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54. Jahrgang, SW. Donnerstag, 28. Oktober 1909 V,j»a»grb1>hr mentüatirl lur Drei. den dri täglich iwn. maliger Zulragung an Lann, und Illontaaen nur »linnoli 2.d0 Ml., mlil>»ni>re S. N) Mk. De, einmaliger Zn> sn llnna durch die Pos« »Mnoaneiveilrilgrld,. Die den trlern »an Dresden n Umgebung »m rag« uorder ,u. geileilie» dibend-Aui. gaben eriialtrndieaui» miiriiaen Lie>ieher mit der Morgen »zinigab« eniammen ingeltelU. Nachdruck nur mit deut licher Quellcnangad« l„Dr«i». Mache."» zu. lässig, — Unverlangte jtlianullrtnir werden nicht ausdeniahrt. Telkgramm-Adress-: Nachrichten TreSde«. Fernsprecher: 11 . 2996 » 8KV1. ^egr5ÜnöeL 18LV Druck und Verlag van kiepsch k Reickardt in Dresden. Il-odsek L Lo. I Loklivkerautsa 8r. jöaf. 6, Xülligs v Liieüson. varols-vdoeolLüe. Liorolverlcsuk: dcesüii, sitnirrKL. 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Im 47. ländlichen Wahlkreise (Zwöniß) ist nachträglich noch eine Stichwahl zwischen dem nationalliberalen und sozialdemokratischen Kandidaten notwendig geworden. Ein Verein für Kriippclfiirsorge ist gestern hier gegründet worden. Die Kaisermanöver 1910 werden zwischen dem 1. und 17. Armeekorps abgchalten werden: die Kaiser- paradc findet am 27. August bet Danzig statt. Auf dem Tegeler Schießplatz stieg gestern zum erstenmal ein mit zwei Offizieren bemannter Drachenballon auf. In vielen Orten des Harzes hat es den ganzen gestrigen Tag stark geschneit. Das neue dänische Ministerium ist gestern ge bildet worden. Infolge starker Regengüsse stürzte eine Eisenbahn brücke Uber den Rother in England ein und riß einen ELterzug mit in die Tiefe. Die üeutrche Ztrasrechlrpslege befindet sich augenblicklich in einem Stadium umfassender gesetzgeberischer Neuschöpfungen, die bis zur Fertigstellung zweier umfangreicher Gesetzentwürfe gediehen sind. Die Vorlage über die Neuordnung des Strafprozesses hat bereits den Bunbesrat passiert »nd wird dem nächsten Reichstage abermals vorgelegt werden, nachdem ihre parlamentarische Erledigung durch den Schluß der vorigen Session eine Unterbrechung erfahre» hatte. Neuerdings ist auch die lauge und gründlich vorbereitete organische Revision des materiellen StrairechtS um einen wesentlichen Schritt ihrer praktischen Verwirklichung näher gekommen, da der Vorentwurf zu einem neuen d e n t s ch e n Straf gesetzbuch daS Licht der Oefscntlichkcit erblickt hat. Es handelt sich hier um einen „Vorcutwurf". Das will be sagen. daß noch nicht eine amtliche Vorlage in Frage steht, sondern lediglich das Produkt der Beratungen -er z» diesem Zwecke eingesetzten Kommission von Sachverständi gen. Die jetzige, in der „Deutschen Juristcnztg." bewirkte Veröffentlichung stammt von dem bäurischen Mitglicdc der Strasrechtskommission, Herrn Obcrlandcsgcrichtsrat Karl Meyer in München, und ist dazu bestimmt, dem all gemeinen Urteil rechtzeitig eine Unterlage für die Kritik zu bieten. Die aus diesem Wege sich ergebenden Mängel sollen dann bei der Umwandlung des Vorentwurfs in einen förmlichen Gesetzentwurf gebührend berücksichtigt werden, um so ein Ganzes herziistellen, das sich in möglichst enger Fühlung mit dem RcchtSbcwiißtscin des Volkes hält. Die Art. wie die Sache angciaht wird, hält sich also in dankenswerter Weise von einer schablonenhaften, burcau- kratischcn Behandlung des Gegenstandes frei »nd entspricht der tiefgreifenden Bedeutung, die dieser großzügigen juristi schen Reformarbett für unsere gesamte, mit einer gesun den Rechtspflege innig verquickte nationale Wohlfahrt inncwohnt. Dieselbe freie Auffassung, die hier bei der Bewertung der Mitarbeit der-öffentlichen Meinung in die Erscheinung tritt, zeigt sich auch durchgängig an dem Inhalt der neuen Bestimmungen, die gegen die bisherigen Vorschriften mit ihrem nach den mannigfachsten Richtungen »nzulänglichen Charakter so wesentliche Verbesserungen enthalten, daß der Fortschritt auf der ganzen Linie, den das neue Werk trotz aller im einzelnen möglichen Ausstellungen darstellt, schon bei oberflächlicher Betrachtung deutlich in die Augen springt. Als leitende Grundprinzipien heben sich aus dem Vorentwurfe zwei Bestrebungen heraus: einmal die Geltendmachung einer verständigen und sachlichen Huma nität. die nicht mit schweren Verbrechern kokettiert, sondern da helfend und lindernd eingrcisen will, wo der besondere Fall nach der gesamten Lage der Umstände wirklich dazu angetan ist: und zum andern dir Bekundung eines größe ren persönlichen Vertrauens gegenüber dem Richter, dessen freiem Ermessen unter Verzicht aus eine kleinliche, kasuisti sche Umgrenzung aller möglichen Einzclsällc ein weit größe rer Spielraum als bisher gelassen wird. Diese lctztgcdachtc Neuerung findet in der Aufnahme des dem Gerichte ziigcbilligte» allgemeine» Strafmildcrungs- rechtes in leichten Fällen einen besonders mar kanten Ausdruck. Tie betreffende Vorschrift lautet wörtlich: „In besonders leichten Fallen darf das Gericht die Strafe nach freiem Ermessen mildern und, wo dies ausdrücklich zugclnsscn ist. von einer Strafe über haupt absehen." Hierdurch ist dem Richter die Möglichkeit gegeben, den zahlreichen Erkenntnissen, die bisher wegen des Fehlens einer solchen Bestimmung auf Grund der Unvollkommenheit des Gesetzes durch ihren drakonischen Charakter mit Recht die allgemeine Kritik wachriefen, aus eigener Machtvollkommenheit einen Riegel vorzuschieben. Man denke z. V. an den jüngst durch die Presse gegangenen Fall, wo eine 79jährigc unbescholtene Greisin zu einem Tage Gefängnis verurteilt werden mußte, weil sie von einem fremden Grabe eine Rose abgepslückt hatte. Solche und ähnliche Urteile, bei denen den erkennenden Richtern selbst das Herz blutet, die sich aber bisher wegen des zwingenden Charakters des gesetzlichen Buchstabens nicht vermeiden ließen, werden künftig ausgeschlossen sein, weil das sür alle leichten Verfehlungen unbeschränkte Milde- rungörccht des Gerichts — nur der völlige Freispruch ist aus die im Gesetz selbst ausdrücklich vermerkten Fälle be schränkt — hier in die Bresche tritt. Es würde beispiels weise dem Gericht angesichts der erwähnten Verfehlung der Greisin nach den neuen Vorschriften srciitchen, aus einen einfachen Verweis zu erkennen, der künftig vcr- ständigcrweise auch Erwachsenen gegenüber zulässig sein soll. Dabei ist nicht etwa nötig, daß die vom Richter zu zuerkennende mildere Strafe überhaupt sür die betreffende Straftat festgesetzt ist. vielmehr ist das Gericht befugt, bei spielsweise in einem besonders leichten Falle, der eigent lich mit Gefängnis bedroht ist, nach Befinden bloß Haft, Geldstrafe oder Verweis auszusprcchen. Das Mikderungs- recht des Richters wird durch die In dem Entwürfe der Strafprozeßordnung eingeführte Beschränkung des Legalitätsprinzips, kraft dessen die Staatsanwalt schaft zur amtlichen Verfolgung aller zu ihrer Kenntnis gelangenden strafbaren .Handlungen bedingungslos ver pflichtet ist. in sinngemäßer Weise ergänzt. Es sgll danach die Möglichkeit geböte» werde», den amtlichen Untex- suchungöapparat überhaupt nicht erst in Tätigkeit treten zu lassen, wenn es sich um eine Bagatellsache handelt, bet der schon die Vorermittlungcn ihre völlige Belanglosig keit klar Herausstellen. Diesem Zwecke dient die Vorschrift, daß in den aintSgcrichtlichcn Sachen, die ohne Schössen zu verhandeln sind, von der Erhebung der öffentlichen Klage abgesehen werden kann, wenn die Verfolgung des Ver dächtigen wegen der Geringfügigkeit der Verfehlung nicht geboten erscheint. Ous der sonstigen Fülle reformierender Einzelheiten, die der Vorentwurs zu einem neuen deutschen Strafgesetz buch bringt, seien an dieser Stelle nur einige besonders wichtige Punkte kurz hervorgchobcn. Die Todesstrafe wird für vermindert Zurechnungsfähige ausdrücklich ausge schlossen. An die Stelle der b c d i ng t e n V eg n a d ig u n g tritt die bedingte Verurteilung. Damit wird eine Forderung erfüllt, die längst Gemeingut sowohl der juristischen wie der Laicnkrcise geworden ist. Gerade die Ausschaltung des erkennenden Gerichts bei dieser sehr segensreich wirkenden Einrichtung hat bisher als erheblicher Hcm- mungsgrund gegen ihre allgemeine Einbürgerung in unserer Strafrechtspflege gewirkt. Wird nun die Ursache, die bis jetzt schuld daran gewesen ist, daß unsere Gerichte sich vielfach gegen die bedingte Begnadigung ablehnend verhielten, künftig ausgcschaltct, so ist mit Sicherheit zn hoffe», daß die Umwandlung der Institution in die bedingte Verurteil n n g, wie sie allein der Würde des Gerichtes entspricht, dazu beitragt, ihre An wendung auch bei uns so zu verbreiten, wie es -das seziale Interesse verlangt- Weiter ist zu erwähnen, daß die Straimündigkeit vom vollendeten 12. aus das vollendete 14. Lebensjahr hinaufgesetzt wird, um dem jetzt so leb haft beklagten Unwesen, daß Kinder ihrer natürlichen Straizuiländigkeit, die in der Schule und der Familie be gründet ist, entzogen und vor den Richter geschleppt werden, ei» Ende zu machen. Eine weitere mit dem grüßten Beifall zu begrüßende Neuerung besteht in der Einführung der R c - Habilitation durch die Bestimmung, daß das Gericht be fugt ist, den zum Verlust der bürgerliche» Ehrenrechte oder einzelner Rechte Verurteilten nach Ablaus einer bestimmten Frist nicht nur in diese Rechte wieder cinziisctzcn, son dern auch die Ausmerzung der Bestrafung im Straf register anz»ordnen. Hierdurch wird wirklich besserungs fähige» Elementen ein mächtiger Ansporn zur Abkehr von dem gesetzwidrigen Wege gegeben und ihnen zugleich ein-e .Handhabe geboten, die sic in den Stand Ftzt, sich ini, völligem Vertrauen wieder als nützliches Mitglied der Ge sellschaft zu betätige», ohne jeden Augenblick durch eine Enthüllung ihres Fehltrittes den Sturz in den Abgrund befürchten zu müssen. Der im besten Sinne liberale und humane Geist, der den Vorentwurf zum neuen Strasgcsctzbuche beherrscht, ist auch deshalb hochwillkommen zu heißen, weil unter seiner Einwirkung die deutschen Richter von dem Drucke befreit werden, der infolge der schweren Unznträglichkcitcn des geltenden Strafrechts und der damit in ursächlichem Zusammenhänge stehenden Mangelhaftigkeit vieler Urteile aus ihnen lastete. Tie Unfähigkeit eines großen Teiles der öffentlichen Kritik, zwischen der Fehlerhastigkeit der Gesetze und dem guten Willen und sozialen Verständnis der Richter streng zu unterscheiden, zeitigte vielfach ganz unver diente Angriffe ans unseren Richtcrstand, der darüber seinerseits in Erbitterung geriet und diesem Empfinden ans dem ersten dentschrn Richtertage in Nürnberg nngc- ichminktcn Ausdruck gab. Die zeitgemäße Reform sowohl des Strafprozesses wie des Strafrechts wird sicherlich dazu beitragen, daS früher gute Verhältnis zwischen unserem Richtcrstande und der öffentlichen Meinung wicdcrherzu- stellcn und aufs neue die Grundlage des allgemeinen Volks- Vertrauens zu unserer Rechtspflege zu befestigen, deren Wichtigkeit für unsere nationale und soziale Weiterentwick lung von keinem Einsichtigen unterschätzt werden kann. Alles in allem läßt sich schon Heute sagen, daß die beiden großen juristischen Reformwerke auf strafprozessualem und strafrechtlichem Gebiete sich der Schaffung des Bürger lichen Gesetzbuches würdig an die Seite stellen und im Verein mit der Kodifikation des bürgerlichen Rechtes garrz dazu angetan sind, den Savigiufschen Ausspruch, -aß unsere Zeit keinen Beruf zur Gesetzgebung habe, alS irrig zu kennzeichnen. Neueste vrabtnielümigen vom 27 Oktober. Luftschissahrt. Berlin. tPriv.-Tel.) Heute mittag flieg vom llcbunqsgelände der Lustschifscrabtcilung auf dem Tegeler Schießplätze ein mit zwei Offizieren besetzter D ra ch e n ba l l o ii aus und flog von dem ziemlich hefti gen Winde getrieben in nordwestlicher Richtung davon. Es handelte sich um eine probeweise Freifahrt mit einem dcrarligcn Ballon. Bisher stiegen die D ra chenba Ikons nur zu Beobachtungszweckcn als Fesselballons auf. Friedrichshofen. <Von unserem eigenen Be richterstatter.) Nach einer zweistündigen Fahrt des „Zeppelin III" unter Leitung des Grasen erfolgte eine vorzügliche Landung direkt neben der Zelthalle auf dein hiesigen Zcppclingcländc und die Bergung in dieser Halle. Als Passagiere sichren Frauen und Kinder der Beamten des Luftschiffbaues, Obcrstcucrrat Kirn und Tr. Klein- schmiedt mit. Tic heutige Fahrt bildete den Schluß der Herbstversuche. Die schwimmende Reichsballonhalle wird abgebrochen. DaS neue däoischc Ministerium. Kopenhagen. Der König empfing heute den Führer der Radikalen im Folkething Rechtsanwalt Zahle, der fol gende M i n i st e r l i st e vvrlcgtc: NcchtSanwalt Zahle Ministerpräsident und Instizminister. Landrichter Krabbe Verteidigungsminister, Abteilnngsches im Ministerium des Acußeren Scaveni » s Minister des Acußcre». Dr. Phil. Munch Minister des Innern, Landwirt Pani Chri st e ns cn Landwirtschnftsministcr, Psarrcr Nielsen VcUl me l Kultusminister, Generalkonsul Wci mann-.Ham bürg Handelsministcr, Tr. Phil. Eduard Brandes Finaiizmiiiister. Hofbesitzer Jemen Omite dt hat 'das Vcrkclirsministcrium ühernvinmcn. Der König wird die neuen Minister morgen nachmittag empfangen. Zur Ermordung des Fürste» Ito. Berlin. lPriv.-Tel.) Ter Kaiser hat an den Kaiser von Japan ans Aulast der Ermordung des F ü r st en It v nachstehendes Beileidstelegramm gerichtet: „Soeben erfahre ich von der Ermordung des Fürsten Ito. Ich bitte Ew. Majestät, den Ausdruck meiner aufrichtigsten Teilnahme an dem Verluste eines so ge treuen und ausgezeichneten Staatsmannes cntgegennchmcn zu wollen." Berlin. Tie hiesige japanische Botschaft teilt mit, daß anläßlich -es Todes des Fürsten Ito in Japan auf Befehl des Kaisers Landestrauer ungeordnet' worden ist. Tokio. Eine Erklärung des Auswärtigen Amtes besagt, das? -ic Politik Japans Korea gegen, über durch die Ermordung des Fürsten Ito keine Äende- ruirg erfahren werde. Schnccsällc nud Unwetter. Que - Nnb ii r g. In vielen Orten dr § Har zes. so in Stiege. Güiithcrsbcrge, Hassclseldc. herrscht seit heute früh ununterbrochener starker Sch nee sali. Vielfach ist die Ernte noch nicht geborgen.