Volltext Seite (XML)
Über seine „Symphonischen Variationen für großes Orchester“ (Aufführungs dauer ca. 32 Minuten) schreibt der Komponist Wilhelm Petersen, der als Lehrer für Komposition an der Mannheimer Hochschule für Musik wirkt: Das Werk unterscheidet sich von Werken gleicher Gattung dadurch, daß die einzelnen Variationen nicht, wie meistens der Fall, für sich abgeschlossen und im losen Nacheinander gereiht sind, sondern entwicklungsmäßig ineinander übergehen. Vermittlungssätze ver binden die einzelnen Veränderungen, lassen ein Zeitmaß aus dem anderen hervorgehen, und meistens ist die jeweils folgende Variation in Motivik und Bewegung das Ergebnis der vorhergehenden. Indem mehrere Variationen ähnlicher Art zu einer Gruppe zusammengefaßt und, gliedert sich das Werk in drei Gruppen, die durch den Unterschied ihres Grundcharak- turs wie die Sätze einer Symphonie zueinander stehen. Oie erste Gruppe umfaßt die Variationen 1—7. Nachdem das Thema in seiner Grundform von den Bässen unisono vorgetragen ist, wird es in den ersten zwei Variationen als Passa- ca ■; La-Baß hü behalten, von wenigen solistischen Stimmen kontrapunktiert; erst mit der 3. Variation entfaltet sich ein reicheres Leben in Ausdruck und Bewegung. Mit der 4. Varia tion (Allegro moderato) rückt das leicht veränderte Thema in die Oberstimmen, von be wegten Mittel stimmen und ostinaten Bässen angetrieben; mit ihr kontrastiert die 5. Varia tion (meno mosso, grazioso), die sich über der Kernstimme im Horn mehr klanglich aus- i>r i*:et. Aus dem Überleitungsmotiv gestaltet sich die Bewegung der 6. Variation. Durch thematische Verschränkungen und Engführungen durchweg verdichtet, leiten sie zur 7. Variation über (Allegro risoluto), die bewegungshaft und motivisch die Impulse der vor hergehenden zusammenfaßt und in mächtiger Steigerung einem ersten Höhepunkt zudrängt, mit' dem die erste Gruppe schließt. Ein kurzes Rezitativ in den Solostreichern führt zur zweiten Gruppe der Variationen 8—11; durch gemeinsame Sphäre und inneren Fortgang verbunden, bilden sie innerhalb des Gesamtgefüges gewissermaßen den Adagioteil. Der Ausdruck tiefinnerer Versenkung, der die 8. Variation (Adagio con molta espressione) erfüllt, wird in der 9. Variation (poco piu moto) zunächst aufgelockert, um im weiteren Verlauf sich zu Spannungen harmonischer und kontrapunktischer Art zu verdichten. Hiernach bringt die 10.Variation (meno) mit den zarten Li lien solistischer Bläser und Streicher eine lyrische Entspannung, die sich erst gegen Ende mit leidenschaftlichem Ausdruck durchringt. Die 11. Variation (molto tranquillo) beginnt mit ausdrucksvollen Linien in den Streichern, wandelt sich zu zarter Bewegung und strebt einem ekstatischen Höhepunkt zu, um in die empfindungsgesättigte Stimmung des Anfangs zurückzumünden. Die Schlußkadenz, kurz anschwellend und abbrechend, leitet zur dritten Gruppe (Variationen 12—16). Sie bringt das rhythmisch-motorische Element zur Wirkung und ver körpert im Verhältnis zu den vorhergehenden Gruppen den Scherzoteil. Gestraffte Kraft gibt der 12. Variation ihre wuchtigen Akzente; sie wird von der schwebenden Klanglichkeit der 13. Variation (poco meno) wie von einem Seitensatz unterbrochen. Der rhythmische Im- pals, von der 14. Variation erneut aufgenommen, führt in unterschiedlichen Stufen zu einem Vorwärtsdrängen, aus dem die 15. Variation (Animato) hervorwächst. Sie besteht aus einem Fugato der Streicher, dem der Hauptgedanke in den Holzbläsern eingefügt ist, und steigert sich auf einem Orgelpunkt bis zum Eintritt der 16. Variation. Als Höhepunkt des Abschnittes faßt diese Variation (Allegro poco meno) die Bewegungsformen zusammen, die sich im Verlauf der vorhergehenden Veränderungen gebildet haben und haut der laufenden Bewegung das vergrößerte Hauptthema in den Blechbläsern als Grundstütze ein. Nach einer Zäsur bringt die 17. Variation (Sostenuto) das Thema choralartig-harmonisch in den Bläsern Das nun folgende Finale ist in der Art eines Ricercars gearbeitet. Nacheinander werden (’i.: Teilglieder des Themas kontrapunktisch durchgeführt in insgesamt fünf Abschnitten, d jren jeder vom verbreiterten Cantus firmus in den Blechbläsern beschlossen ist. So werden in verknüpfender Vielstimmigkeit alle Elemente, die sich aus den Wandlungen des Themas ergeben haben, zusammengefaßt, verdichtet und nach einer letzten Stauung auf dem „Nea politaner“ zum krönenden Abschluß gebracht.