Volltext Seite (XML)
3. a) An die Leyer. Franz Schubert. Ich will von Atreus Söhnen, Von Kadmus will ich singen! Doch meine Saiten tönen Nur Liebe im Erklingen. Ich hatte eine Nachtigall, Die saug so schön, Sie ist davon geflogen Weit über Thal und Höh’n; Ich tauschte um die Saiten, Die Leyer möcht’ ich tauschen. Alciden’s Siegesschreiten Sollt’ ihrer Macht entrauschen. b) Verlust. Ich hatt’ ein junges Röselein, So frisch und klar, Es ist mir weggestohlen Derweil ich ferne war; Doch auch die Saiten tönen Nur Liebe im Erklingen. So lebt denn wohl, Heroen, Denn meine Saiten tönen, Statt Heldensang zu drohen, Nur Liebe im Erklingen. Anton Rubinstein. Ich hatte einen lieben Schatz, Mein Glück, mein Glanz! Sie ist davon gezogen, Trug einen Myrthenkranz! c) Junge Meine Liebe ist grün wie der Fliederbusch, Und mein Lieb ist schön wie die Sonne; Die glänzt wohl herab auf den Fliederbusch j Und füllt ihn mit Duft und mit Wonne. Lieder. Johannes Brahms. Meine Seele hat Schwingen der Nachtigall Und wiegt sich in blühendem Flieder Und jauchzet und singet vom Duft berauscht Viel liebestrunkene Lieder. J. v. Eichendorff. Schaust du mich .aus deinen Augen Lächelnd wie aus Himmeln an, Fühl’ ich wohl, dass keine Lippe Solche Sprache führen kann. 4. a) Der Blick. Könnte sie’s auch wörtlich sagen, Was dem Herzen tief entquillt, Still den Augen aufgetragen Wird es süsser nur erfüllt. Oskar Wermann. Und ich seh’ des Himmels Quelle, j Die mir lang verschlossen war, , Wie sie bricht in reinster Helle | Aus dem reinsten Augenpaar. Und ich öffne still im Herzen ] Und den Abgrund meiner Schmerzen Alles, alles diesem Blick, Füllt er strömend aus mit Glück. J. v. Eichendorff. Was giebt’s, dass vom Horste An der zackigen Kluft Der Adler schon steigt Und hängt überm Forste In der stillen Luft, Wenn alles noch schweigt? Ich hörte in Träumen Ein Bauschen gehn, b) Frühlingsahnen. Sah die Gipfel sich säumen Von allen Höh’n, — Ist’s ein Brand, ist’s die Sonne? Ich weiss es nicht, Aber ein Schauer voll Wonne Durch die Wälder bricht. Die gebunden da lauern, Sprengt Riegel und Gruft! Oskar Wermann. Du ahnend Schauern Der'Felsenkluft. Unsichtbar Ringen ln der stillen Luft, Du träumend Singen Im Morgenduft: Brecht auf, schon ruft Der webende, blaue Frühling durch’s Thal! Fr. v. Schiller. Nimmer, das glaubt mir, Erscheinen die Götter, Nimmer allein. Kaum, dass ich Bachus, den Lustigen, [habe, Kommt auch schon Amor, der lächelnde [Knabe, Phöbus, der Herrliche, findet sich ein. Sie nahen, sie kommen — Die Himmlischen alle, Mit Göttern erfüllt sich Die irdische Halle. 5. Dithyrambe. Sagt, wie bewirt’ ich, Der Erdegebome, Himmlischen Chor? Schenket mir euer unsterbliches Leben, Götter! Was kann euch der Sterbliche [geben ? Hebet zu eurem Olymp mich empor! Die Freude, sie wohnt nur In Jupiters Saale; 0 füllet mit Nektar. 0 reicht mir die Schale! Julius Rietz. Reich’ ihm die Schale! Schenke dem Dichter, Hebe, nur ein! Netz’ ihm die Augen mit himmlischem [Taue, Dass er den Styx, den verhassten, nicht [schaue, Einer der Unsern sich dünke zu sein. Sie rauschet, sie perlet, Die himmlische Quelle! Der Busen wird ruhig, Das Auge wird helle! DRUCK VON LIEPSCH J. REICNARDT IN DRESDEN.