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53. Jahrgang, ^ir 259. vezugsgebühr -ierteljädr!. ILr Lee«, den bei lägliq «wct« maliger Zutragun, tan Sann- und Mo»»V>» nur «lnmall S.dU MI., durch ouäwärlieellom» misftonär« S.bd MI. lvei einmaliger Nu- p-llung durch die Post SM.i»in«vesielIgeli>>. Di» den Leser» »on Dretdrn u. Umgetun, am Dag» oorher ,u- gesielllen ilbend-Aut- gaben erdalten die aua- warliaen vepeher mit dee Morgen-iludaad« »uinmmen ,ugeslelU. Nachdruck nur mit deut licher Quellenangabe t.Dredd. tilachr ") zu lässig. — Unuerlangte Manuskripte inerden nicht ausdewagr». Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresdens Fernsprecher: H . 209« . Sttvl. «iormavend, 18. September 1999. 1858 Druck und Verlag von Liepsch L Reickardt in Dresden. IiObüLll E»0. !! VsroIs-0>loo«>L<l«. Lokliokvraoton 8r. Lias. 6. LSnigs v Zaedsen. Liorslvorlmuk: vr«i«ll. tltwarttr. Anzeige«-Tarif Annahme von Ankün« dtaungen bis nachm. > Uhr, SonntaaS nur Varienstrahe 3Ü von 11 bis »/,1 Uhr. Die «tnjpaUtge Srundzeile <ca. 8 Lüben) LL P,., Aamilieu^ Nachrichten aus Dresden 20 Pi EeschästS-Anzeigen auf der Privatseite Zeile ZOPf.; die tweifpaltiqe Zelle a.LexlfettevO Pf. — In Nummern nach Eonn-u. fleiertagen: die einspaltige Grund- »eile 30Ps., aus Privat- Hrit« SO Pf., Familien- Nachrichten a. Dresden dteGrund-elle2LPs.- Auswärtige Aufträge nur gegen vorauöbc, tahlung. — Jedes Br- legblau kostet 10 Pf. Han-tgefchSftSfteller Maricnstraße L8 4«. LroalkiiMtzMrill 4 MM 86rr68lW6 5/7. u !>s ^.. llllmplelle a»88 eins«' VVoknunL mit 6sl Körpern für QasLlütilick Isllimg eueliluriZS- 1 IV>K. 60, . ^ II. II. UM« k - «Mi»: »lÄM. MllIlM. U. ertrgo Lose*. Mutmaßliche Witterung: Kühl, veränderlich. Der Verein deutscher Eisengießereien hält gegenwärtig in Dresden seine 41. ordentliche Hauptversamm lung ab. Der Kaiser trifft heute früh in München zur Einweihung der Schack-Galerie ein. Reichskanzler v. Bethmann Hollweg ist gestern zum Besuch der Höfe in München und Wien abgereist. Fürst Bülow erklärte, er werde auch im Herrenhause nicht erscheinen. Der Chef des Generalstabes der Armee v. Moltke erhielt den Schwarzen Adlerorden. „Zeppelin III" hat gestern in der Nähe von Merchingen einen Unfall erlitten, konnte aber trotzdem glatt in Frank furt a. M. landen. Fürst von Pleß erlitt gestern einen Automobilunfall. Gestern wurde in München der 9. Internationale Kunst hi st arische Kongreß eröffnet. In Brüssel tritt am 28. September eine internatio nale Seerechtskonferenz zusammen. Der Schleppdampfer „Jean d'Agrsre" wurde vor Toulon von mehreren französischen Panzerschiffen beschossen. veukcblanar aurwartlge Politik. Der neue Reichskanzler von Bethmann Hollweg hat dieser Tage in Berlin eingehende Besprechungen mit dem Botschafter der französischen Republik, Herrn Cambon, und dem russischen Minister des Auswärtigen, Herrn JSwolski, gehabt. Die diplomatischen Gespräche galten, wie verlautet, den Beziehungen Deutschlands zu seinen östlichen und westlichen Nachbarn, sowie allgemein den schwebenden Fragen der internationalen Politik. Es ist mit Genug tuung zu begrüßen, daß Herr von Bethmann Holl weg Wert daraus zu legen scheint, die Zügclsührung auch in der auswärtigen Politik durchaus in eigene Hände zu nehmen. Die Gefahr lag nahe, daß der neue Kanzler, der bekanntlich in äiploruatieis keine eigene Erfahrung besitzt, sich allzusehr seinem Staatssekretär von Schoen anver trauen und damit aus die eigen« Initiativ« zugunsten andere» Einflusses verzichten würde. Das hätte neue Unruhe in» deutsche Volk getragen, und schon von diesem Gesichtspunkte auS betrachtet «ruß es erfreulich scheinen, daß Herr von Bethmann Hollweg so bald nach seinem AmiS» antritt bemiiht ist, persönlich mit Len leitenden diplomati schen Kreisen anderer Länder Fühlung zu nehmen. Hierzu rechnen wir auch seine Absicht, noch in diesem Monat sich in Wien vorzustellen und daran einen Besuch in Rom zu schließen. Genaueste Kenntnis von Dingen und Personen ist besonder- für die Leitung der auswärtigen Politik ge boten, und eS war ein großer Vorzug Bülows, -aß er Liese Kenntnis ans Grund einer jahrzehntelangen diploma tischen Tätigkeit in vollstem Umfange besaß. Natürlich ist daS allein nicht das Entscheidende für den Erfolg, wie sich bei Bülow gezeigt hat, der auch nicht immer von Sieg zu Sieg in der auswärtigen Politik geschritten ist. Vor allem gehört dazu die klare ErkenntntSderZiele, die man erstreben will, und die genauest abwägenbe Berechnung der Möglichkeiten, wie diese Ziele bei der oft jählings wechseln den internationalen Konstellation am besten zu verfolgen und zu erreichen sind. In dieser Hinsicht dem neuen Reichskanzler ein Prognostik»» stellen zu wollen, wäre ver früht. Man wird abwartcn müssen, wie er sich mit den Problemen unserer auswärtigen Politik abfinden und ob cs ihm gelingen wird, einen frischeren Zug in sic zu brin gen. Kein Leugnen hilft: wir befinden uns hier in einer Periode der Stagnation und der Passivität. Die Worte von der hehren Friedensmissivn, die Deutschland zu erfüllen hat, klingen ja sehr schön, aber wir kommen dabei nicht recht vorwärts und sind — kein Vertuschen Hilst — auf den Bismarckschen Lorbeeren eingcschlafen. Wenn man bedenkt, daß wir Deutschen mit die gewaltigste Kriegs- rüstung der Welt in die Wagschale zu werfen haben, so nehmen sich unsere „Erfolge" in den letzten Jahrzehnten doch recht mager aus. Diese Erkenntnis lastet wie ein Alp auf uns. und wenn eS Herrn von Bethmann Holl weg glücken sollte, wieder größere Aktivität in Deutsch lands auswärtige Politik zu bringen, so würde er sich ein große» Verdienst erwerben. Sind wir in unseren Beziehungen zum Ausland richtig orientiert? Das ist die große Frag«, die sich er hebt. wenn wir di«-v interlassen schaftBülowS kri tisch prüfen. Man hat es als großen Erjol« gepriesen, daß durch Deutschlands Eintreten für den österreichischen Bun desgenossen in der Zeit der Orient-Krise die habsburgische Donaumonarchie gegen ihre Widersacher gesiegt hat, und zwar ohne kriegerische Verwicklung. Ohne weiteres sei zugegeben, daß Deutschland dadurch zweierlei erreicht >hat: di« Wahrung des europäischen Friedens und den An spruch auf Oesterreichs Dankbarkeit und Eintreten sür zu künftige Fälle, wo Deutschland selbst einmal tu kritische Lage» kommen sollte. Aber als sehr unerfreuliche Neben erscheinung müssen wir dabei die Verstimmung Rußlands ebenso in den Kauf «nehmen, wie dessen gröbere An näherung an England und Frankreich. Nun liegt aber die Hauptgesahr für Deutschland in dem scheinbar unheil baren Gegensatz zu England. Deshalb müssen wir alles ausbieten, um uns gegen dieses nicht nur militärisch, sonder» auch politisch so stark als irgend möglizb zu mache». Hierdurch allein scheint uns di« Möglichkeit gegeben, die Gefahr eines kriegerischen Zusammenstoßes vermeiden zu können. Die van uns nie bestrittene Bedeutung -cs Drei bundes und in erster Linie des Bündnisses mit Oostcr- rcich-Ungarn in allen Ehren, so wird doch niemand be streiten wollen, daß es für uns England gegenüber keine wesentlich« Stärkung der deutschen Position bedeutet. Selbst wenn Italien (was durch seine Mittelmeer^Ab» machunge« aber ganz auSgeschlpssen scheint) und Oesterreich- Ungarn Lei kriegerischen Verwicklungen zwischen Deutsch- land und England gegen dieses im Mittelmeer mit ihren Flotten operieren würden, bedeutete daS doch keine nennenswerte Entlastung sür uns, besonders angesichts des Umstandes, daß höchstwahrscheinlich Frankreich mit England gemeinsame Sache machen würde. Der Kern der Situation liegt demnach in unserem Verhältnis zu Rußland, unbeschadet unseres Bündnisverhältnisses zu Oesterreich-Ungarn und Italien. Es war einer der Mcistcr- schachzüge unseres großen Bismarck, daß er zwei Eisen im Fxuer hielt, daß er neben dem Dreibund den Rückverstchc- rnngsvertrag mit Rußland geschlossen hatte. Es war der verhängnisvollste Fehler in der auswärtigen Politik Wil helms II. und seines dgmaligen Kanzlers Caprivi, daß das Werk Lismarckscher Genialität ohne zwingenden Grund zerstört wurde. Die direkte Folg« war, Laß man Rußland in die Arme Frankreichs trieb und damit auch einer späteren Annäherung der früheren Erzfeinde England und Rußland die Bahn ebnete. Wie König Eduard dies^Kon- iunktur gegen uns auSgenutzt hat, ist ja noch in frischem Gedächtnis. Wenn er sein Ziel nicht erreicht hat, so lag daS nicht so sehr, wie man — oberflächlich geurteilt — glauben könnte, an dem Schwergewicht unseres Bündnisses mit Oesterreich-Ungarn (denn waS nützt uns dies gegen die Seemacht England?), sondern hauptsächlich an dem Um stande, daß aus das geschwächte Rußland im Ernstfall nicht zu zählen war. Ohne diesen Rückhalt aber wollte wieder Frankreich die englischen Rggressivpläne gegen Deutschland nicht mitmachen. Rußland aber erstarkt wieder, kommt militärisch und finanziell zu neuen Kräften. Damit wächst für Deutsch land die Notwendigkeit, das Zarenreich auf unsere Seite herüber zu ziehen. Erst mit einem neuen Freundschaftsverhältnis zu Rußland wird unsere Aktionskraft in der auswärti gen Politik wieder frei: dann erst können wir riskieren, ohne Rücksicht aus englische und französische Scheelsucht die Ellbogen zu rühren. Gelingt cs daneben noch, was aber ein unsicher Ding ist, zu Frankreich gute Beziehungen zu pflegen, was durch die Vermittlung Ruß lands wesentlich erleichtert würde, so ist England diplo matisch schachmatt gesetzt und wird sich hüten, einen Krieg gegen seine» deutschen Rivalen vom Zaune zu breche». Rußlands Wiederannäheruna an Deutschland dürfte nicht schwer zu erreichen sein, denn Deutschland ist, wie in der Dardanellen-Fragc, so auch in Mittel- und Ostasien nicht unmittelbar interessiert, kann also gegebenenfalls die russischen Ansprüche gegen England unterstützen. Herr von Bethmann Hollweg hat, wie eingangs erwähnt, in Berlin Konferenzen mit den Herren IswolSki und Cambon gehabt. Offiziöses Ergebnis: die Beziehungen zu Frank reich sind gut, auch soweit eS die Marokko-Frage anlangt. Da über die Unterredung mit IswolSki Stillschweigen gewahrt wird, scheint es sich um das delikate Kapitel eines neuen engeren Einvernehmens zwischen Deutschland und Rußland gehandelt zu haben, eines Einvernehmens, das be reits durch die Zusammenkünfte zwischen Kaiser Wilhelm und Zar Nikolaus eingeleitet worben ist. Hoffentlich ge lingt es den Diplomaten in Berlin und Petersburg bald, zu einem positiven Ergebnis zu gelangen. Zu glauben, daß durch die Wiederanknüpfung freundschaftlicher Be ziehungen zu Rußland unser Verhältnis zum Dreibunde und besonders zu Oesterreich-Ungarn verändert werden sollt«, ist ebenso absurd, wie die tendenziöse Behauptung, daß die Vereinbarung eines Geheimabkommens zwischen Oesterreich und England in bezug auf Rußland im Gauge sei. Eine enge Freundschaft mit Rußland läßt sich völlig mit unseren Bündnispflichten gegen Oesterreich-Ungarn vereinigen, wie die bismarcksche Politik das klar erwiesen hat. Eine deutsche Gegnerschaft zu Rußland wäre vielmehr ein anormaler Zustand, ebenso wie umgekehrt. Die vital sten Interessen beider Völker weisen sie auf ein freund- nachbarliches Verhältnis und gegenseitige Unterstützung hin. Darum sci's noch einmal gesagt: will die deutsche auswärtige Politik wieder die Aktiousfreiheit erlangen, die nötig ist, um gute Geschäfte zu machen, so muß sie neben Oesterreich-Ungarn engsten Anschluß an Rußland suchen, kurzum, den Faden da wieder aufnehmen und weiterspinnen, wo er durch Caprivi zerrissen worden ist. Bismarck kommt wieder zu Ehren! Neuerte vrabtmelSungen vom 17. September Ein Interview mit Bülow. Berlin. (Priv.-Tel.) Fürst Bülow erklärte einem Interviewer, er werde auch im Herrenhausc nie erscheinen, dessen Mitglied er auf Präsentation des Fomilienvcrbandes. von Bülow wurde. Gesuche um Unterredungen mit Journalisten werden, wenn sie sich aus volitischc Themata beziehen sollen, rundweg abgelehut, wie dies in der letzten Zeit wiederholt der F-all war. Für bas Fanulicuarchio schreibt der frühere Reichskanzler die Ge schichte seines Lebens nieder. Sozialdemokratischer Parteitag. Leipzig. iPri-v.-Tel.) Der Parteitag nahm die An träge zur Unfallversicherung an. Tie Nachmittags- sitzung siel aus wegen einer Besichtigung der Konsum vereins-Anlagen Leipzig-Plagwitz. Zu der gestern erfolg ten nachträglichen Ablehnung des Antrages Berlin I über das Verhältnis der Sozialdemokratie zum Liberalismus liegt ein aenügend unterstützter Antrag des Redakteurs Ttttmann-Solingcn vor. Der Parteitag erklärt, daß durch die nachträglich veranlaßt« Ablehnung b«S zunächst ange nommen gewesenen Antrages Berlin I in keiner Weise eine Abschwächung der Resolution des Dresdner Parteitages über die Taktik der Partei erfolgt ist. lieber den Antrag wird morgen verhandelt. Leipzig. (Priv.-Tel.) In der heutigen Sitzung bean tragte Fräßdorf-Dresdcn, den in der Arbertervcr- sicherung tätigen Genossen der Reichstagsfraktion sofort nach dem Zusammentritt des Reichstages das geeignete Material über die Arbciterversicherung zum Zwecke der Zw sammenstellung und Verwendung bei der Beratung der Reichs- versicherungsordnung zu übergeben. Die Fraktion wird ersucht, vor und während der Beratung der Reichsversicherungsordnung mit den Genossen, die in der Arbeiterocrsicherung besonders tätig sind, in Verbindung zu treten und Aussprachen über die parlamentarische Verhandlung der Vorlage herbeizuführen. Nach kurzer Debatte wurde der Antrag einstimmig angenommen. S. Internationaler Kunsthistorischer Kongreß. München. (Priv.-Tel.) Unter Beteiligung von etwa 300 Delegierten aus einer Reihe von Ländern wurde heute, nachdem gestern eine offizielle Bcgrüßungsversamm- lung vorangegangen war, der 9. Internationale k u n sth i st v r i sch c Kongreß durch Prof. Kautsch- Darmstadt eröffnet. Unter den Anwesenden befindet sich auch der neue Direktor der Hörnchen Staatsgalcrien, Ge- heimrat Tichndi. Auch eine Reihe hervorragender Maler und Bildhauer, sowie Geschichtsforscher wohnen den Ver handlungen bei. Die Verhandlungen wurden heute cin- gelcitet mit einer geschäftliche» Sitzung. Prof. Kautsch- Darmstadt erstattete den Geschäftsbericht. Prof. Dr. Kötichau-Berlin, Direktor des Kaiser Friedrich-Museums, teilte mit, daß an das Ministerium des Innern eine Ein gäbe gerichtet worden sei, daß in Deutschland die staatlichen und städtischen Museen den Kunsthistorikern freien Ein tritt gewähren sollen. Ans der Versammlung wurde der Wunsch ausgesprochen, daß kleinere Museen und Kirchen den Forschern zugänglich gemacht werden sollen. Es sollen dementsprechende Eingaben gemacht werden. Hierauf folg ten wissenschaftliche Vorträge. Internationale Seerechtskonserenz. Berlin. Am 28. September d. I. wird in Brüssel aus Einladung der belgischen Regierung eine inter nationale Konferenz zusammcntreten, die über die Herstellung einheitlicher Ncchtssütze auf wichtigen Gebieten des Geerechts verhandelt wird. Schon im Jahre 1005 haben in Brüssel unter Teilnahme aller sür den Seeverkehr in Betracht kommenden Staaten, insbesondere unter Be- teiltgung Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Englands. Frankreichs. Italiens, Rußlands und der Vereinigten