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Hnton Bruckner. Äurjc biograpljt(d)c (Einführung. EJie granj Schubert, fo entflammt aud) Anton Brucfner bem öfterreidjifdjen ßehrerftanbe. 3n Ansfelben bei ßinj hat« ten Srofjoater unb Bater geroirft unb bort fam Anton Br. als Erftgeborener am 4. September 1824 jur Etelt. (Ein inne« rer Ejang jur SRufif mar frühe jü erfenncn. 1836 fd)on ftarb ihm ber Bater, eine SBitroe mit elf Kinbern, bei Jämmerlichen (Einfünften ^interlaffenb. Unter folgen Umftänben bebeutete es für Anton ein ®lücf, im nahen Stift „St. glorian" als Ka« peßfnabe aufgenommen ju roerben. Bier 3ahre oerbleibt er bort. Bon 1841 ift er auf fid) felbft angeroiefen. Bad) be« ftanbener Prüfung auf ber Bräparanbenanftalt roirb er Sdjulgehilfe in Söinbhag an ber UJialtfd), fpäter in Kronsborf bei (Enns. Spärlich finb feine Eintünfte, bebrücfenb ift feine Umgebung, mit eifernem Sleifje aber treibt er mufifalifche Stu« bien unb fucht (Erbauung im inbrünftigen (Bebete, wenn ihm bie BUberftänbe ber SBelt übermächtig roerben. 1845 rücft er unerroartet jum Organiften in „St. glorian" auf unb als er 1856 im Brobefpiel um bie Organiftenfteße am ßinjer ©om fiegreid) ift, Ijat er fid) enblid? foroeit empor gearbeitet, bafj er einen freieren Blicf für feine Umroelt betommt, oor allen ©in« gen aber 3 c ’t unb SRittel aufbringen fann für roeitere ernfte Stubien in Kontrapunft, (Eanon, guge, 3nftrumentationslehre ufro. Bis 1861 nertraut er fid, ber jähen Schule Sechters in Steen an. Als er oor bem bortigen Kollegium auserroählter SRufifer bie Reifeprüfung ablegt, erfennt Sjoffapellmeifter f) e r b e cf fofort bas Ueberragenbe in Brucfners Berfönlichfeit. „Er hätte uns prüfen füllen" fagte er. Bon Bebeutung für fein ferneres Beben ift feine erfte Begegnung mit Sßagner in SRün« chen 1865, gelegentlich jener benfroürbigen erften Triftan«Auf« führung. 1867 berief ^erbecf Anton Brucfner nach 2Bien als Drganift in bie 5)oftapeße unb erroirtte gleidjjeitig für ihn eine Brofeffur für Drgelfpiel unb Kompofitionslehre am Kon« feroatorium. Aeufjerlid) ging alles gut, fogar Konjertreifen nach Boris unb Bauet) unternahm er. Als er aber 1868 mit feiner erften Spmphonie in ßinj in bie Oeffentlichfeit trat, blieb ber Erfolg aus; größeres Unrecht rourbe ihm noch juteil, als er 1873 felbft feine 2. Spmphonie jur Uraufführung h cr± ausbrachte. 3m Hßiener ÜRufifuereinsfaale roar es. ©ort ent« flammte Ejaslicf jenen unfeligen Streit, in bem in Sutunft Brucfner nimmer roieber gegen Brahms ausgefpielt rourbe. 21m innerlichften roar Brucfner beglüdt, als Ridjarb Stegner bie SBibmung feiner 3. Symphonie annahm. Erft nach BJagners Tobe fanb Brucfner bie gebührenbe Beachtung ber mufifalifchen BJelt. ©irigenten roie Rififd) (ßeipjig), ßeoi (SRünchen), 5er binanb ßöroe (BJien) fetjten fid) für ihn ein. Run tarn es auch ju äufjeren Ehrungen. 1891 ernannte ihn bie BUener Unioerfi« tät jum Ehrenboftor. freilich trafen ben Rleifter folcfje beglüf« fenbe Stimmen in einer Seit, rob ihn fd)on Krantheit heimfuchte. Rach einer Aufführung feiner 8. Symphonie burch bie BUcnet Bhilhotmoniter, räumte ihm Kaifer granj 3ofeph eine E5oh« nung im Beloebere ein, bort tonnte er in Ruhe bie erften brei Sätje feiner 9ten beenben, jene Erfd)einung bes Unenblicheii im Ehblichen, bes (Söttlidjen in irbifdjer ©eftalt. 211s Brucfner am 11. Dttober 1896 ftarb, roufjte man, bafj noch eine 9. Sym« phonie erftanben roar. ©ie mufifalifche Oeffentlichteit nahm ju« nächft feinen Anteil, obwohl bas SRanuffript auf ber Sßiener ijofbibliothef jebem jugänglicf) roar. ©en Erfolg ber benfroür« bigen Aufführung pflüefte fjerbinanb ßöroe mit bem Drchefter bes BUener Konjertoereins am 11. fjebruar 1903. .fjunbertften ©eburtstag roollen roir nad)feiern. £>unbert 3ahre, roas brachte biefer Zeitraum! Eine namenlofe Summe non Sleifj, Arbeitsfraft unb Erfinbergeift ging hin — rooju? Um roas rourbe unfer ßeben bereichert? ©er BJelttrieg bewies es, lebiglicf) um Serftörungsmittel für fleib unb Seele, um bie alles je'rfeftenbe, jerfefeenbe Sioüifation. BJie tonnte bas mög« lieh fein! Es fehlte ber Slaubc an bie 3nnerlid)feit, bie Seele, es fehlte ber (Seift, bie führenbe, bas ßeben umfaffenbe 3bee, bie echte Kultur, ©er arme, einfame Brucfner, fo jioilifations« fremb aber fulturoertraut fang fo inbrünftig: „Non confundar in aeternum”, „Auf bich, 5)err, höbe id) geboffet, bu wirft mich nicht ju fdjanben werben laffen." Brucfner hatte bas, was jenem „inteßeftueßen" ©eutfchlanb fehlte — eine Beranterung mit ber Eroigfeit. ©u tnieteft einft, erhabener Rteifter, oor Ridjarb BJaqner. um bas Söttlidje in ihm anjubeten. BJir neigen uns heut ror bem Söttlidjen in bir, Anton Brucfner. „In te, domine speravi! Non confundar in aeternum!” Mlfreb fertig. * 4 * Bruckners 6in?ug in den IjimmeL Als Brucfner einft nollenbet feine Erbenreije, Unb oor bes Rimmels Bfcrte ftanb, in feiner Steife ©en Schlapphut in ber Ejanb, befcheiben, bemutsrrofl, tfreunb Betrus ju ihm trat unb fprad): „i)ör, was ich füll ©ir tünben, eh’ bein gufj bie Schwede überfrfjreitet ©es hehren Reichs, baoon auf Erben bu bereitet Ein tönenb Sinnbilb aßen benen, beren Ohren Solch Sottesbienft mit Sinn ju hören finb erforen: Sott, ber bein treues BJirten fah mit SJohlgefaden, ©ie ßobgefänge hörte, bie bu liefjeft fd)aßen, — 3hn jamerte gar oft bie fchroere, herbe Rot, ©ie Blenfchentälte beinern armen Ajerjen bot. ©er SRenfdjen, bie in beinen Eterfen — ihm fo recht — ÜRiBfannten fdjmählich feinen adertreuften Knecht; ©ie unoerftanben liefjen bich bem Obern (Sotts Entflammten, 3a ungehört fogar bein Stert oft gar oerbamuden: Aus ber ju tiefft bie Tiefe beiner Seele fpricht, ©ic Sinfonie — bein irbifch Ohr vernahm fie nicht. 3u flein ber SRcnfchen SJlafj für fold)en hohen Bau — 3u eng bie ©ome bort im niebern Erbengau. Run höre, wacfrer (Sottesftreiter, welches ffeft ©er Ejerr bem müben EJanbrer heut bereiten läßt: Etas ju gewaltig bu für irbfdjen Sinn getürmt, Ajas fprengenb aßen dRenfchenraum jum Ejimmel ftürmt — ©es Rimmels weite Kuppel nur ift nid)t ju enge, 3u faffen beiner Seele hehrfte {feiertlänge. So tritt, bu ©ottgefädiger, benn ein mit mir. Blicf um bich, fiehe rings bereit ift aßes hter, ©ie lieben Englein aß am ganjen Sirmamente Sie halten fd)on geftimmt bie ^immelsinftrumente. Sih nieber ohne Scheu, bas ÜBöltlein trägt bich fd)on, ©ie Erbenfchroere fiel uon bir ja ab, mein Sohn. Sih nieber, laufch bem Sphärenchor, unb höre fie, ©ic nie bir noch ertlang, — bie fünfte Sinfonie! ©r. o. Schud).