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SS. Jahrgang. ^ 18«. Ve,u«»«r»ttzr „«»IBHN. Br «r». »en^ B,Uch »uxi. maUi«AiNr«un,<«, v»»»< un» M»n>ä,,n nur «inmaN i.ka «k„ durch au»w»rN,i<om> miM«n»r« >,dll «k. «et Ni,«,li^r Au. pellun» durch dl, Pol» rM.(odn,!v«ft«ll,eld>. «I» d«n Leier» «,,, LrBd«, «. Umzebu», «IN La,» »»rher ,u- ,rI>»IN,n »d-nd-Nu«. -ade» «halten dl« au«> ivuniaen lv«t>eher mlt der Äorgen .Uuöoab« >ula»«en pe-eftelU. Nachdruck nur aill deul- luher Quecke»»»,^« ,.Lr««d. «ach».-, p,. lalsig. — Una«>!ang>, «unulkrvt» werden »Ich« »usdELhrl. Mittwoch, 7. J«li IM». ^ogvünSot 18ä« Druck und Verlag von Liepsch Sc Reicdardt in Dresden. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Fernsprecher: 11 * 2KVÄ » 3KK1. Lodvek L Vo. lloklisksrnntsn 8r. Llcis. ä. XVuix» v Luchsen. VLovolLüell, vLvaa8 Vv58erts. Linrvlverlcuut: bc^itc,», 1itw»rict2. Vlnzeigk»-Tarif Annahme von Ankün digungen di- nachm. 8 Uhr. 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W.!- vMlidSiilsei' liml ^ibdinliö» kiorvis nlls sonstixsn ölluliuxv" u. Artikel nur Lrnuksuptlo^s ompUsirlt Isrl Wemiseduclir LIsbttsLemerit Zll'llvesli'size 11 ILrr7 ortigo Lesov. Mutmasslich« Witterung: Ziemlich warm, sehr vcr änderlich. Die Finanzminister der Einzel st aalen traten gestern zu Beratungen über die Reichssinanzrcform zusammen: die Vorschläge der Reichstagsmehrhcit werden, wie verlautet, im allgemeinen Annahme finden. Die Abreise des Fürsten Bll low von Berlin steht bevor. Der Reichstag lehnte gestern in fortgesetzter Beratung endgültig die Elektrizität»- und Nassteuer, sowie die An zeigensteuer ab und nahm die Zündwarenstcucr in zweiter Lesung an. Der Deutsche Bauernbund ist gestern in Griese» gegründet worden. Geh. Rat Ham mann wurde s r e i g e sp r o ch c n. In Berlin findet heute der EnlenburgProzcß statt. Die D a m pffä h re n ve r b i » d u n g zwischen Deutsch land und Schweden (Saßnitz-Trelleborgj ist gestern er öffnet worden. Anläßlich der Anwesenheit des Zaren in England wird am 31. Juli in Portsmouth eine Flottenrevu« stattsindcn. Drei liberale Parteitage Iiabem am Sonnabend und Sonntag i» Berlin zur inneren Lage Stellung genommen und über die vom Liberalismus aus der genenwärtigen Krisis zu ziehenden Konseaueiizcn bemerkenswerte Beratungen gepflogen. Im Mittelpunkte des Interesses stand die parteipolitische Kundgebung der N a t i v » a l l i b e - ralcn, die in einer großzügigen Bede des Abgeordneten Bassermann gipfelte. In dem ungewöhnlich lebhaften und einmütigen Beifall, den der iiationallibcralc Redner für feine Ausführungen erntete, kam die Stimmung der Ber- saipmlung tn prägnanter Weise zum Ausdruck. Nachdem Herr Bassermann zunächst die mehr durch ihre politische Pikanterie interessante, als in der Form geschmackvolle Enthüllung gemacht hatte, das, sich in der verflossenen kritischen Zeit „maircher überflüssige Ratgeber aus Regie- rungskreiscn an die nationallibcralcn Führer hcrangc- ürängt und sie zu bewegen versucht habe, das Feigenblatt für die von der neuen Reichstagsmehrheit angerichtctcn Schäden zu sein", ging er auf eine Würdigung der Ver dienste des Fürsten Bülow ein und wendete dem Reichs kanzler ein voll gerütteltes und geschütteltes Mast von Lob und Anerkennung. Das war nicht nur sachlich gerecht fertigt. sondern auch vom besonderen natioiialliberalcn Parteiftandpunktc aus wobl begreiflich: hat doch Fürst Bülow gerade dem gemästigtcn Liberalismus ei» Ent gegenkommen bewiesen, dessen weite und von echt staats- männischcm Geiste vorgczcichncte Umgrenzung ihm die dauernde Dankbarkeit aller einsichtigen Vertreter dieser Richtung sichern must. Gleichzeitig aber kann man sich des Eindrucks nicht erwehre», dass der Redner i» dem Stürke- grade der persönlichen Lobeserhebungen für den Fürsten Bülow eine gewisse Ableitung und Erleichterung suchte für den moralischen Katzenjammer, der sich, ivcnu auch uuciu- gcstandencrmastcn, der Natioiialliberalcn jetzt bemächtigt, nachdem sie die volle Wucht des durch ihre äusterlich zwar bestechende, innerlich aber kaum kluge Haltung in der Rcichsfinanzreform angerichtctcn Unheils haben empfinden müssen. Vor allem war der vom Libe ralismus in der Frage der indirekten Steuer» zur Schau getragene Doktrinarismus ein politischer Irrtum von so schwerwiegender grundsätzlicher Tragweite, dost darüber eine ernstliche Meinungsverschiedenheit schlechter dings nicht mehr existieren kann, und dast selbst die Natio- uglliberalcn im stillen Kämmerlein nicht umhin können, sich nachträglich an die Brust zu schlagen und zu bekennen: „Unsere Schuld, unsere grosse Schuld!" Es war deshalb auch ganz vergebliche Liebesmühe, wenn der gewandte nattonalliberalc Dcbatter den Versuch machte, das Odium dieser Sache anf daS Zentrum abzn- wälzen. Beim Branntwein, so meinte er, sei der Bruch gekominen, weil der kluge ZentrumSsischer den Köder aus- gcworsen habe, aus den der konservative Fischer hinein- gcsallcn sei. Mit Verlaub! Ganz so einfach liegt der Fall denn doch nicht. Vielmehr must die Frage gestellt werden, warum denn der Liberalismus, uneingedenk seiner höhe ren patriotischen Pflichten, dem ZentrumSsischer überhaupt erst die Gelegenheit bot, in solcher Weise die Situntivn ans- ziinlitze». Hätten die Liberalen es vermiede», sich bei der Branntweinstciier anf die Beseitigung der sogenannten „Liebesgabe für dieAgrarier" zu bersteisen, hätten sie der dok trinären Versuchung widerstanden, diesen alten, abgestande ne» Ladenhüter aus einer früheren, gegen die Konservative» gerichtete» Agiiaiivuöpei iodc bei dieser unpassendsten aller Gelegenheiten wieder herovrzuholcn. so märe auch — das ist ovu hervorragender konservativer Seite ausdrücklich bestätigt worden - der Kamps um die Erbansallstcucr nicht in das hvchkriiische Stadium getreten, das schliestlich mit ihrer völlige» Ablehnung geendet hat. Eine loiiale Bereit willigkeit des Liberalioiii»-.' zu nugeschiuülerier Deckung des Bedarfs an indirekten Steuern hätte die Koniervativen moralisch gezwungen, ihrerseits als Gegenleistung die Zu stimmung zur ErbansaUsleucr allen noch so begründeten Bedeuten zum Trotz zu gewähren. Außerdem Hai der Libe ralismus noch in einem Hauptpunkte versäumt, sich der uv» der Blockpolitik au ihn gestellten „Forderung des Tages" anzupasscn. indem er die nach der ganzen Lage unbedingt gebotene, sorgfältig schonende und rücksichtsvolle pjnchvlvgischc Behandlung des konservativen Blockbruders schwer vernachlässigte. Statt den so lange im »»bestrittenen Besitz der politischen Herrschast gewesenen Konservativen von Anfang a» goldene Brücken zur Verständigung zu baue» und das so wohlbcrechtigtc Selbstgefühl der konser vativen Partei zn schvncn, gefiel sich auch der gemäßigte Liberalismus zu sehr in der Verfechtung von Ansprüchen, die in keinem Verhältnis zu seiner tatsächlichen Macht standen, und in einer polemischen Tonart, die manchmal an die preußische Kanalzcit e-rnncrte. Das mußte nvt- gedningc» auf konservativer Seite Verdruß, Verstimmung und Verärgerung erzeugen und dem Verdachte Nahrung geben, daß es dem Liberalismus bei der Blockpolitik gar nicht aus ein ehrliches Zusammenarbeiten mit den .Kon servativen zu tun sei, sondern daß er nach der Etablierung einer „liberalen Nebcnregiernng". wie in der Epoche des Kanalstreites, strebe. Eine besonders beachtliche Stelle in der Basser- mannschcn Rede bildeten die Darlegungen, die sich mit der Stellungnahme der Nationallibcralcn und ihres hervor ragenden Führers zu der Frage der Reichstags- auslösuna beschäftigten. Der Redner erklärte, es sei nach der Ablehnung der Erbschaftssteuer in zweiter Lesung, diesem „Faiistschlaqe in das Gesicht der verbündeten Rcgic- rungen". manchem seiner Parteifreunde vielleicht unbegreif lich erschiene», daß die Auflösung nicht erfolgte, und fuhr dann fort: „Es ist das nicht geschehe». Wir hätten sie wohl ertragen können, wir waren gerüstet. Ich habe die llcbcr- zeugnng. daß eine große, mächtige Volksbewegung ent standen wäre, und daß in diesem Wahlkampfe Handel. Ge werbe, Industrie, Mittelstand, Beamte und was sonst für Kreise von dieser Finaiizrcfvrm berührt werden, zusammcn- gcstandci, hätten. Dazu diese neue Bauernbewcgung. Ich glaube, daß das alles Faktoren waren, die den Erfolg ge währleisten konnten. Vor allem aber ein Argument: Wir stehen nicht allzuser» den Ncnwahlcn, die nach der Ver fassung erfolgen müssen, den Neuwahlen des Jahres >!U2. Wenn Sie die Frage so stellen, wann sind die Aussichten besser: Heute, wo der Liberalismus kräftig gekämpft har für de» sozialen Gedanke», heute, wo rin mächtiger Un wille über diese konservativ-klerikal-polnische Koalition durch das Land geht, oder I1N2, wenn die schlechten Steuern gnfangc,, zu wirken und die Unzufriedenheit durch das deutsche Land zieht und diese Unzufriedenheit von der Sozialdemokratie aufgcgrisscn werden kann, nachdem die Steuern Gesetz geworden sind — wenn man die Frage so stellt, ist sie im Sinne einer sofortigen Auflösung zu be antworte»." Hieraus geht klar hervor, daß die Natio nal l i b c r a l e » auf eine Reichstags« uslösung li i n z « wirk e» s uchtcn . weil sic durch einen Appell an die Wähler unter der durch die Ablehmin« der Erbschafts steuer gcschasfcnen Konstellation eine Verbesserung ihrer parteipvlttischcn Chancen erhofften. Sic mußten aber die Erfahrung machen, daß die verbündeten Regierungen ans ivvhlerwvaenen Gründen der Staatsraisvn dem national- liberalen Wunsche entgegen ivaren und die Maßnahme der Auflösnna des Reichstages von -er Hgud wiesen. Dadurch sind auch die Nationalliberalcn in die Notwendigkeit ver setzt worden, den Kamps gegen die rechte Seite nicht bis ans die Spitze zn treiben, sondern sich die realpolitische Möglichkeit eines erträglichen Verhältnisses zu den Konser vativen für die nächste Zukunft zu sichern. Vielleicht waren cs mit Erwägungen solcher Art, die Herrn' Wassermann veranlaßtcn. den Bogen gegenüber den Konservativen in seiner Rede nicht altz» straff zn spannen. Der nationallibcrale Führer war sicht ltth bemüht, den Gegensatz zu de» Konservativen nicht unüberbrückbar zu machen und seiner Partei den Weg sür eine kiinflige An näh er» na an die rechte Seite vfsr» zn halten. Damit bewies Herr Wassermann eine richtige vvlitische Erkenntnis, wie sic dem Bülvwschen Block gebauten überhaupt zugrunde liegt »nd wie sie auch die proarannnaiiiche Rede des neuen sächsischen Ministers des Innern beherrscht, der sich z» der unanfechtbaren Aus lassung bekennt, daß „alles staatliche Leben, aller gc- >nndc Fortschritt aus der Spannung zwi^-m den beharrenden konservativen und den vor wärts treibenden liberalen Kräften und ans dem unabttMqe» Streben ihres Ausgleichs beruht". Auch i» der Debatte wurde die Notwendigkeit sür den Liberalismus, wieder Anschluß an die Konser vativen z» suchen, durch de» Hinweis aus die Gefahr ac- strcist, in die das Gcrmanisicrniiaswerk tu der Ostmark bei einer crncnien dauernden Zcntrmnshcrrschalt gerät. Wenn aber der Bülowickc Blockgedanke einer konser vativ-liberalen Paarung den Konservativen aufs neue schmackhaft «emacht und von ihnen als ein unausweich licher nationaler und parteipolitischer Zwang empfunden werden soll, dann muß ihnen auch der Liberalismus in allen seinen Schattierungen als geschlossene, nach außen hin impvnicrcnde Organisation gcgcnübertreten. Nach dieser Richtung aber müssen die kleinen linksliberalen Gruppen der großen nationalliberalen Partei gegen über die Initiative ergreifen. Nicht dem in überragender Stellung befindlichen acmäßiaten Liberalismus kann es ziigcnmtct werden, daß er als großliberalcr Frciwerbcr bei dem Linkslibcralismns austritt, sondern die Links- libcrale» haben die in dem höheren liberalen Gesamtinter- essc begründete Pflicht, sich offen und loyal zu einer Partei- vvlitik zu bekenne», die dem preußischen Liberalismus gern und willig die ihm nach seiner histvrischcn und nationalen Bedeutung gebührende Führerschaft innerhalb des geeinten Liberalismus zuerkennt. Bis zum Durchreisen der Er kenntnis. daß nur auf solchem Wege für den Aufstieg des Liberalismus zu politischer Macht und für eine seiner Bc- dcutuna entsprechenden Einflußnahme auf die Führung des Staatsschifses etiwas zu erhoffen ist, wird zwar der Linksliberalismus noch einen ziemlich weiten Weg partei politischer Selbstzucht und nationaler Vertiefung zurück legen müssen. Immerhin zeugt cs schon von einem ge wissen Fortschritt nach dieser Richtung, aus den die Lehren der jetzigen Krisis nicht ohne Wirkung geblieben sind, daß die Delegierten der Freisinnigen Bvlkspartei und der Freisinnigen Bereinigung in ihren gleichzeitigen Beratungen nicht nur gegenüber dem Nativnalliberalismus verhältnismäßig recht versöhn liche Töne angeschlagc», sondern sich auch ent schlossen haben, eine Verschmelzung ihrer beiden Gruppen ernstlich i» Aussicht zu nehmen. Die Initiative hierzu ist korrekter Weise von der Freisinnigen Vereinigung als der schwächeren Gruppe ausgegange» »nd ein entsprechender Antrag an einen Ausschuß verwiesen worden. Das völlige Incinanderansgchen der beiden Unksliberalc» Gruppen würde unverkennbar einen nicht unbeträchtlichen Schritt vorwärts auf der Bah» der Einigung des Gesamtliberalis- »iiis darstelle», und eö wäre sehr wünschenswert, daß im Falle der Verwirklichung dieses Planes auch die Süddcutsckie Vokkspartci bald nachsolgte und die Verschmelzung mit machte. Fraglich bleibt es allerdings, ob die bisherige leidige Eigcnbrödelei unter dem Linkslibcralismns in ge nügendem Maße überwunden werden kann, um für eine einheitliche parteipolitische Organisation in absehbarer Zeit die Bahn frei zu machen. Berlin. sPriv.-Tel.s Die Frage der Vcr- schmclznngder drei linkslibcralcn Parteien ist nach dem Beschlüsse des Zentralansschnsses der größten Gruppe, der Freisinnigen Bolksvartei, der selbstverständ lich auch von den Vertretungen der beiden kleineren Partei gruppen angenommen wird, dem gemeinschaftlichen Aus schuß der Fraktionsgemcinschast des Reichstages zur weite ren Behandlung überwiesen worden. Dieser Ausschuß, der sogenannte Biereranvschuß, die eigentliche Borstandschaft der linkslibcralcn Fraktionsgemcinschast, besteht aus den Abgeordneten Dr. Müller-Meiningen, Dr. Wicmer, Schrä der »nd v. Payer. . li