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88. Jahrgang. As 307. Bezug«-vebü-r »terleltShrl. für D re den I>«I iSgltch zwet- m»It,»r ZuIkLiun, «an Sonn, und Monwgrn nur einmal) Pak» M., durch auewLriigeltom- milsionilre dt» »,dv M. Bei einmaliger Zu stellung durch die Post 8M.«oI»ne»,stellgeId>. «ualand: Oester. retch-Ungarn S.ea lir , Schweiz d.iib Frl,.. Italien 7,17 Lire. — Nachdruck nur mit deutlicher Ouellen. anaabe t„Dr«,dn»r Noqr.-jzulllstig. -lln- verlangi« Manustrtpi« werd.nichiauldewahrt. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Sammelnummer für sämtl. Telephonanschlüsse: 25241. Nachtanjchlnst: II. Donnerstag, V. November 1V13. 188H Druck und Verlag von Liepsch Lc Reichardt in Dresden, fone/snl- Ldoco/acke > /ksttm- ttocolslto-pee Tsfe/SSZ L/iocolscks 1 Kseso <4 kkz. Lore 2,40 Ifl. xee L-ekoci 2. S v. 4 jtt. sirm ik»in»t>meal«ie: Anzeigen-Taris. Annahme von A»Iün> digungen dis nachm 8 Uhr, Sonnlags nur Marienstraste 8« von ,Ib«e>„lUhr. Die einlpaiiige Zeile <eiwo 8 Silben» 8V Pi . di» »weisvailige Zeile ans I»,seile 7» Ps., die zweispaii. Nellamereii» I.b« M.. ganiiiien Nachrichten aus Dr«»> den die einspaii. Zeile 2b Ps. — In Nun,, mcrn nach Sann- und Feiertagen erhiihier Tarif. — Auswilriige Auliillge nur gegen Borausdezahlung. Jedes Beiegbiail lv Pf. tteeiel breirmz. vauptgrschSstüstelle: Marirnstrakze 28 40. Usirsncks dlsubsit! Umstour-Ptiotogirsptiio! OieLäner ^elä8clilö88clien-l^3§er bleibt unübertrosien! Qalsi'iS ^./^^nolcl Soliloss-Lli-Lsss 34. ^ei'clinancl Ooiseb. Wllll DMe ^ KM Hülle!' Litte verlangen Lie Sperial-Lroscliüre. Oskar Ookr, neben Lais Köniß. I'nalimra van l-cmsilM kiirmlil lmli Wittr lleiilieile» in Mulm«. engl, l L Utl,ll«kaL vu. ;I^ zM, Mg «mMM billige kieste. . ü. ll. Ü888K Ms.. ^ienKr. Ltz. ALir eikrgo Lefer. Mutmastlichc Witterung: Auffrischende Südwest winde, wechselnde Bewölkung, mild, vorwiegend trocken. Eine gestern abend im Anostcllnngspalastc abschaltene äustcrst zahlreich besuchte El e r s a m m l n n g der Bürger schaft sprach sich einstimmig sür die Errichtung einer' Universität in Dresden aus. Der König der Belgier ist gestern nachmittag zum Besuche des Kaiserpaareö in Potsdam eingctrosfen. König Ludwig III. von Bayern erliest aus Anlast seiner Thronbesteigung eine umfassende Am nestie. Tic Feststellung der A » s s ü h r u n g ö b e st i m in u n - gen zum W e h r b e i t r a g s g c s c tz begegnet dem Ver- nehmcn nach im Bundes rat erheblichen Schwierig keiten. Ter Reichstag wird »ach seinem Wiederzusammen tritt eine Reihe interessanter Interpellatio nen zu erledigen haben. Tic Mitgliederzahl der sozialdemokratischen P a r t?i v r g a n i i a t t v n in Ocstcrreich ist von 105524 auf 142 l>27, also nm 53 407, gesunken. Der Pariser Reise des russischen Ministerpräsi denten Kvkowzow wird von französischer Seite höchste Wichtigkeit bcigcmcssen. Tie 2lahl der französischen Marineoffiziere in den einzelnen Dienstzweigen must infolge des zunehmen den Mangels an Offizieren herabgesetzt werden. Präsident Wilson kündigte für den Fall, Vast Huerta nicht unverzüglich znrückteitt, ein Ultimatum und strengere Mast» ahmen an. Durch die Entgleisung eines Pcrsonenzugcs aus der Linie M v S k a n — K a s a n wurden 14 Personen getötet und 15 schwer verletzt. Zum Regierungsantritt König Ludwig» III. von Badern. Seit dem gestrigen Tage hat Bayern wieder einen regierungsfähigen König, einen Träger der Gewalt, der mit der tatsächlichen Machtfülle auch die formelle vereinigt. Tic Proklamation! die der Annahme des die Verfassung abänderndcn Gesetzes in der Abgeordnetenkammer und im RcichSrat unmittelbar gefolgt ist, eine Proklamation, die die Regentschaft sür beendigt und den Thron für erledigt erklärte, hat staatsrechtlich die Bedeutung, dast die Königs gewalt von dem geisteskranken König Otto auf seinen Vetter, den Prinzen Ludwig, ttbcrgegangen ist, dast Prinz Ludwig nunmehr als König Ludwig III. den Thron Bayerns einnimnit. Ta der Regent Wert darauf legte, die Krone kraft eigenen Rechts zu empfangen und das GottcSgnadentnm seines Königtums wie alle heute noch regierenden Fürsten zu betonen, haben alle nachfolgen den Akte nur noch nebensächliche, formelle Bedeutung. Das gilt sowohl von der Zustimmung des bayrischen Landtages zu den Gründen, die die bayrische Staatsrcgierung vcr- anlasttcn, die Regentschaft sür beendigt zn erklären, wie auch von der Eidesleistung des neuen Königs vor Staats- ministerium, Staatsrat und Landtagsdcputation und der in Aussicht genommenen Landeshuldigung in nächster Woche, wiewohl diese Akte aufs engste mit der Annahme der Köntgswllrde verbunden sind. Man kann im Zweifel darüber sein, ob es geschickt und klug ist und neuzeitlichen Verhältnissen entspricht, dast die Beendigung der Regent schaft fortan in Bayern lediglich in das souveräne Er messen des Regenten gestellt ist und dast die Gründe, die ihn zur Aufhebung der Regentschaft führen, dem Landtage nur „zur Zustimmung" anzuzetgen, also erst nach er folgter Proklamation mitzuteilcn sind. Der Regent wollte offenbar vermieden wissen, dast die Ucbertragung der Krone durch den Landtag erfolgt. Daher hat man den Aus weg gewählt, dast der Landtag nur von der Beendigung der Regentschaft benachrichtigt und nm seine Zustimmung angegangen wird. Das neue VerfassungSgcsctz gibt, das ist allerdings hierbei zn berücksichtigen, dem Regenten nur die Möglichkeit, die Regentschaft zu beendigen, cS zwingt ihn aber nicht dazu. Man kann dies auch so aufsassen, dast das freie Empfinden des Regenten mastgcbcnd sein sollte sür die Frage, ob die Regentschaft beendigt wird oder nicht. Der entscheidende Entschluss bleibt also sozusagen dem Gewissen des Regenten überlassen. Ter Regent wollte in seiner streng gewissenhaften Aussassung seine Nachfolger an der Regierung und etwaige zu künftige Regenten nicht binden, einen Entschlust zu sahen, den ihnen vielleicht ihr tiefstes und innerstes Emp finden verbieten. Eine solche Rücksichtnahme ehrt den neuen König. Sie bietet zugleich eine Gewähr dafür, dast zukünftige Regenten des -Hauses Wittelsbach nicht leichten Herzens zur Entthronung eines regierungsnnsähigen Königs, sollte je wieder dieser beklagenswerte Fall ein- trcten, schreiten werden. Sie ist auch zugleich geeignet, die Bedenken zu zerstreuen, die aus dem Umstande hergelcitcl werden können, dast der Landtag nicht selbst mit über die Beendigung der Regentschaft zu bestimmen hat. Die ein stimmige Annahme der Regcntschaftsvorlage im bayrischen Reichsrat und die fast einstimmige in der gcwist auf Wah rung ihrer Rechte bedachten zweiten bayrischen Kammer be weist. dast Bayerns Volk mit der Lösung der Frage fast durchgängig einverstanden ist. Mag man aber auch das eine oder andere an der Lösung der Frage auszusctzen haben, das eine ist gcwist: Bayerns Staat und Volk haben alle Veranlassung, zufrieden zu sein, dast nun die lange RegcntschastSzcit ein Ende hat, dast nach 27 Jahren endlich wieder ein wirklicher, ein regie rungsfähiger und kraftvoller König an der Spitze des Landes steht, der der Krone neuen Glanz und Schimmer ver leiht. Es liegt nun einmal in den Verhältnissen begründet, dast der monarchische Gedanke einen Unterschied zwischen dem rechtmähigen Träger der Krone und einem Stellvertreter macht. Wie ein trüber Schatten hat allezeit über dem Bauernlande die Regierung des geisteskranken Königs Otto gelagert, dessen verwüstendes Leiden nach menschlichem Er messen keine Aussicht aus Heilung, wohl aber ihrem In haber noch die Möglichkeit eines längeren Lebensabends lästt, und cs war auf die Tauer ein anormaler Zustand, dast im Namen dieses Königs Recht gesprochen, das bay rische Heer auf ihn vereidigt und die Münzen mit seinem ldeS achtzehnjährigen Prinzcns Bildnis geprägt wurden. Es ist im bayrischen und im Rcichsinteresi'c gut, dast dieser Zustand aufhört, dast das innerstaatliche Leben wieder mit einem wirklichen König rechnet, auch wenn die nächst- bcteiligten deutschen Bundesfürsten, die Könige von Sach sen und Württemberg, dem Prinz-Regenten von Bayern seine Minderstellung nicht entgelten liestcn und ihm stets bereitwillig den Rang des ersten deutschen Bundesfürsten an der Seite des Kaisers und Königs von Preusten ein- räumtcn. Tie schlicht bürgerliche, grnndgütigc Natur dieses Königs im Grcisenhaar hält, ähnlich wie vom alten Kaiser Wilhelm, mit dem dieser neue Monarch so viele Lcbens- züge gemeinsam hat, alles Scheinwesen ab, seine natürliche, wohlwollende und dabei doch feine, aristokratische und echt fürstliche Art, sein Herzcnstakt und seines Gefühl, seine Angewohnheit, sich frei im Volke zu bewegen, sein Streben, mit dem Volke zu fühlen und dessen Bedürfnisse und Schmerzen aus ureigenster Anschauung kennen zu lernen, die ihn bei hoch und niedrig beliebt gemacht haben, sichern sein Königtum vor Ucberspannnng und stolzer Ein samkeit. Ter Tropfen demokratischen Oelcs, mit dem alle Könige Bayerns gesalbt sind, den kein Fürst, und stehe er noch so hoch, heute entbehren kann, wird auch bei Ludwig III. seine Macht zeigen und das Band zwischen F ü r st und Volk, von dem in diesen Tagen auch ein anderer deutscher Fürst bei seinem Regierungs antritt sprach, immer enger und inniger schlingen. Wo Fürst und Volk so eins sind, wo, wie in alten Zeiten, der Fürst sein Haupt getrost in jedes Untertanen Schost legen kann, droht dem Königtum keine Gefahr, steht cs sonnig und unbefleckt da, ist dem Lande eine glanzvolle Acra gcwist. Dast cs so sein und bleiben möge, ist der Wunsch eines jeden treuen Deutschen an diesem Tage. TaS lebhafte Interesse des Königs für alle Fragen des modernen Lebens bringt cS mit sich, dast alle Stände und Berufe auf seine gleichmüstigc Fürsorge rechnen können. Zwar in militärischer Beziehung ist er niemals besonders hervorgctrctcn, vielmehr hat er die Ausbildung des HcereS in allen seinen Teilen meist seinen Brüdern und seinem ältesten Sohne, dem jetzigen Kronprinzen Nupprecht, überlassen. Aber Kunst und Wissenschaft, Landwirtschaft, Handel und Indu strie, Flust- und Kanalschisfahrt geniesten bei ihm volles Verständnis und haben sein Interesse durch Besichtigungen aller Art zu spüren bekommen. Bekannt ist vor allem die praktische landwirtschaftliche Betätigung und die reiche Kenntnis des Königs auf dem Gebiete der Volkswirt-! schast, sozialen Lehre und Geschichte. Alle diese Eigen schäften des neuen Herrschers versprechen viel Gnies sür die Zukunft des Landes. Ein treuer Sohn der katholischen Kirche, hat Ludwig III. doch nie die Grundsätze wahrer Parität und Toleranz verleugnet, die schon seine Vor gänger auf dem Throne gegenüber den anderen Konfessionen und Religionen ausgezeichnet haben. Was den König im Reichsinicresse uns noch be sonders wert macht, ist seine deutsche G esin n n n g und NcichStreue, sein unentwegtes, oft in scierlicher Stunde bekräftigtes Festhalten an Kaiser und Reich, und seine ans diesem Untergründe wurzelnde feste, über allen Zweifel erhabene bundesstaatliche Gesinnung. Bei seinem Antritt als Prinz-Regent hat er diese Ge sinnung in einem Telegramm an den Reichskanzler in den Worten zum Ausdruck gebracht: „Das Beispiel in eines Vaters in seiner Stellung zu Kaiser n n d 3! e i ch wird mir ein leuchtendes Vorbild sein," er hat sich zn ihr auch bei seinen Antrittsbesuchen in Berlin und Dresden bekannt und er hat ihr einen monumentalen Ausdruck verliehen in der erhebenden Feier von Kcl- h c i m. In dieser Treue begegnet sich König Ludwig mit allen deutschen Bundessürstcn. Sie heisten ihn daher freu dig in ihren Reihen willkommen. Und wie sie empfinden 'ihre Völker. Sachsen, Preusten, Württemberg«:»', Hessen, alle deutschen Stämme teilen Bayerns Jubel und Freude in diesen Tagen und grüsten Bayerns neuen Herrscher in Hochachtung und Ehrerbietung. Lang währe die Regierung König Ludwigs III. von Bayern! Das ist der Herzens wunsch des benachbarten Sachsenvolkes und eines jeden treuen Deutschen in diesen feierlichen Stunden! * Bayern im Zeichen der K önilisproklamatior». Wie die Proklamation in München bekannt gemacht wurde Bald nach der Verlesung der Proklamation König Ludwigs IIl. in der Kammer der Abgeordneten wurde sie in den Str asten der Stadt an geschlagen und durch) Extrablätter bekannt gegeben. Ans der Residenz wurde alsbald di" Königsstandarte aufgezogen. Auch die öffent lichcn Gebäude flaggten alsbald in den bäurische» Farben. Ten Bnndcssürstcn und auswärtigen Regierun gen wurde gestern früh die Thronbesteigung bekannt ge geben. König Ludwig III. hat eine umfassende Amnestie erlassen. Nach einem Königlichen Erlasse werden Titel nnd Ehrenrechte des Königs Otto durch die Beendigung der Regentschaft und die Thronbesteigung König Lud wigs >11. nicht berührt. Die denkwürdige Sitzung der bayrischen Abgeordneten kammer. In der bayrischen Zweiten Kammer hielt nach Vcr lcsung der Königsproklamation der Präsident Tr. von Orte rer eine Ansprache an die Abgeordneten, in der er sagte: „ES trifft sich gut und glücklich, dast der Vcr samnilnng der Abgeordneten des bayrischen Volkes zuerst die Gelegenheit zur H n l d i g n n g gegenüber dem Landes Herrn geboten wird. Sic sei kurz in treu-bayrischer Art dargcbracht: Unser vielgeliebter König Lud wig III. er lebe hoch!" Laut und getragen von freudiger Begeisterung erscholl das brausende Hoch durch den Saal. Präsident von Ortcrcr fügte hinzu: „Es entspricht dem denkwürdigen Moment, dast wir die Sitzung anfheben. Ich bitte jedoch, noch die ärztlichen Gutachten und Unter lagen e n t g e g c n z n n c h m c n und schlage vor, die Be ratung darüber Donnerstag vvrznnehmen." Das Hans ist damit einverstanden. Es folgt eine ge heime Sitzung. Tie Landcshnldignng im Thronsaale findet Mittwoch, den 12. November, statt. Ter Glückwunsch der Noichsrcgicrung. Tic „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in einem Artikel über die Thronbesteigung König Ludwigs II>. von Bayern: In ganz T c n t s ch l a n d nimmt man an den jüngsten Ereignissen in Bayern he rzli ch st e n A n t e i l. Umschlingt doch alle deutschen Stämme unbeschadet ihrer Besonder heiten das Gcmeingcsühl enger Zusammengehörigkeit, durch das sür Freude und Leid, die einzelnen Teilen wider fahren, im Vvlksganzen lebhafter Widerhall geweckt wird. Bei der Thronbesteigung König Ludwigs III. steht unserem Volke abermals vor Angen das lebhafte und ve» stündniSvollc Interesse sür die der Nation am Herzen lie gendcn Fragen, das er von jeher dnrch Wort und Tat be wiesen hat. Kunst und Wissenschaft, nicht minder aber auch wirtschaftliche Bestrebungen, die für Bayern oder das Reich von Bedeutung sind, fanden in diesem Sprossen des erlauchten Hauses der WtttelSbacher jederzeit einen warm herzigen Förderer. Aus zahlreichen Kundgebungen des Regenten spricht ein fester deutscher Sinn und ein echt monarchisches Pflichtgefühl, ein unver brüchliches Festhalten am R e i ch s g c d a n k e n und die Entschlossenheit, an der Entfaltung der nationalen irinijZox spur^ WZ