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SS. Jahrgang, ^is 238. vriu»»,evütr vterlrltL-rl. für Dre»^ den bet täglich t«et- ««»llgerZutraaung (an Sonn- und Montagen nur einmal) N.bO Mk., durch au-wärtige Kom- mijsionäre S.6V Mk. Bei einmaliger Zu stellung durch die Post »M.(ohne Bestellgeld). Die den Lesern von Dresden u. Umgebung am Tage vorher zu- gestellten Lbend-Au»- gaben erhalten die aus wärtigen Bezieher mit der Morgen-Ausgabe «usammen zugestellt. Nachdruck nur mit deut licher Quellenangabe t^DreSd. Nachr.*) zu lässig. — Unverlangte Manuskripte werden nicht aufbewahrt. Telegramm-Adresse: Nachrichten TreSden. Fernsprecher: 11 » 2096 « 8««1. Sounabenv, 28. August 19M. Druck und Verlag von Liepsch äc Reickardt in Dresden. ILodsvk L Vo. D lloklisksrunten 8r. <l. Xüuigs r Saodsen. vdooolsäell, vaeaos Vv88ert8. LiursIverlcLukr'ViWiieii, zitmirlctL. Aiiseigen-Tarif Annahme von Ankiu.- dlgungen diS „all B Uhr. Sonntage nur Mai lenstrabe litt non 1l dur '/,! Uhr D e einspall'qc Grund^lir <ca. N Lltden » 23 Pi , tzamilien Nach,ich,.,, au. Treodcu 2«» L" l Geichails Nn^-igcn ans der Privat!»«» Z», 30 Pf.; me zivcispal« ^ Zeile a. TertiellsOOP- - In Nummern nach Lonn u. ^ciertagru. die einspaltige Grund zelte 30Ps.. aus Privat, sclte 40 Pf., Hamilie. « Nachrichten a. Dreien die Grund,eile 2!» Ps Auswärtige 7lufrn'ge nur gegen Dorau§b « zahlung. — Iedea P.-- legblatt kostet 10 Pj. Hauptgeschäfts st eller Marieiistraßr 40. ertigo Lese*. Mutmaßliche Witterung: Kühl, veränderlich. Das Kaiserpaar wohnte mit Prinzessin Victoria Luise und Prinz Oskar gestern mittag der Zeremonie im adeligen Fräuleinstist zu Fischbeck bei. „Zeppelin lll" ist gestern nachmittag in der dritten Stunde von Ostheim wieder aufgestiegen und um 4 Uhr 45 Minuten bei Nürnberg glatt gelandet. Eine von 1200 Gastwirten besuchte Versammlung in Leipzig verhängte gestern über sämtliche Leipziger Brauereien den Boykott. Das preußische Eisenbahnministerium beabsichtigt die Hauptstrecke der Schlesischen Gebirgsbahn mit ihren Nebenstrecken zu elektrisieren. Der Akademie in Posen hat der preußische Kultus minister wichtige Berechtigungen verliehen. Viele Mitglieder des englischen Balkan-Komitees sind für einen Austausch Kretas für Cypern, wobei Kreta an England fallen würde. llnm kanclelzpolillrcben Verleitungen werden den Reichstag in der kommende» Session nach mehr fachen Richtungen beschäftigen und voraussichtlich recht leb hafte Debatten zeitigen. ES handelt sich in erster Linie um die Neuregelung unseres kommerziellen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten von Amerika, das bisher auf einem inzivischen von Washington auS gekündigte», am 7. Februar 10l0 gblansenden Provisorium beruhte: ferner kommt die Erneuerung des mit Englond und seinen Kolo nien bestehenden Provisoriums auf weitere zwei Jahre in Frage, und endlich sind die Handelsverträge mit Schweden, Portugal »nd Bulgarien zu erledigen. Von der einschneidendsten Tragiveite ist die Nengcstal- tiing unseres Handelsverkehrs mit der nord- amerikanischen Union, wie sic auf Grund des Payne - Aldrich - Tarifs notwendig geworden ist. Angesichts der zweifellosen schweren Schädigungen, die unserer Ausfuhr nach Amerika durch den ge nannte» Tarif zngefugt werde», ist es wohl begreif lich, wenn von manchen Seiten ohne Umschweife die In szenierung eines Zollkrieges unter Hinweis auf das kleinere Uebel empfohlen wird. Die psychologische» Er- klärungsgründc dieses Standpunkts sind auf dem Gebiete der fortgesetzten empfindlichen Beeinträchtigungen unserer Wirtschaftspolitik zu suchen, die wir durch das rigorose Hochschutzzvllsystcm der Vereinigten Staaten mit einem stets erhöhten Stärkcgradc haben erleide» müssen, und wurzeln in der aus dem jetzt abermals von Amerika ausgcübtcn Drucke entfließenden Erkenntnis, baß wir in jedem Falle mit unseren handelspclitischcn Interessen, auch wenn wir sie auf das bescheidenste Maß zurückführcn, zu kurz kommen müssen. Es ist also eine Art Verzmcif- lungsstimmuna, die, unter dem Einflüsse des Danteschcn Wortes „I.a8oiato ogni speranra", „Laßt alle Hoffnung fah ren", stehend, sich in der Empfehlung eines Zollkriegs mit Amerika Luft macht, und deren Träger sich bei der Abwägung der Chancen eines solchen Verfahrens auf die Ergebnisse der Statistik berufen. Danach würde. Amerika, dessen Einfuhr nach Deutschland unsere Ausfuhr nach drüben in ganz erheblichem Umfange übersteigt, in viel höherem Grade bei einem Zollkriege der leidtragende Teil sein als mir selbst. Rein zahlenmäßig betrachtet, haben die Verfechter dieses Standpunktes Recht. Dagegen übersehen sie, daß wir insofern »ns in einem Zustande größerer Abhängigkeit von Amerika befinden, als wir in der Hauptsache von dort Rohprodukte für unsere In dustrie ein führen und Fabrikate aussühren. Dies ist aber ein sehr wesentliches Moment, das bei der Bewertung der Folgen eines Zollkrieges mit Amerika für unsere wirtschaftliche Entwicklung wohl gewürdigt werben muß. Eine Verteuerung der Rohprodukte in solchem Maße, wie sie mit der Entfesselung eines rücksichtslosen zollpolitischen Krieges mit den Vereinigten Staaten verbunden wäre, würde unserer Industrie einen der härtesten Schläge ver setzen. die sic überhaupt treffen können, und zwar nicht nur im direkten Verkehr mit Amerika selbst, sondern auch nach anderer Richtung durch die Erschwerung der Möglichkeit, uns für den entzogenen amerikanischen Markt durch Ge winnung neuer Absatzgclegenhcitc» nach Kräften schad los zu halten. Steht man die Aussichten eines dentschamerikanischen Zollkrieges unter diesem Gesichts winkel an, so springt sofort der zweischneidige Charakter einer solchen Waffe mit voller Deutlichkeit in die Augen. Eine vorsichtige amtliche Handelspolitit, die alle des Schutzes bedürftigen nationalwirtschaftlichen Inter esse» gewissenhaft gegeneinander abwägt, könnte sich hier nach zu einem so svlgenichivcren Schritte nur dann ent schließe», wenn sie begründete Hoffnung hätte, Amerika in kurzer Frist zum Einlenken zu bringen. Hierzu aber wäre höchstens in dem Falle Aussicht vorhanden, wenn Deutsch land in dem Zollkriege gegen Amerika nicht allein stände, sondern zum mindesten auf die Mitwirkung von Frank reich, Oesterreich und Italien und womöglich auch Rußland zu rechnen vermöchte. Hier böte sich einmal eine vortrcss- liche Gelegenheit, um eine praktische Prvbe auf daS Exempel der bisherigen denlsch-sranzösischcii Bcrsöhniings- versnche zu machen. Leider läßt aber die -Haltung der fran zösische» Presse gegenüber der Ncnvrdnuiig des amerikani schen Zolltarifs durchaus keine Neigung zu einer solchen Parallclaktion mit Deutschland erkennen: auch in Peters burg scheint man dazu wenig Neigung zu besitzen, und ob Oesterreich und Italien sich allein zu einer so schwierigen Kraftprobe bloß im Verein mit Deutschland entschließen werden, ist sehr fraglich, um so mehr, als es nicht einmal als sicher bezeichnet werden kann, daß ohne französische oder russische Hilfe die wirtschaftliche Macht des Dreibunds ge nügen würde, um die Bankces zu einem annehmbaren Frieden zu zwingen. Blicken wir daher den Tatsachen fest ins Auge, so wer den wir wohl zu der für uns wenig erfreulichen Erkennt nis kommen müssen, daß sich durchaus befriedigende Gegen leistungen für die von uns an Amerika zu gewährende volle Meistbegünstigung, die den von Washington aus ge forderten Preis für die Fernhaltniig der geradezu ruinösen Sätze des neuen amerikanischen Maximaltarifs von unserer Ausfuhr und für die Bewilligung des sogenannten „Min- desttariss" bildet, nicht erzielen lassen. Es kann sich bei der dcrmaligcn politischen und wirtschaftlichen Weltlage sür »ns nur darum l>a»deln, daß wir retten, was überhaupt noch zu retten ist. In diesem Sinne wird nnsere Negierung alle Energie in Washington einsetzcn müssen. Eine ofsiziösc Berliner Auslassung sucht die Besorgnisse der deutschen in dustriellen Kreise durch den Hinweis zu beschwichtigen, daß eine Fabrikation, für die in Amerika selbst die Vorbe dingungen fehlen, auch durch noch so hohe Zollsätze nicht ins Leben gerufen oder auf ein leistungsfähiges Niveau gehoben werden könne, und erklärt, daß man erst in einigen Mviiatc» sicher werde übersehen könne», wie die amerika nische Zvlltarisrevision auf unsere Ausfuhr nach den Ver einigten Staaten wirke. Dann erst werde auch die Frage entschieden werden können, ob cs für uns zweckmäßig sei, für entsprechende Zugeständnisse das MeistbegiinstigungS- rechl zu gewähren oder nicht. Wie weit aber werde» die Amerikaner sich zu wirklich „entsprechenden" Zugeständ nissen bereit finden lassen? 'Das ist die große Frage an das ivirtschastSpolitische Schicksal, ans die wir schon so oft eine gründlich enttäuschende Antwort erhalten haben. Laß selbst der stärkste Optimismus sich in dem -vorliegend:» Falle nicht zu günstigen Erwartungen aiisschwingen kan». Trotz dieser im Augenblick nichts weniger als erfreu liche» Aussichten erscheint aber die allgemeine weltwirt schaftliche Lage gegenüber dem starren hochschntzzöllncrische» Absperrungssystem der Vereinigten Staaten im Hinblick auf die Möglichkeiten einer weiter entfernten Zukunft durchaus nicht völlig hoffnungslos. ES lassen sich viel mehr schon-jetzt Ansätze einer Entwicklung erkennen, die in weiterer Ausgestaltung sehr wohl zu einer allgemeinen wirtschaftlichen Abwehrstellung Europas führen kann.. Hierhin gehört vor allem die Verstärkung, die der britische Schutzzollgedanke aus der amerikanischen Tarispvlitik zieht. Bezeichnend nach dieser Richtung ist beispielsweise der Umstand, daß die gesamte Presse Kanadas, das durch den neuen amerikanischen Zolltarif ebenfalls schwer in Mit leidenschaft gezogen wird, mit der größten Begeisterung für das Ehamberlainsche Projekt eines großbritischen Zollvereins eintritl. Ferner ist zu erwarten, daß sämtliche, von der.amerikanischen Zollpolitik hart betroffe nen Staaten endlich den Mut des Entschlusses finden wer den, nm sich endgültig von der Herrschaft des überlebte» doktrinären Begriffs der Meistbegünstigung zu be freien. wonach ein Staat der 8 die Meistbegünstigung zusichert, die einem Staate 6 gewährten handelspolitischen Erleichterungen dem Staate v ol>»e weiteres, also ohne die Gegenleistungen, die 6 dafür gibt, znkommen lassen muß. Die Amerikaner, als eminent praktische Leute, habe» schon, längst mit dieser Auffassung gebrochen und kennen nnr »och die sogenannten Reziprozitäts- oder Gegen s e i t i g k c i t s v e r t r äg e. die kein Zugeständnis v»u - Gegenleistung machen. Bereits Bismarck hat wiederholt in nachdrücklichster Weise ans die angedcuietc Schwäche des europäischen Begriffes der Meistbegünstigung hingeivieien »nd die Nviivendigleit einer veränderten Behandlung der Frage im Sinne des amerikanischen Standpunktes Letvui. Lind die hieraus gerichteten Bemühungen auch bisher nicht von durchschlagendem Erfolge gekrönt worden, so ge Winnen doch die Argumente zugunsten der Abschaffung der sogenannten reinen Meistbegünstigung und zur all gemeinen Anerkennung der Gegenscitigkeitsvcrträgc unter dem Einftilssc der iiciiestcn amerikanischen Handelspolitit dermaßen an Gewicht, daß die zwingendsten Eigenintcr- cssen aller führenden europäischen HandclSstaaten die Ver wirklichung einer solchen sachgemäßen Umsormung des alten, noch ans dem Arsenal der freihündlerischen Schl»g- wörtcr herübergeiiommciie» Melstbegiinstigungsbegrifscs lediglich als eine Frage der Zeit erscheinen lassen. End lich kann auch der Gedanke der Bildung eines mittel en r o p ä i s ch e n Z o l l v c r e i n s durch. die Uebertrci- bungcn der amerikanischen Hochschntzzollpvlitik nur an Kraft und Vertiefung gewinnen. Tie großen nationalen und wirtichastSpolitlschen Schwierigkeiten, die der Durch führung dieser Idee im Wege stehen, sind wiederholt auch an dieser Stelle beleuchtet worden. Unmöglich ist aber ihre Ueberiviiidnng nicht, und je drückender sich die allgemeine weltwirtschaftliche Lage infolge der immer engeren Ab- schließnug der Vereinigten Staaten vom internationalen Handelsverkehr gestaltet, in desto höherem Maße darf auch von allen beteiligten Stellen eine vermehrte Be reitwilligkeit zur Förderung der mitteleurvväischen Zoll- vereinsidce erwartet werden. Wenn bis z-um Jahre 1917, dem Endtermine der laufenden mitteleiirvpüischcn Handels- verträge, »ach der lctztgedachten Richtung praktisch greis- bare Ergebnisse erzielt würden, sv wäre damit für die wirtschaftliche Wehrhaftmachung unseres Kontinents gegen über der lraiisatlantischen Republik ei» ganz erheblicher Fortschritt erreicht. „Zeppelin »«" auf üer fahrt nach verlin. Weitcrsahrt nach Nürnberg. Sch wa buch. 5 Uhr 58 Mi». III" fährt über unsere Stadt in etwa IW Nieter Höhe. Nürnberg. 4 Uhr 10 Min. III" ist soeben über Nürnberg erschienen und zeigt eine rote Flagge, will alsv landen. Landung in Nürnberg. Nürnberg. Das Luftschiss ist gegen 4'5 Uhr aus einer großen Waldlichtung, etwa SV» Meter hinter dem Dntzcndtcich, glatt gelandet. Nürnberg lPriv.-Tel.s 5 Uhr nachmittags. A m t- liche Meldung: „Zeppelin III" glücklich gelandet. Hat Motordesckt, sonst fehlt weiter nichts. Ein Monteur von der Daimler Motor-Gesellschaft kommt um 8 Uhr mit dem Zylinder, welcher auSgewechsclt wird. Sobald dies ge schehen, nimmt das Luftschiff seinen Flug wieder aus. Nürnberg. lPriv.-Tel.s 4 Uhr 40 Min. iVvn unse rem eigenen Berichterstatter.) „Zeppelin III" ist nm 4 Uhr M Minuten anf dem Dutzcndtcich glatt gelan det. Der mehrstündige Aufenthalt i» Ostheim wurde vv» den Ingenieuren des Luftschiffes benutzt, um eine genaue Untersuchung der Motoren »nd -er Propeller rorzuneh men. stellte sich heraus, daß an dem einen Prvpeller- eine Schraubenlockerung stattgefniidcn hatte und der Zylinder eines Motors gesprungen war. Die Schraube wurde wieder fest angczogen und dann die Weitersabrt »m 1 Uhr 50 Minuten mit einem Motor angctrrten. In folgedessen betrug die Fahrtgeschivindigkcil nur 20 Kilo meter in der Stunde. Trotz alledem manövrierte „Zeppe lin III", als er über Nürnberg hinwegsnhr, ganz vorzüg lich und ließ sich in elegantem Bogen schließlich langsam ans dem Dutzcndtciche, der in Aussicht genommenen LandiingS- stclle, nieder, wo IM Soldaten des 14. bäurischen Infan- tcric-Rcgimcnts die Verankerung Vornahmen. Die Be geisterung der etwa 50 000 Zuschauer war unbeschreiblich. Der Absperrungskordon war im Nu gesprengt, und die Masscn drängten unter stürmischen Hochrufe» nach dem Luftschiff hin. Trotzdem wurde seitens des Publikums die Ordnung in musterhafter Weise anf- rcchterhalten, und cs bedurfte nur einiger Bitten seitens des