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S1. Aichr-i»-. ^lr 262. Tonuabeud, 21. September 1W7 ,m» «I««» , I» i -E.««r. ».« «k -m ck.»»>«,«r gll- W»«« k«rch — P°» Di» K«I 8«t«r» »»« Dn«k»n u Um,«k>», a« L»,» >«r»«r ,»» aefttUtin >b,n»<»u1> ,^»n ertz»U«i.t,«i». w«rlt»«» v»«t«k»r «it der »°r,«n->»«»»»» ,ul-«»»n »u^st»U! Nachdruck nu> «it »«ul lud«» 0u«I«».ni»»« N»chr.-> M> liift«. - Uu»«rl<m,t» Lklegramm-Adreffe: Nachrichten Dre»»t«. Fernsprecher: Nr. 11 und SOS«. ^egv<rrrSet 18SV Vmck und Verlag von kiepsch L Reichardt in Vresdm, flkatsApAz feinste Ligaretts fÄVÄ5 ru rl/r-10l>5>>tMck A«zet«»n-Tarif »m>«chm« »»>> Ankun- »>«un««n dl« nachm > Uhr, Sdnniau« »in Moriinftraji« Ld aa! N bl« >/,l Uhr Dir «,»l,»lt>»k Grund,«Ne ic» S klidrnl !IL P, . Familien . 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Mutmaßliche Witterung: Kühl, aufklarend. König Friedrich August ist gestern aus dem Manöver nach Pillnitz zurückgekehrt. Der Eeneraladjutant des Königs. Generalleutnant v. Alt - rock, tritt vom aktiven Dienst zurück. Die sächsische Regierung wird dem Entwurf zum Reichsvereinsgcsstz wahrscheinlich zustimmen, obwohl sie betreffs der Zulassung von Minderjährigen Bedenken hegt. Der Leipziger Amtshauptmann v. N o st i tz - W a l l w i h machte neue Vorschläge zur Wahlrechtsänderung in Sachsen. Der Leipziger Kreishauptmann Freiherr v. Welck sprach sich gegen die Einverleibungen in die Groß städte aus. Die Truppen des 12. Armeekorps kehren größtenteils heute in ihre Garnisonen zurück. Der sächsische Landesverein des evangelischen Bun des feiert sein Zahresfcst am Sonntag in Riesa. Die Freunde der Gräfin Montignoso bemühen sich, deren Wiederverheiratung zu hintertreibcn. Die Kaiserin ist von ihrem Unfall völlig wieder hergestellt. Die Kronprinzessin von Schweden ist am Krankenlager ihres Vaters, des Grotzherzogs von Baden eingetroffen, dessen Befinden zu wünschen übrig läßt. Der neue bayrische Landtag wird am 27. September eröffnet. Auf dem sozialdemokratischen Parteitage wurde die Errichtung eines Preßbureaus in Berlin beschlossen. Die Gesandten Regnault und Rosen werden gemein sam die Vorarbeiten für die Entschädigungen von Casa blanca erledigen. In Korea kam es zu scharfen Zusammenstößen zwischen Koreanern und Japanern. Der Probeaufstieg des Zeppelinschen Luftschiffes wird heute erfolgen. Oberleutnant Molitor hat Paul Lindau wegen der Herausgabe der Broschüre „lieber den Fall Hau" gefordert. Der bekannte Zeuge im Hau-Prozeß, Referendar Lenck, wurde gestern wegen eines Sittlichkeitsdeliktes zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Die „scheinbare" Niederlage. Am Donnerstag >war's, gewaltige Mcnscheiinrassen füllten bas Versammlungslokal des sozialdemokra tischen Parteitages in Essen, die Erregung flutete hoch: Bebel hielt die „grobe" Rede über die letzten Neichs- tagswahlen und die jetzige politische Lage. Man wird ge- rechtcrweise zugeben müssen, dab cs keine schwerere Aufgabe gibt, als nach einer erlittenen Schlappe den geschlagenen Truppen vorziigaukeln, dass sie eigentlich gar nicht besiegt feien und mit froher Hoffnung der Zukunft entgogenblickc» könnten. Daß man mit diesem undankbaren Amt August Bebel betraut«, ist sehr verständlich: einmal verfügt er über die größte Autorität bei den Genossen, sodann aber besitzt er gerade für die Kunst, aus Schwarz Weiß zu machen, die nötige Kautschukmann-Matur und das rollende rhetorische Pathos. Die Regisseure der sozialdemokratischen Partei tage sind fast ebenso geschickt wie die der sogenannten deutschen Katholikentage: sie hatten sich Bebels Rede als elou ausgedacht, um die letzterlitteue Niederlage bei de» Reichstags-wahlen de» beunruhigten Parteigängern im Lande in einen Fortschritt umzurechnen, ivas ihnen um so wichtiger erschien, als es mit dem hochmütig proklamierten Grundsatz von dem „unaufhaltsamen Ausstieg der Sozial demokratie" vorbei ist, und iveil gerade der Glaube an dieses Axiom für die Massen der Glaube an die Partei selbst war. Hier galt eS also mit alle» Mitteln einzugrei fen. um die Kraft -er Agitation wieder zn beleben, und darum sprach August Bebel. Was er sprach, blieb trotz aller manchmal nicht ungeschickten Phraseologie weit hinter dem zurück, was man von einem ebenso redegewandten, wie politisch routinierten Parteiführer erwarten durfte. Läßt man die Rede als Ganzes auf sich wirken, so wird man trotz ihres erkünstelt strammen Tones und trotz aller Ianfaronaden sofort herauSfühlcn, daß sie von einem nur mühsam verschleierten elegischen Grundtone durchzogen ist. Das ist psychologisch sehr erklärlich! Bebel ist alt ge worden. er hat in den letzten Jahrzehnten das schnelle, stetige Anwachsen seiner Partei erlebt, ihren steigenden Machteinslnß — nun ist über Nacht «in täher Umschwung der Verhältnisse eingetreten, und solche plötzlichen, uner warteten Rückschläge treffen gerade alternde Menschen be kanntlich am empfindlichsten, lieber dreißig Sessel sicht er im Reichstage leer: die Geschwächtheit und wachsende Zerfahrenheit der Partei seit dem 28. Januar 1!M sind auch ihm nicht unbekannt: was Wunder, daß ihn eine gewisse roääo mihi legionc-sl-Stimmung ankommt, über die ihn auch sein über Lebensgröße gesteigertes Selbstbewußtscin, seine verstiegene Phantastik und sein sanatisch"s Vertrauen in den Znkunftssicg des sozialistischen Gedankens nicht so ganz hinwegtröstcn können. Seine Ausführungen über die Ursachen der Wahlniederlage gingen dementsprechend um den eigentlichen Kern der Sache vorsichtig herum, und wenn seiner Weisheit letzter Schluß darin bestand, daß er sich und anderen einzureden versuchte, die Wahlniederlage dieses IahreS sei für die Sozialdemokratie nur eine „schein bare" gewesen, so mutet das jeden Unbefangenen wirklich grotesk an in seiner Hilf- und Ratlosigkeit. Schade um so viel verschwendete Begeisterung, mit welcher der Parteipapst über den mangelnden Gehalt seiner Rede hinwegzutäuschen suchte! Auch der von anhaltendem Händeklatschen begleitete Applaus am Ende von Bebels Rede wird die alte Welt nicht aus den Angeln hebe» . . . Trotzdem müssen alle bürgerlichen Kreise den Bebcl- sche» Ausführungen ihre Aufmerksamkeit widmen, denn es gibt manches aus ihnen zu lernen, was für die Zukunst wichtig ist. So viel ist klar, daß man sozialdemokratischer- »rits auch den letzten Nerv anspanncn wird, um das ver lorene Prestige bei den nächsten Wahlen wiederzugewin- nen. Mit Recht ist in Essen darauf hirrgewiescn worden, daß die Kraft der Sozialdemokratie in ihrer gewaltigen Organisation und in der Partcipressc bestehe, die in letzter Zeit große Fortschritte gemacht hätten. Gewiß seien die großen Mandatsverluste bei den letzten Wahlen schmerz lich gewesen, aber — ohne die Bedeutung einer starken Fraktion zu unterschätzen — sei doch die Stärke und Aktions kraft der Partei nicht gleichbedeutend mit der Fraktion. Bebel führte als Beweis für die Richtigkeit seiner Bchaup- tnna von einer nur „scheinbaren Niederlage" die Tatsache an, daß die um einige Hundcrttausende erhöhte Stimmcn- zahl von 3^ Millionen sozialdemokratischer Wähler ein unbestreitbarer Erfolg sei. „an dem wir nicht deuteln lassen und den wir uns nicht verkleinern lassen wollen". Das ist ganz geschickt gesagt, aber Sand in die Augen, denn sollte Herr Bebel nicht wissen, daß der kleine Stimmenzuwachs bei den heurigen Wahlen auf das Konto der traurigen Tot sache kommt, daß noch immer bürgerliche Elemente sich oft dazu hergebeu, für den sozialdemokratischen Kandidaten zu stimmen?! Sobald das ganze Bürgertum, zu dem auch die nationale Arbeiterschaft zählt, einmal bis ans den letzten Mann einig sein wird im Kampfe gegen den gemeinsamen Feind, werden die sozialdemokratischen Stimmen sofort einen ins Auge springenden Rückgang erleiden, denn von den über 3 Millionen sozialdemokratischen Wühlern ist bekanntlich nur ein sehr kleiner Bruchteil — etwas über Million — „ziclbcwußt und organisiert", die überwiegende Mehrzahl dagegen rekrutiert sich ans Mitläufern aus den bürger liche» Kreisen. Wenn Herr Bebel weiter mit viel Emphase betont hat» daß all« sozialdemokratischen Wahlcrsolge „ehr lich erworben" worden seien, so vergißt er wohl mit Ab sicht völlig, daß die Genossen ganze 12 Mandate nur ge wonnen haben, weil bei den Stichwahlen die Zentrums leute sich ihrer gefährdeten Positionen erbarmt haben. Es ist also nicht nur eine Entstellung der Wahrheit, sondern auch'eine grobe Undankbarkeit, wenn der sozialdemokratische „Kaiser Bebel" das schwarz-rote Kartell abzulcugncn sucht. Dab man der bürgerlichen Krücken trotz aller Ruhmredig keit nicht entbehren zu können glaubt, geht schon daraus hervor, daß bei der im Anschluß an Bebels Rede aus- gcrolltcn Debatte Uber die Frage, ob bei künftigen Stich wahlen noch Kartelle mit dem Zentrum und dem Freisinn angebracht seien, ausdrücklich alle Anträge abgclehnt wur den, die auf Stimmenthaltung drängte». Man fühlt sich seiner Sache doch nicht sicher und will deshalb die Brücke» zum Freisinn und Zentrum nicht abbrechen, obwohl beide Parteien von Bebel schwarz in schwarz gemalt wurden. Als er z. B. de» Freisinn i» seiner „winselnden Loyalität" »nd in seiner Angst vor dem ersatzbereite» Zentrum unter Vergleichen mit einem ge wissen, schwermütig kopfhängcnöen Tiere schilderte, dröhnte homerisches Gelächter durch den Saal. Wen» die sozial demokratischen Führer trotz aller dieser Schönheitsfehler -es Freisinns »nd Zentrums bei paffender Gelegenheit doch wieder mit ihnen ein einträgliches Geschäft machen wollen, so geschieht das in der Absicht, nicht nur aus die eigene Kraft angewiesen zu sein, und mit dem Nebengedanken. den gefürchteten bürgerlichen „Block vom Kaiser bis zum Nachtwächter" nicht in voller Einigkeit wirksam werden z» lassen. Diese Spekulativ» ist leider nicht ganz nnbcrechtigi, denn gewisse demokratische Kreise im Zentrum und Frei sinn liebäugeln trotz aller schlechten Erfahrungen weiter mit der Sozialdemokratie. Solange dieser klägliche Zustand nicht beseitigt ist, wird die rote Hecrschar niemals ganz besiegt werden, wird die Schlappe vom 28. Januar d. Z. niemals tn eine vernichtende Niederlaae verwandelt wer den. Wovor Herr Bebel zittert, hat er in seiner Rede offen öargelegt: ihm bangt vor der wachsenden Einsicht iu das revolutionäre Wesen der Sozialdemokratie, vor dem daraus sich ergebenden immer festeren Zusammenschluß des Bürgertums uud dessen wachsender Organisation und Agitation. Er sagte wörtlich: „Die bürgerlichen Parteien suchen dieser sozialdemokratischen Jugenderziehung mit allen Mitteln entgegenzuwirke». In allen Schule» wird Politil getrieben, und alle Lehrer müssen die Kinder im Dienste des Hohenzollcrntums erziehen. Der Kaiser selbst, der ja aus seinem Herzen keine Mördergrube macht, wünscht diese Er ziehung der Kinder. Weiter wirkt die weitverbreiteic bürgerliche Presse, die jetzt noch viel systematischer als früher gegen uns arbeitet. Das Bürgertum schließt sich immer mehr zusammen. Das Zentrum sehnt sich auch in den bürgerlichen Block hinein, und wenn die Session ordnungs gemäß zu Ende gegangen wäre, hätten wir sicher schon bei dieser Wahl alle bürgerlichen Parteien gegen »ns gehabt. Darum müssen wir die Agitation und Organisation viel ener gischer betreiben." Aus diesen Worten sollten die Bürgerliche» lernen! Wer die Jugend in die Hand bekommt, die Massen am besten ausklärt und organisiert in rastloser Arbeit, der wird schließlich den Sieg behalten, „wenn" — wie es Herr Bebel hofft und ausgesprochen hat ,/die entscheidende Krisis cintritt". Hierin liegt für uns die Quintessenz und Mahnung der Bebelschen Rede! Was der Parteigewaltigc sonst noch über innere und auswärtige Politik und über den nationalen Neichstagsblock geredet hat, war seichtes Wortgeplütscher. nicht der Rede wert Neueste Drahtmeldnngen vom 20. Septbr. Zum Reichsvcreinsgesetz-Entwurf. Berlin. lPriv.-Tcl.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Ter Entwurf zu einem Reichsvercins- gesctz liegt gegenwärtig im preußischen Staatsministerium vor. Die Angaben verschiedener Blätter über seinen Inhalt beruhen lediglich auf Vermutungen, die zum Teil zutrcs- sen, zum Teil nicht, und sind jedenfalls im Hinblick aus das gegenwärtige Stadium der Verhandlungen verfrüht. — Wir erfahren hierzu noch, daß der Entwurf, bevor er dem Bundesrat unterbreitet wird» den einzelnen Regierungen mitgcteilt wird. Auf seiten der sächsischen Regie rung bestehe» Bedenken gegen die Zulassung Minder jähriger zn politischen Vereinen «nd Versammlungen. Nacy dem, was über den Inhalt des Entwurfs bekannt ist, sollen nur Lehrlinge und Schüler ausgeschlossen sein, nicht aber beispielsweise gleichaltcrige jugendliche Arbeiter. Trotzdem wird auch Sachsen wohl dem Entwurf zustimme». Dem Bnndeoratc liegen zurzeit das Börsengcsctz und die Novelle zur Gewerbeordnung vor, die noch in den Ausschüssen z» beraten sind- Die Ausschüsse sind noch nicht zusammcu- getrcten. auch noch nicht zu Sitzungen cinbcrusen. In -er Regel nimmt der Bnndesrat seine Plenarsitzungen nach der Sommerpause am ersten Donnerstag des Oktober wie der auf. Ob aber diesmal die erste Plenarsitzung schon am 3. Oktober stattfinden wird, ist noch fraglich. Gräfin Montignoso. Berlin. (Priv.-TelZ Daß die Gräfin Montig noso in oder bei London weilt, um eine Lizenz zur Verheira tung mit Herrn Tosclli zu erlangen, ist auf Veranlassung von Freunden und Freundinnen der hiesigen amtlichen Stelle mit geteilt worden. Die Freunde uud Freundinnen der Gräfin wünschen in deren Interesse, daß jene Heirat unterbleibt, und hofften, daß durch Bekanntwcrdcn der Absicht der Gräsin diese davon zurückgebracht werden wurde. Die hier cingegaugeue» Mitteilungen, die nach Lage der Sache nur einen vertraulichen, nicht offiziellen Charakter haben konnten, sind dem Königl. Sachs. Hofe übermittelt worden. Amtliche Schritte in dieser Angelegenheit können hierseits nicht getan werden. Nach eng lischem Recht würde der Gräfin die Lizenz nicht versagt werden können. Das Eigentümliche an der Sache ist. daß Herr Tosclli selbst sich anscheinend nicht in Begleitung der Gräfin befindei. Man hat keine Nachricht, daß er ebensalls in oder bei London wkilt, und es besteht die Vermutung, daß er der Eingehung einer Ehe mit der Gräfin überhaupt nicht geneigt ist. llebrigens