Suche löschen...
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1909-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19090506025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1909050602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1909050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-05
- Tag 1909-05-06
-
Monat
1909-05
-
Jahr
1909
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Dresönev Nachrichten Donnerstag. «. Mai Lvt»U MM Nr. 125 Zwickau, «taatsauwalt Tr Roux, Vrofestor Dr. AeuftLdt-Lchne« derg. PaUor emer. Tegnty-Grobdauchlitz bet Döbeln, Bürgerfchul »irekior a. D. IunghannS unb KommlsfionSrat Iunkrr-Setpzlg. Anschließend an diese Audienzen empfing der Monarch die tzosdepartem»nt«ch«ss zum Rapport und kehrte hierauf nach Wachwitz zurück. Nächsten Freitag vormittag 11 Uhr 30 Min. wird sich der König mit dem fahrplanmäßigen Schnellzuge zu einem mehrtägigen Iagdaufenthali nach Tarvis begeben. —* Ihre Königlichen Hoheiten Prinz und Prinzessi Johann Georg erschienen heute vormittag in der Ausstel lung, woselbst sie durch die Herren Kommerzienrat Eilomon, Di rektor Dr. Kubsahl und Rentier Frohne im Aufträge de» Direk toriums begrüßt wurden. Di« Herrschaften besichtigten zunächst im Hauptsaalr für Länder- und Dölkerkund« unter Führung von Sir Benjamin Stone dessen Bildersammlung in der Koje Eng land. Sodann wurde dav Atelieraebäude mit dem von Herrn Lichtbildner Erfuith betriebenen Musteratelter besucht und «in Rundaang durch di« große Jiidustriehall« unternommen. Die Herrschaften verweilten dabei besonder, in der Abteilung für Kamerabau und ließen sich einige neuere Modell« näher oor- sühren. —* Ihre König!. Hoheiten derPrinz und die Fra u Prinzessin Johann Georg werden beute abend 8 Uhr dem Bortrage des Mstr. I. C. Pvwys. M. A-, in der DreS-ner Gesellschaft für neuere Philologie iiber: »Julius Cäsar" in der Technischen Hochschule beiwohnen. —* lieber den Besuch der königlichen Familie und des Herzog-Regenten von Braunschweig in Meisten schreibt das dortige »Tageblatt": Gegen 1 Uhr trafen die Herrschaften mit Sonderdampser am Landeplah Scharfenberg ein. wo eine Ehrenpforte errichtet worden wai und die umliegenden Häuser reichen Schmuck angelegt hatten. Der Militärverei». der Turnverein. Gciangveretn und Obstbanverein von Naustadt. Gruben und Reppina batten fast vollzählig zum Empfange des Landesherr« im Festllcide und mit Fahnen Ausstellung genommen. Als die Herrschaften an Land gekommen waren, brachte Ritterguts bcsitzer Oelimicheu-Schörsenberg ein Hoch auf de» Landes Herrn auS. Tie Begrützung geschah durch Amtshauptmann Freiherr» v. Oer-Meisten. Darnach wurden die Lerettstehe», den töniglichen Hvswageu bestiegen und die Landfahrt tm Tale aufwärts nach Gruben. Reichenbach, Meisten an getreten. In Gruben bildeten die Schulkinder von Nau stadt Spalier. Die ansangs geplante Besichtigung -es alten Schlosses Scharfenberg war wegen Abwesenheit des Päch ters unterblieben. Die Ankunft in Meisten über den Plenen her erfolgte gegen 2 Uhr. An der König!. Por- zellanmanufaktur empfingen den hohen Besuch die Herren der Verwaltung, und zwei kleine Mcihnerinnen, dieTüchter- chen der Herren Faktor Würfel und Proscssor Hösel, über reichten ihren König!. Hoheiten Prinzessin Mathilde und Prinzessin Johann Georg je einen prachtvollen Blumen strauß. wofür den aufmerksamen Spendern hulövvllsi ge dankt wurde. Die Besichtigung der Manufaktur, die sich über alle Raume erstreckte, dauerte bis kurz nach H4 Uhr. dann erfolgte die Rückfahrt Mit Wagen nach dem Bahnhof Trie- bttchlal und von da die Rückkehr mit Sondcrzug nach Dresden. — * Der Konservative Verein zu Dresden hielt, wie bereits kurz erwähnt, gestern abend im Weißen Saale der »Drei Raben" seine ordentliche Gcneraloer- jammlung ab. Der Vorsitzende. Herr LandgcrichtSrat Tr. K r a n e r. begrüßte die erschienenen Herren und er stattete den Geschäftsbericht über das verflossene Geschäfts jahr. Er konstatierte mit Genugtuung, datz nach langen Kämpfen und Ueberwindnng großer Schwierigkeiten es ge lungen sei, dem sächsischen Bolle ein besseres Wahlrecht zu schaffen, um dessen Zustandekommen sich von den Mitglie dern des Vereins besonders die Herreü Geh. Rat Dr. Mehnert und Oberbürgermeister Beutler verdient gemacht hätten. Die kommenden Landtagswahlen werfen ihre Schatten voraus. Der Verein habe wegen der Auf stellung von Kandidaten sich mit der deutsch-sozialen Reiormpartei, der MittelstandSveretnigung und dem Haus- besitzerocrein in Verhandlungen gesetzt, und mit den beiden letztgenannten Vereinen auch eine Einigung erzielt. Danach 'ollen in Dresden kairdidieren: für die konservative Partei Vuchbinderobermeister Unrasch und Gymnasial- oberlehrer Dr. Thümmler. vom Hausbesitzcrverein Staöt- rat Lchümichen und Rechtsanwalt Kohlmann, von der Mitrelstandsverettttgung Kaufmann Möhring. Zwei Wahl kreise seien zurzeit noch unbesetzt. Die deutsch-soziale Re- formpartei habe drei Wahlkreise für sich beansprucht, ins besondere den Wahlkreis östlich der Eisenbahn DreSdcn- Klvtzsche. Diesem Verlangen habe nicht stattgcgeben werden können. Infolgedessen habe die deutsch-soziale Resormpartci jedes weitere Zusammengehen mit den Dresdner Konser vativen abgclehnt. Dieser Beschluß sei sehr bedauerlich, Senn er werde nur den gegnerischen Parteien von Nutzen sein. Der künftige Wahlkampf werde ein außerordentlich scharfer sein. Tie Nattonalliberalen und die Freisinni gen würden in allen Wahlkreisen Kandidaten aufstellcn. Auster mit den Wahlen habe der Verein im verflossenen Jahre sich auch wiederholt mit der ReichSsinanzresorm be schäftigt. - Herr Hoflieferant Stadtrat Weigandt er stattete den Kassenbericht, der eine» sehr günstigen Stand answeist. Ein namhafter Betrag sei dem Verein von einem Patrioten zu nationalen Zwecken geschenkt worden Die IahreSrechnnng ist geprüft worden und wurde ein stimmig richtig gesprochen. — Die Neuwahl des Vor st andc S erfolgte durch Zuruf, und es wurden einstim mig micdergewühlt die Herren LandgcrichtSrat Dr. Krancr als Vorsitzender und Ttadtrat W'kurka und Gymnasial- oberlchrcr Tr. Thümmler als dessen Stellvertreter. — Nach Erledigung des geschäftlichen Teiles der Vcrsämm- lung hielt Herr Generalsekretär Kunze einen längeren Vortrag über: ,»t« R «ich »f tnan-rrlor m". in Le« er u. a. auSsührt«: Die konservativ« Partei und der Bund der Landwirt« haben »»nächst aus prinzipiellen Gründe» gegen die Nachlaststeuer Stellung genommen. Die Nationalliberaleu waren eS, Li« danach ansingen, sich au» taktischen Gründen für Lies« Gteuer zu begeistern, und aeraö« sächsische Rattonalliberal« waren die ersten, dt« den Umschwung herbcisührten. Fest «»blieben sind nur der Bund der Landwirte und dt» preußische« Konservativen, und zwar au» nationalen Gründe»; d.i» soll ihnen nach- gerühmt «erden, denn konservative Männer dürsen nicht ihre eigenen Freunde mit Schmu» bewerfen. Wir selbst sind nicht für eine Nachlabsteuer, die etwa» ganz anderes ist al» ein« Srbanfallsieuer. Wen« wir tm letzten «runde einer Erbanfallsteuer »uaestimmt Laben, so haben wir eS W> wir nicht getan, weil wir etwa der Üeberzeu-ung wären, daß e» eine gerechte Form der Besteuerung de» Besitzes ist. sondern deshalb weil die augen blicklichen Machtverhältntste derartige sind, daft, wenn wir nicht die ganze Finanzreform scheitern lasier« wollen, ein Opfer von uns gebracht wer den muß- Mindestens zweifelhaft ist es, ob andere Parteien, besonders der Sinken, zu ähnlichen Opfern bereit sind. Geschehen mutz etwas, und eS wird geschehen, nur am guten Willen fehlt cs bi» jetzt. Bor allem darf die Linke ihre Ausgabe nicht darin erblicken, das Volk gegen die Konierrmtiven zu verhetzen. Wenn nicht der link« Teil deS Liberalismus Opfer zu bringen berett ist. dann ist es nicht ausgeschlossen, dah die Finanzreform schließlich doch noch mit der Partei zustande gebracht werden muß. die sich für unsere vaterländischen Verhältnisse bisher immer so unheilvollcnEinslusscs erwiesen hat. dem Zentrum. Bester ist eine Finanzreform mit einer Erbansallsteuer, als keine Erbansallsteuer ohne Finanzreform. iLebhaster Beifall.) — Geh. 3tat Dr. Mehner t: Der städtische Grundbesitz würde bei der Erbansallsteuer viel schlechter abschnctüen, alS der ländliche, ebenso bet der 'Nachlabsteuer. Warum spitzt sich der Kampf gegen die Erbansallsteuer bet einem Teil der Konservativen lo zu? Der Hauptgrund mag folgender sein: 1906 ist die Erbansallsteuer. wie sie jetzt besteht, zum erstenmal im Reichstag beraten worden. Damals hat -te Negierung durch ihre hevoorragendsien Vertreter, auf deren Wort man zu bauen gewohnt rvar, erklären lasten, dab es völlig ausgeschlossen sei. daß die Erbansallsteuer je auf Kinder und Ehegatten ausgedehnt werden könne. Und 1908 war dieses feierliche Versprechen vergeffen. Das sind Vor gänge. die allerdings d«S Vertrauen aus das tiefste erschüt- lern mutzten, und wir können es denjenigen, die sich nun als Feinde der Nachlaßsteuer hinstellcn, nicht verdenken, wenn sie sich heute fragen: wie geht haS nun weiter? Wen» das Reich nach Jahren noch mehr Geld braucht, dann wer den wahrscheinlich noch höhere Prozente von dieser Steuer verlangt werden. Die Steuer wird ungerecht wirken. Ein Vermögen von 19 000 M.. das z. B- A. hinterläbt und das der einzige Sohn erbt, bleibt steuerfrei, während 10 Erben des V„ der 20 000 M. hinterlieb, auf ihre Erbteile von je 2000 M. die Steuer bezahlen müssen. Die Steuer würde ich geradezu als eine Strafe für diejenigen Eltern Heraus stellen. die viele Kinder haben. In der ganzen Frage der ReichSsinanzresorm hat es an einer euer- gischen Führung durch die Rcichsrcgierung gefehlt. <Sehr richtig!) Gegenwärtig ist die Situation olgende: ES ist die Wertzuwachs»euer vorgeschlageu. Diese würde wieder in besonderer Weise den städtischen Grund besitz treffen. ES ist an und für sich kein unrichtiges Prin zip. wenn von dem mühelosen Gewinn, den jemand infolge her Konjunktur macht, ein Teil an das Reich gezahlt wird, aber viele Gemeinden haben di« Wertzuwachssteuer schon als Kommunalsteuer. Soll sie diesen Gemeinden, die mit ihr nach Wegfall der städtischen Oktrois rechnen müssen, wieder genommen werden? Eine Doppclbelastung durch die Gemeinden und das Reich verträgt der Grundbesitz, der letzr gerade im Begriffe steht, ans schwerer Not der letzten Jahre emporzusteigcn, nicht. Immerhin werden wir mit einer Wertzuwachssteucr rechnen, wenn sie nicht als allei nige Steuer vom Besitz, sondern neben der Erbansallsteuer kommt. Tic Lösung der Frage mutz in den nächsten zwei oder drei Wochen unbedingt kommen, wenn unser Vater- land vor dem AuSlande nicht einen moralischen Schissbruch erleiden soll. lSehr richtig!) Wenn aber alles abgelehnt wird, dann bleiben nur übrig eine Auflösung des Reichs tags oder der Abgang des Reichskanzlers. Bei einer N e i ch S tag sa u f l ü s u ng aber kommt für die natio nalen Parteien nichts heraus. Stcucrfragen sind noch nie eine gute Wahlparole gewesen. Es ist zweifellos aus geschlossen. namentlich in Sachsen, daß die Wahlen wieder so günstig aussallen, wie 1907, es würden wohl viel eher Reminiszenzen von 1903 anstauchen. Der Demagog weih, daß das Wort: »Haltet die Taschen zu!" die «Versicherst: Wahlparole ist. Auch der Abgang des Kanzlers würde nichts nützen. Und der Mann, der gestern seinen 60. Geburtstag gefeiert hat, hat gerade in den letzten Wochen in unserer auswärtigen Politik so Großes geleistet, daß wir ihm nur aufrichtig und herzlich dankbar sein und alles tun müssen, um ihn aus seinem Platze zu erhalten. (Lebhafte Zustimmung.) ES bleibt alko nur das eine übrig, ernstlich weiter zu arbeiten, um endlich doch noch die Steuerreform zum Abschluß zu bringen. Das ist eine Pflicht aller Par teien, und besonders die Liberalen möchten sich an ihre Brust schlagen und sich angesichts der jetzigen Verhältnisse sagen: oulps, men oulps! Wir in Deutschland sind in Bezug aus die Erhebung indirekter Steuern anderen Ländern gegenüber noch die reinen Waisenkinder. Für den Fall, daß die Wertzuwachssteucr im Reichstage keine» Beifall findet, hat die konservative Fraktion eine Steuer in Vorschlag gebracht, die uns besonders nahestcht, weil sie den Vorschlag unseres Oberbürger meister »Be u t l« r Rwftellt: die «esitzwechfelaLaave für den Grundbositz. ES mlttzte aber auch das Essektengeschäst weiter besteuert werden durch Erhöhung de» Gchlutznote». stempel». Im RetchSschatzamte ist man durchaus nicht abgeneigt, Lt«s, m Vorschläge Beutler» näher zu treten. Unter den prentztschen Konfer»att«en gibt eS eine ganze Anzahl. die in Bezug aus die Gteuer- srageu aus dem Standpunkt« der sächsischen Konservativen siehe», man kan» eliva die Hälfte antuhmei». Wir könne» vorläufig nicht» weiter tun. al» dem herzltcheu und aufrich tigen Wunsche Ausdruck zu geten. dab e» endlich gelinge» »erd^ die berufenen Instanzen zu überzeugen, daß e» dt« höchste Zelt ist. zu einem Resultat« zu gelangen, da» unsere» deutschen Namen» und der Ehr, unserer Station würdig tsi. lAnhaltender Beifall.) — Sammerherr v. Blumenthal: Es wäre lebdaft zu bedauern, wenn der Block in Stück« gehen und da» Zentrum an seine Stelle treten würbe. Die Not de» Reiche» ist grob und zwingender als alle di« Be- denken, die gegen die Erbansallsteuer erhoben werben. Wenn in einer so wichtigen Frage wie der ReichSsinanzresorm die Ansichten in einer Partei auSetnanderaehen. so ist da» ge- witz zu bedauern, man darf e» aber nicht vergessen, datz in allen groben wirtschastlichen Fragen bet allen Parteien sich Differenzen herauSgebildet haben. Wenn wir unsere Sondermeinung zum Ausdruck bringen, so ist da- ein Be- wei» dafür, datz wir gewillt sind, da- Vaterland über die Partei zu stellen. Wir «vollen aber dabei nicht »««testen, datz unsere Parteifreunde, -te sich gegen die Erbansallsteuer ablehnend verhalten, sich von den gleichen patriotischen Ge danke» leiten lassen. (Beifall.) — Gqmnasialobevlehrer Dr. Thümmler schließt sich tm großen und ganzen den AuSsühningen der Vorredner an. Wenn behauptet wird, daß unsere Resolution für die Erbansallsteuer nur aus Furcht vor den kommenden sächsischen Land tag stvah len ge- faßt worden sei, so ist das eine politische Brunnenvergistung. Die Erbansallsteuer widerspricht in keiner Weis« dem kon servativen Tivoli-Programm. Sie ist eingeführt in einer groben Anzahl von autzerdeutschcn Staaten und ebenso in einigen Staaten innerhalb Deutschlands, ohne daß nur jemals berechtigte Klagen laut geworden sind, daß diese ErbansaMeuer den Familiensinn und den SpaMnn zer störe. Wir müssen darum die Beschlüsse, die der konserva tive Gesamwvrsiand am 6. April d. I. gefaßt hat, billigen und den sächsischen Delegierten im SOer-ÄuSschutz unseren Dank dafür auSsprechen, daß sie auch in diesem Ausschuß die Anschauung der sächsischen Konservativen energisch ver- treten haben. An die konservative Retchstagssraktion mutz das dringende Ersuchen gerichtet werden, olle» zu tun. um die ReichSsinanzresorm mit grötzter Beschleunigung und. wenn nicht anders möglich, auch mit Ausnahme der Erb anfallsteuer in dieselbe, zustande zu bringen. Hoffent lich werden die prcutzischen Konservativen doch noch dazu komme», daS Vaterland über die Partei zu stellen. (Leb hafter Beifall.) — Damit war die Debatte geschlossen und es wurde die einem Teil der Leser bereits mitgeteilte Re solution einstimmig angenommen, die folgenden Wort laut bat: »Die Generalversammlung des Konservativen Vereins zu Dresden vom 1. Mai 1909 erklärt, datz sie in der auf Kinder und Ehegatten ausgedehnten Erbansallsteuer — trotz der gegen dieselbe bestehenden Bedenken — eine den obwaltenden Verhältnissen am ehesten entsprechende Be steuerung des Besitzes für Reichszwecke erblicken mutz." —Ein Verein zur wirtschaftlichen Hebung von Dres den rechts der Elbe hat sich, wie früher schon kurz gemeldet, unter dem Vorsitz des Herrn Rechtsanwalts Dr. jur. Vetter in der Neustadt gebildet. Der Verein bezweckt, den wirt schaftlichen Rückgang der Stadtteile rechts der Elbe zu be kämpfen und durch verschiedene Maßnahmen die geschäft- lichc Koniunktur zu heben. Ein Vergleich mit den Ver hältnissen vor 30 Jahren und der Gegenwart führe den von Jahrzehnt zu Jahrzehnt erfolgten Rückgang der Neu stadt lebhaft vor Augen. Zunächst sei durch die Einführung der Straßenbahn der Geschäftsverkehr von der Neustadt ab- gelrnkt und dann durch die Errichtung des Hauptbahn- Hofes ein großer Teil des Verkehrs der rechten Stadt- Hälfte entzogen worden. Auch die bevorstehende Ver legung des Schlachtbofes nach der Altstadt und die in Aus sicht genommene Erbauung eine» neuen Schauspielhauses würden den Verkehr der Neustadt ungünstig beeinflussen. Das Emporbltthen der Altstadt habe den Bewohnern der rechten Stadthälfte leider zur Gewohnheit werden lasten, ihre Geschäfte in der Altstadt zu erledigen. Es müsse ver sucht werden, das militärfiskalischc Areal an der Earola- brücke, welches beute zum großen Teile noch so brach liege, wie vor 12 Jahren, während in der Altstadt ganze Stadt viertel lIvhannstadt. Bäurisches Viertel) emporblühen, zu erschließen und zu bebauen. Des ferneren müsse daraus gedrungen werden, daß die Herstellung deS Königsufers baldmöglichst in Angriff genommen werde. Weitere Ein führung geschlossener Bauweise im Innern der Neustadt, Schaffung von Straßcndnrchbrüchen, welche dem VerkehrS- bedürfnis entsprechen. Erschließung des Baulandes Dres den-Nordwest, Errichtuna eines Zirkus und Festhallen- baues an der König Albert-Straße und vieles andere bildeten Aufgaben, deren Lösung der Verein versuchen will. — Der 1. Deutschc Bliudeutag findet vom 2. bis 4. Juni in Dresden statt. Ein seltsamer Zufall hat eS gefügt, daß gerade hundert Jahre verflossen sind seit der Geburt deS genialen, blinden Franzosen Louis Braille, des Erfin ders der erhabenen Punktschrift. Die Braillcsche Schrift kann man mit Recht als die Grundlage der modernen Blin- denbildung bezeichnen. Sein System eroberte im 19. Jahr hundert den Erdball. Ein Rückblick auf das verflossene Jahrhundert zeigt so recht die enormen Fortschritte de- Blindenwesens. Um 1890 erregte eine Maria Theresia von Paradies 'Aussehen, die nrit Hilfe in Holz geschnittener aiößcre sächsische MännergesangSsest statt. Für das zweite allgemeine Männcrge'ängSiest in Dresden hotte Richard Wagner „Das LiebcSmahl der Apostel" komponiert, -aS unter Leitung des Tomevers und der Mitwirkung des Orpheus auigeführt wurde. Im Herbst 1859 wurde das 25jährige Bestehen des Vereins mit einem großen geist lichen Konzert in der Frauenkirche festlich begangen. Hos- laoellmeister Krebs und die Hosopcrniänger Rudolph, M itterw » rzer und Fren z wirkten mit. Das weltliche Konzert am zweiten Festtag enthielt nur Werke, die iür den Orpheus und ieinc Bierteljahrliundert-Feier geschrieben worden waren. Im folgenden Sommer, im August 1860, c mang der Orpheus den c r st c n S i cg i m G c !a ng s - Wettstreite zu T e p l i tz. In einem Preissingen in R eiche nberg erringt er vier Jahre später eben falls wieder einen Preis. Festlichkeit folgte auf Fest lichkeit. Dem ersten deutschen allgemeinen B n n d c s g e ia u g s f e st in D r e s d c n reiht sich das 25jährige D i c n st j u b i l ä u m deS Orpheus-Di- r i g e n i c n M it l l e r an. 1874 kann der Orpheus die Feier seines 40jährigen Bestehens begehen, zwei Jahre später kr ängt er sich in Amsterdam eine goldene Medaille. Aus de» achtziger Jahren sind die Berusuna des Oberlehrers C. G ö t l> c zum Dirigenten, das 40jährige Dirigentcnsubi- länm Müllers und das goldene des Vereins besonders be merkenswert. Theodor Müller-Reuter, der fetzige Kreieldcr Musikdirektor, war der nächste im Jahre 168» installierte Dirigent, welcher bis zum Jahre 1893 im Amte bleibt, wo ihn ein ehrenvoller Ruf nach Krcield lockt. Zu seinem Nachfolger wird Albert Kluge gewählt, mit Seifen Berusuna die glücklichste und erfolgreichste Aera" iür den Verein anhebt. Unter feinen Auspizien begeht der Verein festlich die Tage seines 60jährigen und 70sälsri- gen Bestehens, unter seiner Direktion erringt er im Mat illOl beim PreiSsingen der sächsischen Männcrchöre den ersten Preis. Das sind natürlich nur di« ragendsten Daten au» der Geschichte -eS O r p h e u s, die sich aus der Fülle der denk würdige» auf den Verein bezüglichen Ereignisse an dieser Stelle herauShcben lassen. Besonders interessant in dem Büchlein ist auch die Veröffentlichung der PreiSrichter- tabellen vom Preissingen sächsischer Männcrchöre bei Ge- lcgenheit der Internationalen Kunstausstellung zu Dresden im Iabre 1901. L tzt man die bedeutsamen Etappen der Geschichte des Orpheus nochmals vor dem inneren Auge vorbeiziehen, so kann uian den Schluß worten der Chronik aus vollem Herzen beipflichten: Noch ist er auf dem Weg zur H^e des Säkulums. Keine Sorge, daß er sie nicht gleich ehrenvoll ersteigt, wie er in der Ver gangenheit manches sich ihm hart und schroff entgegen- stellende Hindernis siegreich zu überwinden gewußt hat. ll. v. Aphorismen von Dr. Rud. Lyrolt. Der ausgezeichnete Wiener Schauspieler D r. Rudolf Tyrolt. einer der reifsten Gestalter, die der deutschen Bühne durch Jahrzehnte eigen waren, veröffentliHt bei Wtlheln^Brau c, Wien unt ^ ' Wiener Theaterlebens. Um- gediegene Bildung, die erlreuliche Begabung, frisch, g, mit leicht satirischem Einschlag zu schildern, lassen die ntlichung weit bedeutsamer erscheinen, als die übliche Be- müller^ Wien und Leipzig, unter dem Titel „Allerlei von Theater und Kunst" einen stattlichen Band^von Lebenserinnerungen, ins besondere Betrachtungen des ' fassende gediegene Bildun lebendig, mit le'^ Veröffentlichung reicherung der Memoirenliteratur durch «inen schreibenden Schauspieler. Auf Einzelheiten soll noch näher eingrgangen werden. Von den Aphorismen, in denen Torolt wie aus der Bühne so oft den Nagel auf den Kopf trifft, seien schon jetzt einige bezeichnende wiedergegeben: Der Schauspieler laste sich nt« durch sein Talent verleiten, die Grenze zu überschreiten, dr« der Verstand gezogen hat. Der häufige Wechsel de» Personale« an einem Theater ist der Störenfried eines guten Ensemble». Ein zu gut rinstudiertes Stück kann mitunter den Eindruck eines Automatenspieles Hervorbringen. Ungebildete Schauspieler werden selten überzeugend wirken. Für manchen Komiker ist das Lachen der Zuschauer das Ccharlachtuch, das den Stier unbändig macht. Ein trauriger Zustand, wenn die tadelnden Wort« ernster Kunstkritik taube Ohren finden. Protektion ohne wirkliches Talent nützt bei der Bühne nur für kurze Zeit. Das Gluck des Schauspielers besteht darin, dringend gebraucht zu werden. Es gibt nichts Traurigeres als altgewordene Lieb haberinnen. die in keinen anderen Rollenkrcis einzutreten ver mögen. Sie leiden durch die Grausamkeit der Zelt und eine tückische Grenze ihres Talentes, die sie nicht voraussehcn konnten. Vergiß nicht über Nuancen die Rolle! Komiker neigen zur Melancholie. Warum? Die Lächerlich keiten der Menschen bilden ihr Studium. Schauspieler, die nicht wissen, was Angst und Aufregung ist, können leicht auf den Weg geraten, routinierte Kunsthand werker zu werden. Das Opercttenwesen verdirbt vielfach gute Echauspieltalente. Tharaktcristiker werden leicht Karikaturisten. Der richtige dramatische Künstler spielt nicht für dav Publi kum, nicht für den Kritiker, nicht für den oder da», sondern für sich, für sein Kunstideal, für sein künstlerisches Gewissen. Männer: sie ld und mehr ammlung. Dom deutschen Schauspieler verlangt man etnen „ Kosmopolitivmus in seiner Kunst. Er soll Shakespeare. Ma lier«, Talderon. Ibsen, di« italienischen, polnischen, di« mooernen Frauen lernen leichter und gewissenhafter als M haben beim Rollenstudium mehr Fleiß, mehr Geduld Sammlung. «n wären dafür nicht zu haben. Da» Individuelle, das Eigenartige, da» Stückchen .Zch". da» wir in unseren Leistungen darmeten — da» macht den Schauspieler zum guten Schauspieler.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)