun an das Gesicht des Satzes bestimmen. Gemäß dem Charakter der einzelnen Episoden, die nie aphoristisch nebeneinander stehen, sondern sich in logischer Konsequenz ergeben, wechselt die rhythmische und instrumenta torische Gestalt der Reihe, entwickeln sich auch Abweichungen des Grundtempos. In klarer for maler Gliederung entsteht die Reprise. Im Pizzikato der tiefen Streicher erlischt die Reihe am Schluß des Satzes. Den ausdrucksvollen zweiten Satz - Ruhig - eröffnen gedämpfte Celli mit einer periodisch aufgebauten Zwölftonreihe in Grundgestalt und Umkehrung. Nachdem sich das Thema dem ganzen Orchester erschlossen hat, fällt eine kantable Hornepisode auf. Dann ertönt auch das schwingende Thema aus der langsamen Einleitung des ersten Satzes und leitet eine große Steige rung ein. Zu zwei Soloviolinen tritt der zarte Klang der Celesta, dann verleiht das Tutti-Orchester dem Thema hymnische Züge. Über achtfach geteiltem Violinchor bläst die Oboe noch einmal das zart schwingende Thema, ehe der Satz im Pianissimo verhaucht. Markant leiten Violinquinten den dritten Satz - Lebhaft - ein, bevor das recht frei zwölftönig konzipierte Hauptthema dar gebracht wird. Gerade dieser letzte Satz offenbart die lebendige Symbiose, zu der sich die dem