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Johannes Paul Thilman SINFONISCHER PROLOG op. 94 Was lag näher, als vor der Dresdner Philharmonie anläßlich ihres 90jährigen Be stehens eine Verbeugung vor ihrem augenblicklichen Können, das sie in die Welt klasse einordnet und das sie sich in den nächsten hundert Jahren erhalten möge, zu machen? Also wollte ich ein Werk liefern (die Dresdner Philharmonie bestellte es liebenswürdigerweise bei mir), das die Vielfalt der Orchesterkultur zeigen sollte, das die einzelnen Klanggruppen herausstellen und auch den Solisten Gelegenheit geben sollte, sich zu zeigen — und das natürlich auch der feierlichen Gelegenheit des Jubiläums angemessen wäre. Die breite Einleitung soll einstimmen, drum Fanfarenmotive zu Beginn, drum auch der Einsatz des gesamten Orchesters (mit Englischhorn und Baßklarinette), um gewissermaßen zu sagen: „Seht, wir sind’s 1‘ Der nun folgende lebhafte Teil hat virtuosen Charakter, damit die Spieler (die Kammervirtuosen und Kammermusiker) auch nach dieser Seite hin befriedigt werden können. Es folgt ein langsamer Teil, der hauptsächlich der Streichergruppe zur Tonentfaltung und Ausdrucksgestaltung dienen soll, worauf abschließend ein lebhafter Teil wieder alle Gruppen zusammenfaßt. Also nur ein Werk für das Orchester, nur, um ihm Material zum Brillieren und zum Auftreten zu geben? Natürlich nicht! Das Jahr 1960 spielt selbstverständlich eine bedeutende Rolle. Der Sinfonische Prolog ist auch ein Werk für die Hörer von heute (hoffentlich auch für die von morgen!) aus unserer heutigen Zeit heraus. Das verdeutlicht wohl am besten der Schluß, der sich in ein ganz offenes F-Dur hineinbegibt, damit die Hoffnung andeutend, die das politisch so wichtige Jahr 1960 für die Menschheit insgesamt und für unsre sozialistische Entwicklung insbesondere bedeutet. Mit seinen Klängen soll das Werk auch für den Frieden werben und kämpfen, der allein das Bestehen der Kultur garantieren wird. Und in dieser hoffentlich friedliebenden Welt soll die Dresdner Philharmonie weiterhin in der Reihe des Kulturvermittlers mit an erster Stelle stehen. J. P. Thilman Fidelio F. Finke MARSCH DER FRIEDENSKÄMPFER Um welche Aussage es mir in der Musik geht, die ich zur 90-Jahr-Feier unserer „Philharmoniker“ schrieb, das verrät schon der Titel. Der Kampf für den Frieden ist zunächst doch eben ein Kampf und keine Idylle und kein Hymnus. Die Gewißheit unseres Endsieges aber gibt uns frohe Zuversicht und die unbeschreibliche Vision des ewigen Friedens. Da es sich um einen sinfonischen Marsch handelt, sei noch gesagt, daß eine Art Rondoform mit besonders hervortretender Coda verwendet wird. Johann Nepomuk David S PI E G E L KA BIN ETT Das „Spiegelkabinett“ ist als Walzer der Form nach keinesfalls neu. Nur die Faktur ist so, daß sich ohne weiteres der Titel „Spiegelkabinett“ aufdrängt. Das Thema ist — tonal — so veranlagt, daß es zwanglos in allen Lesarten einen musikalischen Sinn ergibt: die gerade Gestalt, die vertikal umgekehrte Gestalt, die .. Jiptes Hauses verlor das Das Geiverbehaus in der Ostra-Allee. Mit der Zerstörung dieses Orchester sein Heim und den gesamten Fundus. Gerade in Krebsform und die Ungerade in Krebsform ergeben vier Themen formen, die bei jeweils neuer rhythmischer Ordnung einen anderen Charakter an nehmen: vier Themen — vier Walzer-Sätze — in denen die beschriebenen Thema formen nochmals in der jeweiligen Anpassung des hauptsächlich behandelten Themas wieder wie in spiegelnder Brechung wie durch einen Hohlspiegel oder durch einen Zerrspiegel, mitunter auch durch einen normal reflektierenden Spiegel die Themenindividualitäten wiedergeben. Nachdem aber der Satz — etwa der vier stimmige Satz — so gebaut ist, daß auch die Nebenstimmen nur vom Thema oder seinen Umkehrungen gebildet und abhängig sind, so ist wohl der Walzer in seiner Benennung als „Spiegelkabinett“ nicht als Programm-Musik zu verstehen, sondern eine faktische Bezeichnung seiner musikalischen Existenz. J. N. David