Volltext Seite (XML)
Konzert auf einem ernsten Untergründe, der immer wieder in elegischen Episoden und leidenschaftbewegten Äußerungen spürbar wird; doch die angeborene Heiterkeit Mozartschen Wesens, die sich immer gegen den Druck der Armseligkeit und Dürftigkeit der äußeren Lebensumstände zur Wehr zu setzen suchte, weiß auch hier alles Häßliche und Dunkel-Leid volle der Welt in eine durch Anmut und Schönheit gebändigte Sprache zu kleiden und dem Werk im Rondoschlußsatz einen versöhnlichen und freien Ausklang zu sichern. So stehen sich in diesem Klavierkonzert frohe Laune und wehe Leidenschaftlichkeit, friedvolle Ergebenheit und schmerz liche Ausbrüche in vielfach fragmentarischer Äußerung schroff gegenüber. Auf einen Grundton ist sein erster Allegrosatz gestimmt, der sich ganz auf einem erhabenen Hauptthema aufbaut. Zarte Melancholie breitet sich über den langsamen Satz der Andante, einen ergreifenden Klagegesang in Moll, der bei allem melodischen Zauber von geheimnisvollem Ernst und tiefer Erregung widerhallt. Und selbst die ausgelassene Heiterkeit des abschlie ßenden Rondosatzes bleibt nicht ungetrübt und wird von einer Episode voll sehnsüchtiger Empfindung unterbrochen, bevor der Ausweg zu einer ungehemmten Lebensfreude endgültig gefunden und behauptet wird. L. v. Beethoven. Man spricht von der ,,Fünften“. Jeder weiß, d?ß da mit die 5. Sinfonie Ludwig van Beethovens gemeint ist, sein Opus 67 aus den Jahren 1807/08. Damit wird ausgesagt, daß dieses Werk in den geistigen Besitz aller Musikgebildeten, ja, darüber hinaus wohl in das Bil dungsgut des Abendlandes übergegangen ist. Diese c-moll-Sinfonie, die, nach einem eigenen Ausspruch Beethovens, der auf die 4 Einleitungstakte anspielt („So pocht das Schicksal an die Pforte“), auch die Schicksals sinfonie genannt wird, enthält allerdings auch einen Satz, den 1. nämlich', der wohl zum Geschlossensten gehört, was die Tonkunst bisher hervor gebracht hat. Diese Größe und Einheitlichkeit dieses erstaunlichen Satzes ist auf die enge Angleichung des thematischen Materials zurückzuführen, bei der sich von vornherein das 2. Thema den immerfort klopfenden Ach teln des Schicksalsthemas unterwirft. Goethe hat ausgerufen, als ihm der junge Mendelssohn diesen Satz vorspielte: „Das ist sehr groß, ganz toll, man möchte fürchten, das Haus fiele ein; und wenn das nun alle die Menschen zusammen spielen!“ Im Andante con moto variiert Beethoven mehrere Themen. Das erste ist das entscheidende Thema, die Bratschen und Celli tragen es vor. Manch mal hat dieser Satz eine Trauermarschstimmung, und bisweilen klopft in ihm drohend das Schicksalsmotiv des Beginns. Beethoven, der sich nicht gern in ausgefahrenen Geleisen bewegte, son dern der seit je eigene Wege ging, brachte in dieser Sinfonie eine Neue rung: Die Verbindung von Scherzo und Finale durch eine Überleitung, also die Zusammenfassung des 3. und 4. Satzes. Auch das Scherzo bringt, rhythmisch dem Dreivierteltakt angepaßt, das pochende Schicksalsmotiv. Sein Hauptthema jedoch, der gebrochene c-moll-Akkord, klingt stark an das Finale-Thema der g-moll-Sinfonie von Mozart an. Die Übeleilung zum Finale halten manche für eine der genialsten Eingebungen Beethovens. Busoni meinte, diese Stelle sei eine der wenigen, die wahre Musik zeigte, eine Musik, die nicht in Formen, Formeln und Schematas eingezwängt und erstarrt sei. Das Finale erfreut immer wieder durch seinen jubelnden, Optimismus. Die 4 Themen, die das gedankliche Gerüst dieses Satzes bilden, der in klarem C-dur geschrieben ist, sind diesem freudigen Cha rakter angepaßt. Ihr Bau ist so einfach, so schlicht, daß jeder Mensch sie begreift, sie versteht, von ihnen sofort angesprochen wird. Von hier ausj erklärt sich die weltumspannende Wirkung dieser Sinfonie, die die tiefsten Gedanken ausspricht und dennoch die breiteste, ja fast populärste Wir kung hervorruft. Johannes Paul Thilman. IV/10/23 Pz 5192/55 403 8381