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©er OTufiE freunb: ,,©a fang bocß i>ie junge 2BilheImine ®cßroeber=©eorienf bie fieonore?" ©er gacßmufiEer: „fTtein, bad war erß 1822, am 3. DloOember, unb biefen ©ag Faun man ald ben eigentlichen ©eburfdfag ber ©per begeicßnrn. ©d iß eine fcßöne gügung, baß biefe Äünßlerin eö war, bie ben tiefen ©inbruci auf IKicßarb ZSagner, ben geniatffen ®eefF)ODen=Seufer, gemacht hat.“ ©er jJltufiffrennb: „23on 3ltcßarb 2öagner flammt ja auch ber 2ludfprucß, bie fiebenfe Sinfonie fei eine ,2Ipofl)eofe bea ©anged'." Ser gacß mufiEe r: „Sa lohnt ßcß, 233agnerd wahrhaft .Elafßfcße* Sähe über baö 2BerE wicber einmal Dorguneßmcn. ßier habe ich f> e: -©einen ©ongeßalfen felbjl jene ©icßfigEeif, jene unmittelbar erfennbare finnlich ßcßere geßigEeit gu geben, wie er fi'e an ben ©rfcßeinungen ber DRafur gu fo befeligenbem ©roße mahrgenommen hafte, baö war bie liebeooüe Seele bed freubigen ©riebed, ber und bie über alled herrliche A»0ur= Sinfonie erfcßuf. 2lHer Ungejlüm, alled Sehnen unb ©oben bed Jjergend wirb hier gum wonnigen Ubermufe ber greubc, bie mit baccßantifcßer SlUmacßf und burcß alle Käume ber Dlafur, burch alle Ströme unb DIteere bed liebend ßinreißf, jaucßgenb felbß= bewußt überall, wohin mir im Eüßnen ©affe biefed menfchlichen Spßärenfanged treten, ©iefc Sinfonie ijl bie Slpotßeofe bed ©anged felbjl: fie ijl ber ©ang nach feinem höchflen 2Befen, bie feligjle ©af ber in ©önen gleichfam ibealifcß OerEörperfen ßeibedbemegung. DHelobie unb iparmonie fißließcn ßcß auf bem marfigen ©ebcine bed IHhot^rnuö wie gu feften menfchlichen ©eßalfen, bie halb mit riejlg gelenEen ©liebem, halb mit elajlifch garfer ©efcßmeibigEeit fcßlanE unb üppig fajl oor unferen 2tugcn ben Dlcigen fchliejjen, gu bem halb lieblich, halb Eüßn, halb ernfl, halb audgelaffen, halb finnig, halb jaucßgenb bie unßerblicße 2Beife fort unb fort fönt, bid im lebten ÜBirbel ber ßujl ein jubelnber Äug bie letzte Umarmung befcßließt . .." ©er OTufiEfreunb: „Dad finb wirElich herrliche Säße. 3lber wie ifl ed möglich, ben ©nßalf bed gweifen Saßed, ber hoch gar nichfd ©angerifcßed an unb in ßcß h“t. au f biefen ©cneralnenner gu bringen?" ©er gacßmufiEer: „©ad ijl ein ©inmanb, ber fleh hören lägt. fJlur ijl barauf gu erwibern, baß Ißagncr ja nicht ein ,f)rogramm* ber gangen Sinfonie geben wollte, baß er, wie Sie richtig fagen, nur ben ©eneralnenner angeben, bie ©bee bed 2BerEed be= geichnen wollte. ©er DHufiEfreunb: „3Uir Eommf ber langfame Saß immer wie ein ©rauermarfcß oor. ©in melamßolifcßed ©ebichf t>on iherbfi unb 2lbfcßieb unb ber großen ©infamEeit." ©er gacßmufiEer: „Sie treffen mit biefen 2Borfen ficher ben ©h ara Efer bed Sfücfed. 20erm Sie fleh auch öamif in ©egenfag jlellen gu ijinnd oon Sülom, ber bie ©erfaffer Don ,@inführungen‘ einmal aufgeforberf hat, fie follten ,bem £cfer (.jpörcr) ben alten 2Baßn mal grünblich eppellieren, baß ber gmeife Saß 2UIegrcffo ald eine 3Irf ©rauermarfch gu gelten habe." ©er OTufiEfrcunb: „3Mlom in allen ©hren. 2lber ba laffe ich mich nicht batcon abbringen." ©er gacßmufiEer: „DHan braucht ja nicht gu behaupten, baß 23eeff)Ot>en ben Sah ßcß ald ©rauermarfch gebachf h fl f. ZBahrfcßeinlicß waren für ihn rein Eompoßforißße ©rmägungen beßimmenb. ©ad ©efeß bed ©egenfahed oielleicßf ließ ihn gmijeßen ben oon Übermut unb liebendfreube fprühenben erßen Saß unb bad Scßergo, biefen wilben ©ang oon DXafurgeißern, Äobolben unb Ääugen, bem bann bad noch audgelaffenere, lußigcre, herbere ginalc folgt, biefen in ber Stimmung Eonfrüren, oerhalfenen, feßmer* müfigen Sah einfügen." ©er DKufiEfreunb: „gür mich iß biejer Sah außerbem bie Äompoßfion, in ber Seeffwoen ben Scßriff gur DlomanfiE tut unb grang Schubert bie Ipanb reießf. 23iel= leicßf iß aueß bad muß'Efacßlicß falfcß." ©ergacßmufiEer: „Selbß wenn ed bad wäre (wad noch nießt gefagt iß) — aueß in ber DllußE (unb gerabe ba) gilt ©oefßed 233orf: ,333enn ißr’d nießf füßlf, ißr werbef’d nießf erjagen*." X)r. Karl Laux.