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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H YGI ENE- MUS EUM Mittwoch, den 25. Mai 1960, 19.30 Uhr OJNDERKONZERT für den VEB Transformatoren- und Röntgenwerk SIEC DIRIGENT IFRIED GEISSLER SPRECHER SIEGFRIED BLÜTCHEN Staatsoper Dresden Franz Schubert (1797—1828) Sinfonie Nr. 8 h-Moll (Unvollendete) Allegro moderato Andante con moto Sergej Prokofjew (1891—1953) Peter und der Wolf op. 67 (Ein musikalisches Märchen) PAUSE Antonin Dvorak (1841—1904) Sinfonie Nr. 7 d-Moll op. 70 Allegro maestoso Poco Adagio Scherzo, Vivace Allegro Franz Schubert: 8. Sinfonie h-Moll Franz Schubert, der große unerreichte Meister des Liedes, ist auch in seinen Instru mentalwerken vor allem Lyriker. Seine achte Sinfonie, die „Unvollendete“ genannt, weil sie nur aus zwei Sätzen besteht, ist ein Lied in zwei Strophen, ein „Abgrund von Schwermut in zwei Sätzen“. Warum Schubert das Werk nicht vollendete, wissen wir nicht. Es sind Skizzen für ein Scherzo gefunden worden, die Schubert aber nicht ausgeführt hat. Vielleicht sah er sein Werk als „vollendet“ an. Vielleicht fürchtete er sich davor, nach dem himmlischen Gesang des langsamen Satzes noch eine Note zu schreiben. Er hatte mit ihm eine Treppe hinein in die überirdische Sphäre der reinen Schönheit gebaut . . . Man scheut sich, angesichts eines so seelenvollen Kunstwerkes von formalen Dingen wie Thema und Durchführung zu sprechen. Aber auch einer so nüchternen Betrachtung hält das Werk stand, das im ersten Satz die Sonatenform in klassischer Weise erfüllt: dem schwermütigen ersten Thema, dem sehnsuchts vollen Gesang von Klarinette und Oboe über den Sechzehnteln der Geigen steht das volksliedhafte, ländlerartige zweite Thema in den Celli entgegen, jene berühmte Melodie, die man einmal die „berühmteste der Welt“ genannt hat. Dr. Karl Laux Sergej Prokofjew „Peter und der Wolf“ ist eine musikalische Geschichte, ein Märchen für Kinder, das auch Erwachsene entzücken wird. Sergej Prokofjew läßt die Fabel erzählen und nimmt sie zum Anlaß, volkstümlich zu musizieren. Die Gestalten des Märchens wer den von Instrumenten charakterisiert, die auch thematisch viel über das Wesen aus sagen. Peters Thema liegt im Streichkörper, der Vogel wird von der Flöte vorge zwitschert, die Ente näselt und quäkt durch den Mund der Oboe, die Katze wird in ihrer samtweichen Eleganz von der tiefen Klarinette dargestellt, der Großvater, immer nörglig und mürrisch, spricht und zankt durch das tiefe Fagott, den Wolf verkörpern drei Hörner — und die Jäger „mit dem Schießgewehr“ erkennt man am knatternden Schlagzeug. Reizvoll die Möglichkeiten der musikalischen Verquickung dieser Leitmotive. Prokofjews großes handwerkliches Können kann sich darin aus- tun. Gepaart mit einer bezaubernden und erheiternden Phantasie schafft er ein Kunst werk, das in sich alle volkstümlichen Merkmale trägt, die etwa Walt Disney in seinen Mickymausfilmen in ähnlicher Weise gestaltet hat, aber auch die raffiniert-primi tive Kunst, wie sie Strawinski in der Geschichte vom Soldaten verwirklichte. Der Schlußmarsch hat etwas Zündendes an sich — und er ist doch nur ein Marsch in einem Märchen. Antonin Dvorak: 7. Sinfonie d-Moll Antonin Dvorak schrieb seine 7. Sinfonie in d-Moll, op. 70, in den Jahren 1884—85. Brahms hatte nach dem Bekanntwerden mit Dvoraks sechster Sinfonie in D-Dur an jenen geschrieben: „Ich denke mir Ihre Sinfonie noch ganz anders als diese.“ Diese Aufforderung setzte Dvorak in die Tat um. Er zitiert im ersten