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ZUR EINFÜHRUNG Das Violinkonzert in D-Dur op. 6i hat Lud wig van Beethoven 1806 komponiert. Mit vier leisen Paukenschlägen, die imVerlaufe zu motivischer Bedeutung heranwachsen, beginnt der erste Satz. Wie in einer Sinfonie stellt das Orchester den gesamten Themen- stofi auf. Die glanzvollen Hauptthemen sind zunächst der Oboe anvertraut. Erst nach beendeter Themenaufstellung beginnt die Sologeige: wie präludierend erklingen Ok tavengänge, Triolen und Sechzehntelfiguren, dann singt die Geige in hoher Lage die leicht verzierte Hauptmelodie. Die motivische Durchführung der Themen und des vier- tonigen Paukenmotivs liegt durchweg im Orchester. Über diesem klaren Stimmgewebe zieht die Geige in gebundenen Phantasien ihre beseelten gesangvollen Bogen. Von be sonders ergreifender Wirkung ist der Ein satz des zweiten Themas in der Geige nach der Kadenz. In dem kurzen Larghetto des zweiten Satzes beteiligt sich die Sologeige überhaupt nicht mehr an der Thematik des Orchesters. Innig ist die vom Streichquartett gesungene Weise, und beharrlich hält das Orchester diese friedvolle Stimmung bei. Doch wie verklärt und innerlich bewegt schwingt sich die Geige empor, trillert, glei tet leise dahin und stimmt nur einmal eine langsame, in ihrer edlen Schlichtheit er greifende Weise an. Wie zum Ausgleich für ihre „thematische Untätigkeit“ im Lar ghetto übernimmt die Sologeige im dritten Satz ganz allein die Festlegung des Themas. Ja sie wiederholt es noch einmal sehr zart in hoher Lage, bevor sich das Orchester des Themas bemächtigen darf. Der Beginn des Zwischenthemas liegt zwar im Tutti, doch den zweiten Teil führt eifrig die Sologeige * aus. In der Weiterführung des heitertreiben den Rondos werden der Violine spiel technisch nicht immer einfache, aber dankbare Auf gaben zugewiesen. Etwas überraschend der Schluß mit den verschwebenden Bläser akkorden und der wie hingewischten End figur. Karl Holler, geboren 1907 in Bamberg, jetzt Lehrer für Komposition an der Akade mie der Tonkunst in München als Nach folgerjoseph Haas’, dessen Schüler er früher war, hat sich mit seinem Opus 40 zum ersten Male der großen Form der Sinfonie zu gewandt. Mit mehreren Orchesterwerken (4 gregorianischen Hymnen, Frescobaldi- variationen usw.), mit verschiedenen Kon zerten (zwei Violoncello-Konzerten für Hoel- scher, zwei Violinkonzerten usw.) hat er sich einen sehr geachteten Namen geschaffen. Holler ist im Grunde seines Wesens ein Ro mantiker, der sein starkes, oft leidenschaft liches und von heftigen Erregungen er schüttertes Gefühl breit und ungehemmt ausströmen läßt, der also von sich kündet und mit seinen Werken eine innere Bio graphie seines Ichs gibt. Höller liebt den farbigen Orchesterklang, er ist ein großer Könner auf dem Gebiete der Instrumen tation, er hatgleichermaßen viel von Richard Strauß und Debussy gelernt. Auch seine Vorliebe für warmklingende Tonarten ist romantischen Ursprungs, so daß es nicht überrascht, daß er cis-Moll als Grundton- art dieser I. Sinfonie wählte. Überraschend allerdings ist der Aufbau des Werkes, das nicht, wie sonst bei Sinfonien viersätzig, sondern dreisätzig ist. Die drei Sätze er halten riesige Ausmaße, sie sind in ihrer Aus dehnung und Länge fast brucknerisch. Höller liebt es, einen Klanghintergrund zu schaffen, gleichsam einen Klangteppich zu weben, von dem sich seine ausdrucksstarken Melodien wie bunte, schöne Muster und Bilder abheben. Auffällig ist, daß sowohl der erste als auch der gefühlsgeladene lang same dritte Satz im leisesten Piano ver dämmern und verlöschen, während das leidenschaftliche unruhevolle Aufbegehren Kennzeichen des Mittelsatzes ist, der rauschhaft und feurig ausklingt. Die I. Sinfonie stellt ein bedeutendes Werk Karl Hollers dar; in ihr sammelt sich die Kraft romantischen Musizierens nochmals zu einem gültigen Ausdruck. Joh. Paul Thilman ie Kunst gehört dem Volke. Sie muß ihre tiefsten Wurzeln in den breiten, schaffenden Massen haben. Sie muß von diesen verstanden und geliebt werden. Sie muß in ihrem Denken, Fühlen und Wollen verbinden und emporheben. Sie muß Künstler in ihnen erwecken und entwickeln. Lenin im Gespräch mit Klara Zetkin