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- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1909-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19090701028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1909070102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1909070102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-07
- Tag 1909-07-01
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Monat
1909-07
-
Jahr
1909
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Dresdner Nachrichten Donnerstag. 1. Juli Lv«1» »M Nr. 1K<> «ordere Gondel leicht verbogen wurde. Der beut« nacht ausgebrochene und anbaltende Westfturm löst vier Besorgnis sjir da» Luftschiff au» trotz dessen Sicherung durch ante Beranterung. Oberingenlenr Dürr ist zur Landungsktelle adoereis». Mittel bi brach. 11 Mr 30 Mi». Das Wetter ist stürmisch gewvrdeu. Heftige Böen machen de» Ans- nieg und die 'Weitersahrt vorerst ganz unmöglich. Man schätzt die Windstärke auf 14 Meter in der Sekunde, und r» Ist die ganze Umsicht nnd Energie der Führer erforderlich, um das auf offenem Felde liegende Lnstschifs vor Unfälle» zu sichern. Der Aufstieg wird wahrscheinlich nicht vor morgen früh erfolgen. Nitrit Snlrntznrg Berlin. F ü rst E n l e n - u rg ist gestern abend um 1> Uhr mit seiner Frau» dem Haushofmeister Geritz und Dienerschaft hier aus dem «Stettiner Bahnhof« einge- troffen und hat feine Wohnung in -er Königin Augusta- S«raste bezogen. Er -leibt hier, um den Beginn der Lchivurgerichtsverbandlnngcn gegen ihn abznwartcn. Sein Befinden scheint gut zu sein. Schweres Automobil-Unglück Berlin. lPriv.-Tel.) ,1m Griiliewaid suhr in der vergangenen Nacht das Automobil des Arztes Dr. Aronson-Eharlotendurg gegen einen B»ium und überschlng sich. Die vier ,1 u s asse n des Wagens wurden heraus- geschleudert. Die Mutter des Dr. Arouson und eine iunge Dame. Fräulein Helene Löwenstem aus Lemberg, wurden gegen einen Baum geschleudert und waren auf der Stelle tot. Die andere» Insassen. Dr. Arvnson und seine Braut. .Iran Rosa Daniel, sind glimvslich öanvn- gekommen. letztere erlitt einen Knöchelbruch, Dr. Arvn- lvn allster z>rhlreichen Kvntnsivnen einen Nerven.hvk. Dr. Arouson ist ein bekannter Berliner Automobilist, der u. a. alle Herkomer. und alle Prinz Heinrich-,vahrte», ab solviert hat und als Erfinder des Lciiarlach-Serurns einen hervorragenden Posten in .der chemischen Fabrik von Sehering bekleidet. Den VivinuS-Wageil, mit dem das Unglück geschah, hat Dr. Arouson auf der Prinz Heinrich- Fabri gesteuert, konnte die Fahrt aber nicht zu Ende sich re»: er erlitt in Ungarn einen Defekt, wie es heißt, auch an der Steuerung,, die ihn zwang, die ,1ahrt auszugchen. Die gestrige Fahrt war die zweite, die er unternommen hatte, seit der Lrsagen aus der Reparatur gekommen war. Frankreich und Rußland. Paris. Der aus Petersburg zurückgekehrte franzö sische Botschafter Admiral Tvnchard erklärte einem Be richterstatter des „Platin", das, er aus Rußland den Ein druck einer anfrichligen Herzlichkeit und einer unlös lichen Freundschaft zwischr n ,1- r a n k r c i ch n n d Rutzland mitbringe. Das Bündnis mit Frankreich und die Freundschaft mit England ß'icn die Pole der Politik IswolSkis. Der Kaiser habe noch kürzlich zu ihm ge äußert: „Wie könnten wir unsere Angelegenheiten in Per sien ohne die Freundschaft mit England regeln'?" Diese Politik schade durchaus nicht den guten Beziehungen Ruß lands zu den anderen Mächten- Plan dürfe niemglS ver gessen, dgst eine persönliche und erprobte F-renndlchast de» Zaren mit Kaiser Wilhelm verbinde, und daß die beiden Kaiser in rege», Briefwechsel miteinander stünden. Ander seits liabe zwischen Rußland nnd Italien eine nic Frank reich besonders angenehme Annäherung sich vollzogen. Die französische Diplomatie stehe dieser Annäherung nicht fern. Bon der englischen Marine V v n d v n. „Daili, Telegraph" schreibt: Die Admiralität hat beschlossen, sofort Berhandlilnge» anzliknüpsen zum Zwecke des Baues von zwei Schwimmdocks von sol che» Dimensionen, daß sie imstande sind, Schiffe vom Dreadnought- uns Invineible-Tnv anszilnehiiie». Einzel heiten über die genauen Maßverhältnisse waren noch nicht zu erfahren. Die Docks, sind, wie verlautet, für die O st- knste bestimmt. Das eine wird wahrscheinlich am Time, das andere weiter im Rvrdc» seinen Standpunkt erhalten. Die Kreta-Frage K v n st a » t i n v p e l. In einer Unterredung mit einem Vertreter des „Labah" erklärte der Grvßmcsir, die Be sprechungen des Kabinetts über die Kretas rage dauer ten fort. Die Vaac der Türkei sei besser, als vvr vierzehn Tagen. Tie Zeitiingsnachricht über Kriegsvorbeleitnilgeii der Türkei gegen Griechenland sei dahin richtig zu stellen, daß bis jetzt nichts anderes geschehen sei, als daß man vorsichtshalber die-Durchführung des cntwvrsencu Mobi lisierung»- und A u f ma r s ch p l a n e» vorbe reitet habe. Berlin. Der 4«> I.rhre alte Maschinist Rneß aus -der Schlegeln raste 5 versuchte heute früh ' -Uhr ans Rache! die 1:! Jahre alte Frau des ZimmcrmannS Wolter aus der, 5icckstraste 4 dorr im Haufe auf der Treppe z u e r s ch i e ß e n. Er verletzte sie erheblich durch einen Schuß in die linke Backe und in die linke Körperieiie. Tann schoß er sich selbst eine Kugel in die rechte Schläfe. Beide wurden nach -er, lelnrritä gebracht. Rneß als Polizcigefangener. ^ Paris. In der Berleihuna des Grvßkrcnzes des S i e p l, a i, s o r d c ns durch Kaiser Franz Joseph an deiZ Präsidenten Fallieres erblickt der „Figaro" einen, Beweis der Anerkennung für die von der franzö-j siichen Regierung während der B a l ka n k r i s i s betätigte» Bcmühnnqen um die Erhaltung des Friedens. Madrid. «Pli.».-Tel.! In -er Nähe von Ravia in ter, d» auf den TUS lodier». Der Plaso e Fraxund seine To« tütej/wier andere Gäste ttommen ghziveiselt tich slog eine «omdr^n -es LpeisesaalrR niedevfi stürzte ei». De^Schlo irr, sowie drei de^Gäst so schwer verwunde wird. Rewvvrk. lPriiv.-Tcl.) Di« Gebrüder Wrigh begannen in Ersüllnng der von der «merlkanischc» Regie rnug festgesetzte» Prüfungsbedingungen iu Anwesenheit von Regierungsvertreter» mit ihren Probeflügen in Fort MncrS. Den Bedingungen entsprechend war die Flugmaschine mit zwei Personen besetzt. Di« Personen «belastung betrug etiva Ml amerikanisch« Pfund. Ferner war Feneruugsinaterial für eine Reise von 135 Meilen an Bvrd. Drei Mal mißlang der Aufstieg. da der Motor nicht richtig sunktioniertr. Bei Einbruch der Dunkelheit gelang es schließlich Orvill Wright. allein das Paradefeld einmal z» umkreisen, allerditlgS konnte er sich nur 50 Ge» künde» lialtr». Der Flug ging 1.1 bis 20 Fuß hoch. Die Probeslüge werde» fortgesetzt. der Provinz Oviedo wurde ein B v m b c » a i t e n ta t ver übt. Der Großgrundbesitzer Morgador gab am Sviinabeild abend in seinem Schlosse mehreren «Säften ein Diner. Plöv ! Reise des Königs ins Erzgebirge. Seine Maiostat der König Imt heute früh «< Uhr 54 Min mittels SvilSerzuges vom Hanptbahnhos in Dresden die Fahrt i» de» Regierungsbezirk Ehemnitz angetrete». pas sirrte um o>„ Uhr den Bahnhof in Olvernhau »nd traf 9 Uhr Min. in Knpserhammer-Grünthal ein. Der kleine Ort, der besonders durch die Herr» Kommerzienrat Langer ge hörigen Hammeriverte be-kanni ist. ivar besonders festlich ge schmückt. Nachdem der Monarch nebst Gefolge den Zug verlasse» und die Meldnna des Gemcindevorstandes ent- gegengettvmmen haue, begab er sich zu Fuß nach dem nahe belege»«» Klipferhainmerwerk. In der Begleitung des Königs befanden sich Generaladjntant Exzellenz v. Müller, Flngeladiutanl Oberst v. Eriegeru. Rittmeister v. Frikich. und Kreislmnpiinann von Bur,iSdvrff-Ehemnitz, Amts hauptmalln Dr. Earlitz-Marienberg. Aus dem Hose der Kupseriveoke «>ar ein in den Landessarben gehaltener Pavillon erbaut. Nachdem der König den Pavillon, um welchen der Gemeiiidovvrstaiid. die Beveiue. sowie die Angc stellten des Werkes gruppiert wäre», betreten hatte, hielt Herr Direktor Hentschol in seiner Eigenschaft als Gemeinde Vorsteher die Begrüßunaürede, die mit einem Hoch ans den Monarchen schloß. Im Namen der WerkSbesitzer dankte Herr Albert Lanacr in», aus Auer-Hammer dem König für den Besuch. Hieraus begab sich Se. Majestät zu der von den Kilpfermerkcu veranstalteten Ausstellung, die eine Sehenswürdigkeit darstellt und -das Entzücken aller Fach lenke hervor ruft. Ausgestellt sind halbseitige Erzeugnisse der Werke und die ans ihnen «hergestellten kn unvollendeten Gegenstände. Die Bleche, runde nnd Fassettenstübe sind von erstaunlichen Dimensionen und seltenster Reinheit. Klipserdrähte, Kupferkabel, sowie alle für das Werk in Be tracht kommenden Metallkvmpofitivneii, ferner handge trieben« Gegenstände vollenden die Ausstellung. Das Ganze stellt ein großes Bicreck mit außerordentlich ge schmackvoller AnSstattuna dar. Erwähnt sei, daß die Er zeugnisse der Knpser,verte in allen Fachkreisen hoch a-eschätzt und außerordentlich beaehrt sind. Der König hielt mit inner Anerkennung nicht zurück. Der Monarch nahm einen «hm am Busen im Ausstellungsraum daracreichten Imbiß an und machte hierauf einen Rundgang durch die Merke. Nach eiilstliiidigem Verweilen bestieg der König mit feinem Gefolge die bereit stehenden Automobile und tralf fünf Mi nuten spater in Olbcrnhau ein, wo zu beiden Seiten der inneren Grüiull-aler Straste die Schulkinder Spalier bilde- !e„ und den Landesherr» mit Hurrarufen bcarüßien. Auf dem Marktplätze I»alten dicht vor der Kirche da» EmpfangS- kvmiiec mit Herrn Bürgermeister Steuer a» der Spitze, so wie die Militäivereine, die Schützciigesellschaft. die frei willige Feiierivehr, die TaintätSkolonne und der Turnver ein Ausstellung genommen. Da der Einzug deü Königs sich bei Regen weiter vollzog, fand die Begrüßung durch die städtischen Behörde» in der Turnhalle statt. Bürgermeister Steuer dankte dem Monarchen i» markigen Worten für die der Stadt zuteil gewordene hohe Ehre und bekräitigtc das Gelöbnis der Treue der Stadt Olbernhau durch ein Hoch ans Te. Majestät. Sodann stellte der Bürgermeister die Mitglieder des Magistrats» die Vertreter der anderen Behörden nnd die Mit glieder des Empfangskomitees dem Monarchen vor, der einzelne Herren durch Ansprachen anszeichncte. Hiernach bewegte sich der Zug. gefolgt von einer stürmisch nach drängenden Menschenmenge, zu «Fuß »ach dem nahegelcgc- nen Balllians Tivoli, vvr welchem der Militärvercin a»s dem benachbarten Mumenau Ausstellung genommen hatte. Die Treppen und Korridore des Tivoli, in dessen Saal zu Ehren des KöniaS eine Industrie-Ausstellung veranstaltet ist, waren prächtig geschmückt. Der Saal selbst bot einen herrlichen Anblick. -Für ein von Frl. Langer dargercichieS Blumenarrangement dankte der König mit freundlichen Worten. Tie Bühne war durch den Besitzer der Olbern- lmuer großen Blnmenfabrik in einen prächtigen Garten verwandelt worden, dessen Mitte ein großer Rofcn-Pavillon zierte. Im Saal« selbst hatten die bedeutendsten Vertreter der dortigen Industriellen ihre Erzeugnisse ausgestellt. Alle Zweige der Industrie: Holzspielwaren, Brandmalereien, knllstvollc Zier- und Lnrusgcgenstände, Erzeugnisse der Lebensmitielbranche, Blcchspielwaren usw. sind in reichhal tiger Weise vertreten. Daneben hat Herr Gcwcrbeschul- direktor Frhr. v. Wagner ein Miniatur-Erzgcbiigsdorf nebst Frviiancr Hammer und GrostrnckerSwalder Kirche ialles nach der Natur selbst angesertigi) ausgestellt und auch die Zündhvlz'abrit Schuster u. Ev.. sowie die weltbekannt.' Möbelfabrik Weinhold in», und die Olbernhauer Stadt brauerei. sowie das graphische Gewerbe fehle« nicht, des» gleichen die Anthrazytwerke. die mit Delteichetten vertreten und. Der König verweilte bet jedem Stand ultd^ab wieder« holt seinem Interesse und der Anerkennung über das Ge sehene AuKdruck. davel manchen her Herren Aussteüer durch Ansprache» anSzeichnend. Der König danckte in warmen Worten für die ihm durch die interessante Ausstellung ge- niachte Freude, verließ nach halbstündigem Berweilen die Ausstellung und bestieg das bereit stehende Automobil. Bon hier begab sich der Mvnarch zunächst nach Ansvrung «nd daun »ach Zöblitz. wo er eine Besichtigung «der Ser- renttnkteinsabrik und -es Stetnbruche» unternahm. vertliches u«d Sächsisches. Dresden. 80 Juni. -* Se. Matestät der König bat heute früh 0 Ul,r 54 Minuten die vorstehend aussührlich geschilderte Landes- retse im Regierungsbezirk Chemnitz angetrcten. Dir Rück kehr erfolgt nächsten Freitag t Ubr 24 Minuten nachmittags nach Dresden bezw. Wachwitz. * Zur LnndtagSwabl. Der Wablausichuß -er Ratio- »allibcralen Partei für den 24. La nö tag s ma h lk r e t S Dresden-Land, welchem Vertrauensleute aus alle» dem Kreis zugeteilte» Ortschaften angehüreu, hat alS Kandidaten für die bevorstehende LandtagSwahl Herrn Kausmann Max Ku ntzc i» Niederiößnttz anfgestellk. Herr Kuntze ist Mitinhaber der seit über 50 Jahren bestehenden Bankfirma Albert «nntze u. Ko- i» Dresden. —* Bürgcrinbilänm. Herr Fabrikbesitzer Kommerzien rat Otto Wctgang aus Bautzen, Ehrenbürger der Stadt Bautzen, feierte am Sonntag in seiner Billa in Blasewitz das »«»jährige Bürgerjubiläum. Aus diejem An laß hatte fick, das Bautzner Ratskollegium fast vollzählig, sowie eine Abordnung des SmdtverordnettnkollcgiiimS z» dem Herrn Jubilar »ach Blasewitz begeben. Herr Ober bürgermeister Dr- Kombler und der Stadtverordnete»- Vorsteher Herr Rechtsanwalt Drache begrüßte» und be glückwünschten den Jubilar zu diesem Ehrentage im Name» der städtischen Kollegien der Stadt Bautzen unter Ueber- rcichung eines Bürgerdiplvms und statteten ihm dabei er neut Dank ab für die hervorragende Betätigung seines echten, edlen Bttrgersinnes. —* Nach dem heutigen Festgottesdienst in der Zittaucr Iohanneskirche wurde dem Dresdner Hauptverein der Gustav-Adols-Stistung außer verschiedene» Attargeschenken eine Spende von über l«UXXt Mk. überreicht. Heute nach- mittaa werden die Teilnehmer sich nach dem Lybin be gaben, wo anläßlich dcS 200jährigen Bestehens der Oybiuer Bergkirche eine Feier stattslndcil wird. —* „Parseval III" über Leipzig. Wie wir im Morgen blatt schon meldeten, hat der in Bikterfeld vorläufig statio nierte lenkbare Ballon „Parseval Ill'k gestern abend eine sehr gelungene Zielsahrt nach Leipzig und zurück unter nommen. Tie Fahrt nach Leipzig lm it dem Windes währte nur 25 Minuten, die Rückreise nach der Heimat «gegen den Wind) beanspruchte 35 Minuten. Am selben Tage, wo ein „Zeppelin" von seinem nunmehr fast sprich wörtlichen Mißgeschick ereilt wurde, errang ein „Parsc- val" einen glänzenden Sieg. Früher mar's eine Zeitlang anders. So launenhaft ist eben auch das Glück in der Lust. Für Major Parseval ist der Erfolg um so schöner» als er gerade in der letzten Zeit heftig, aber unberechtigt, ange griffen worden ist, weil seine Ballons „noch keinen richtigen Erfolg zu verzeichnen gehabt" Hütten, wie Freiherr von Gemmiilgen. ein naher Verwandter Zeppelins, schrieb. Parseval zog es vor, statt mit Worten gleich mit einer Tat zu antivorten, deren Augenzeuge wiederum das in solcher Hinsicht neuerdings vom Glück begünstigte Leipzig war. Das Interesse der Bevölkerung unserer Schwesterstadt er höhte sich dadurch um so mehr, daß ein Leipziger Offizier, der durch seine kühnen Ballonsahrtcn bekannte Lustschifser Hailptmauil Härtel vom Trainbataillon Nr. 10, Teilnehmer an dieser gelungenen Fahrt war, die ihn, der eben erst von seiner Taner-Frciballvnsahrt Bikterfeld- Gvldberg in Schlesien zurückgetehrt war, direkt zweimal in 150 Meter Höhe über die Trainkasernc in Gvhlis dahin- fülirtc. Den Eindruck, den die Ankunft des Parscval- Vallvns a»f die Leipziger machte, schildert der Bericht eines Augenzeugen in den „L. N. 2k.": „Wie ein Lauffeuer ver breitete sich gestern nachmittag gegen 0«^ Uhr das Gerücht: „Zeppelin kommt von Gohlis her nach Leipzig". Sv hieß es anfangs ans den Straßen, die sich im 'Nu mit dichten Menschenmassen füllten, die alle erwartungsvoll nach Nor den blickten. Und bald begannen sich auch wieder die Dächer zu bevölkern, und ans den oberen Stockwerke», aus allen Fenstern hielt man Umschau. Doch als der braungelbc Ballon, der langsam über den Dächern hcranschwcbte, näher kam, ward bald überall der anfängliche Irrtum erkannt. ES ivar der Parscval-Ballvn, der über dem Westen der Stadt seine Fahrt nach Süden sorksctztc, Connewitz und das Eonnewitzcr Holz überflog und dann zwischen Oetzsch und Gautzsch gegen ^7 Uhr wieder seinen Kurs nach 'Norden nahm, nachdem er einige Manöver in der Lust ge macht. So ging-es wieder Leipzig zu, wo die Straßen ich inzwischen noch dichter bevölkert hatten. Und so schwebte der „Parseval lll" zum zweiten Male heran. Bald er kannte man sein dickes, rundes Kopsende hier und da zwischen den Dächern »nd Giebeln der Südstraße. Fast genau ihrem Zuge folgend, setzte der Ballon seine Fahrt lvrt und stand, als die RathauSuhr die 7. Stunde zeigte, genau über dem Königsplatz und verschwand dann, der Richtung der PetcrSstraße folgend, nach Norden über dem Häusermeer. Beim Passieren des RathausturmeS ließ sich ungefähr die Höhe abschätze», in der sich der „Parscval III" über dem Erdboden befand! es mögen ungefähr 120 bis 130 Muster errichte,, und dort Festspiele » I» Bayreuth alljähr lich veranstalten wollen. Aufrichtig gestanden, wir glauben nicht recht an die Verwirklichung dieses kühnen Planes, abgesehen von zahlreichen inneren Gründen schon deshalb nicht, weil das Krollsche Theater schon längst sür den Neu bau des Königlichen Opernhanies in scste Aussicht genom men worden ist und sich ein anderer geeigneter Platz hierfür schwerlich finden dürste. Auch svnst meine» wir, daß Bayreuth keinen Grund Hai, eine Berliner Kvn- tnrrcnz je zu fürchten. Das „Rollen der Begebenheit" macht sich in Berlin auch in anderer Hinsicht fühlbar, lieber 'Nacht ist hier ein neuer, seltsamer Sport in Ausnahme gekommen. Ans viele» stillere» Straßen hört man jetzt plötzlich ein eigenartiges Schnurren und Rolle». Es sind keine Fahrräder, dazu ist der Rhythmus zu streng geteilt, es sind »och weniger Antv- mohile, dazu sind die Töne zu sanst und schmelzend. Es rst ein ganz neues, llngewvhiitcs Geräusch in der Lärm- sinsonie der Straße. Schnell tvilimt es näher, und man gewahrt aus Rollschuhen leicht dahinglciteilde, äußerst schnell vorwärts kommende Männlein und Fräuleins. Es ist ganz merkwürdig, wie asscnartig schnell dies neue Beförderungs mittel hier Eingang gesunden hat. Anfangs wagten sich nur einige Kühne spät abends verschämt auf den Straße»- asphalt. Bald vermehrte sich deren Zahl, und setzt kann man, namentlich in den stilleren Straßen des fernen Westens, zu jeder Zeit diele modernsten Rollschuhfahrcr sehen. Die breiten, gerade», ebenen und durchweg asphal tierten oder mit Holzpflaster versehene» Straßen Groß- Berlins eignen sich sür diesen neueste» Sport, der aber vielfach schon zu einem wirklichen Verkehrsmittel gewor den ist. in ausgezeichneter Weise. Tie Polizei hat ihm nur vereinzelt Hindernisse bereitet. In Schüncbcrg tauchte ein Verbot auf, das aber überraschend schnell beseitigt wor den tst. Das macht, daß der Berliner Polizeipräsident von Stttbenrauch ein großer Sportfreund und sür Neuerungen aller Art sehr empfänglich und entgegenkommend ist. Seinem Einfluß tst wohl in erster Linie die ungewohnte lpolt»«ttolrran» gegen diese neu« Erscheinung »uzuschrelben, die ja .zweifellos im belebten Straßenbildc ihre Bedenken hat. Vereinzelte Unfälle sind auch bereits vvrgckoinmeii. Aber das Aittomobilfahre» ist jedenfalls weit gefährlicher und hat sich dennoch längst eine herrschende Stellung im mannigfaltige» Berliner Verkehrswesen erobert. Deshalb kann und wird man auch den Rollschuhlälijeru beiderlei Geschlechts ihre Daseinsberechtigung nicht absprechen. Weshalb will man cs. abgesehen vom Vergnügen, Leuten verwehren, aus so billige Weise und „ans eigenen Füßen" a»S Ziel zu kommen? Man gelangt schließlich wirklich dahin, sich ans seine eigenen Füße zu verlassen, wenn man immer wieder davon liest, wie der preußische Eisenbahilminister und dessen Un tergebene, die doch eigentlich nicht gegen, sondern sür den Verkehr arbeiten sollten, geradezu verkehrsfeindliche Maß- nabmen treffen. Der nencste Speisewagen-Erlaß, der ja auch nicht gerade vcrkchrssördcrlich ist, gehört, dg er kein Berliner Ereignis ist. nicht in den Rahmen dieser Betrach tungen. Was aber soll derjenige, der die Verhältnisse ans den Berliner Stadt- und Vvrvrkllahiicn a» den Sonntagen aus eigener Anschauung kennt, dazu sagen, daß «ich die Berliner Verwalkuna gerade diese Tage zu einer Razzia auf jene Schwerverbrecher ausgesucht hat, die i» einem Vororkzug des Nordringes mit Fahrkarten dritter Klasse zweiter gefahren sind? Man muß das unglaubliche Ge dränge an Sonn- und Feiertagen auf Berliner Stadt- nnd Vorortbahilhöscn und in den Zügen schaudernd mit- erlcbt haben, um zu wissen, daß dem, der von einem Aus flug« überhaupt noch vor Montag früh sein Heim erreichen will, gar nichts anderes übrig bleibt, als sich und die Seinen von dem reißende» Strome einfach in bas erste beste, natür lich vollständia überfüllte Abteil tragen zu lassen. Ob man dabei ei» solches zweiter, dritter oder vierter Klaffe (falls cs solche in dem Zuge gibt) gerät, kann auch der bertthm- teste Prophet nicht vorher wissen, tst auch gänzlich gleich, gültig. Man fährt, eben wegen der menschenunwürdigen Ueberfüllung, in jeder Klaffe gleich schlecht- Die Verwal tung, die diesen Zuständen vollkommen machtlos gegen- übersieht, vielleicht auch aus ErsvarniSrückstchten nie rechte Versuche zur Abhilfe gemacht hat, ist bisher so vernünftig gewesen, sämtliche Augen zuzudrückcn und es stillschweigend zn dulden, daß an solchen Attönahmctggcn Leute m>4 Kar te» dritter Klaffe zweiter fuhren. Plötzlich wird aber ans solche „Verbrecher" Jagd gemacht und jeder, der in einer höheren Klaffe betroffen wird, mit sc N Mark gestraft, widrigenfalls er unbarmherzig wegen „Betrugs" der Königl. Staatsanwaltschaft nngezeigt wird. Ein armer Familienvater, der drei Sprößlinge sein eigen nennt, ist auf diese Weise um volle 30 Mark erleichtert worden. Er wird wohl mit Frau und Kindern nicht sobald per Eisen bahn wieder einen Ausflug untcriielinicn, sondern vielleicht mit Kind »nd Kegel schleunigst Rollschuhlaufcn lerne»! Lernen kann der Berliner immer und überall- Hier gibt cs ständig 'Neuerungen, und oft von einer verblüffen den Eigenart, die nur nvch drüben bei den Mnkecs Sciten- stücke findet, oft freilich a»ch, ohne daß man cs weiß, von drüben eingcführt ist. So möchte» wir fast darauf schwören, daß der neueste Trick eines Berliner MissionSvercinS in»«!» in Fmericm ist. Wenigstens mutet er durchaus vankcchast an. Besagter MissionSvcrein hat nämlich zahlreiche Send- linge mit Phonographen ansgestattet, deren Platten einen vollständigen Gottesdienst mit Kirchenliedern, Liturgie nnd Predigt enthalten. Sie gehen in die Wälder um Berlin, suchen sich dort geeignete Plätze au», setzen den Apparat in Tätigkeit, und alsbald sammeln sich zahlreiche Berliner Ausflügler um sie und hören andächtig zu. So kommen Leute, die sonst nie in die Kirche gehe», plötzlich zu einer Andacht und wissen nicht wie! Allerdings wird diese Art, kirchlich indifferente Menschen mitten in ihrem SonntagS- Nachmittags-Vergnügcn zu einem „Gottesdienst" gleichsam zu zwingen, nicht nach jedermanns Geschmack fein und man wird auch nicht glauben können, daß damit für ihr Seelen heil oder sür ihre weitere Lebensführung sonderlich viel gewonnen sein wird. Immerhin ist die Sache an sich schon ihrer Neuheit wegen von Interesse. Auch beweist sie, wie sehr wir uns in Berlin immer mehr amertkantfteren. Ueberhaupt schielen wir ständig nach dem Ausland und machen ihm wahllos alles. Gutes und minder Gutes, ge«
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