Volltext Seite (XML)
Meister der Jahrhundertwende Gustav Mahler, Max Reger, Richard Strauß und Hans Pfitzner waren die bedeu tendsten Vertreter der Musik um 1900. Man nannte diese Richtung gern die „Mo derne“ und übertrug dabei eine Definition des bekannten Wiener Literaturkritikers Hermann Bahr von der Dichtung auf die Musik. Die „Zeit“ ist nicht spurlos an den Meistern der „Moderne“ vorübergegangen, und von den Kränzen unsterblichen Ruhmes ist manches Blatt schon verwelkt oder abgefallen. Noch immer leuchtet der Name des Klangzauberers und Orchestermagiers Richard Strauß hell und glänzend aus den Musikzentren der Welt, auch Reger ist mit vielen seiner Werke (vor allem auf dem Gebiete der Kirchenmusik) nicht mehr von unseren Programmen hinwegzudenken, Mahler lebt mit seinen Liedern und der einen oder anderen Sinfonie ein stilles „Dasein am Rande“ unserer schnellebigen Gegenwart, ganz still jedoch ist es um den großen Einsamen der Musik, um Hans Pfitzner geworden. Er stand zeit seines Lebens im Schatten seines umschwärmten Kollegen Richard Strauß, der mit leichter Hand seine Werke schuf, wie sie den Menschen des 20. Jahrhunderts gefielen. Pfitzner rang kompromißlos und mit fanatischer Ehrlich keit um jede einzelne Note, sein Streben und Denken war nach innen gewandt. Seine Musik drängte sich nicht auf, sie wirkte oft grüblerisch-versponnen, und der Hörer hatte es nicht immer leicht, zu dieser spannungsgeladenen Klangwelt einen Zugang zu finden. Bei aller Liebe zur Romantik erreichte der Meister in seinen Werken oft eine Aussage, die auf alles schmückende Beiwerk verzichtete und fast unsinnlich und asketisch anmutete. Pfitzners persönliches Bekenntnis zur Romantik blieb keine leere Formel, sondern wurde zur Tat! Er liebte die skurrile und phantastische Welt des Dichterkomponisten E. Th. A. Hoffmann, dessen Oper „Undine“ er der Ver gessenheit entreißen wollte, er bekannte sich zu den philosophischen Ideen Arthur Schopenhauers, zu Heinrich Marschner (von ihm bearbeitete er drei Opern), zu Robert Schumann, zu Eichendorff und Karl Löwe. Pfitzner, der 1869 in Moskau geboren wurde, als Operndirektor, Dirigent und Kom positionslehrer tätig war und 1949 verstarb, stand oft im Streit und Widerstreit der Meinungen. Oer Meister ging konsequent seinen selbstgewählten Weg, und es fehlte nicht an Schmähungen, Entstellungen und Verleumdungen seiner Feinde. Hans Joachim Moser erkannte die Bedeutung des Komponisten wohl am klarsten, wenn er in seinem neuen Musiklexikon (1951) schrieb: „Mag man in Pfitzner einen eigenwilligen Unzeitgemäßen sehen wollen, so vertritt er doch auch einen Ewigkeits anteil der deutschen Musik: die kompromißlose Ehrlichkeit eines auf sicherster Handwerksmeisterschaft stehenden Idealismus.“ Mit Serge Wassiljewitsch Rachmaninow tritt uns eine ganz andere Welt entgegen. Der bekannte, gefeierte Komponist und Klaviervirtuose wurde am 1. April 1873 in Onega (Gouvernement Nowgorod) geboren, studierte in Petersburg und Moskau bei Siloti, Tanejew und Arensky, lebte 1903 in Moskau, danach einige Jahre in Dresden, 1909/10 in den Vereinigten Staaten, 1912 als Kapellmeister an der kaiserlichen Oper in Moskau, 1924 wiederum in Dresden,bis er schließlich USA-Bürger wurde. Er starb am 28. März 1943 in Beverly Hills (Californien). Schon diese wenigen Daten zeigen, daß Rachmaninow ein „Mann von Welt“ war, ein reisender Virtuose, den es nie lange an einem festen Ort hielt. Ursprünglich war er nur Klaviervirtuose, später entdeckte er seine kompositorischen Fähigkeiten, entdeckte aber vor allem, daß seine Musik in allen Ländern der Welt rauschhaft und überschwenglich gefeiert wurde. Und so entstand eine Schöpfung nach der anderen. Zuerst war es die Oper,