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Donnerstag, 18. Februar 19M. Anzeigen-Taris dlgurrgen dis nach-' 8 Uhr. Lonnraas l i i Marrenjuatze 38 vc-.l N dlS » .,! Uhr T e»njp«Ultge Grundici.«' il:o. 6 Luden, 2Ü . Famtlieu ^»achruin^. au, Dreodeu .rO 4t > Geschäfts-Lu zcigen o: » der PnoatseUe .^eil« 3V M i die z-.r eUpottiqe ^jeUe a. LextsLite LÜP'. — Hn Nummern noti, Sonn u Feiertagen die emjpaUtge Lriüik. zrile30Ps..auiPr ovl seit^ 40 Ps., ganttllk-, Nnchnchten a Ttcedcu dteÄlundzeUe2k»Pt. '.luüwarttste Nujtt.ige nur geqen Boruusb.- »ahlung. — Jede.; Be. iegdlutt löstet 10 Ps. Hauptgeschäftsstelle: Martenstrastr 38/40. LiolMMerlalilik ch 865768153886 5/7. ^, Ilvmplette almtslliiiig einer VVoknun§ mit Leleuctitungs- Körpern kür Sasglüklickt LLK. 80,-. ^ - ScIKI«»» s». 1_^I8'5!K0W ortr^s Losov. Mutmatzliche Witterung: Leichter Frost, veränderlich. Die Interim sbrücke wird in nächster Nacht 12 Uhr auch für den Fährverkehr wieder freigegcben. Der Reichstag begann gestern u. o. die Beratung der "Novelle zum Lankgesetz: Staatssekretär o. Bethmann-Hollweg begründete di« Vorlage eingehend. Das Preußische Abgeordnetenhaus führte die erste Beratung der Berggesetznooelle zu Ende. Als Ersatz für die Nachlabsteuer wird man sich, wie ver lautet. jedenfalls auf eine weitere Erbanfall st euer einigen. Eine große Anzahl Professoren der Anatomie und Zoolo gie, Direktoren anatomischer und zoologischer Institute usw. erlassen eine bedeutsame Kundgebung für Häckel. Großfürst Wladimir Alexandrowitsch ist in Petersburg gestorben. Im ganzen Apenninen-Eebiete herrscht furchtbare Kälte. Aus der Türkei und Persien werden heftige Erd beben gemeldet. Der türkische Kabinettswechsel hat mit aller Dämlichkeit gezeigt, daß die Verhältnisse im Osmanenreich noch lange nicht als konsolidiert gelten können. Daran ist besonder,; der Umstand schuld gewesen, daß nach dem großen Umschwung im Sommer vorige» Jahres gleichsam zwei Regierungen nebeneinander be standen, die ossiziclle und die jnngtürkische Neben- oder besser gesagt Ueberregierung. Dieser dualistische Lustand liarg große Gefahren in sich und liat jetzt mit dem Sturze dcS Großwcstrs Kiamil Pascha ein erstes Opfer gefordert. Den äußeren Anlaß dazu bot ein mehrfacher Personenwechsel im türkischen Ministerium, der .nia.mil Pascha von der jnng- türkischen Parlamentsmehrheit sehr verübelt wurde, weil sie darin Anläufe zu einer planmäßige» Reaktion witterte. Tic Kraftprobe wurde gemacht: Kiamil Pascha siel und der bisherige Minister des Inneren Hilmi Pascha trat an seine Stelle als Großwesir. Der tiefste Grund des eben voll- zc>geneil Kabinettswechsels ist in der Unmöglichkeit zu suchen, auf die Dauer einen Ausgleich zwischen der ver antwortlichen und der geheimen Regierung herzustellcu. Das ging wohl eine Zeitlang, aber die Reibungen zwischen beiden Instanzen mußten schließlich zn irgendeiner Erplv- iion führen. Beide behaupteten, sie allein seien die ivahren Hüter der türkischen Verfassung und verdächtigten sich gegen seitig öffentlich, wie insgeheim. Tie Iuugtüxten fühlten ijch als Herren der Situation und wollten die eigentlichen drei Faktoren der Staatsgewalt — den Sultan, das Mini sterium und das Parlament — ganz unter ihren Willen zwingen. Hiergegen sträubte sich natürlich der bisherige Grotzwesir und glaubte sich in seinem Widerstande um so mehr gefestigt, als das Ungestüm des jungtürkischeu Ko mitees und di« mancherlei Mißerfolge seiner bisherigen Herrschaft ihm viele Sympathien im Volke und im Parla ment verscherzt 1>ab«n. Ans diese Tatsache bauend, wollte der greise Kiamil Pascha den Versuch wagen, dem Iung- türkentum einen schweren Stoß zu versetzen. Und die Ge- lt-genhcit war ihm günstig: die Entdeckung einer angeb lichen Verschwörung gegen den Sultan und den Thron- iolgerprinzen wurde kräftig aiisgenaitzt. um das jung- türkische Komitee zu diskreditieren und seine Machtstellung im Lande wie im Parlamente zu erschüttern. Aber Kiamil Pasckia hotte sich verrechnet, nicht die Inngtürken, sondern er selbst wurde das Opfer des eigene» Planes. Sei es, daß er die Umstände für günstiger hielt, als sie es wirklich waren: sei es, daß sei» iniigtürtischer Rivale und jetziger Nach folger im Großwesirat, Hilmi Pascha, ihm hinterlistig ei» Bein gestellt hat, über das er trotz seiner Schlauheit ahßnngsloS stolperte, kurzum: Kiamil Pascha ist gestürzt im Kampf mit dem fungtürkischen Komitee, mit der jung- türkischen Kammcrmehrheit. Sic ist jetzt Sieger ans der ganzen Linie: der Sultan hat im Streit zwischen ihr und dem Grohwosir den letzteren sofort fallen lassen und ein Mgnn nach sungtürkischem Herzen bekleidet nun die Stell« deS höchsten Beamten im Lsuiancnreich. Dies der Ausgang der Bersassungskrisis. Seine Fol ge»? Um den gestürzten Kiamil Pasäia selbst ist es nicht schade: er war ein verbrauchter GreiS, ein Zögling des alten Regimes, starrköpfig und hinterlistig. Zudem ganz in den Händen der Engländer, die ihn bejvnders in der auswärtigen Politik ganz nach ihren Wünschen gängeln konnten. Kiarnjl Paicha hat feinem Nachfolger viele un erledigte Probleme hinterlassen, Probleme von größter Tragweite für die Zukunft des Osmancnreichcs. Ob Hilmi Pascha der Mann sein wird, sie einer gedeihlichen Lösung entgegcnzusührcn'? Die Urteile über ihn lauten sehr ver schieden: die einen sehen in ihm nur einen geschäfts gewandten Beamten im jungtürkischen Stil und einen ziel- bewußten Intriganten: die anderen dagegen verehren in Hilmi Pascha eine staatsmannische Kapazität von unge heurer Arbeitskraft. Die Zukunft erst kann lehre», wer recht hat. Bisher hat mail den neuen Großwcsir näher nur als Generalgouverncur Ntazedoniens kennen gelernt: diesen ebenso wichtigen, wie schwierigen Posten hat er allerdings, allem Anscheine nach, gut ansgefüllt, so daß die Hoffnung besteht, er werde auch als leitender Minister die aus ihn gesetzten Erwartungen rechtfertigen. Die mazedonischen Fragen, zurzeit mit die aiisjchlaggebendsten für die Türkei, beherrscht -Hilmi Pascha sehr genau, und er hat während seiner Tätigkeit als Generalgouverneur reichlich Gelegenheit gehabt, sich mit allen Problemen der türkische» auswärtigen Politik eingehend vertrant zu machen. Vielleicht trägt das dazu bei, endlich der Schmierig keiten Herr zu werden, die sich bei den Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn und Bulgarien ergeben haben und Europa noch immer in einiger Unruhe halten, wenn auch die Hauptgesahr beseitigt erscheint, nachdem alle Groß mächte ihren festen Friedenswillen in der Orientfrage be kundet haben. Ob .Hilmi Pascha sich wieder mehr zn Deutschland hinwenüen oder im englischen Fahrivasser weiterscgeln wird, bleibt abzuwarten. Er wird sich wohl nicht so leicht in die Karten blicken lassen, wie sein Vor gänger, denn die unliebsamen Nebenwirkungen der allzu scharf orononeierten Engländersreundschaft sind von den tür kischen Staatsmännern bereits erkannt worden. Ehe wir Deutschen über den neuen Mann und den neuen Kurs in der Türkei urteilen, wollen wir seine Taten abwarte». Wir be trachten die Entwicklung der Tinge ganz uninteressiert, nur mit dem Wunsche, daß das neue Regime im Osmancn- reich sich >» ruhiger Stetigkeit ausbauen und in seiner Auseinandersetzung mit Oesterreich-Ungarn und Bulgarien von friedlich-lonaler Gesinnung leiten lassen möge. Dieser Wunsch ist um so aufrichtiger, als die Gefahren der Lage nicht zu verkennen sind. Wohin soll die Türkei kommen, wen» bei Auseiiianderictznngen zwischen Parla ment und Kabinett, wie znm Beispiel jetzt im Fall.Kiamil Pascha, sich Armee und Marine zu direkt revolutionären Drohungen verleiten lassen und Ossiziere aller Grade in Uniform bei den entscheidenden Parlamentssitzungen gleich sam als -Hauptpersonen auf den Tribünen mitagieren? Eine politisierende Armee und Marine sind noch für jeden Staat ein Verhängnis gewesen,' wie die Geschichte lehrt. Wenn die Armee und Beamtenschaft in der Türkei nicht bald wieder zu Zucht und Ordnung znrückgesnhrt werden, wird man sich auf unliebsame Ucbcrraschungen gefaßt machen müssen. Die vernünftigen Iungtürken möchten die eingertssenc Unordnung gern bannen, aber die Geister, die man einst rief, wird man nicht so leicht wieder loS. Unter solchen Umständen werden selbst optimistische Be urteiler Bedenken trageil, die zukünftige Entwicklung der Türkei in allzu rosensarbencm Lichte zu malen. Undurch sichtig ist das Verhältnis zwischen Regierung und Ncben- regierung auch jetzt noch: unberechenbar die -Haltung der politisierenden Offiziere: nirgends tan» man mit Sicher heit erfahre», was an den Meldungen über die jüngste Bersassungskrisis interessierte Dichtung und was die Wahr heit gewesen ist. Die frühere Palastwillkür scheint dnrch eine andere ersetzt zu sein, die »ichi weniger schlimm ist: nicht nur Berufspolitiker regulieren den Gang der Staats maschine, sonder» außenstehende militärische Elemente grei se» rücksichtslos und willkürlich in das Geiricbe ein. Wie soll daS ende» ? Selbst die deutsche offiziöse Presse läßt bei Erörterung des Kabinettswechsels leise Mahnungen durch- töncu. So wird der „Köln. Ztg." offiziös ans Berlin ge schrieben, daß die Bedeutung des Ministcrwechscls inKvn- stantinopel nicht nur darin liege, daß mit -Hilmi Pascha ein Mann von frischer Kraft an die Spitze der Regierung trete, sonder» vornehmlich in der Möglichkeit, jetzt zur lange ver mißten Einheitlichkeit tin Kabinett selbst und damit auch zum völligen Einvernehmen zwischen Kabinett »nd Parla ment zu gelangen. Solange die Gegensätze zwischen Re gierung und Komitee bestanden, ivar es begreiflich, daß daS letztere ans die Gewalt, die eS an sich geriifen hatte, nicht zugunsten einer Richtung verzichte» wollte, die eS, wenn nicht für feindlich, so doch für bedenklich hielt. Jetzt sitzen die Iungtürken selbst in der Regierung, und die Gründe, die bisher für das Fortbestehen der Ncbcnregie rung geltend gemacht werden tonnten, scheinen jetzt weg zusalle». Es wird sich nun fragen, so heißt cs in der oisi ziösen Auslassung weiter, ob die Inngtürken genug Polin scheu Sinn besitzen, um sich aus einer Ncbenregicrnng i» eine Regierungspartei zu verwandeln. Wer cs mi, dcr Türkei gut meint, kann nur hoffen, daß die Entwicklung sich in diesem Sinne vollziehen möge, denn das bisherige Bestehen einer Doppelregiernng enthalt so viele Elemente der Auflösung und Zersetzung, daß mit ihm ein ruhiger Gang der Regierungsmaschine aus die Dauer nicht mög lich ist. Neueste Drahtmeldungen vom 17. Februar. Deutscher Reichstag. Berlin. lPriv.-Tel.j Ter Gesetzentwurf betr. Ein wirkung von A r m e n n n t e r st ü tz u n g aus öffent liche Rechte steht zur zweiten Lesung. Tie Kommission empfiehlt Annahme der Vorlage unter Hinzusügung der Bestimmung, daß auch Unterstützung zum Zwecle der Jugendfürsorge nicht als eine den Verlust vsfeut- lichcr Rechte herbeisührende Armenunterstützuug gelten soll. — Tie Kommission beantragt ferner eine Resolution, den Reichskanzler zn ersuchen, dahin zu wirken, daß die hiernach für das Reich einzusührcnden Beschränkungen des Verlustes öffentlicher Rechte im Falle von Armenunter stützung auch i» de» einzelnen Bundesstaaten Gel tung erlange». — Ein sozialdemokratischer Antrag will erstens das, was diese Resolution gnstrebt, gleich im vor liegenden Gesetz festlegcn: zweitens bestimmen, daß nicht nur die „in Form vereinzelter Leistlingen", sondern über haupt alle „zur Hebung vorübergehender Notlagen" ge mährten Uutersiützniigen eine» Verlust öffentlicher Rechte nicht nach sich ziehen. — Abg. Li eben bürger ttvns.j: Meine volitischeu Freunde sind darin einig, daß der Ent- muri das bringt, was notwendig war. lieber den An trag -der Sozialdemokraten ist kaum noch zu diskutieren, soweit er sich aus das Landesrecht bezieht. Auch den ande ren sozialdemokratischen Antrag lehnen wir ab. So, wie die Kommission den Eittwurs »orschlägt, werden wir ihn aiinehme». — Abg. V r ü h u e lSvz.j: In der Kommission ist uns ja schon gesagt worden, Württemberg, Bayern und Sachsen würden sofort ebenso vorgehe», wie das jetzt im Reiche geschehen soll. Von einigen anderen Staaten ist das aber nicht gewiß, deshalb ist cs im Interesse eines einheitlichen Rechts besser, Sic nehme» unsere» Antrag an. Auch unser zweiter Antrag empfiehlt sich, weil er alle Unklarheiten beseitigt. — Ilittersiantssekretcir Wermulh: Ich bitte, den ersten Aittraa aus verfassungsrechtlichen Be denke» abzulehnen: er greift in die einzelstaatlichen Ver sassiingsrechtc ein »nd ist daher für die verbündeten Re gicriingen unannehmbar. Sollten Sie statt dessen die Re svlutivn der Kommission annehmcn, so würde der Reichs tanzler nicht verfehlen, diese Anregung an die Einzelstnaten wciterzugeben. Auch den zweiten sozialdemokratischen An trag bitte ich abzulehnen, zumal ohnehin schon die Ein füguna des Begriffs „vorübergehend" in das Gesetz nicht ohne Bedenke» ist. — Abg. M a y e r - Kansbeuren sZentr.j: Meine Freunde müsse» schon aus prinzipiellen staatsrech: lichen Erwägungen der Resolution ihre Zustimmung ver sage», obwohl unsere Vertreter in der Kommission- die sich wohl über die Rechtslage nicht so klar waren, der Re solntion zustimmten. — Abg. Everling snatl.j: In der Kommission wurde die Resolution einstimmig angenommen, um so bedauerlicher ist die jetzige Stellungnahme des Zen triims. — Abg. Dvve ssreii. Vgg.i teilt die staatsrech, lichen Bedenken des Zentrums nicht. Das Reich sei doch kompetent, auch seine Kompetenz zu erweitern. Das sei doch schon hinreichend sestgcsiclll. — Unterstgatsielretär Wermut!,: Aus die Frage der Komvetciiz-.Kompctenz des Reiches will ich hier nicht entgehen: sicher ist aber, daß die Annahme des betreffenden sozialdemokratischen Antrages mit der Verfassung, wie sie jetzt ist. nicht vereinbar ist. Die Aeuderung der Verfassung müßte also doch in den dann gebotenen Formen vor sich gehe». -- -Hieraus wird die Vor läge i» der Fassung der Kommission genehmigt unter Al> lehnuiig der sozialdemokratische» Anträge. Die R e i v l n t i v n wird nur mit sehr schwacher Mehrheit a » g e n o in me», da außer der gesamten Linken »nr noch die Mit glicder der Wirtschaftlichen Vereinigung dafür stimmen. Es soll jetzt die zweite Verainna der Novelle zum »>e setz vv» >870 wegen Beseitigung der Dovvel besteuern»,, folgen. Es liegen dg,» vier Abände- riingsantrüge vor. Abg. V a s i e r m a n » inatl.t beantragt ans diesem Grunde Verweisung der Vorlage an eine Koin Mission. Das -Haus beschließt demgemäß. Es folgt die erste Beratung der N v veil e ; » m B a n t gesetz- Dieselbe bezweckt 1. V e r st ä r k» n g d e r eine ne» Mittel der Reichsl>a»t durch Wiedereröffnung des Reie rveionds inach Ausschüttung von R > Prozent Dividende an die Anteilseigner sollen zunächst 10 Pro zcitt des verbleibenden Uebcrichusies dem Reservefonds zu sallenj: 2. E rh öh u n g d es ste u e r s r e > e n N oten n m I a » s s von bisher rund 17-8 ans .",0 Millionen Mark und zur Zeit der vier Ouartalsausiveise ans 7ö0 Millionen: 8. erhalte» die ReichsLa»t»vten den Charakter als gesetzliches Zahlungsmittel, Ivcral teuüer. Min der wichtige Neuerungen sind ferner: Die Reichsbank wird zum Ankauf von Schecks ermächtigt: der Kreis der lombardfähigen Papiere wird ausgedehnt auf Schuld- ll-IM MM» tVN-K.