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„Du rief ft mich, fchöri Elsbe. Durch Sturm und hab’ich mich heimgefunden! (Not Wach auf, fchön Elsbe, bis über den Tod hält mich mein Schwur gebunden!" Schön Elsbe lächelnd die L.ider hebt, die Augen leuchten im Glücke, und leile von ihren Lippen bebt: „Ich wuhte, du kehrft mir zurücke! Küf> mich, Ralf Olvers, und küffe mich heil5, lali mich vergehn und frohlocken! Ralf Olvers, dein Mund ift kalt wie Eis!" — „Der Sturm treibt froftige Flocken!" „Ralf Olvers, dein Haar ift na^ und wirr!" „Die See ift darüber geflogen!" „Ralf Olvers, dein Blick ift verftört und irr!" „Ich Tah den Tod irr-den Wogen". „Nie Iaf5 ich dich wieder von mir gehn! Und wenn es gilt zu fahren, will ich an deiner Seite ftehn, das Ruder halten und wahren! Und fchäumt die See von Nord und Weft, und muh das Schiff ertrinken, mir ift nicht bang, hältft du mich feit, dah wir zufammen linken!" Sie Tchmiegt fich tief in feinen Arm, Ichwarz fegten die Wolken am Himmel lie fchlug um ihn den Mantel warm, weih rollte der Fluten Gewimmel. So fchritten fie langTam über den Deich durch Brandung, Watteis und Waken, und ftill an den Dailen lag nebelbleich das Schiff mit hängenden Laken. Mit fchlaffen Segeln luvte die Brigg nach Norden, dem Sturm entgegen, Itumm ftierte der Bliife müder Blick, wild raufchte der Schlohenregen, die Wimpel flaggten in den Sturm, die Wellen heulten wie Wölfe, und hoch und laut vom nahen T urm fchlug ralfelnd die Kirchuhr zwölfe. |ens Jebfen wollte in den Krug, gegen den Sturm er ftrebte, er fah des Schiffes gefpenTtifchen Flug und fchlug ein Kreuz und bebte. Ein Stern vom finftern Wolkenzelt ift tief im Meere verglommen, fo fuhr fchön Elsbe aus der Welt, ift niemals heimgekommen. DAS MEER D as ift das Meer! Wie grofs, wie weit; wie hoch der Himmelsbogen! Ein Schauer der Unendlichkeit weht auf den ewigen Wogen. Das ift das Meer! Wie feierlich! Ohn’Anfang, ohne Ende! In ftummer Andacht neig’ ich mich und falte meine Hände. D ie wallenden Wellen jagen wild hintereinander her; Tie braufen und jubeln und klagen weil^fchäumend über das Meer. Sife jagen einander und Ichieben fich tofend im falzigen Nafj: Die einen, von Liebe getrieben, die andern, empört von Hafj. Sie treiben es immer Ichlimmer, gedrängt von Wonne und Weh; doch fie erreichen lieh nimmer auf offener, hoher See. Sie jagen alle dem Lande, dem feften Lande zu. Erft wo Tie zerfchellen, am Strande, da finden lie alle Ruh. B lau leuchten die Flut und der Himmel droben. Weich r<himmert am fernen Meeresfaum ein Luftgebilde, aus Duft gewoben, hoch über dem weiten Wellenfchaum. Geheimnisvoll in der AbendTonne enttaucht das Bild der unendlichen Flut. O fiil^e Ahnung! O helle Welle! O Herz, wie wallft du in Rätfelglut. Das ift die Liebe. Heilige Liebe, du löfeft die Rätfel, du allein, o Liebe, du webft in das Sturmgetriebe hellltrahlenden, goldenen Sonnenfehein. Fata morgana. y