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- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1909-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19090804024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1909080402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1909080402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-08
- Tag 1909-08-04
-
Monat
1909-08
-
Jahr
1909
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Dresdner» Nachrichten Mittwoch. 4. August li»Ot> »» Nr. 214 um der Menge den betrübenden Anblick der Verwüst»'»- zu ersparen. Die Gendarpierte hat den Platz im wetten Umfang abgesperrt, da viel Gel- unter den Hausen ver brannter Balken, rische« Stühle, Planken «nd kenster- kreuze liegt, lleberall sind dir Schatzgräber an der Arbeit: Kellnerinnen in Tiroler Tracht bocke» aus der Erde und scharre» mit Blechlösseln die Erde und Asche aus. der Erfolg Ivb»t die Milbe, denn mancher a»g«sch,värz:e «droschen, manches Markstück kommt zutage. Wieder andere forschen nach de« lleberresten ihrer Garderobe. ihrer Möbel und Requisiten. Zwischen den «ngekoblte» Sparren liegen Bierfässer in Menge umber. dereu Hvlzwände so mürbe wie dürre Blätter geworden sind. Die Bierwagcn der Brauereien sahren durch die Straßen, um diese Fässer zu lammeln. Ein Geruch von Bier liegt über der Brand't iite, auf der ei» heftiger Westwind Asche, Staub, Paplerfetzen und Plunder emvvrwirbelt. Hütte gestern dieser Wind ge herrscht wie alle vierzehn Tage vor dem 2. August, der ein wahrer ckü« awe für Dresden ist — denn vor genau vierzig ^fahren ereignete sich das surchtbare Schachtunglück im Plauenschen Grunde am selben Tage —, so wäre vielleicht die g-inze Bogelmiese ein Raub der Klammen geworden. Erst heute läßt sich die ganze Schwere des tlnattt ls überblicken: an die lüv Zelte, Buden und Ver kaufsstelle n sind den Klammen zum Orcker gefallen. Hier schimmert ein wcifier Haufen: ein Hügel von Scherben deutet an. dass an dieser Stelle die Pvrzellaubude mit ihren Tassen und Nippfiguren gestanden hat. Kvusetii deckt alle Ltrasten und Gassen. Aus der Trümmerstätte des Auguslinerbräus ragen noch gefüllte Äohlensäureslaschen in die Luft: da neben liegen die verbeulten und angerutzten Milchkannen aus dem Psundschen Zelt. Die schwerste Erplvsion ver ursachte die Lokomobile im Augustinerbräu, an deren mit Rost überzogenen Eijenteilcu die Monteure bereits wieder an der Arbeit sind. Ueberhaupl zeigt sich allentlmlben ei» fieberhaftes Ve hreben. wieder a »szubauen, was irgend möglich, ist. Denn Zeitverlust bedeutet gerade unter diesen Um ständen hohen Geldverlust. Und eS lohnt sich sich-'-"sind doch erst zwei Tage nach Eröffnung der Vogelwiese ver gangen: sechs Tage, darunter die Hauptiage, stehen lisch bevor. Am Earvlasalvn. dessen vordere Halste auSgebr.niut -ft, hämmern die Zimmerleute, um den Schaden »täglichst bis zum Abend auS.zubessern. Auch die große Zahl der kleinen Buden, deren Zellleinwandbedachuug und Vcr- plailkuna stark unter der Hitze zu leiden hatten, werden ausgedessert. An den Masten der elektrischen Leitungen klettern die Arbeiter mit Steigeisen empor, um die zer sprungenen Zsolaloren durch neue zu ersetze» und neue Drahte zu ziehen. Aus Ln sinnige» werden die unzähligen zerbrochenen und zersplitterte,, Stühle, die sich überall zu Hanse» tür men, davongesahren. Ein trauriger Marnall gngelohtter Schaukelpferde säumt die Straße» im VergnngnngSeck. Wie durch ein Wunder ist der Kiosk der Salem Aleiknm Ziga retten. der rings vom Feuer umschlossen war. unversehrt geblieben. Aus dem Voden der benachbarte» Wurst und K Och ballen spieße» Kurbel und Messer zu Dutzenden., deren Hvlzleile völlig verbrannt sind. Weinen und Klagen der ' in wenigen Stunden völlig vergriitten. bedgneniswerien Schausteller dringt ans «Ohr der Passanten. Mit ver zweifelte,, Mienen sitzen sie aus dem Grabe ihrer Habe. Doch in den meisten Kalle» ist es nicht einmal ihr Hab und Gm: sie haben eS sich geliehen, »in ein pggr Mark zu verdienen. Unter den Trümmern der Fttchhalle liegen Tonnen voll Rollmöpsen, russischem Salat in einem schwar zen Vrei: gegenüber, da, wo die Zische des Langschen Zel tes stand, wird ein mächtiger Hansen Sauerkraut unter einer umgesturzten Tür sichtbar. Tie Karusiells irr der Nähe des Vratwurstgiockiein haben am stärksten gelitten: die Drehorgel» sind ausgebrannt, von den bol ,erneu Pserde- leibern fallen die verkohlten Becne ab: mit MOO M. berechnen diese Besitzer kleiner Reitschulen ihren Schaden, was tür sie fast die Vernichtung ihrer Existenz bedeutet. Ein interessantes Vild bietet die eine Schaukel einer übrigens sonst unbeschädigten sog. ..russischen Liisttchaukel". Deren Voden zeigt ein kreisrundes Loch: hier hat eine erplodierende Kohleniäureilasthe den Boden wie ein Ge schoß glatt durchschlage», um dann wieder zurückzusalleii, ivo sie am Kuß der Orgel geborsten liegt. Daß bei den furchibareu Explosionen, deren Schall beispielsweise selbst in La»'» vernommen wurde, kein Menschenleben verun glückt ist, muß als ein Wunder ohnegleichen angesehen werden, wie überhaupt die Tatsache, daß keine schweren Un- glücksiälle durch Kencr oder Gedränge hervvrgerusen wor den sind, ans Wunderbare grenzt. ES ist nur so erklär lich. daß die Zelte in dieser Spätnachmittagsstnnde »och nicht bis aus den letzten Platz besetzt waren. Daher konnte die flüchtende Menge die Ausgänge schnell erreiche». Heute morgen fand man in den Trümmer» neben dem Lachrempel und der Glasbläserei zwei Gerippe: eine flüchtige Untersuchung ergab aber, daß cs sich hierbei um »zwei große Hunde handelte, die die Besitzer zur Bewachung ihrer Wohnwagen darin zurückgelassen hatten. Merkwür dig gut har eine Batterie Liiuvnadefla'che» aus der Brand stätte des Albert-SalvnS dein Kcuer getrotzt: schwere Boh len sielen rings um sie nieder, einen Schutz gegen Flam me» und Glut bildend. Wie das Feuer anSgekoinmen ist? Die Krage be schäftigt Tausende. Zwei Lesarten gibt cs, da auch die Keuerwehr eine Explosion des Benzinmotors im Lang- schen Zelt nir ausgeschlossen hält: Entweder die Schüsse aus den Miniaturkaiioiien des Zeppelin-Ballons haben die Dekoration in Brand gesetzt oder aber ein »säst ist mit einem Streichholz unvvrsichtia umgegange». Daß Fcuer- werksköroer in solchen, mit Dekorationen ausgestatteten, feuergefährlichen Zelten erlaubt sind, hätte man allerdings für ausgeschlossen halten sollen. Zwei Fordern»- gen ergeben sich un>'crer Ansicht nach aus diesem Groß- scner: kenerwerkskvrper 'oivie jegliche brennbare Deko ration müssen ausnahmslos verboten werden: die Be sucher füllen die Zelte auch ohne diesen Schmuck, der zudem die Buden enger und gedrückter erscheinen läßt. Und dann muß aus der Vogelwiese ein« DainMpritze jeberzett in vvller Bereitschaft gehalten werden. Das jetzige Auf- gebot von Feuerwehrleuten mit der kleinen Spritze genüg» nicht. Leider hat es «uch an den sogetwnuten Feuerlösch- appafaten in den Vuden völlig gemangelt. Der Betrieb in den übrigen Zelte» erleidet durch da» Unglück keine Störung: eS verlautet, daß die vom Feuer verschonten Schausteller die Einnahme eines noch zu be stimmenden Tage« dieser Woche zugunsten ihrer so schwer heimge'uchten Kollegen -arbrtngen werden. Den Verkauf de- gestrige» Nachmittags und Abends schildert solgendrs »ti»««»gSdild. Ei» schwüler Nachmittag. Der Wind, der Tage lang stürmisch aus Westen geweht hatte, war nach Süden um gesprungen und hatte die so lang entbehrte Wärme ins Elbtal getragen. Da zogen die Dresdner und Hunderte auS -er Umgegend mit Kind und Kegel hinaus nach der Bogelmiese. Wieder schob sich durch die Straßen irr Budenstadt eine dichtgescharte Menge, in -er. wie immer an Nachmittagen. Kinder in großer Zahl die Herrlichkeiten der Vogelwiese bewunderten. Fm Zelte des Löwenmenschen war kaum noch ein Platz zu haben: so begierig wäre» die Leute, dieses phänomenale Naturwunder zu sehe». Keiner ahnte, dah dieser elegante indische Tempel wenige Minuten später ein rauchender Trümmerhaufen sein würde. AIS die Borstellung -^>i Uhr zu Ende ivar und die Besucher die Schaubude verließen, lockten gegenüber im Langschen Bratwnrstzelt lustige Weise,, zum Besuch und zu kühlem Trünke: denn die Temperatur war immer schwüler ge worden. Wir aber strebten dem Ausgange an der Fürsteu- straße zu, um die Ltraßeubav» zu erreiche». Zur Rechten, auf der Bank vor der Feuerwache, saßen zwei der Leute: durch die geöffnete Tür sah man die eiserne» Bettstellen, aus Vene,, die Brave», für die der Dienst aus der Vogel wiese auch in der Nacht nicht ruht, kurzer Ruhe pflegen. Neben dem Eingana stand eine zweirädrige Handspritze, mit einem Segeltuche bedeckt. Eine Viertelmiintte später nmr das Fdnll gestört: !a rüstete» fieberhaft arbeitende Hände die Spritze zum AuS- rücken. und im N» ging's im Lausschritt davvn. Was war geschehen? Keiner vermochte es recht zu sage». Die Leute ringsum stutzten, eine Gliitwelle schlug den Passanten ent gegen. ein Zischen »nd Fauchen war in den Lüsten, nun ein Schwirren und jetzt ein Knistern. Fm nächsten Augen blick stieg auch schon eine dicke, schivarze Wolke gar nicht weil entfernt, in der Richtung nach der Stadt zu, in die Höhe. Und nun gellte der Lchreckensruf: ..Keuer aus der Vogelwiese!" durch die «Kassen. Fm Sturmschritt eilten wir hinter der Feuerwehr her. Aus allen Zelten und Buden stürzten die Menschen auf die Straßen, angstvoll Umschau haltend. Doch wir kamen nicht weit. Kaum waren ivir in die Straße eingebogen, die vom Kvnigsplatz au Haaies Rutschbahn vorbei nach dem Earvlasalvn führt, da stürmte uns die Menge der Männer, Frauen und Kin der in wilder Flucht entgegen, so daß jedes weitere Vor dringen »»»löglich war. Gellende Hilseruse schollen d»>ch die Luft, vor uns schlug eine haushohe, grellrote Lohe empor, und eine atemraubende Hitze schlug gegen uns an. Hier war keine Hilfe mehr möglich. Rette sich, wer ka»»! Die Feuerwehr war beim besten Willen nicht in der Lage, an den Brandherd heranzukvmmen. Der An prall der fliehenden Menge war? sie immer und immer wieder zurück. Aber auch wen» sie zur Brandstätte ge langt wäre, sv Hütte die Witt dieses Elementes doch .hin» 'Versuchen, dem Umsichgreifen Einimlt zu tun, getrotzt- Ans dein Umwege rings um die Radrennbahn gelang ten wir zur Vlumciistiaße. wo sich ei» großer Teil der von der Vogelwiese gestobenen Menge a»gesta>tt halte, »m das ebenso ichauriae, wie arvteske Lchansoiel zu betrachten. Tie Tür einer Wohiiiliia im Eckhaus an der Vlumenstraße öffnete sich uns gastfreundlich: vom Eckbalkvn auS bot sich uns ein grandioser Ueberblick über den Brandherd. Die Hitze war trotz der Entfernung von etwa 100 Metern hier so groß, daß man sich ab und zu in das Fnnere des Zim mers zurückziehen mußte: die Fensterumrahmun^en waren glühend heiß. Nun spielte sich vor unseren Augen daS wochielvolle, schreckliche Schauspiel des Brandes der Vogelwiese ab. Von der Stadt her sah man eine tausendlöpsige Schar fick über Amons Wiesen heranwälzen. Ter Hexensabbats- von Klängen aus der Budenstadt war längst verstummt: Tausende von Händen regten sich in jenen Zelten, um zu ictten, was möglich war. Nur das unheimliche Prasseln des von einem infolge der Glut sich erhebenden Zugwinde angefachteu FeuerS war cniruehinbar: dazu ein gelles Hin- und Herru'cu der bestürzten, aus ihren Schaubuden ver triebenen Besitzer. Fetzt rückten mit ianggezogenen Sig nalen aus allen Richtungen die L-oschzügc der Ken erwehr a». Hinter ihnen kamen die schnell alarmierten Füger heiangekeuckt, die Offiziere voran. Bon der Elbe heraus liefen die Kaisergrenadierc, das ganze Regiment, die dritte Kompagnie uittcr Haiiptmann Holilfeld an der Spitze, der einen Persvncndampser zum Ueberietzen über den Strom benutzt hatte, zur Hilfeleistung herbei. Dazu gesellten sich Schützen, l77cr, Traiusoldatc». die zufällig in der Nähe waren, so daß der ganze Platz von Soldaten wimmelte. Mit Todesmut gingen die braven Soldaten ins Feuer, um Mensche» aus de» Flammen zu retten oder auch Hab und Gm in Sicherheit zu bringen. Mit schier übermenschlicher Kraft zerrten und schoben sic die schweren Wohnwagen der Schaubndenbesitzer ans dem gefährlichen Bereich des Feuers: waS sonst sechs Pferde nur mit vieler Mühe voll bringen, ihre vereinten, durch die Gefahr der Situation erhöhten Kräfte brachte» eS zustande. Ein E-Haos bildete sich aus dem Rai'en neben der Vogelwiese: Kisten »nd Kasten, die hunderterlei Hahsetigkeiten der Aussteller türmten sich zu kleinen Hügeln auf. Die Zcltleinwand wurde schnell in Sicherheit gebracht, die Schaukeln und Pferde >vvu den Reitschulen geschraubt, die Dachpappe abge- rissen. Der Schrecken der Tatsache: »Die Vogelwiese brennt!" wirkte auf die eine» lähmend, aus die anderen anseuernb. Hilse zu bringen, wo ,« nur irgend ging. Wir sahen weinende Männer, ohnmächtige Frauen, aber auch junge Leut,, deren Dienste von der Feuerwehr beim Legen von Schläuche», selbst beim Spritzen sehr gern angenommen wurden. Der Wind trieb das Feuer von den großen, ko gefähr lich aneinaiidcrgrenzeiiden Bierzelten an der Rennbahn hinweg nach dem VergnügungSeck zu, wo dl« Zwlschenstände zwischen den einzelnen Karussells zum «klück größer «vare». Dadurch wurde eS der Feuerwehr nach heißer anderthalb, bündiger Tätigkeit möglich, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Roch einmal war ein jäher Schrecken durch die Menge ge gangen. als der Rais erscholl: »Di« Löwen brechen aus!" Die Tiere, die mit ihrem seine» Instinkt das nahe Feuer lehr wohl gemerkt hatten, brüllten schrecklich in den tollen Lärm der furchtbaren Szene. Entsetze» packte aller Herzen, als die Danrpfkessel der Karussells unter getvaltiaem Donner platzten: die traurige «»»de. daß dadurch drei der ivackeren Grenadiere verwun det worden seien, vermehrte daS Grauen der Menge, die, z» Hunderttausend angewachse», wie gebannt dem Wüten -eS Feuers zusah. Ob Kinder verletzt sind, wie die Gerüchte bestimmt be kundeten, ivar selbst von de» Aussichtsperionen nicht zu er fahren. Doch sah man Pflegerinnen über den Platz eile» und Krankenwagen davonsahren. Ein Gang über die Brandstätte, den wir in der neunten Stunde unternähme», gerade, als der Ballon „Zeppelin", der seine am Sonnabend verschobene Nachtfahrt antrat, über die Brandstätte fuhr, bot ein Bild unsäglicher Berwüstnng. Zwischen ausgk- brannten Wohnuug »wagen. Mobiliartrümmern und tan senderlei zerbrochenen Utensilien hindurch bahnte sich der Fuß den Weg, vorüber an schwebenden Trümmern, aus denen erstickender Ranch noch bis lange in die Nacht aus stieg. Ei» zahlreiches Aufgebot von Feucrivehrlente» hictt während der Nacht die Feuerivache, indessen nebenan, in de» vom Kencr unversehrten Straßen allgemach der Lärm der Vctzielwiese wieder erwachte. Doch war eS nicht die alle Freude mehr: das schreck lickie Ereignis Iiatte jeden erschüttert. Als wir um Mitter nacht »och einmal über die Brandstätte schritten, beleuchtete der Mond, dessen Strahlen ln der Lvnntagnacht aus ei» buntes, glänzendes Bild sielen, eine Stätte grancnixtsler Verwüstung, während der fahle Schein des Wetterleuch lens am nördlichen und östlichen Horizont die Helme der wachehaltendeu Feuerwehr aus dem Dunkel ausblitzen ließ . . . Der Polizeibericht meldet: Am Montag abend gegen 0 Uhr hat auf der Vogelwiese ein großes Schadenfeuer siattgesuiidcii, dis in dem Langschen Zelte zum Vrativurstglöcklein entstanden ist und mit außer ordentlicher Schnelligkeit um sich gegrissc» hat Durch das Feuer sind außer dem Langschen Zelte der Augersche Tanz- salon und sämtliche zwischen den Straßen 2 und tj einer seits, de» Straßen 9 und 7 anderseits befindlichen Zelte, Schaubuden, Verkausssiündc und eine Anzahl Karussells vernichtet worden, während einige östlich vom Feuerherd gelegene größere Zelte, unter anderem das Bürgerkasino, vom Keuer mehr oder weniger beschädigt worden sind. Als ein glücklicher Umstand muß eS bezeichnet werden, daß kein Westwind wehte, da andernfalls wohl die ganze Festwiese dem Feuer zum Opfer gefallen wäre, lieber die Ent- stchiingsursache des Feuers hat sich etwas Bestimmtes noch nicht seststellei, lassen. Nach der Darstellung von Augen zeugen soll es aus der KKilerie des Langschen Zeltes durch ein hrennendes Streichholz entstanden sei», das von einem Gaste weggewvrfen worden, durch die Spalte des Fuß bodens hindurch gefalle» sei und die darunter befindlichen Draperien entzündet habe. Eine weitere Annahme, daß das Feuer auch durch ein in dem Langschen Zelte in Be trieb gesetztes kleines ZcppclinschcS Lustschiss hervvrgerusen. worden sein könnte, bürste sich nicht bestätigen. Soweit sich bisher hat sestsiellen lasse», sind tödliche Berunglücknngen bei dem Brande nicht vorgekvmmen. Dagegen sind eine größere Anzahl Personen, nach vorläufiger Feststellung etwa 20, glücklicherweise meist nur leicht verletzt worden. Die als vermißt angemeldeten Kinder sind sämtlich wieder zur Stelle gebracht worben. Die Vogelwiese geht weiter. Der Gesamtoorstand der Privilegierten Bogen schütze n-G ese l l s cha f t hielt heute vormittag in Gegenwart des Oberbürgermeisters Geh. Rat Dr. Beut ler. des Herrn Polizeipräsidenten Koettig und anderer behördlicher 'Vertreter eine V o r st a n d ö s i tz u n g ab. um über die weitere Durchführung des Festes, sowie Maß nahmen zu beraten, durch die den Abgebrannten, Ausstellern unv. »ach Möglichkeit geholten werden soll. Es wurde be schlösse». eine freiwillige Sammlung einzuleiten, deren Erträgnis durch den Rat zu Dresden zur Verteilung ge lungen soll. Außerdem will die Bogenschützen-Gesellschast aus dem Fcstplatz noch 10 Kassenstellen und Sammcl büchien ausstcllen, in die das Publikum freiwillige Beträge einlegen kann. Bis jetzt sind etwa 5000 Mk. gesammelt worden. Das F e st ina h l soll definitiv Wegfälle n und die ersparten Koste» dasür sollen ebenfalls der Samm lung zugute kommen. DaS übrige Festprogramm, die F l l u m i n a t i o n, das S ch la ch t e n p o t p o u r r i »nd daS Feuerwerk sollen im Fnteressc der Fieranten diirchqcführt werden: ebenso hat das Schießen be reits heute nachmittag wieder begonnen. Voraus sichtlich wird Le. Majestät der Künia morgen, Mittwoch. I Uhr, in Begleitung der Prinzessin Mathilde und seiner Söhne und Töchter auf der Vogelwiese erscheinen. ssuim und Äizzenzcliaft. f* Der Berliner Iubilänms-Rettor. Zum neuen Rektor der Berliner Universität für die am 1.',. Oktober beginnende Amtsperiode 1909/10 wurde in einer vom gegenwärtigen Rektor Geheimrnt Kahl geleiteten Wohloersammlung von 72 ordent lichen Professoren der Geheime Regierungsrat Professor D r. Erich Schmidt gewählt. Er wird der hundertste Rektor sein, der an die Spitze der Berliner lim» mntcr tritt, und seine Wahl hat um so größere Bedeutung, als in seine Amtszeit noch die Hundertsahrfeier der Hochschule fällt f* Der Violinvirtuose Arno Hilf, einer der tüchtigsten sächsischen Künstler, ist in seiner Keburtsstadt Bad-Elster an einem Schlagansail gestorben. Professor Arno Hilf war erster Piolinlehrer am Leipziger Konservatorium Er entstammte einer oicloerzweigten Musikersamilie und hatte in Leipzig bei Davids studiert. Rach seinen Wanderjahren, in denen er sich m einen, der eminentesten Techniker, einem der sichersten /rlageolettspieler entwickelte, folgte er einem Ruse an das Leip ziger Eewandhausorchester, später einem solchen an das Kon servatorium dort. f Der Wallcnsteintag zu Altdorf b Nürnberg. „Brüder, es lächelt uns noch die goldene Zeit!..." Das sang Anno >000 der übermütige Student und Funker von Wallenstein au, der hohen Schule zu Altdors »jetzigen Uni versität Erlangen,. Noch steht altersgeichwärzt mit hohen Giebeln gegenüber der lutherischen Kirche das Wallenstein- Haus. noch ganz >o erhalte», wie in jenen Tagen, die »ns das Festspiel anschaulich und markig heute oorsührt. Mit einem anschließende» Festzugc, der alle Gestatten der Wallensteintage — Pappenheimer Reiter, Landsknechte, Professoren und Studenten. Mgrketcndcrwagc» mit Maro deuren. Wallenstcin selbst als Generalissimus «u der Spitze einer zusammcngcivürseltcn Soldateska — plastisch an unse rem Auge vorüberführt. Fra » zTitlmar bat es meister haft verstanden, uns ein farbenreiches Bild jener sturm- beweglen Ltiidcntentagc Wallcnsteins zu Altdors zu geben, ivie er auch im Nachspiel mit packender Dramatik den genialen Feldherr» wieder nach Altdors kommen läßt und jene bekannte historische Anekdote geschickt in Wort und Bild verwertet, wie Wallenstein, gerührt durch, die Bitte seiner ehemaligen Studentenliebe Aennchen Schoppe, die schon der Plünderung preisgegebene Stabt großherzig schonte. Glänzend ist die musikalische Fllustratio», die Dr. Heinrich S ch m id t - B a n r c u t h dem kernigen Fest spiel zuteil werden ließ. Das tolle Treiben der ausge lassenen Pauk- und Zechaenossenschast der Altdorfer Stu diosen klingt aus geschickt verwerteten Motiven der Renaissancezeit: Wie muten uns die historischen Studen- tenlieder aus dem lO. Fahrhundert so wundersam ai! Dieses Festspiel bringt weit mehr als wie jene alther gebrachten Gelege»heit6dichtu»gc». die man sonst von Dilettanten dargcstcllt sieht. Der Himmel hing zwar blei schwer hernieder, aber fröhliche Menschen füllten schon srüh- moracns die enge,, Straßen des kleinen LandstädtchenS, dessen origneller Häuierschmuck so recht in kciS Milien des Festspiels sich ciniügtc. Aus Nürnberg brachte» Exirg- züge viele Hunderte von Besuchern, und rings hörte man nur eine Stimme des Lobes Uber den gelungenen Festtag. Vor de» Arkaden des ehemaligen Nnivcrsitätshvses war eine Bühne so geschickt errichtet, daß nichts Störendes den Eindruck schwächte: Hier spielten sich Anno IßOO genau in demselben Rahme» jene Episoden ab, die der Dichter uns aus jenen Siurmtagcn vvrsührt. Hostheater-Negisieur Karl Grube aus Weimar hat aus den spielsreudi- gcu Bewohnern des kleinen Städtchens eine wirklich wackere Künstlerschar geschossen, und niemand ahnte wohl unter der Maske des Wallenstein den ehrsamen Schmied des Ortes, der Pedell war ein bekannter biederer Schneidermeister, der Famulus hantiert Alltaas ebcnsalls mit Elle und Bügeleisen, während der forsche Darsteller des kecken Stu denten Sebisch wirklich ein Akademiker mit echten Schmissen war. Das liebliche Aennchen, Wallcnsteins Ge liebte, ist auch eines ehrsamen Schneidermeisters Töchter lein —. und alle diese aus den verschiedensten Schichten des Städtchens ziisammengestelllcii ^Mimcn" boten eine so einheitliche Ensemble-Leistung, daß es eine Helle Freude ivar. Karl Grube kann mit diesem schönen Erfolge ebenso zufrieden sein, wie der unermüdliche Vorsitzende des Fcst- spielkomitees Dr. Rudolf Opfermann, dessen uner müdlicher Arbeit das Zustandekommen des Festspiels über haupt zu danke» ist. Der Wettergott liattc ein Einsehen, und wen» auch drohende Wolke» am Himmelszelte hinge», so brauchten es doch die vielen Fremden nicht zu bereuen, das stille Altdors ausgesucht zn haben. Waren doch selbst ans der alten Reichsstadt Egcr in Deutschböhmen, wo der nationale Pulsschlag lebhafter ist als im Reiche, ein statt lich Fähnlein der Honoratioren mit ihren Damen cingc- trosscn, »m den Wallenstein-Spielc» beizuwohnen, die so eben erst in Egcr einen so imposanten Verlauf genommen haben. Altdors kann mit Stolz auf seinen Wallenste:„tag zurückblicle». Hoffentlich schläft auch dort die von natio nal deutschem Geiste erfüllte Einrichtung nicht wieder ein» da ja auch wirt'chastliche Vorteile mit -em nationalen Gedanken verbunden sind.
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